AG Coburg verurteilt nach Kürzung der Verbringungskosten aus der Reparaturrechnung durch die einstandspflichtige Versicherung die Versicherung zur Zahlung der gekürzten Verbringungskosten mit Urteil vom 16.2.2017 – 15 C 1935/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

heute zum Sonntag stellen wir Euch ein Urteil des Amtsgerichts Coburg zu den Verbringungskosten mit Werkstatt- und Prognoserisiko vor. Obwohl der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, für den die beklagte Haftpflichtversicherung zu einhundert Prozent haftet, eine Reparaturkostenrechnung vorgelegt hatte, kürzte die eintrittspflichtige Versicherung diese Rechnung, obwohl es sich um eine konkrete Schadensabrechnung handelt, um einen Betrag von 67,83 €, mit der Begründung, dieser Betrag sei zur Wiederherstellung des vormaligen Zustandes nicht erforderlich. Wie man sieht, wird nun auch die konkrete Schadensabrechnung angegriffen. Wer war wohl die beklagte Versicherung, nachdem in Coburg geklagt wurde? Wir überlassen es jeder Leserin und jedem Leser, sich selbst darüber Gedanken zu machen. Tatsache ist aber, dass die beklagte Versicherung vergißt, dass der Schädiger das Werkstatt- und Prognoseriko trägt (vgl. BGHZ 63, 182 ff; vgl. dazu auch Imhof/Wortmann DS 2011, 149 ff.). Lest selbst das Urteil des AG Coburg vom 16.2.2017 und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.  

Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag
Willi Wacker

Amtsgericht Coburg

Az.: 15 C 1935/16

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Beklagte

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Coburg durch Richter am Amtsgericht M. am 16.02.2017 aufgrund des Sachstands vom 13.02.2017 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 67,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 15.12.2016 zu zahlen.

2.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.        Der Streitwert wird auf 67,83 € festgesetzt, § 481 GKG.

Entscheidungsgründe

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten nach dem Verkehrsunfall vom 20.05.2016 Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 67,83 € zu, §§ 115 VVG, 7 Abs. 1 StVG, 249 ff. BGB.

Unstrittig ist die Beklagte dem Grunde nach als eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung für den Schaden haftbar.

Soweit die Beklagte aus der Reparaturrechnung einen Teilbetrag von schlussendlich 67,83 € im Hinblick auf die Kosten der Fahrzeugverbringung gekürzt hat, dringt sie damit nicht durch. Dieser Schadensersatzanteil steht dem Kläger zu. Der Kläger hat nach dem Schadensereignis ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Reparaturwerkstätte mit der Schadensbehebung beauftragt. Soweit die Werkstatt falsch, überteuert oder zu lange repariert, fällt dieses sogenannte Werkstattrisiko dem Schädiger und damit der Beklagten als Haftpflichtversicherung zur Last. Vom Unfallgeschädigten kann nicht mehr verlangt werden, als zur Bezifferung des Schadens und des Umfangs des zu behebenden Schadens ein Schadensgutachten eines Sachverständigen einzuholen und einen Reparaturauftrag zu erteilten. Wenn dann die Werkstatt dabei außerhalb des Machtbereichs des Klägers als Unfallgeschädigten irgendwelche „Fehler“ macht, kann ihm dies nicht zum Nachteil gereichen. Ein Unfallgeschädigter muss sich auch nicht vor dem Rechnungsausgleich angesichts der Information der Beklagten über eine fehlerhafte Rechnungsstellung der Versicherung willen vom Werkuntemehmer aus dem Werkvertragsverhältnis heraus auf den restlichen Werklohn verklagen lassen. Hier hat der Gesetzgeber mit § 255 BGB eine Möglichkeit geschaffen, welche der Kläger insoweit genutzt hat, als er etwaige Regressansprüche aus dem Werkvertragsverhältnis gegenüber der Werkstatt an die Beklagte zur Abtretung angeboten hat. Wenn die Beklagte dies nicht nutzt, kann auch solches nicht dem Kläger zum Nachteil gereichen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB.

Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO

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5 Antworten zu AG Coburg verurteilt nach Kürzung der Verbringungskosten aus der Reparaturrechnung durch die einstandspflichtige Versicherung die Versicherung zur Zahlung der gekürzten Verbringungskosten mit Urteil vom 16.2.2017 – 15 C 1935/16 -.

  1. Trude sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    für mich ein Polish up Urteil mit wohlwollender Genehmigung der HUK-Coburg-Vers.

    Es dient offensichtlich dem Zweck, die enge Anlehnung der Abteilung 15 mit dem bekannten Richter M. an die HUK-Coburg zu verblenden. Dieses Urteil steht damit im krassen Gegensatz zur Rechtsprechung dieser Zivilabteilung zur Erstattungsverpflichtung von rechtswidrig gekürzten Gutachterkosten, vor dem Hintergrund, dass in solchen Verfahren die Gerichte nicht aufgerufen sind, einen gerechten Preis festzulegen und sich das ansonsten auch nicht aus den Rechtsfolgen mit dem Umstand ergibt, dass der beauftragte Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Unfallopfers ist. Dieser Vorgang zeigt gegensätzlich hierzu, dass dieser Richter sehr wohl im Thema ist, jedoch mit verschiedenen Maßstäben jongliert.

    Trude

  2. Karl sagt:

    Hallo Trude,
    warum wird im Rechtsstreit um die berechneten Sachverständigenkosten nicht die Abtretung gemäß § 255 BGB angeboten? In meinen Augen geschieht das viel zu wenig, obwohl Imhof u. Wortmann in DS 2011, 149 ff. bereits darauf hingewiesen hatten!
    Grüße
    Karl

  3. Dr. Ralph Burkard sagt:

    P.S.: alle Abteilungen des AG Coburg urteilen in dieser Weise. Grund: der Schädiger trägt das Prognose- und Werkstattrisiko. Der entscheidende Unterschied zum Streit um die Höhe des Sachverständigenhonorars.

    Urteile:

    12 C 723/17
    11 C 607/17
    14 C 101/17
    usw….

    LG
    Ralph

  4. Bösewicht sagt:

    Hat Müllermilch das Urteil abgesetzt ?

  5. Ralph sagt:

    Richter Müller traf die Entscheidung – zwischenzeitlich zum wiederholten Mal. Weitere zusprechende Urteile von ihm:
    15 C 1936/16
    15 C 2068/16
    15 C 696/17

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