LG Neubrandenburg ändert Urteil des AG Neustrelitz ab und verurteilt die Allianz Versicherung AG zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten mit Berufungsurteil vom 8.7.2015 – 1 S 10/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier veröffentlichen wir für Euch ein Berufungsurteil des Landgerichts Neubrandenburg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherungs AG. Der Rechtsstreit endete beim LG Neubrandenburg zwar mit positivem Ergebnis, aber  die Begründung ist nicht überzeugend, da wieder die Angemessenheit des berechneten Sachverständigenkosten nach BVSK geschätzt wurde. Das durch die Berufung angefochtene Urteil des AG Neustrelitz ist als nicht brauchbare Arbeit eines Juristen zu bewerten, meinen wir. Lest beide Urteile und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag
Willi Wacker

Aktenzeichen:
1 S 10/15
107 C 106/14 AG Neustrelitz

Landgericht Neubrandenburg

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger und Berufungskläger –

gegen

ALLIANZ Versicherung AG, An den Treptowers 3, 12435 Berlin

– Beklagte und Berufungsbeklagte –

hat das Landgericht Neubrandenburg – 1. Zivilkammer – durch die Richterin am Landgericht S.-N. als Einzelrichterin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2015 für Recht erkannt:

1.        Auf die  Berufung  des  Klägers wird  das  Urteil  des Amtsgerichts Neustrelitz vom 22.12.2014, Az. 107 C 106/14, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den bereits zugesprochenen Betrag von 26,78 € weitere 81,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2014 zu zahlen.

2.         Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.         Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.         Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 81,98 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht. Die Beklagte ist nach einem Verkehrsunfall in vollem Umfang schadensersatzpflichtig. Die Geschädigte hatte ihren Erstattungsanspruch gegen die Beklagte bezüglich der Sachverständigenkosten an diesen, den Kläger, abgetreten. Die Beklagte hat die von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten nicht vollständig ausgeglichen. Den Differenzbetrag macht der Sachverständige hier aus abgetretenem Recht gegenüber dem Versicherer geltend. Dieser hat inhaltliche Einwände gegen die Höhe der Abrechnung erhoben. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte berechtigt ist, inhaltliche Einwendungen gegen die Kostenrechnung, die sie gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin nicht hätte geltend machen können, gegenüber dem Sachverständigen direkt zu erheben.

Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, im Falle der Inanspruchnahme durch einen Zessionar lasse sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 404 BGB eine Begrenzung dahingehend entnehmen, dass der in Anspruch genommene Schuldner ausschließlich jene nach § 404 BGB bestehenden Einwendungen dem Klageanspruch entgegenhalten könne. Einreden aus eigenem Recht des Schuldners gegenüber dem Zessionar schließe § 404 BGB nicht aus. Die Beklagte habe also dem Kläger entgegenhalten dürfen, dass seine Abrechnung überhöht sei. Allerdings hat das Amtsgericht der Klage nur teilweise stattgegeben und den Anspruch des Klägers der Höhe nach gekürzt um Fahrtkosten mit der Begründung, insoweit sei der Kläger beweisfällig geblieben und um anteilige Schreibkosten mit der Begründung, insoweit sei der Anspruch bereits erfüllt.

Das Amtsgericht hat für den Kläger die Berufung zugelassen.

Mit der Berufung verlangt der Kläger weitere 81,98 € von der Beklagten. Er hält daran fest, dass der Beklagten ihm gegenüber gemäß § 404 BGB nur die Einwendungen eröffnet seien, die gegenüber dem Zedenten bestanden hätten. Die Streichung der Fahrtkosten sei rechtswidrig und die Kürzung der Schreibkosten nicht hinnehmbar, da das Gericht gehindert sei, eine Schadensüberprüfung im Einzelnen vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und bestreitet, dass Fahrtkosten überhaupt entstanden seien, Schreibkosten seien mit der Grundgabühr abgegolten und die Fotokosten von 32,00 € bzw. 2,50 € pro Foto seien überhöht.

II.

