AG Bochum verurteilt HDI zur Zahlung restlicher Mietwagenkosten

Im vereinfachten Verfahren hat das AG Bochum die HDI Versicherung zur Zahlung von 201,69 € zzgl. Zinsen verurteilt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Klägerin steht auf der Grundlage des Verkehrsunfallereignisses vom 06.09.2007 ein Anspruch in Höhe von restlichen 201,69 EUR zu . Das Alleinverschulden des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Unfallgegners ist zwischen den Parteien außer Streit, weswegen sich nähere Ausführungen zur Haftung dem Grunde nach erübrigen.

Die Klägerin kann – auf Basis der ihr unstreitig durch Erklärung vom 08. Oktober 2007 von der Geschädigten abgetretenen Rechte – Schadenersatz aber auch in der geltend gemachten restlichen Höhe von 201,69 EUR von der Beklagten verlangen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer gem. § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwenig halten darf. Er ist hierbei aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftiichereren Weg der Schadenbehebung zu wählen.

Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigereren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann.

Aufweichen Betrag dieser als zur Herstellung objektiv erforderliche Mietpreis sich im Einzelfall stellt, kann das Gericht im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO anhand der auf dem örtlich relevanten Markt verlangten „Normaltarif“ schätzen (vgl. OLG Köln vom 10. Oktober 2008, Aktenzeichen 6 U 115/08).

Entgegen der Ansicht der Beklagtenseite sieht sich das Gericht im vorliegenden Falle befugt, die Höhe des erstattungsfähigen Normaltarifs auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels 2007 gem. § 287 ZPO zu schätzen. Die Anwendung der sogenannten Schwacke-Liste ist auch vom Bundesgerichtshof grundsätzlich anerkannt. Der BGH hat ausgeführt, dass es nicht Aufgabe des Tatrichters ist, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen diese Schätzgrundlage nachzugehen (vgl. BGH Urteil vom 11. März 2008, VI ZR 164/07). Einwendungen gegen die Grundlage der Schadensbemessung sind hiernach nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Tabellenwerken, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass die geltend gemachten Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken könnten. Gemessen an diesen Grundsätzen der Bundesgerichtshofsrechtsprechung sind die Einwendung der Beklagtenseite gegenüber der hier anzuwendenden Schätzgrundlage nicht erheblich. Die zahlreichen seitens der Beklagten angeführten Publikationen, welche sich mit vermeintlichen Schwächen der Methodik von Schwacke befassen, betreffend abstrakt generelle Bedenken, zeigen jedoch nicht auf, inwiefern sich derartige Bedenken auf den konkret für einen bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten räumlichen Bereich zu zahlenden Mietpreis auswirken sollten. Auch der von der Beklagten angezogene Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 des Frauenhofer Instituts vermag keine durchgreifenden Zweifel an dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 als Schätzgrundlage zu begründen. Denn dieser Marktpreisspiegel des Frauenhofer Institutes basiert auf einer Erhebung, die nur über einen sehr kurzen Zeitraum (19. Februar- 16. April 2008) durchgeführt worden ist und erfasst zudem nicht den maßgeblichen Bereich der Stadt Bochum, sondern bezieht sich auf eine bundesweite Datenerhebung. Maßgeblich ist aber nach der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, das Preisniveau an dem Ort, an dem das Auto angemietet und übernommen worden ist.

Im übrigen vermag der Mietpreisspiegel des Frauenhofer Institutes keine Bedenken gegenüber der Schwacke-Liste 2007 zu begründen, weil er im auf den Verkehrsunfall nachfolgenden Jahr erstellt worden ist.

Über die abstrakten Bedenken hinaus hat die Beklagtenseite nicht dargelegt, bei weichem konkreten Vermieter zu welchen konkreten Bedingungen ein vergleichbares Ersatzfahrzeug zu dem von ihr behaupteten niedrigeren Preis hätte angemietet werden können.

Dementsprechend kann das Gericht den grundsätzlich maßgeblichen Normaltarif auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2007 schätzen. Ausschlaggebend für die Einordnung innerhalb des Schwacke-Mietpreisspiegels ist hier das Postleitzahlengebiet 448, die Wagenklasse 4 und das arithmetische Mittel (vgl. etwa LG Dortmund, Urteil vom 03. Juli 2008,4 S 29/08, Randziffer 12). Danach ist einerseits die Dreitagespauschale mit netto 273,77 EUR zzgl. einer Eintagespauschale von 87,44 EUR netto zzgl. eines berechtigterweise in Anspruch genommenen Kaskoaufschlags in Höhe eines arithmetischen Mitteis von 22,01 EUR pro Tag (netto) zzgl. Mehrwertsteuer in Addition zu bringen, was einen erforderlichen Mietpreis für die Inanspruchnahme von 4 Tagen i. H. v. 534,61 EUR (brutto) ergibt.

Abzüglich der vorgerichtlich seitens der Beklagten geleisteten Zahlung i. H. v. 321,30 EUR sind also rechnerisch Ansprüche betreffend die Erstattung des objektiv erforderlichen Preises für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs i. H. v. 213,31 EUR offen.

Dementsprechend kann die Klägerin jedenfalls den von ihr erstattet verlangten restlichen Betrag von 201,69 EUR von der Beklagtenseite zur Zahlung verlangen.

Auf die Frage, ob ein prozentualer Aufschlag auf den mit diesem Betrag ermittelten Normaltarif noch erforderlich ist oder nicht, musste das Gericht dementsprechend nicht mehr eingehen.

Ein Abzug ersparter Eigenaufwendungen ist vorliegend nicht vorzunehmen, da die Klägerin unstreitig einen eine Klasse niedrigeren Ersatzwagen angemietet hat.

Soweit die Ausführungen des AG Bochum, auch hier wurde die Anwendung der Fraunhofer Tabelle abgelehnt.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Bochum verurteilt HDI zur Zahlung restlicher Mietwagenkosten

  1. Chris W. sagt:

    Hi Babelfisch,
    Du scheinst wohl auf dem Gebiet der Mietwagenkosten Spezialist zu sein, anders kann ich mir die gehäufte Zahl der von Dir eingestellten Mietwagenurteile nicht vorstellen. Bemerkenswert bei diesem Urteil des AG Bochum finde ich die Begründung zur Ablehnung der Fraunhofer-Liste. Über den Vortrag der Beklagten habe ich mich allerdings gewundert, wenn diese die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste bevorzugt, Bochum aber gar nicht in der Liste enthalten ist. Offenbar versteht die Beklagte ihren eigenen Sachvortrag nicht. Auch Bochum scheint für die Fraunhofer-Liste kein geeignetes Mietwagen-Umfeld.
    Grüsse
    Chris W.

  2. willi wacker sagt:

    Hallo Babelfisch,
    ich bitte, das Aktenzeichen des Urteils aus Bochum noch bekanntzugeben.
    MfG
    Willi Wacker

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