AG Wolfsburg verurteilt VN der HUK-Coburg zur Zahlung des restlichen Sachverständigenkostenbetrages aus abgetretenem Recht, den die HUK gekürzt hatte, mit Urteil vom 18.5.2011 – 12 C 395/10 –

Hallo Leute, jetzt kommen auch Urteile aus Niedersachsen, die ein Kfz-Sachverständiger aus Sachsen-Anhalt im Nachbarbundesland erwirkt hat. Immer weiter so. Wie so oft ging es um rechtswidrig gekürzte Sachverständigenkosten, die die HUK-Coburg Versicherung nach eigenem Ermessen gekürzt hatte. Der Kfz-Sachverständige ließ sich das  natürlich nicht gefallen und klagte mit anwaltlicher Hilfe bei dem örtlich und sachlich zuständigen Amtsgericht die restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Erfolg ein. Dabei klagte der Kfz-Sachverständige, wie hier oft propagiert wurde, direkt gegen den Schädiger, damit dieser über die rechtswidrigen Kürzungen seiner Versicherung Kenntnis erlangt. Am Ende zeigte sich ja auch, dass seine Versicherung zu Unrecht den Schaden des Geschädigten, hier in der Form der abgetretenen Sachverständigenkosten, gekürzt hat.Auch in diesem Fall werden dem HUK-VN die Augen geöffnet. Das Urteil wurde der Redaktion durch das Anwaltsbüro Dr. Imhof und Partner aus Aschaffenburg zugesandt, die es auch erstritten haben. Was meint Ihr?

Amtsgericht Wolfsburg

12 C 395/10
verkündet am 18.05.2011

Im Namen des Volkes  

Urteil  

In dem Rechtsstreit

des Herrn Kfz-Sachverständigen …. aus W.                      – Kläger –

g e g e n

Herrn O.A. aus W.  (VN der HUK-Coburg)                     – Beklagter –

hat das Amtsgerichtr Wolfsburg auf die mündliche Verhandlung vom 18.5. 2011 durch den Richter am Amtsgericht M…. für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,02 € nebst Zinsen zu zahlen

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der unstreitig durch den Beklagten alleine verursacht und verschuldet wurde.

Der Geschädigte hat zur Feststellung des an seinem Fahrzeug entstandenen Schadens bei dem Kläger ein Gutachten in Auftrag gegeben, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird und für das der Kläger dem Geschädigten unter dem 21.1.2008 einen Betrag von 541,81 € in Rechnung gestellt hat.

Der Geschädigte hat seine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten auf Erstattung der Gutachterkosten durch entsprechende schriftliche Vereinbarung vom 18.1.2008 an den Kläger an Erfüllung statt abgetreten. Die HUK-Coburg Versicherung hat als Haftpflichtversicherin für den Beklagten auf den Rechnungsbetrag 402,79 € gezahlt. Der Kläger verlangt mit seiner Klage von dem Beklagten Zahlung des verbleibenden Differenzbetrages von 139,02 € als Hauptforderung zuzüglich entsprechender vorgerichtlicher Anwaltskosten von 39,– €.

Der Kläger ist der Auffassung, dass seine Honorarforderung der Höhe nach angemessen sei und der Beklagte sei dementsprechend verpflichtet, dem Kläger die eingeklagten Beträge zu erstatten.

Der Kläger beantragt, wie erkannt.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält die streitgegenständliche Kostenrechnung des Klägers der Höhe nach für unangemessen und ist der Auffassung, deshalb zur Erfüllung der Klageforderung nicht verpflichtet zu sein.

Entscheidungsgründe:

 Die von dem Kläger geltend gemachte Hauptforderung ist begründet gem. §§ 7 I, 18 I StVG, 249 II S 1, 823, 631, 632, 398 BGB.

Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich aus der unstreitig erfolgten Abtretung vom 18.1.2008. Diese war wirksam und verstieß nicht gegen Art. 1 § 1 Des RBerG, da der Kläger durch die Abtretung an Erfüllungs statt Vollinhaber der Forderung geworden ist, also eine eigene Forderung geltend macht und keine fremde Rechtsangelegenheiten besorgt.

Die Einstandspflicht des Beklagten im Grunde nach ist unstreitig.

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens sind zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Eine Ersatzpflicht besteht grundsätzlich auch dann, wenn die Kosten übersetzt sind (vgl. fazu Palandt-Grüneberg 70. A. § 249 Rn. 58 m.w.N.).