1. Die Berufung ist zulässig gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und auch in der Sache begründet.

2. Die von der Beklagten erhobenen Einwendungen sind ihr grundsätzlich auch gegen den Kläger als Zessionar eröffnet. Die Kammer schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts an.

§ 404 BGB besagt, dass der Schuldner dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegenhalten kann, die er auch dem alten gegenüber hatte. Die Vorschrift besagt aber nicht, dass er nur diese Einwendungen erheben kann. Der Wortlaut spricht also schon gegen eine Beschränkung. In der Kommentarliteratur besteht auch Einigkeit, dass über die mangelnde Rechtsinhaberschaft hinaus dem Schuldner uneingeschränkt alle anderen Einwendungen offenstehen, die in der Person des Zessionars begründet sind (MüKo/Roth, BGB, 6. Aufl., § 404 Rn. 16; Staudinger/Busche, BGB, Neubearbeitung 2005, § 404 Rn. 4; Erman/Westerman, BGB, 11. Aufl. § 404 Rn. 7). Es gibt auch diverse obergerichtliche Entscheidungen, die in diese Richtung gehen (BGH, Urteil vom 04.07.2002, IX ZR 97/99; BGH NJW 2002, 1859). Entscheidendes Argument ist, dass § 404 BGB in erster Linie den Schutz des Schuldners bezweckt, nicht aber seine Verteidigungsmöglichkeiten beschränken soll (Erman/Westermann, a.a.O., § 404 Rn. 7; OLG Köln, Urteil vom 18.02.1987, 13 U 170/86, zitiert nach juris Rn. 9).

Aus der von den Parteien erörterten Entscheidung des BGH vom 11.02.2014 (Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, zitiert nach juris) ergibt sich nichts anderes. Diese befasst sich im Wesentlichen mit der Darlegungslast des Geschädigten gegenüber der Versicherung. Allerdings betrifft dies allein das Verhältnis zwischen Geschädigtem und Versicherer und nicht die Frage, welche Einwendungen dem Versicherer gegenüber einem Abtretungsempfänger zustehen.

3. Die Einwendungen der Beklagten sind jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt.

a. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der entstandenen Fahrtkosten zum Begutachtungstermin.

Der Auffassung des Amtsgerichts, der Kläger sei hierzu beweisfällig geblieben, vermag die Kammer nicht zu folgen. Der Kläger hat Fahrtkosten zum Begutachtungstermin in der ersten Instanz zunächst ohne nähere Erläuterung geltend gemacht, was von der Beklagten einfach bestritten worden war. Mit Schriftsatz vom 24.07.2014 (Bl. 48a) hat der Kläger dann vorgetragen, er sei zur Begutachtung des Fahrzeugs von seinem Sitz in Pragsdorf zum Autohaus … in Schönbeck 49 km gefahren. Die abgerechnete Km-Pauschale liege im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Deshalb ist der konkretisierte Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen. Erst in der Berufungsinstanz hat die Beklagte die Entstehung der Fahrtkosten substantiiert bestritten, was verspätet ist.

Dem Sachverständigen obliegt die Entscheidung darüber, wo er das geschädigte Fahrzeug unter Berücksichtigung aller sich aus dem Auftrag ergebenden Aufgabenstellungen begutachtet. Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung des Klägers, das hier in Rede stehende Fahrzeug im Autohaus … unter Ausnutzung der dort vorhandenen Einrichtungen wie zum Beispiel einer Hebebühne zu begutachten, unwirtschaftlich war, liegen nicht vor.

Im übrigen kommt es auf die Frage, ob die Zedentin gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hat, indem sie einen Sachverständigen beauftragte, der eine Fahrstrecke von mehr als 25 km zurücklegen musste, nicht an, weil auch dies lediglich das Verhältnis zwischen Versicherer und Geschädigtem betrifft.

Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass die abgerechneten Fahrtkosten tatsächlich entstanden sind. Dies ergibt sich nämlich aus dem Gutachten selbst. Von den begehrten 64,14 € hat die Beklagte bereits 29,75 € (jeweils Bruttobeträge) erstattet, so dass noch 34,39 € offen sind. Allerdings hat das Amtsgericht den erstatteten Betrag als Überzahlung von der von ihm für begründet erachteten Klageforderung in Abzug bebracht, so dass der volle Betrag in der Berufungsforderung zu berücksichtigen ist.

b. Hinsichtlich der Fotokosten ist die Schätzung nach § 287 ZPO hier eröffnet. Es geht um die Schadenshöhe und durch die Angabe zur Anzahl der gefertigten Fotos gibt es auch eine tatsächliche Anknüpfungstatsache für die Schätzung.

Die vom Amtsgericht vorgenommene Schätzung, dass der Kläger insoweit korrekt abgerechnet hat und die noch ausstehenden 19,04 € noch zu erstatten sind, ist nicht zu beanstanden. Für eine vollständige Erstattungsfähigkeit spricht, dass die von dem Kläger angesetzten Kosten sich im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung bewegen (Bl. 45a), die einen Rahmen von 0,10 € bis 4,00 € für den ersten und 2,80 € für den zweiten Fotosatz ergeben hat. Zwar sind die Erwägungen der Beklagten, dass Ausdrucke von Digitalfotos auch kostengünstig herstellbar sind, nicht von der Hand zu weisen. Allerdings ist ein Sachverständiger nicht verpflichtet, die für das Gutachten erforderliche Bilddokumentation als „Billigproduktion“ herzustellen.

c. Hinsichltich der Schreibkosten gelten dieselben Erwägungen wie unter b.. Auch hier bewegen sich die von dem Kläger in Rechnung gestellten Kosten im Rahmen der Honorarbefragung, wo die Untergrenze für Schreibkosten bei 0,25 € und die Obergrenze bei 5,08 € pro Seite liegen.

d. Hinsichtlich des bereits zugesprochenen restlichen Grundhonorars (14,28 €) und der Porto-und Telefonkosten (3,57 €) ist die Entscheidung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

2. Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes, § 543 ZPO.


Richterin am Landgericht

Verkündet am 08.07.2015

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Aktenzeichen:
107 C 106/14

Amtsgericht Neustrelitz

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

Allianz Versicherungs AG, An den Treptowers 3, 12435 Berlin

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Neustrelitz durch den Richter S. am 18.11.2014 auf Grund des Sachstands vom 18.11.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1.         Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2014 zu zahlen.

2.         Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 75 % und die Beklagte zu 25 % zu tragen.

3.         Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Seiten können die Vollstreckung des anderen Teils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der andere Teil vor der Vollstreckung S cherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4.        Der Streitwert wird auf 108,76 € festgesetzt.

5.         Die Berufung wird für den Kläger zugelassen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch aus § 7 StVG i. V. m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG auf teilweise Erstattung noch nicht ausgeglichener Sachverständigenkosten in Höhe von 26,78 €, da der Zedentin diese Kosten tatsächlich entstanden sind.

Unstreitig haftet die Beklagte dem Kläger gegenüber aus einem Verkehrsunfall vom 11.12.2013 als Haftpflichtversicherin der schädigenden Person. Demzufolge hat die Beklagte den der Zedentin entstandenen und vom Zessionar geltend gemachten Schaden auszugleichen, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Kosten der Schadensfeststellung sind als solche Teil des zu ersetzenden Schadens (BGH – X ZR 112/87 -, Urteil vom 29.11.1988, NJW-RR 1989, 953). Die Beklagte hat daher insbesondere die Kosten der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ersetzen, soweit die abgerechneten Kosten tatsächlich entsanden sind oder zumindest geschätzt werden können und diese Kosten zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung weiterhin notwendig waren. Nach diesen Maßgaben ist die Klage teilweise begründet.

a) Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind grundsätzlich weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen. Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (BGH – VI ZR 67/06 -, Urteil vom 23.01.2007). Gleichwohl bleibt dem Schädiger in jedem Falle die Möglichkeit darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat. Allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter vorliegend abgerechnete Vergütung sowie die Nebenkosten die aus einer Umfrage des Interessenverbandes der Sachverständigen (BVSK) ersichtlichen Höchstsätze überschreiten, rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes allerdings noch nicht (BGH – VI ZR 225/13 -, Urteil vom 11.02.2014).

