AG Calw spricht restliche Mietwagenkosten zu

In einem vereinfachten Verfahren hat das AG Calw am 6.11.2008 (Gesch.-Nr.: 8 C 764/08) restliche Mietwagenkosten in  Höhe von 481,28 € zzgl. Zinsen zugesprochen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger kann von dem Beklagten weiteren Schadensersatz gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB in Höhe von 481,28 EUR verlangen. Der Tatbestand des § 7 Abs. 1 StVG ist gegeben. Die 100%ige Haftung des Beklag­ten ist unstreitig.

Die vom Kläger geltend gemachten restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 481,28 EUR sind erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und somit erstattungsfähig,

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung nach § 249 BGB als erforderli­chen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist entsprechend des Wirtschaftlichkeitsgebots gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Dem Kläger war unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Ein­flussmöglichkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage örtlichund zeitlich relevanten Markt kein wesentlich günstiger Tarif zugänglich.

Die Beklagte hat aufgezeigt, dass der Kläger bei der von ihm ausgewählten Auto­vermietung X ein Mietfahrzeug zu einem wesentlich günstigeren Tarif hät­te anmieten können. Von der ausgewählten Autovermietung werden unter der Firmie­rung „Sachsencar“ Mietwagen zu erheblich billigeren Preisen angeboten. Die beiden Autovermietungen firmieren unter der gleichen Adresse. Der Kläger hatte gerade unter dieser Adresse angefragt und ihm wurde das streitgegenständliche Angebot un­terbreitet.

Der Umstand, dass der Kläger keine weiteren Angebote eingeholt hat, ist unschäd­lich, da er nicht zur Marktforschung verpflichtet ist. Bedenken gegen die Angemes­senheit des ihm angebotenen Unfallersatzwagentarif, welche sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben können, mussten dem Geschädigten nicht aufkommen. Der Schädiger trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dem Geschädigten ein günstiger Tarif „ohne weiteres“ zugänglich war. Diesen Nachweis konnte die Be­klagte nicht erbringen.

Entsprechend der Rechtsprechung des BGH (BGH VI ZR 234/07, Urteil vom 24.06.2008) ist die Höhe der zu erstattenden Mietwagenkosten durch einen Auf­schlag auf den Normaltarif zu ermitteln. Es besteht die Möglichkeit eines pauschalen Aufschlages für unfallbedingte Zusatz­leistungen, welche einen betriebswirtschaftlichen Mehraufwand des Vermieters recht­fertigen. Bei der Ermittlung des Aufschlages ist nicht auf die Kalkulation der jeweili­gen Autovermietung abzustellen, vielmehr ist es nach ständiger Rechtsprechung des BGH ausreichend, zu ermitteln ob ein Aufschlag generell gerechtfertigt ist. Vorliegend steht aber fest, dass dem Kläger kein günstiger Tarif zugänglich war, weshalb offen bleiben kann inwieweit Mehrkosten betriebswirtschaftlich gerechtfertigt sind oder nicht (vgl. Vuia, NJW 2008, 2369).

Der pauschale Aufschlag für unfallbedingte Zusatzleistungen wird durch das Gericht gemäß § 287 ZPO mit 20% angesetzt. Die unfalltypischen Aufwendungen ergeben sich aus der Fahrzeugvorhaltung auch schlechter ausgelasteter Fahrzeuge, dem Er­fordernis der Einrichtung eines Notdienstes, erhöhten Kosten für die Zustellung und Abholung der Fahrzeuge, an Vermittler zu zahlende Provisionen, dem Beschädi­gungsrisiko bei Fahrzeugen ohne Kreditkartensicherheit, dem erhöhten Unterschla­gungsrisiko, einem erhöhten Verwaltungsaufwand und der Umsatzsteuervorfinanzie­rung, Der Kläger war finanziell nicht in der Lage die Mietwagenkosten vorzustrecken, da sein Konto überzogen war.