Für das Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger ist die Bestimmung der Angemessenheit der Vergütung nur von begrenzter Bedeutung. Zwar darf der Geschädigte nicht auf Kosten des Schädigers jeden beliebigen Preis vereinbaren oder bezahlen. Die Auffassung des Beklagten, der Geschädigte dürfe nur solche Honorare akzeptieren, die den durchschnittlichen Vergütungen der von Prüfverbänden und freien Sachverständigen verlangten entsprechen, verkennt die Kenntnisse und Fähigkeiten, die von einem Geschädigten erwartet werden dürfen. Solange für diesen als Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festgesetzt hat, Preis und Leistung also in einem auffälligen Missverhältnis zu einander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Vergütungsberechnung missachtet, kann der Geschädigte vom Schädiger Ausgleich der gezahlten Aufwendungen oder Freistellungen verlangen (vgl. dazu: Geigel, Der Haftpflichtprozess  25. A. Kap. 15, Rn. 121 m.w.N.).

Überhöhte Gutachterkosten gehen, woran auch die neue Rechtsprechung zum Unfallersatztarif nichts geändert hat, grundsätzlich nicht zu Lasten des Geschädigten; ihn trifft auch keine Erkundigungspflicht, es sei denn, der Geschädigte konnte die Unangemessenheit erkennen (vgl. dazu: Hentschel/König/Dauer Strassenverkehrsrecht, 41. A., § 12 StVG Rn. 50 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben durfte der Geschädigte die Sachverständigenkostenrechnung des Klägers akzeptieren  und bezahlen. Es war ihm nicht zuzumuten, die Rechnung des Sachverständigen nicht oder nur teilweise zu bezahlen und damit das Risiko eines Rechtsstreites mit diesem mit ungewissem Ausgang einzugehen. Dies gilt um so mehr im  Hinblick darauf, dass der von der Haftpflichtversicherung akzeptierte  und regulierte Betrag sich auf 75 % des Rechnungsbetrages belief und damit auch nach der Einschätzung der Beklagtenseite die streitgegenständliche Honorarrechnung des Klägers nicht offensichtlich und eklatant überhöht war.

In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass die Höhe eines Sachverständigenhonorars nach § 315 BGB zu bemessen ist, wonach der Berechtigte einen rechtsgestaltenden Ermessensspielraum hat. Ist ein Entgelt festzusetzen, kommt es auf den Wert der zu vergütenden Leistung an, bei einem Gutachten auf die aufgewandte Arbeit und seine wirtschaftliche Bedeutung: der Kfz-Sachverständige kann das Honorar für ein Routinegutachten ohne Anbgabe des Zeitaufwandes nach dem Gegenstandswert festsetzen. Das bedeutet nicht freies Ermessen und Belieben, sondern Ausrichtung an sachlichen, die Interessen von Geschädigten und Sachverständigen berücksichtigenden Gründen (Schadensumfang, Schwierigkeiten der Begutachtung, Zeitaufwand), vor allem an der Verhältnismäßigkeit. Als per se unbillig kann daher auch die weitverbreitete Berechnung nach der Höhe der Instandsetzungskosten nicht betrachtet werden. Auch der Zeitaufwand, vielfältig mit einem sich an den Kosten des Sachverständigen ausrichtenden oder mehr oder weniger häufig sonst veranschlagten Stundensatz  ist eine tragfähige billige Grundlage der Honorierung. Die Preisberechnung darf auch Leistungen gesondert ausweisen, so z.B. Lichtbildsätze. Auch weitere Nebenkosten wie Schreibauslagen oder Fahrtkosten können in angemessenem oder billigem Umfang in Rechnung gestellt werden (vgl. dazu: Palandt-Grüneberg 70. A. § 249 BGB Rn. 58: ders. § 315 BGB, Rn. 10; Geigel, aaO.m Rn. 120 m.w.N. ).

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus dem Gesetz.

So das Urteil aus Wolfsburg. Und jetzt Eure Meinung!

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Wolfsburg verurteilt VN der HUK-Coburg zur Zahlung des restlichen Sachverständigenkostenbetrages aus abgetretenem Recht, den die HUK gekürzt hatte, mit Urteil vom 18.5.2011 – 12 C 395/10 –

  1. Bruno Reimöller sagt:

    Wieder ein Urteil, das beweist, dass es richtig ist, nur den Schädiger zu verklagen. Sollte sich – wider erwarten – dann doch die HUK melden, diese nach § 79 ZPO zurüclweisen, wie das Beispiel in Osterholz-Scharmbeck gezeigt hat (voriger Urteilsbericht).

  2. Willi Wacker sagt:

    Wieder einmal hat sich bewahrheitet, was hier propagiert wurde. Nur den Schädiger, also den VN der Huk-Coburg z.B.. verklagen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung muss nicht mit verklagt werden. Wenn von der Huk-Coburg etwas anderes behauptet wird, so ist dies schlichtweg falsch. Die Vielzahl der hier eingestellten Urteile, in denen nur der VN der Huk-Coburg verklagt und verurteilt wurde, beweist dies eindrucksvoll. Also auch im Hinblick auf § 79 ZPO, der bereits mehrfach hier angeführt wurde, sollten die Klagen nur noch gegen den VN gerichtet sein.
    Noch ein schönes Wochenende
    Euer Willi

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