AG HH-St. Georg verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten

Mit Urteil vom 22.07.2011 (922 C 71/11) hat das AG Hamburg-St. Georg die HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 212,06 € zzgl. Zinsen verurteilt. Mit Ausnahme der Tatsache, dass die im Urteil bezeichneten „Empfehlungen“ des BVSK richtigerweise „Gesprächsergebnis BVSK – HUK-Coburg/Bruderhilfe“ heißen, ein gut begründetes Urteil.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert, insbesondere durch die als Anlage K 6 eingereichte wirksame Abtretungserklärung vom 13.12.2010 (Blatt 36 der Akte) Forderungsinhaber geworden. Die Abtre­tungserklärung der Geschädigten X ist bestimmt. Im Gegensatz zu der als Anla­ge K 3 (Blatt 13 der Akte) eingereichten Abtretungserklärung betrifft diese Abtretung nur den An­spruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe der Gutachterkosten. Damit ist auch nach den Kriterien des Landgerichts Saarbrücken vom 15.10.2010 (13 S 68/10) eine hin­reichende Bestimmtheit gegeben.

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigen­kosten in Höhe von 212,06 € aus § 7 StVG, § 823 BGB jeweils i.V.m. § 115 VVG, § 1 PflVG und § 249 BGB.

a. Die Einstandspflicht des bei der Beklagten versicherten Schädigers dem Grunde nach ist vor­liegend unstreitig,

b. Die Beklagte schuldet gemäß §249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Erstat­tung der Kosten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen er­scheinen. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist ein Geschädigter gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höheder für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Ein Geschädigter ist dabei aber grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflich­tet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Ein im Bereich der Sachverständigenkosten unerfahre­ner Geschädigter wird in aller Regel von der Erforderlichkeit und Angemessenheiten der anfallen­den Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Denn es fehlt bei der Abrechnung von Sachver­ständigengutachtenkosten an einer einheitlichen Abrechnungsmethode. Allgemein zugängliche Preislisten fehlen ebenso, so dass dem Geschädigten ein Vergleich verschiedener Sachverstän­digenkosten ohne eine Markterforschung grundsätzlich nicht möglich ist. Eine solche schuldete der Anspruchsinhaber als Geschädigter aber gerade nicht. Erst wenn für den Geschädigten auch als Laie erkennbar gewesen wäre, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begut­achtung oder Honorarberechnung vorliegen, kann vom Schädiger nicht mehr ein vollständiger Ausgleich der getätigten Aufwendungen bzw. Freistellung verlangt werden, weil derart überhöhte Kosten nicht mehr angemessen sind.

Vorliegend ist das geltend gemachte Pauschalhonorar in Höhe von 333,06 € brutto nach Über­zeugung des Gerichts nach den oben genannten Grundsätzen aber nicht unangemessen hoch.

Die von der Beklagten eingereichten Empfehlungen des BVSK führen zu keinem anderen Ergeb­nis. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich der Geschädigte nicht an den Vorgaben des BVSK orientieren, um ein angemessenes Sachverständigenhonorar zu bestimmen. Unab­hängig davon, ob überhaupt objektiv von einem auffälligen Missverhältnis zwischen den BVSK-Empfehlungen und der geltend gemachten Vergütung des Klägers ausgegangen werden kann, wäre ein solches Missverhältnis für den Geschädigten als Laien jedenfalls subjektiv nicht erkennbar gewesen. Ihm liegen die Empfehlungen des BVSK nicht vor.

Auch die im Pauschalhonorar enthaltenen Nebenkosten sind nach der Überzeugung des Gerichts angemessen im Sinne des § 249 BGB. Die Behauptung der Beklagten, dass digitale Fotos der Größe DIN A4 zu einem Preis von 1,40 € und bei einem Abdrucken von 2 Fotos auf einer DIN A4 Seite sogar zu einem Preis von 0,70 € herstellbar sind, mag zutreffen. Der Geschädigte hätte al­lerdings, um dies erkennen zu können, Marktforschung betreiben müssen, wozu er nicht ver­pflichtet ist. Entsprechendes gilt für den Ansatz der Fahrtkosten. Insbesondere vor dem Hinter­grund, dass solche Nebenkosten oft im Rahmen einer Mischkalkulation des Sachverständigen in das Pauschalhonorar einfließen, kann der Geschädigte hier ein auffälliges Missverhältnis schwer erkennen. Der eine Sachverständige mag hinsichtlich der Fahrtkosten besonders günstig er­scheinen, aber dafür besonders hohe Schreibkosten veranschlagen und ein anderer Sachver­ständiger fällt dagegen durch besonders günstige Fotokosten auf, berechnet aber besonders ho­he Fahrtkosten. Vorliegend sind die geltend gemachten Pauschalen für die Nebenkosten jeden­falls nicht derart hoch angesetzt worden, dass für den Geschädigten als Laien ein auffälliges Missverhältnis zwischen Gesamtpreis und Gesamtleistung erkennbar gewesen wäre, so dass die Nebenkosten nach der Überzeugung des Gerichts selbst bei einer etwaigen leichten aber nicht evidenten Überhöhung erstattungsfähig im Sinne des §249 BGB sind.

c. Der Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten ist durch Zahlung der Beklagten er­loschen bis auf einen Restbetrag in Höhe von 212,06 €.

3. Der Kläger hat gegen die Beklagte ferner einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in der geltend gemachten Höhe gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Soweit das AG HH-St. Georg.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu AG HH-St. Georg verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten

  1. Willi Wacker sagt:

    Die Begründung zu der Abtretungsvereinbarung und der sich daraus ergebenden Aktivlegitimation dürfte zutreffend sein. Der BGH hat die Abtretung IN HÖHE DER Sachverständigenkosten als zu unbestimmt angesehen, während im streitgegenständlichen Verfahren es um die Abtretung des Schadensersatzanspruchs AUF ERSTATTUNG DER Sachverständigenkosten ging. Das letztere ist bestimmt oder zumindest bestimmbar.
    Mit freundl. Grüßen
    Willi Wacker

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