Die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges war erforderlich, da der Kläger abgelegen im Schwarzwald in einer kleinen Ansiedlung wohnt. Als Schätzgrundlage für den pauschalen Aufschlag dient der Schwacke-Automietpreisspiegel 2007. Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Schwacke-Automietpreisspiegel nicht als Schätzgrundlage herangezogen werden könne, dieser sei mangelhaft erstellt worden.

Allgemein gehaltene Angriffe gegen den Mietpreisspiegel genügen jedoch nicht, die­sen als Schätzgrundlage für unanwendbar zu erklären (BGH VI ZR 161/06; VI ZR 117/05). Insbesondere die Kritik, dass die bei der Erstellung des Schwacke Miet­preisspiegels beteiligten Mietwagenfirmen gewusst hätten, dass ihre Antworten zur Grundlage einer Marktuntersuchung über die Höhe der Mietwagentarife gemacht wurden, reicht nicht aus, um für den konkreten Fall so gravierende Mängel an der Schätzgrundlage festzustellen, die eine Nichtanwendung rechtfertigen könnten. Bes­sere und verwertbarere Erkenntnisse liegen nicht durch den „Marktspiegel Mietwagen Deutschland 2008″ des Frauenhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisati­on (IAO) vor. Dies ergibt sich aus mehreren Umständen. Dieser Mietpreisspiegel ist nicht repräsentativ, denn die Befragung von nur sechs Unternehmen ergibt keinen vollständigen Überblick über Durchschnittspreise. Die Erhebungsmethoden des Frauenhofer Instituts sind problematisch, da sie hauptsächlich über das Internet zu buchende und einer Buchungsfrist von einer Woche unterliegende Angebote erfas­sen. Dies entspricht nicht der Realität bei einem Unfallgeschehen, wo das Mietfahr­zeug meist schnell zur Verfügung stehen muss,

Auch die von Dr. Zinn im Sommer 2007 durchgeführte Erhebung stellt keine bessere und verwertbarere Erkenntnisqueile dar. Bei den Erhebungen von Dr. Zinn wurden die Preise nur in bestimmten Postleitzahlenbereichen erhoben. Es wurden zudem nur wenige Anmietstationen deutschlandweit einbezogen.

Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen ergibt sich folgende Schadensberech­nung:

2 x Wochenpauschale Grundpreis (Normaltarif im Mittel)                        712,00 EUR

zuzüglich 20% unfallbedingter Zusatzleistungen                                     142,40 EUR

2 X Wochen pauschale Vollkasko (Normaltarif im Mitte!)                         244,00 EUR

Zustellung                                                                                                  50,00 EUR

Die geltend gemachten tatsächlichen Mietwagenkosten in Höhe von 1.157,14 EUR bewegen sich im Rahmen des durch den Schwacke-Mietpreisspiegel ermittelten durchschnittlichen Wert von 1.148,40 EUR.

Die Klägerseite macht Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 1.157,14 EUR gel­tend und lässt sich eine Eigenersparnis in Höhe von 5% (57,86 EUR) anrechnen. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten bezahlte auf die Mietwagenkosten 618,00 EUR, so dass noch eine Restforderung von 481,28 EUR verbleibt.

So das AG Calw, dass im übrigen die Anwendung der Erhebung des Fraunhofer Instituts ebenfalls ablehnt.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Calw spricht restliche Mietwagenkosten zu

  1. Werkstatt-Freund sagt:

    Hi Babelfisch,
    schon wieder ein ordentlich begründetes Mietwagenurteil. Erfreulich auch die Begründung zur Ablehnung des Fraunhofer-Instituts-Mietspiegel. Fraunhofer setzt sich offenbar nicht durch.
    Weiter so!
    Werkstatt-Freund

  2. Friedhelm S sagt:

    Hallo Autoren,
    Eure unermüdliche Tätigkeit muss einmal gelobt werden. Mit diesem Urteil sind diesen Monat wieder 50 Beiträge eingestellt worden.
    freundliche Grüsse
    Friedhelm S.

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