AG Dortmund verurteilt AXA Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 18.11.2009 (420 C 7961/09) hat das AG Dortmund die AXA Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 323,84 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und geht kurz auf Nebenkriegsschauplätze wie „Kosten für Winterreifen“ und „vorgerichtliche RA-Kosten“ ein.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin macht Ansprüche aus abgetretenem Recht aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am xx.xx.2008 in Dortmund ereignete.

Die zulässige Klage ist in dem zugesprochenen Umfang begründet.

Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung von 323,84 €.

Ein solcher Anspruch ergibt sich aus §§ 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 3 PflVG i.V.m. §§ 398 ff. BGB.

Die geltend gemachten Mietwagenkosten gehören in dem zugesprochenen Umfang zu dem nach § 249 Abs. 2 BGB zur Herstellung des Schadens erforderlichen Geldbetrag. Gem. § 249 Abs. 2 BGB schuldet der Schädiger dem zur Herstellung objektiv erforderlichen Geldbetrag. Objektiv erforderlich sind solche Aufwendungen, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. BGHZ 63, 182, 184). Es sind mithin nur die üblichen Mietwagenkosten zu erstatten.

Der objektiv erforderliche Aufwand im Hinblick auf die Anmietung eines PKWs beläuft sich im vorliegenden Fall auf insgesamt 1.103,48 €. Die Höhe der üblichen Anmietungskosten hat das Gericht gem. § 287 ZPO anhand der Mietpreis-Schwackeliste aus dem Jahre 2008 für den hier streitgegenständlichen Postleitzahlenbezirk 441 und die Fahrzeuggruppe 3 ermittelt. Das Gericht folgt insoweit der Rechtsprechung des Landgerichts Dortmund (Urteil vom 14.06.2007, Aktenzeichen: 4 S 163/06, 4 S 165/06 , 4 S 129/06).

Laut der genannten Schwackeliste ist die Anmietung eines PKWs der Fahrzeuggruppe 3 in der Region, in der die Anmietung erfolgte, mithin in Dortmund für einen 3-Tages-Preis in Höhe von 249,00 € sowie für ein Wochenpreis von 470,87 € möglich. Mithin sind Mietkosten in Höhe von insgesamt 719,87 € angefallen.

Soweit die Beklagte der Ansicht ist, die Schwackeliste könne als Schätzungsgrundlage nicht verwandt werden, folgt das Gericht dieser Ansicht nicht. Vielmehr ist nach der zitierten Rechtsprechung des Landgerichts Dortmund die Schwackeliste eine wirksame Schätzungsgrundlage.

Des Weiteren ist gemäß der Rechtsprechung des Landgerichts Dortmund ein Aufschlag auf die Mietwagenkosten von 20 Prozent und mithin in Höhe von 143,97 € vorzunehmen. Ein solcher Aufschlag auf die Mietwagenkosten ist dann gerechtfertigt, wenn ausnahmsweise die Anmietung eines PKWs zum höheren Unfallersatztarif erforderlich war. Dieses war vorliegend der Fall. Der Zeuge X hat dargetan, dass er nach dem Unfall auf die Anmietung eines PKWs angewiesen war. Sein PKW war fahruntauglich. Darüber hinaus benötigte der Zeuge X den PKW, um seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Vereinigten Kirchenkreis in Dortmund nachzugehen.

Hinzuzurechnen sind die Kosten für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung. Diese Kosten sind grundsätzlich erstattungsfähig, unabhängig davon, ob der Geschädigte für sein eigenes Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung unterhält oder nicht. Dem Geschädigten ist es nicht zuzumuten, für ein weiteres Fahrzeug das Schadensrisiko zu tragen. Die Kosten für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung belaufen sich laut der als Schätzungsgrundlage genommenen Schwackeliste auf durchschnittlich 60,00 € für den Zeitraum für drei Tage und 140,00 € für den Zeitraum von sieben Tagen.