Zwischen den Parteien steht im Streit, ob ein Sachverständiger nach an ihn erfolgter Abtretung des gegenüber einer Versicherung bestehenden Ausgleichsanspruchs daran gehindert ist, ein von ihm selbst angesetztes, überhöhtes Honorar durchzusetzen. Das Gericht kann indes offen lassen, ob die von der Klägerseite in Bezug genommene Rechtsprechung (BGH – VI ZR 225/13 -, Urteil vom 11.2.2014), die einen Fall betrifft, in der der Versicherungsnehmer selbst vorgeblich überhöhte Sachverständigenkosten gegenüber einem Versicherer geltend gemacht hat, auf die vorliegende Konstellation zu übertragen ist und mithin nur bei einem offensichtlichen Auseinanderfallen von erwartbaren und deutlich darüber hinausgehend angesetzten Sachverständigenkosten eine Erstattungspflicht der für den Schädiger haftenden Versicherung entfiele.

Denn aus dem Prozessstoff ist nicht ersichtlich, dass der Kläger vorliegend ein überhöhtes Honorar angesetzt hätte. Eine solche überhöhte Ansetzung ergibt sich weder aus dem Umstand des Überschreitens der Ergebnisse der BVSK-Befragung noch aus dem Umstand der hier feststellbaren Quote der Nebenkosten im Verhältnis zu dem Gesamthonorar beziehungsweise etwaig im Verhältnis zum eingetretenen Schaden. Eine vergleichsweise hohe Quote der angesetzten Nebenkosten im Verhältnis zu der eigentlichen Sachverständigenvergütung rührt im vorliegenden Fall schon allein aus dem Umstand, dass der Sachverständige ein Gutachten für einen Schaden geringen Umfangs zu erstellen hatte. In solchen Fällen beläuft sich das Sachverständigenhonorar nebst etwaiger Nebenkosten regelmäßig auf einen im Vergleich zum Schadensbetrag hohen Anteil. Es besteht im Übrigen auch keine gesetzliche Pflicht eines Sachverständigen, lediglich ein einheitliches Honorar zu berechnen und in diesem Nebenkosten kalkulatorisch einzurechnen. Auch das bestehende Gebot zur Vornahme einer wirtschaftlich vernünftigen Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten sowie dem von diesem beauftragtem Gutachter nicht, zu Gunsten des Schädigers einheitlich abzurechnen oder sogar bei der Produktion notwendiger Nebenkosten zu sparen (zu Letzterem vgl. BGH – VI ZR 314/90 -, Urteil vom 15.10.1991, NJW 1992, 302). Der Sachverständige ist in der Gestaltung seiner Abrechnung deswegen grundsätzlich frei.

Gegen die Höhe des vom Sachverständigen vorliegend angesetzte Honorar bestehen vor diesem Hintergrund – den Anfall der jeweils abgerechneten Kosten unterstellt – keine Bedenken. Einzubeziehen ist bei dieser Bewertung, dass in der in Bezug genommenen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH – VI ZR 225/13 -, Urteil vom 11.02.2014) jedenfalls entschieden wurde, dass in dem Falle einer Schädigung eines Fahrzeugs mit der Folge eines Reparaturaufwands in Höhe von etwa 1.050,00 € (netto) keine Bedenken an einer Sachverständigenvergütung in Höhe von insgesamt 534,55 € (brutto) bestanden haben, wobei die dortige Nebenkostenquote etwa 73 % betragen hat und 51 gefahrene Kilometer abgerechnet wurden. Im vorliegenden Fall ist einerseits ein höherer Schadensbetrag festgestellt worden und es sind andererseits niedrigere Gutachterkosten abgerechnet worden.

b) Von der demnach schlüssig dargelegten Klageforderung sind jedoch Teilbeträge abzuziehen, die im Streit stehen und nicht geschätzt werden können.

aa) Die Beklagte ist nicht gehindert, Einwendungen gegen die Einzelpositionen der klägerischen Abrechnung vom 16.01.2014 (Anlage 2, Bl. 11 d.A.) zu erheben und insbesondere den Anfall einzelner Rechnungspositionen zu bestreiten.

