LG Zwickau weist Berufung der HUK-Coburg gegen Urteil des AG Zwickau zurück

Mit Urteil vom 06.02.2009 hat das LG Zwickau (6 S 107/08) die Berufung der HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG gegen das Urteil des AG Zwickau (3 C 0950/07; Zahlung weiterer Mietwagenkosten iHv 809,28 € zzgl. Zinsen, hier veröffentlicht) zurückgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Parteien streiten um restliche Mietwagenkostenregulierung auf Grund des für den Kläger unverschuldeten Verkehrsunfalls vom xx.xx.2006 gegen xx:xx Uhr in Zwickau auf der ….. Straße  in Höhe Einmündung …….  Straße.

Anstelle vom Tatbestand wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung, § 540 Abs. .1 Satz 1 Ziffer 1 ZPO.

Mit Endurteil  vom 21.05.2008 hat das Amtsgericht Zwickau die Beklagte  unter Klageabweisung  im Übrigen verurteilt, an den Kläger  809,28 EUR  nebst Verzugszinsen  hieraus in  Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05. 03. 2007 zu zahlen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag, das  Urteil des  Amtsgerichts Zwickau  abzuändern  und  die Klage insgesamt abzuweisen.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung, § 546 ZPO, noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

Der Auffassung der Beklagten, dem Kläger dürfte ein höherer Betrag als 39,00 EUR kalendertäglich keinesfalls zugesprochen werden, kann nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des BGH ist in den Fällen, in denen – wie hier – der Geschädigte nicht darlegen und beweisen kann, dass ihm nicht doch ein günstigerer Tarif als der von der Mietwagenfirma angebotene in der konkreten  Situation ohne Weiteres zur Verfügung gestanden hat, dem Geschädigten ein Unfallersatztarif grundsätzlich in der Höhe zu ersetzen, die der Tatrichter zur Schadensbehebung als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ansieht. Nur ausnahmsweise ist nach § 254 BGB ein niedrigerer Schadensersatz zu leisten, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation „ohne weiteres“ zugänglich war (BGH Urteil vom 06. März 2007 – VI ZR 36/06 – VersR 2007, 706, 707; Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07 – VersR 200§, 1370-1372). Dies hat nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger darzulegen und zu beweisen (BGH Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR  234/07 – VersR 2008, 1370-1372).
Dieser Beweis wurde nicht geführt. 

Hierfür reicht nicht aus, dass die in der ersten Instanz vernommene Zeugin X. ausgesagt hat, sie hätte dem Kläger anläßlich des Telefongesprächs am Tag nach dem Unfall, am Donnerstag, xx.xx.2006, mitgeteilt, eine Anmietung eines Ersatzfahrzeuges sei zu 39,00 EUR netto inklusive aller Nebenkosten über sie möglich. Denn nach eigenen Angaben hatte sie noch keine verbindlich Zusage machen können, weil es sich bei dem Gespräch um den Erstkontakt gehandelt habe und die Meldung des Versicherungsnehmers  noch  ausgestanden  sei.

Der Kläger war daher auch nicht verpflichtet, nochmals bei der Beklagten anzurufen, weil nach dem vermittelten Eindruck der Zeugin eine verbindliche Zusage der Erstattung der Mietwagenkosten erst nach Schadensmeldung durch den Versicherungsnehmer möglich war. Wann diese Bedingung eintrat, hatte der Kläger nicht in der Hand.

Auch die von der Beklagten vorgelegte Preisauskunft der Autovermietung Hertz  ist in diesem Zusammenhang unbehelflich, weil sie ausweislich des Internetaufdrucks vom 09.10.2007 datiert und somit über den Zeitpunkt der konkreten Anmietsituation am xx.xx.2006 keine verbindliche Aussage trifft.

Steht somit nicht fest, dass die Anmietung zu 39,00 EUR netto inklusive aller Nebenkosten pro Tag für den Kläger möglich war, hat der gem. § 287 ZPO besonders freie Tatrichter den Schaden zu schätzen.I

In Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO kann der Tatrichter den „Normalpreis“ auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im Postleitzahlgebiet des Geschädigten – gegebenfalls mit sachverständiger Beratung – ermitteln (vgl. BGH Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07 – VersR 2008, 1370-1372 mwNw). Es steht ihm im Rahmen dieses Ermesssens auch frei, ob er zur Bestimmung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten auf den Schwacke-Mietpreisspiegel aus dem Jahr 2003 oder aus dem Jahr 2006 zurückgreift (vgl. BGH Urteil vom 14.10.2008 VI ZR 308/07 – VersR 2008, 1706-1708). Denn die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor (BGH aaO.).

Im Rahmen dieses Ermessens hat das Amtsgericht als Tatrichter  den „Normaltarif“ auf der Grundlage des Modus-Wertes des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 ermittelt.

