AG Riesa verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 04.12.2009 (6 C 677/09) hat das AG Riesa die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 431,10 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an  und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 VVG die Bezahlung weiterer Mietwagenkosten i.H.v, 431,10 Euro verlangen.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten, kann der Geschädigte vom Schädiger, bzw. dessen Haftpflichtversicherung, nach § 249 Abs. 2 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten verlangen, da diese regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung gehören.

Als Herstellungsaufwand erforderlich, sind allerdings nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.

Der Geschädigte ist dabei, ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, von mehreren möglichen, den wirtschaftlichsten Weg zur Schadensbehebung zu wählen.

Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur vor Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis, also den „Normaltarif“ ersetzt verlangen kann. Normaltarif ist der Tarif, der einem Selbstzahler normalerweise angeboten wird und der unter marktwirtschaftlichen Bedingungen gebildet ist (vergleiche BGB, Urteil vorn 30.01.2007, AZ VI ZR 99/06).

Das erkennende Gericht schätzt grundsätzlich – soweit der Rechtsprechung des BGH und des Landgerichts Dresden folgend (BGH Urteil vom 24.06.2008, AZ VI ZR 234/07; Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07 und Urteil vom 09.10.2007, AZ VI ZR 27/07; Landgericht Dresden, Urteil vom 09.04.2009, AZ 8 O 3165/08) – den „Normaltarif“ gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des Schwacke – Mietpreisspiegels.

Der von Beklagtenseite angeführte Frauenhofer – Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 erscheint dem Gericht nicht geeignet, den Schwacke – Mietpreisspiegel als Schätzgrundlage zu widerlegen oder zu entwerten. Dieser Marktpreisspiegel, der großteils auf Preisangaben aus dem Internet basiert, kommt regelmäßig zu (für die Versicherungswirtschaft, die Auftraggeberin dieses Marktpreisspiegels war) günstigeren Ergebnissen. Er ist jedoch für das Gericht im Detail genausowenig überprüfbar, wie der zwischenzeitlich höchstrichterlich als Schätzgrundlage anerkannte Schwacke Mietpreisspiegel. Außerdem befasst sich der Marktpreisspiegel nicht einzelfallbezogen mit den hier interessierenden Einzelheiten des Mietwagenmarktes im Postleitzahlengebiet 016.

Vorliegend sieht der Schwacke – Mietpreisspiegel für diesen Bereich in der maßgeblichen Mietwagengruppe 5 einen Tagespreis von 98,00 Euro (brutto) vor.

Angesichts der besonderen Umstände des hier zu entscheidenden Einzelfalles erscheint ein pauschaler Aufschlag auf die in der Schwacke – Liste aufgeführten Mietwagenkosten nicht gerechtfertigt;

Ein derartiger pauschaler Aufschlag wird von der Rechtsprechung teilweise angesichts der Besonderheiten im Unfallmietgeschäft zugebilligt. Hintergrund ist, dass in derartigen Fällen die besondere Leistung des Mietwagenunternehmers darin besteht, dass der Kunde den PKW ohne Vorfinanzierung erhält und den Mietwagenunternehmern dadurch höhere Risiken entstehen.

Vorliegend wurde das Fahrzeug jedoch erst am xx.02.2009 angemietet, während sich der Unfall bereits am xx.01.2009 ereignete.

In der Zwischenzeit bestand für den Kläger als Geschädigten ausreichend Gelegenheit, die Mietwagenkosten vorzufinanzieren, bzw. für die Streithelferin genügend Gelegenheit, sich von der Bonität des Geschädigten zu überzeugen. Beide tragen im übrigen nicht vor, dass der Kläger zur Vorfinanzierung diese Mietwagenkosten nicht in der Lage, bzw. nicht im Besitz einer Kreditkarte war.

Die Eigenersparnis setzt der Kläger mit einem Betrag von 19,85 Euro zu niedrig an. Bei den ersparten Eigenaufwendungen geht das erkennende Gericht im Rahmen seiner Schätzung gemäß § 237 ZPO von einer Ersparnis von 10% aus (vergleiche insoweit Palandt, 65. Auflage, Randnummer 32 zu § 249 BGB).

Konkret bedeutet dies vorliegend bei berechtigten Mietwagenkosten von 490,00 Euro (5 x 98,00 Euro) eine Eigenersparnis von 49,00 Euro; abzüglich der bereits berücksichtigten Eigenkosten von 19,85 Euro bedeutet dies einen Differenzbetrag von 29,15 Euro, den sich der Klager noch abziehen lassen muss.

Einen Winterreifenzuschlag kann der Kläger nicht verlangen, weil Derartiges zwischen ihm und der Streithelferin vertraglich nicht vereinbart war.

Auch bei der Haftungsbefreiung gilt das vertraglich Vereinbarte, nämlich 20,00 Euro (netto), was für fünf Tage einen Betrag von 119,00 Euro (brutto) ausmacht.

Die Kosten von 60,00 Euro (netto), bzw. 71,40 Euro (brutto) für das Bringen und Abholen des Mietwagens von D. nach C. und zurück erscheinen dem Gericht, angesichts einer einfachen Fahrstrecke von gut 20 km, gerechtfertigt.

Darüber hinausgehende Abzüge wegen des Schreibens der Beklagten vom 26.01.2009 mit dem die Beklagte anbot, ein Mietfahrzeug für maximal 42,00 Euro (netto) zu besorgen, braucht sich der Kläger nicht gefallen zu lassen.

Ihm ist es als Geschädigtem nicht zuzumuten, sich vom Schädiger oder dessen Versicherung vorschreiben zu lassen, wie er den Schaden zu regulieren hat.

Eine Direktvermittlung durch die Beklagte würde nämlich zwangsläufig zu einem Abhängigkeitsverhältnis führen. Es wäre zumindest denkbar, dass die Beklagte auf Grund ihres „Entgegenkommens“ bei der Vermittlung des Mietwagens bei der späteren Schadensregulierung Druck auf den Geschädigten ausübt (Motto: „eine Hand wäscht die andere“). Im Rahmen der §§ 249ff BGB ist jedoch der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens; ob, wo und zu welchen Konditionen er einen Mietwagen anmietet, darf ihm nicht aufgezwungen werden (Amtsgericht Riesa, Urteil vom 30.05.008, AZ 6 C 210/08 im Schriftsatz des Klägervertreters vom 29.10.2009 auf Seite 8 zutreffend zitiert).

Konkret ergibt sich daher folgende Rechnung:

                   490,00 Euro               für 5 Tage Mietwagen

                + 119,00 Euro               Haftungsbefreiung

                +   71,40 Euro               Zustellund Abholkosten

Summe:      680,40 Euro

                 –   29,15 Euro               noch nicht berücksichtigte Eigenersparnis

Summe:      651,25 Euro

                – 220,15 Euro               die bereits bezahlt wurden

Ergebnis:    431,10 Euro.

Daneben kann der Kläger Ersatz der ihm vorgerichtlich auf Grund des Schadensereignisses entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen. Insoweit ergibt sich keine Änderung, weil seine Zuvielforderung von 173,80 Euro nicht zu einem Gebührensprung führt.

Soweit das AG Riesa.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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