AG Mönchengladbach verurteilt Aachen Münchener Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 31.03.2009 (3 C 531/08) hat das AG Mönchengladbach die Aachen Münchener Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 777,78 € zzgl. Zinsen sowie  zur Freistellung von vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt andere Schätzungsgrundlagen ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Weiteren 777,78 EUR als restliche Mietwagenkosten aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom xx.xx.2007 in Mönchengladbach. Die uneingeschränkte Einstandspflicht der Beklagten für die aus dem Unfall resultierenden Ansprüche ist nicht im Streit.

Die Klägerin ist aufgrund der Sicherungsabtretung aktivlegitimiert. Die Abtretung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig.

Der weitere Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht setzt sich ausgehend von Fahrzeuggruppe 4, PLZ – Gebiet 410 der Schwacke- Liste (Automietpreisspiegel) 2007 wie folgt zusammen:

1 x Wochenpreis                                                                         495,00 EUR,

1 x 3 – Tagespreis                                                                      270,00 EUR,

1 x 3 – Tagespreis                                                                        88,00 EUR,

1 x 3 – Tagespreis                                                                        88,00 EUR,

ergibt                                                                                            941,00 EUR,

zuzüglich pauschaler Aufschlag (15 %)                            141,15 EUR,

ergibt                                                                                         1.082,15 EUR,

zuzüglich Haftungsreduzierungskosten (Kasko)         216,02 EUR,

zuzüglich Winterreifenkosten                                              80,00 EUR,

abzüglich geleisteter                                                             550,00 EUR,

abzüglich geleisteter                                                                 50,39 EUR,

ergibt                                                                                           777,78 EUR.

Da das beschädigte Fahrzeug der angemieteten Fahrzeuggruppe 5 angehörte und das gemietete der Fahrzeuggruppe 4, ist ein Abzug für ersparte Eigenkosten mangels nä­heren Vortrags nicht gerechtfertigt.

Ausgangspunkt für die Bemessung der Mietwagenkosten als Teil des nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwandes ist der am Markt übliche Normaltarif. Zu dessen Bestimmung ist es in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO zulässig, auf das gewichtete Mittel des Schwacke – Automietpreis – Spiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen (BGH, Urt. v. 12.06.2007, VI ZR 161/06 m. w. N.).

Das Gericht greift im Rahmen der Schätzung auf den Schwacke – Automietpreis -Spiegel 2007 zurück. Die Bedenken der Beklagten gegen den Schwacke – Automiet­preis – Spiegel 2007 greifen nicht durch. Es ist nicht durch den Vortrag ausreichender Umstände dargetan, dass dieser Mietpreisspiegel keine Schätzungsgrundlage mehr darstellen kann. Die bekannten gutachterlichen Stellungnahmen und weiteren Miet­preisspiegel rechtfertigen im Ergebnis nicht die begründete Annahme, dass die Preise der Schwacke – Liste sich nicht an den tatsächlichen Marktentwicklungen orientieren, Dies gilt umso mehr, als die für Einzelfälle erstatteten Gutachten nicht auf den hier maßgeblichen regionalen Markt und die hier maßgebliche Zeit übertragen werden kön­nen, auch nicht in dem Sinne, dass Zweifel an der Geeignetheit der Schwacke – Liste als Grundlage einer Schätzung gemäß § 287 ZPO im Ergebnis gerechtfertigt wären. Die Gutachten betreffen andere Regionen, ohne dass eine Übertragbarkeit erkennbar wäre. Die Studie „Der Stand der Mietwagenpreise in Deutschland im Sommer 2007″ von Dr. Holger Zinn und der Marktpreisspiegel des Fraunhofer Instituts betreffen andere, spä­tere Zeiträume, in denen Preise ermittelt worden sind; Aus späteren Zeiträumen lässt sich jedoch kein Preisniveau für eine frühere Zeit herleiten. Aus diesem Grund können auch keine Preise herangezogen werden, die erst durch Preiserhebungen in vorliegen­dem Verfahren ermittelt worden wären. Als Schätzungsgrundlage gemäß § 287 ZPO für das Preisniveau in dem hier maßgeblichen Zeit Anfang März 2008 wären derartige Erhebungen von Preisen nicht geeignet. Daher ist jedenfalls für die hier maßgebliche Zeit im März 2008 als Schätzungsgrundlage für die Bestimmung des Normaltarifs der Schwacke – Automietpreis – Spiegel 2007 heranzuziehen. Die Kritik an der Schwacke – Liste wird hierbei nicht übersehen. Jedoch bietet trotz ihrer methodischen Mängel die Schwacke – Liste für die hier maßgebliche Zeit im Gegensatz zu anderen Studien, Preisspiegeln oder in der Gegenwart einzuholenden Preisen eine ausreichende Grund­lage zur Schätzung. Dabei beinhaltet der Begriff der Schadensschätzung, dass eine absolute Genauigkeit nicht erwartet werden kann und tatsächliche Unsicherheiten bestehen bleiben.