Die Beklagte kann dem Kläger auf Grundlage des § 404 BGB zwar die Einwendungen entgegenhalten, die gegenüber der Zedentin bestanden haben. Im Falle der Inanspruchnahme durch einen Zessionar lässt sich jedoch weder dem Wortlaut des § 404 BGB noch dem Sinn und Zweck der Abtretungsvorschriften eine Begrenzung dahingehend entnehmen, dass der in Anspruch genommene Schuldner ausschließlich jene nach § 404 BGB bestehenden Einwendungen dem Klageanspruch entgegenhalten könnte. Die Bestimmung des § 404 BGB betrifft Einwendungen aus den Rechtsbeziehungen des Schuldners zu dem Zedenten, also aus dem der abgetretenen Forderung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Einreden aus eigenem Recht des Schuldners gegenüber dem Zessionar schließt § 404 BGB nicht aus (vgl. Staudinger, BGB – Neubearbeitung 2012, § 404 BGB, Rn. 4, m.w.N.).

Hierzu gehört auch der von der Beklagten erhobene Einwand, dass die geltend gemachten Ko-stenpositionen nicht entstanden sind. Diesen kann die Beklagte dem Kläger nach den Grundsätzen des § 242 BGB entgegenhalten. Es widerspräche dem aus der Verkehrssitte fließenden Grundsatz von Treu und Glauben, dass ein Sachverständiger Kosten abrechnet, die nicht entstanden sein sind, und er den Prozessgegner in diesem Fall auf etwaige Erleichterungen in der Darlegungslast verweist, die dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls im Rahmen der Schadensregulierung aufgrund dessen spezieller persönlicher Situation zugebilligt werden. Durch einen vollständigen Ausschluss gegenüber dem Sachverständigen als klagenden Zessionar bestehender Einwendungen entstünde ein einer Rechtskontrolle im Wesentlichen entzogener Freiraum für Sachverständige, in dem diese Honorare und Kosten nach freiem Ermessen festsetzen und deren Regulierung verlangen könnten. Dies widerspricht der Wertung des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, nach der lediglich der zur Wiederherstellung eines Schadens erforderliche Betrag zu ersetzen ist.

Der Bundesgerichtshof hat in der zwischen den Parteien diskutierten Entscheidung vom 11.02.2014 (BGH – VI ZR 225/13 -; NJW 2014, 1947) mit „Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten“ (BGH, a.a.O., juris-Rn. 7, m.w.N.) eine beschränkte Kontrolle der im dortigen Fall zu regulierenden Kostenrechnung eines Sachverständigen vorgenommen. Vor diesem Hintergrund erklärte sich die Annahme des Bundesgerichtshofs, der Geschädigte genüge seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen (BGH, a.a.O., juris-Rn. 8). Eine solche mit Rücksicht auf „Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten“ (BGH, a.a.O., juris-Rn. 8) erfolgende Schadensregulierung erscheint jedoch unangebracht, wenn der zu regulierende Anspruch nach Abtretung an den Sachverständigen durch diesen selbst geltend gemacht wird. Der Sachverständige hat jede Möglichkeit, die von ihm gestellte Rechnung näher darzulegen und die Kosten begründenden Faktoren gegebenenfalls im Bestreitensfalle zu beweisen. Überobligatorische Anstrengungen oder eine Beweisnot sind dabei nicht zu erwarten.

bb) Die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten und von der Beklagten teilweise regulierten Einzelforderungen gestalten sich wie folgt:

vom Kläger in Ansatz                      durch Beklagte ausgegli            Zusammensetzung Klagefor-
gebrachte Kosten (brutto)             chene Kosten (brutto)               derung nach Teilzahlung
(vgl. Bl. 11 d.A.):                              (vgl. Bl. 42 d.A.):                        durch Beklagte demnach:

Grundhonorar 297,50 €                    283,22 €                                      14,28 €
Fahrtkosten 64,14 €                            29,75 €                                       34,39 €
1.  Fotosatz 23,80 €                             19,04 €                                       19,04 €
2.  Fotosatz 14,28 €
(insgesamt 16 Bilder)                                                                                           
Schreibkosten Original 29,99 €           5,36 € (18 Seiten zu je            37,48 €
Schreibkosten Kopie 12,85 €               0,50 € + MWSt)                                  
Versand / Telefon / EDV                    17,85 €                                          3,57 €
21,42 €                                                                                                                    
= 463,98 €                                       = 355,22 €                                  = 108,76 €

cc) Die geltend gemachten Restforderungen sind teilweise zuzusprechen.