Neben den vorgenannten Kosten besteht noch ein Anspruch auf Zu-/Abholgebühren in Höhe von je 25,– €. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur freien Überzeugung des Gerichts fest, dass entsprechende Kosten angefallen sind. Der Zeuge X hat glaubhaft ausgesagt, dass ihm der Wagen von der Filiale der Klägerin in Dortmund zum Anmietungsort, dem Y Autohaus in Dortmund, zugestellt wurde. Dort habe er den PKW auch wieder abgegeben. Der Zeuge war auch glaubwürdig. Anhaltspunkte, die an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Zweifel aufkommen ließen, vermochte das Gericht nicht festzustellen.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugszinses gem. §§ 286, 288 BGB. Nach unstreitigem Vortrag befindet sich die Beklagte zu dem im Tenor genannten Zeitpunkt mit der Zahlung in Verzug.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Soweit die Klägerin andere, als die vom Gericht angesetzten Einzelpreise geltend macht, besteht ein solcher Anspruch nicht. Da die Anmietung in Dortmund erfolgt ist, ist der sich aus der Schwacke-Liste für Dortmund ergebende Betrag anzusetzen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin können Kosten für die Ausstattung des Mietfahrzeuges mit Winterreifen nicht extra geltend gemacht werden. Vorliegend ist schon nicht bewiesen, dass die Ausstattung des PKWs mit Winterreifen auf den Wunsch des Geschädigten erfolgt ist. Der Zeuge hat insoweit ausgesagt, sich nicht daran erinnern zu können, dass bei Anmietung über Winterreifen gesprochen worden wäre. Darüber hinaus geht das Gericht davon aus, dass bei einer Anmietung in den Wintermonaten der Mieter berechtigterweise davon ausgehen darf, dass ihm im Rahmen der vertraglichen geschuldeten Gebrauchsgewährungspflicht ein Mietwagen überlassen wird, der in winterlichen Monaten nach dem üblichen Verlauf des Wetters ständig als betriebsbereit und verkehrssicher einzustufen ist. Zwar kann ein Fahrzeug auch im Winter mit Sommerreifen gefahren werden, wenn die Witterungsverhältnisse den Einsatz von Winterreifen nicht ausnahmsweise vorschreiben. Da aber die Witterungsverhältnisse in den Wintermonaten nicht vorhergesehen werden können und aufgrund des Wetters plötzlich der Einsatz von Winterreifen zwingend erforderlich sein kann, ist ein Fahrzeug im Winter mit solchen Reifen zu vermieten. Extrakosten als Zusatzleistung können insoweit nicht geltend gemacht werden. Im Gegensatz zu Extraleistungen wie zum Beispiel das Stellen eines Navigationsgeräts gehören die Ausstattung des Kraftfahrzeugs im Winter mit Winterreifen zu den vertragsgemäß geschuldeten Leistungsumfang. Denn nur, wenn das Fahrzeug in den Wintermonaten bei einem gewöhnlichen Gebrauch mit Winterreifen ausgestattet ist, kann von einem durchgängigen betriebsbereiten Zustand gesprochen werden.

Darüber hinaus wären die in Ansatz gebrachten Kosten als Zusatzkosten für Winterreifen als wucherisch zu betrachten. Insoweit dürfen nur diejenigen Kosten angesetzt werden, die tatsächlich entstehen, um einen gebrauchstauglichen Wagen dem Mieter zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin verlangt insoweit 12,50 € pro Tag für Winterreifen. Auf den Monat hochgerechnet, müsste ein Mieter mithin 375,00 € allein für das Gestellen der Winterreifen bezahlen. Würde man die Verpflichtung Winterreifen aufzuziehen, lediglich für die Monate November bis einschließlich März annehmen, so ergäbe sich für einen 5-monatigen Zeitraum ein Betrag an Zusatzkosten für die Winterreifen in Höhe von 1.875,00 €. Selbst wenn das Fahrzeug vollständig ausgelastet wäre und am Tag durchschnittlich 50 Kilometer fahren würde, ergäbe sich ein Verschleiß an den Reifen von 7.500 Kilometern in der gesamten Zeit der vorgenannten 5 Monate. Wenn man nur eine geringe Laufleistung der Winterreifen von 30.000 Kilometern annehmen würde, könnte der Vermieter durch die Berechnung von Zusatzkosten für die Winterreifen für den Zeitraum der Laufleistung der Reifen einen Verdienst von 7.500,00 € erzielen, obwohl die Winterreifen selbst lediglich einen Betrag von ca. 400,00 € bei der Anschaffung und beim Aufziehen verursachen würden. Das Verhältnis von tatsächlichen Kosten zu den berechnungsfähigen Kosten würde in keinem Verhältnis mehr stehen. Wenn man davon ausgeht, dass das Fahrzeug nicht zu 100 Prozent ausgelastet ist, würde sich die Kostenrelation weiterhin zum größeren Nachteil des Mieters verschieben.

Ein Abzug bei den Mietwagenkosten im Hinblick auf Eigenersparnisse war nicht vorzunehmen. Der von dem Zeugen X benutzte PKW war unstreitig ein PKW der Gruppe 4. Die Berechnung der Mietwagenkosten erfolgte jedoch anhand der Mietwagengruppe 3. Ein Vorteilsausgleich wegen ersparter Aufwendungen ist jedoch nur dann vorzunehmen, wenn eine Anmietung der gleichen Fahrzeugklasse erfolgt (vgl. OLG Hamm, Versicherungsrecht 2001, 206 ff.).

Bezüglich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten war die Klage ebenfalls abzuweisen. Nach unbestrittenem Vortrag ist dem Prozessbevollmächtigten ein unbedingter Klageauftrag erteilt worden. Ist jedoch ein unbedingter Klageauftrag erteilt worden, dient die außergerichtliche Tätigkeit der Vorbereitung des Rechtsstreits und ist durch die im gerichtlichen Verfahren entstehenden Gebühren abgegolten (vgl. OLG Oldenburg, NJW-RR 2008, 1670).

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