Das Amtsgericht war nicht verpflichtet, die Bedenken der Beklagten gegen die Anwendbarkeit des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 durch Sachverständigengutachten auf ihre Berechtigung prüfen zu lassen.

Denn es ist nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzungsgrundlage nachzugeben. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadenbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen und Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den entscheidenen Fall auswirken (BGH Urteil vom 24.03.2008 – VI ZR 234/07 VersR 2008, 1370-1372 mwNw).

Der Tatsachenvortrag der Beklagten hierzu reicht nicht aus. Die Beklagte hat lediglich, vorgetragen, dass der „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 für den Einzugsbereich in den Postleitzahlgebieten. 082 bis 083 sowie aber auch 091 bis 094 Abweichungen ausweist, die mit der normalen Preisentwicklung in diesen Gebieten nicht einhergeht; im Modusbereich seien hier Preisveränderungen von zum Teil 170 bis 180 % zu verzeichnen.

Diese allgemein gehaltenen Bedenken reichen nicht aus, um festzustellen, dass der „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 im konkreten Postleitzahlgebiet 082, dem Sitz der Mietwagenf irma in L. (vgl. BGH Urteil vom 11.03.2008 – VI ZR 164/07 – VersR 2008, 669-701), insoweit falsche oder offenbar unrichtige Moduswerte wiedergibt. Der Amtsrichter als Tatrichter ist auch nicht verpflichtet, die in der Rechtsprechung und Literatur beschriebenen Bedenken gegen die Anwendbarkeit des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 von sich aus zu überdenken. Der BCH hat im Urteil vom 14.10.2008 (Ab.: VI ZR 308/07 – VersR 2008, 1706-1708) nur entschieden, dass es dem Tatrichter nicht verwehrt ist, sich diesen Bedenken auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen, insbesondere dann anzuschließen, wenn er sie auf Grund, rechnerischer Überlegungen bestätigt sieht (Az. VI ZR 308/07 – VersR 2008, 1706-1708) .

Da das Amtsgericht somit ohne Rechtsfehler im Rahmen des nach § 287 ZPO eingeräumten Ermessens als besonders freier Tatrichter bei der Schadensberechnung den „Schwacke-M’ietpreisspiegel“ 2006 zu Grunde gelegt hat, kann es dahinstehen, ob dieser – wie das Amtsgericht meint – als „vorweggenommenes Sachverständigengutachten“ anzusehen ist (vgl. auch BGH Urteil vom 11.03.2008 – VI ZR 164/07 – VersR 2008, 699-701).

Ebensowenig kommt es in diesem Fall daher darauf an, ob das Berufungsgericht Bedenken gegen die Anwendbarkeit des „Schwacke-Mietpreisspiegeis“ 2006 hat.

Auf der Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 verbleibt es im Ergebnis bei der Schadenberechnung erster Instanz.

Unstreitig ist das klägerische Fahrzeug in die Wagenklasse 7 einzuordnen, sodass sich die Erstattungsfähigkeit danach richtet.

Der „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 sieht für diese Wagenklasse als wöchentlichen Modus-Wert 610,00 EUR brutto vor.

Bei einer Anmietzeit von 14 Tagen ergeben sich mithin Mietwagenkosten in Höhe von 1.220,00 EUR brutto (610,00 EUR : 7 Tage = 87,14 EUR x 14 Tage, zur Zulässigkeit dieser Berechnungsart: BGH Urteil vom 14.10.2008 – IV ZR 30R/07 – VersR ?008, 1706-1708). Hiervon ist nach ständiger Rechtsprechung des Berufungsgerichts ein Abzug von 10 % für ersparte Eigenaufwendungen abzuziehen, mithin 122,00 EUR, sodass zu erstattende Mietwagenkosten in Höhe von 1.098,00 EUR brutto verbleiben.

Hierzu sind noch folgende, ebenfalls aus dem „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 zu entnehmende Nebenkosten (Modus) zu addieren:

1/2 Haftungsbefreiung, da das klägerische Fahrzeug nicht vollkaskoverichert war

(876   EUR   (Monat):10   Tage=29,20   EUR   x   14   Tage

= 408,80 EUR : 2 =)                                                                      204,40 EUR

 Winterreifen, (10 EUR x 14 Tage)                                                 140,00 EUR

 Zustellung                                                                                      20,00 EUR

Dies ergibt einen zu erstattenden Anspruchin Höhe von

insgesamt                                                                                  1.462,40 EUR

abzüglich bereits gezahlter                                                          633,36 EUR

verbleibt ein Restanspruch von                                                    829,40 EUR

Da das Amtsgericht die Beklagte jedoch nur zur Zahlung von 809,28 EUR verurteilt hat, verbleibt es wegen des im Rechtsmittelverfahren geltenden Verbotes der Verschlechterung zu Lasten des Rechtsmittelführers bei der Entscheidung erster Instanz.

Soweit das LG Zwickau.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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