Das Honorar für die Gutachtenerstellung ist mit unstreitig erfolgter Erstellung des Gutachtens verdient. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der noch nicht ausgeglichenen 14,28 €. Der Anfall von Fahrtkosten wurde seitens der Beklagten bestritten. Allein der Eintrag in dem Schadensgutachten, dass eine Besichtigung des Fahrzeugs in einem Autohaus in Neu Schönbeck erfolgt ist (Anlage 1, Bl. 12 d.A.) belegt nicht den Umstand, dass der Kläger sich zu diesem Besichtigungsort auch von seinem Geschäftssitz in Pragsdorf aus begeben hat. Für den Anfall der geltend gemachten Fahrtkosten ist der Kläger beweisfällig geblieben. Hieraus ergibt sich eine Überzahlung des Klägers in Höhe der gezahlten Fahrtkosten (29,75 €). Kosten für die Erstellung und Einbindung von Fotografien konnte der Kläger, der in seiner Abrechnungsart nach den aufgezeigten Grundsätzen nicht limitiert ist, abrechnen. Beweismittel dafür, dass dem Kläger die von ihm abgerechneten Kosten in dieser tatsächlich entstanden sind, wurden nicht benannt. Das Gericht schätzt sie auf Grundlage des § 287 ZPO jedoch als zutreffend abgerechnet ein (weitere 19,04 €). Die bestrittenen abgerechneten Schreibkosten, deren einheitliche Abrechnung mit dem Grundhonorar nicht vorzuschreiben ist, schätzt das Gericht auf insgesamt nicht mehr als 25,00 € (brutto). Der Anfall weiterer Schreibkosten insbesondere für das Erstellen einer Kopie ist auf Grundlage des Prozessstoffs nicht nachvollziehbar dargelegt (weitere 19,64 €). Keine Einwände bestehen auf Grundlage des § 287 ZPO gegen die Abrechnung pauschalierter Versand-, Telefon- und EDV-Kosten in der abgerechneten Höhe (weitere 3,57 €).

In der Summe kann das Gericht damit die Klageforderung in Höhe von weiteren 26,78 € nachvollziehen.

2. Dem Kläger stehen lediglich Prozesszinsen zu, §§ 291, 288 BGB. Die angesichts der obigen Ausführungen vorprozessual erfolgte erhebliche Zuvielforderung, aus der der tatsächlich geschuldete Betrag für die Beklagte nicht ersichtlich war, schloss den Verzugseintritt aus (vgl. Palandt, 73. Auflage 2014, § 286 BGB Rn. 20).

II.  Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 39 Abs. 1 GKG.

III.  Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen für den Kläger vor.

Die Herbeiführung einer Entscheidung des Berufungsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist notwendig. In der vorliegenden Entscheidung wird ein gegenüber der Entscheidung des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 01.07.2014 – 103 C 164/14 – (Bl. 50 f. d.A.) abweichender abstrakter Rechtssatz jedenfalls insoweit formuliert, als es in der Konstellation der Geltendmachung eines abgetretenen Erstattungsanspruchs seitens eines Sachverständigen der in Anspruch genommenen Person über § 404 BGB hinausgehend möglich sein soll, dem Sachverständigen auch solche Einwendungen entgegenzuhalten, die die Grundlage der gestellten Kostenrechnung betreffen. Insoweit soll sich nach der vorliegenden Entscheidung eine Möglichkeit
zur Erhebung dahingehender Einwendungen zumindest aus § 242 BGB ergeben.

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