AG Hamburg-St. Georg verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 18.10.2013 – 911 C 277/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

hier zum Sonnabend noch ein ordentliches Restsachverständigenkostenurteil aus Hamburg-St. Georg. Wieder war es die HUK-Coburg, die meinte eigenmächtig und rechtswidrig die Schadensposition „Sachverständigenkosten“ kürzen zu müssen. Dabei ist der Coburger Versicherung doch durch unzählige Urteile bekannt, dass  es nicht auf die Sicht der eintrittspflichtigen Versicherung, sondern auf die ex-ante -Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen ankommt. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den für die Versicherung günstigsten Gutachter zu beauftragen. Zu einer Erforschung des regionalen Marktes nach dem billigsten Sachverständigen ist der Geschädigte nicht verpflichtet. Aber mit diesem Urteil ist unseres Erachtens eine Tendenz zu bemerken, nämlich dass die Rechtsprechung der Instanzgerichte langsam in die „richtige Richtung“ geht. Erfreulich ist, dass auch die Rechtsprechung der Abteilung 911 C des AG Hamburg-St. Georg sich der richtigen Sichtweise, nämlich der des Geschädigten, angepasst hat.  Lest selbst das Urteil und gebt Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Synatschke-Tchon aus Hamburg.

Viele Grüße und einen schönen Sonntag.
Willi Wacker

Amtsgericht Hamburg-St. Georg
Az.: 911 C 277/13

Urteil

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

– Beklagte –

erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 911 – durch den Richter am Landgericht … am 18.10.2013 auf Grund des Sachstands vom 11.10.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 73,23 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Juli 2013 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 39,- nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 11. September 2013 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung von € 73,23 gegen die Beklagte im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall vom 4. Juni 2013 unter Beteiligung des Versicherungsnehmers der Beklagten. Mit Recht macht der Kläger restliches Entgelt für seine Tätigkeit als von dem Geschädigten beauftragten Sachverständigen in vorgenannter Höhe geltend. Der Beklagten ist es verwehrt, sich auf die – vermeintliche – Überhöhung der von dem Kläger verlangten Kosten zu berufen. Der Geschädigte ist grundsätzlich – und auch hier nicht – nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH, NJW 2007, 1450, 1452, Tz. 17 a.E.). Dennoch verbleibt es bei dem Grundsatz, dass der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen verlangen kann, so lange für ihn allein als Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029, 1031). Maßgeblich ist und bleibt – in Abkehr früherer Rechtsprechung dieser Abteilung und bedingt durch einen Wechsel im Vorsitz zum 1. Juni 2013 – aber auch vorliegend die Beurteilung aus der Sicht des Zedenten, dessen Rechte der Kläger als Zessionar geltend macht. Sofern die o.g. Voraussetzungen in der Person des Geschädigten nicht vorliegen, hat sich der Geschädigte über § 254 Abs. 2 BGB auch kein anspruchsminderndes Mitverschulden anrechnen zu lassen, welches den vom Zessionar nunmehr geltend gemachten Anspruch kürzt. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass der Zedent hätte erkennen können, dass der Kläger sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dass dem Zedent selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt. Von einer willkürlichen Festsetzung der Vergütung des Kläger im Hinblick auf den nur streitigen Teil der Nebenkosten (€ 73,23) ist schon deswegen nicht auszugehen, weil sich die Parteien ohnehin nur um Kostendifferenzen im mittleren zweistelligen Euro-Bereich streiten und die einzelnen, in der Anlage K4 enthaltenen Positionen exklusive des Grundhonorars für sich genommen aus der Sicht eines Geschädigten weder überhöht erscheinen noch sind; davon Abweichendes hat die Beklagte auch nicht dargeten. Zudem ist nicht dargetan, dass aus der Sicht des Zedenten die abgerechneten Nebenkosten im Hinblick auf die dafür vom Kläger erbrachten Leistungen in einem „auffälligen Missverhältnis“ zueinander gestanden haben; eine „völlige Überhöhung“ des Entgelts, wie sie die Beklagten für gegeben hält, ist nicht belegt. Und für ein Auswahlverschulden ist auch nichts ersichtlich. Zudem kommt es für die vorgenannte Würdigung auf eine Gesamtschau aller Umstände aus der Sicht des Geschädigten an, weswegen eine möglicherweise überhöhte Einzelposition nicht schadet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Und jetzt bitte Eure Kommentare.

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