Es werden hiernach mithin die einschlägigen Beträge des Schwacke- Automietpreis-Spiegels 2007 im maßgeblichen Postleitzahlengebiet herangezogen. Hierbei sind auf­grund der vorliegenden mehrtägigen Vermietung die sich aufgrund der Dreitages- und: Wochenpauschalen ergebenden Preisreduzierungen zu berücksichtigen. Die sich hier­nach ergebenden Beträge sind bei der Schätzung zugrunde gelegt worden. Die sich hiernach ergebenden konkreten Beträge werden von der Beklagten nicht angegriffen.

Auf diesen Normaltarif ist zur Erfassung der erhöhten Kosten, die bei der Vermietung aufgrund einer Unfallsituation entstehen, hier namentlich wegen der unfallbedingt nicht feststehenden Mietdauer und einer unfallbedingt mittleren Zahlungsverzögerung, ein pauschaler Aufschlag zu machen. Bei der Anmietung nach einem Unfall steht im Ge­gensatz zu den normalen Abmietungen die Mietdauer noch nicht fest. Dies war auch vorliegend der Fall, so dass die Klägerin nicht wie sonst den Einsatz ihres Fahrzeugs planen konnte. Aufgrund der Zahlung der Miete nach einer zeitlich noch nicht feststehenden Rückgabe des Fahrzeugs entsteht für den Vermieter ein wirtschaftlicher Nachteil im Vergleich zur normalen Anmietung, bei der die Miete für einen feststehenden Zeitraum in der Regel sofort gezahlt wird. Hiernach liegen Besonderheiten gegenüber einer Anmietung vor, die nicht unfallbedingt erfolgt. Diese wirken sich betriebswirtschaft­lich aus, so dass eine Erhöhung der zu schätzenden Miete gerechtfertigt ist. Diese kann in Form eines pauschalen Aufschlags auf den Normaltarif erfolgen, dessen Höhe ge­mäß § 287 ZPO geschätzt werden kann (BGH, Urt. v. 13.06.2006, VI ZR 161/05). Die Erhöhung ist vorliegend mit 15 % als angemessen anzusehen. Eine weitere Erhöhung ist nicht gerechtfertigt. Auch das Landgericht Mönchengladbach gehtin seinem Urteil vom 10.01.2006 (5 S 127/04) von einem Aufschlag von 15 % aus.

Die weiterhin geltend gemachten Nebenkosten für die Haftungsreduzierung (Kaskover­sicherung) und die Winterreifen sind ersatzfähig. Die AnmietUng eines Ersatzfahrzeugs mit Kasköschutz ist in der Regel eine adäquate Schadensfälle (BGH NJW 2005,1041). Ob im Einzelfall Abzüge unter dem Gesichtspunkt eines Vorteilsausgleichs in Betracht kommen, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung gemäß § 287 ZPO. Vorliegend sind mangels hierzu relevanter Umstände keine Abzüge gerechtfertigt. Die Berücksichtigung von Kosten für Winterreifen entspricht der Nebenkostentabelle zur Schwacke – Liste.

Hiernach steht der Klägerin unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlung ein Ans­pruch auf 777,78 EUR zu. Der darüber hinausgehend geltend gemachte Anspruch der Klägerin scheitert daran, dass ein derartiger Preis nicht im Sinne des § 249 BGB erfor­derlich war. Da die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, dass Sich die Geschä­digte nach günstigeren Mietpreisen, die dem Normaltarif entsprochen hätten, erkundig­te, ist ein Mietpreis, der den Normaltarif (zuzüglich unfallbedingten Aufschlages) über­steigt, nicht als erforderlich anzusehen. Die Geschädigte hat insoweit gegen ihre Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstoßen.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen gegen die Beklagte im zuer­kannten Umfang gemäß den §§280, 286, 288 BGB. Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 03.06.2008 unter Fristsetzung zum 11.06.2008 zur Zahlung der Hauptförderung aufgefordert, so dass sie Sich seit dem 12.06.2008 in Verzug befindet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwalts­kosten aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß den 280, 286 BGB. Der Anspruch bestimmt sich nach dem VV RVG aufgrund eines Gegenstandswertes Von 777,78 EUR aufgrund einer Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale auf insgesamt 101,40 EUR. Des weiteren hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen hieraus gemäß § 291 BGB, Rechtshängigkeit trat am 23.08.2008 ein.

Soweit die Klageforderung über den zuerkannten Betrag hinausgeht, ist die Klage ist aus den genannten Gründen abzuweisen.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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