AG Gelnhausen schließt mit Beschluss vom 4.4.2011 – 53 C 240/11 (69) – HUK-Coburg Allg. Vers. AG von der Prozessvertretung aus!

Hier im Blog – sowie auch anderswo – wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine Prozessvertretung durch die Kfz-Haftpflichtversicherung nicht zulässig ist.  Folgerichtig hat jetzt das AG Gelnhausen mit Beschluss vom 4.4.2011 die HUK-Coburg von der Prozessvertretung ausgeschlossen. Diese hatte, wie bisher üblich, die Prozessvertretung seines verklagten VN angezeigt.  Dies ist mit der ZPO nicht mehr vereinbar. Hier der Beschluss des AG Gelnhausen:

Amtsgericht Gelnhausen

– 53 C 240/11 (69) –

4.4.2011

Beschluss

In dem Rechtsstreit

Dipl.-Ing. M.K. aus K.

– Kläger –

g e g e n

F-J. S. aus F.

– Beklagter –

wird die HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, Willi-Hussong-Str. 2, Coburg von der Prozessvertretung ausgeschlossen.

Gründe:

Gem. § 79 II 2 ZPO ist die Prozessvertretung – jenseits der Vertretung durch Rechtsanwälte – nur einem begrenzten Personen- bzw. Institutionenkreis gestattet, zu denen die HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG nicht zählt. Aus den allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung ergibt sich ein außerprozessuales  Vertretungsrecht für den Versicherungsnehmer, nicht jedoch eine isolierte Prozessführungsbefugnis i.S.d. § 79 ZPO. Einen Rechtsanwalt hatte die Versicherung zur Einspruchseinlegung nicht mandatiert. Ein Fall der Streitgenossenschaft oder Nebenintervention ist im Mahnverfahren nicht gegeben gewesen, der Beklagte war einziger Adressat.

…. Riin a. AG.

So der zutreffende Beschluss des Amtsgerichtes aus Hessen. Eure Meinung dazu?  Über rege Kommentierung würde ich mich freuen.

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7 Antworten zu AG Gelnhausen schließt mit Beschluss vom 4.4.2011 – 53 C 240/11 (69) – HUK-Coburg Allg. Vers. AG von der Prozessvertretung aus!

  1. SV F.Hiltscher sagt:

    @

    Hallo Willi,
    seit wann ist das so?

    Auch ist es mir bis heute noch ein Rätsel, wie es rechtlich möglich ist,oder legitim war, dass die Schädigerversicherung (Huk-Coburg)den Geschädigten veranlassen konnte die SV Kosten nicht zu bezahlen und mit einem beauftragten RA dann gemeinsam Schädiger und Geschädigter, gegen den SV zu prozessieren. Hier hat doch der Geschädigte mitgeholfen, dass er selbst seine berechtigten Schadenersatzansprüche hier SV Kosten verliert, oder sehe ich das falsch?
    Das ist doch m.E. Paradox

  2. F-W. Wortmann sagt:

    Hallo SV F.Hiltscher,

    Durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes vom 12.12.2007 (Bundesgesetzblatt I S. 2840) ist – von der täglichen Praxis weitgehend unbeachtet – auch § 79 ZPO geändert worden.

    Die Vorschrift lautet aktuell wie folgt:

    § 79
    Parteiprozess

    I. Soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, können die Parteien den Rechtsstreit selbst führen. Parteien, die eine fremde oder ihnen zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung geltend machen, müssen sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur Vertretung des Gläubigers befugt wären oder eine Forderung einziehen, deren ursprünglicher Gläubiger sie sind.

    II. Die Parteien können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vertretungsbefugt nur

    1. Beschäftigte der Partei oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,

    2. volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,

    3. Verbraucherzentralen und andere mit öffentlichen Mitteln geförderte Verbraucherverbände bei der Einziehung von Forderungen von Verbrauchern im Rahmen ihres Aufgabenbereiches,

    4. Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes) im Mahnverfahren bis zur Abgabe an das Streitgericht, bei Vollstreckungsanträgen im Verfahren der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen wegen Geldforderungen einschließlich des Verfahrens zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung und des Antrags auf Erlass eines Haftbefehls, jeweils mit Ausnahme von Verfahrenshandlungen, die ein streitiges Verfahren einleiten oder innerhalb eines streitigen Verfahrens vorzunehmen sind.

    Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind handeln durch
    ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

    III. Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Abs. 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

    IV. Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor einem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

    Der gesetzgeberische Wille bei der Neufassung der Vorschriften des § 79 ZPO war es, den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschriften eng und abschließend zu halten.
    Ziel der Neuregelung des § 79 ZPO war es im Zuge der Liberalisierung der außergerichtlichen Rechtsberatung im Gegensatz für das gerichtliche Verfahren weitgehend eine Vertretung durch Rechtsanwälte sicherzustellen. Entsprechend eng und restriktiv sind die Ausnahmetatbestände des § 79 Abs. 2 ZPO gefasst.

    Das bedeutet, dass nicht mehr -wie früher- die Versicherung, nachdem der VN sie von einem Mahnbescheid oder von einer Klage informiert hatte, mit Schriftsatz sich zum Prozessbevollmächtigten des Beklagten bzw. Antragsgegners bestellen kann. Die Zustellung des MB oder der Klageschrift löst nämlich Fristen, meist 2 Wochen, aus. Meldet sich der Antragsgegner bzw. Beklagte innerhalb dieser Notfrist nicht, kann bei schlüssigem Klagevorbringen Versäumnisurteil ergehen. So verhinderte das Schreiben der Versicherung, dass das Versäumnisurteil oder der Vollstreckungsbescheid erging. Damit ist nun Schluss. Gegen den VN kann jetzt binnen kurzer Zeit ein Vollstreckungstitel erwirkt werden. Der Vorteil ist auch noch, dass die Versicherung nichts davon erfährt, wenn nur der VN verklagt wird.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dein Willi

  3. Buschtrommler sagt:

    Zitat:
    Der Vorteil ist auch noch, dass die Versicherung nichts davon erfährt, wenn nur der VN verklagt wird.

    …ich kann mir durchaus vorstellen, daß die Vs sehr schnell davon erfährt, aber dann in einem durchaus „unangenehmen“ Ton des (noch) Vs-kunden….. 😉

  4. wesor sagt:

    Danke für diese Info, da könnte sich doch einiges bewegen.
    Muss da eventuell der Verusacher auf der Anklagebank erscheinen, Herr RA Wortmann?

  5. F-W Wortmann sagt:

    Hallo Buschtrommler,
    da könntest Du recht haben. 🙂
    Mit freundlichen Grüßen
    F-W Wortmann

  6. F-W Wortmann sagt:

    Hallo wesor,
    nur wenn mündliche Verhandlung anberaumt wird, kann der Richter/ die Richterin das persönliche Erscheinen des Unfallverursachers, also des Beklagten, anordnen. Wenn der Antragsgegner im gerichtlichen Mahnverfahren aber keine Prozesserklärung abgibt, z.B. Widerspruch, und nichts tut, dann ergeht Vollstreckungsbescheid, mit dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Bei der Klage ist es ähnlich. Wenn der Beklagte nicht reagiert und keine Verteidigungsabsicht anzeigt, ergeht Versäumnisurteil. Mit dem kann dann auch der Gerichtsvollzieher beauftragt werden.
    Mit freundl. Grüßen
    F-W Wortmann

  7. SV F.Hiltscher sagt:

    Hallo Willi,
    besten Dank für Deinen umfassenden u.lehrreichen Bericht.
    Ich bin direkt beschämt wie viel Arbeit Du Dir wegen meiner Frage gemacht hast.
    Nochmals Danke
    Dein Franz

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