AG Dortmund verurteilt HDI zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 24.09.2009 (425 C 7827/09) hat das AG Dortmund die HDI Gerling Firmen und Privat Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 185,49 € zzgl. Zinsen sowie weiterer vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt Fraunhofer ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten aus abgetretenem Recht restliche Mietwagen­kosten in Höhe von 185,49 € verlangen.

Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 7, 18 StVG i.V.m. § 115 WG i.V.m. §§ 249 ff., 398 ff. BGB.

Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Un­fallgegners ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig. Streit besteht le­diglich hinsichtlich der Höhe der etwaig ersatzfähigen Mietwagenkosten für die gel­tend gemachte Dauer von 3 Tagen.

Zu den unfallbedingten Schäden, die grundsätzlich vollumfänglich ersatzfähig sind, gehören auch die dem Geschädigten aus Anlass des Verkehrsunfalls entstandenen Mietwagenkosten. Der insoweit erstattungsfähige Herstellungsaufwand ist dabei der Betrag, den ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der kon­kreten Situation für zweckmäßig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei im Rahmen der ihm grundsätzlich obliegenden Schadensminderungspflicht gehalten, von mehreren Möglichkeiten den ihm zumutbaren wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist allerdings bei der Bestimmung des Normaltarifs unter Einbezug unfallbedingter Mehraufwendungen eine generelle Betrachtung ge­boten. Durch die insbesondere betriebswirtschaftlichen Besonderheiten der Unfallsi­tuation ist im Regelfall ein höherer Mietwagenpreis als der sogenannte Normaltarif zur Schadensbeseitigung angemessen und erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, welcher durch eine im Rahmen des § 287 ZPO zu erfolgende richterli­che Schätzung berücksichtigt werden kann. Das Gericht hält insoweit unter Berück­sichtigung der Rechtsprechung der Instanzgerichte einen gegenüber dem Normaltarif um 20 Prozent pauschaliert erhöhten Aufschlag für generell erforderlich.

Das Gericht wendet zur Feststellung des Normaltarifs auf dem örtlich relevanten Markt die Schwacke-Liste 2008 als Schätzungsgrundlage an. Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Liste bestehen nicht. Soweit die Beklagte die Schwacke-Liste für nicht anwendbar hält und meint, dass bei der Erhebung der Daten gravierende Män­gel vorgelegen hätten, so kann sie hiermit nicht durchdringen. Nach der Recht­sprechung des BGH (vgl. NJW 2008, 2910) bedarf die Eignung von Listen und Ta­bellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nämlich nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich die gel­tend gemachten Mängel auf den zu entscheidenden Fall ausgewirkt haben. Solche konkreten Tatsachen hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht aufgezeigt.

Auch mit dem Bezug auf die durch das Frauenhofer-Institut erhobenen Daten hat die Beklagte keine konkreten Fehler bezüglich der Schwacke-Liste als Schätzungs­grundlage aufgezeigt. Zwar sind die Durchschnittspreise der Mietwagentarife dieser Studie niedriger als die Normaltarife, die sich nach der Schwacke-Liste errechnen. Gleichwohl kann nach Auffassung des Gerichts die Studie des Frauenhofer-Instituts im Entscheidungsfalle keine geeignete Schätzungsgrundlage sein. Entscheidend für diese Auffassung ist, dass die Untersuchungen mit Differenzierungen nach zwei Zif­fern der Postleitzahl (Internet-Erhebung) bzw. einer Ziffer (telefonischer Erhebung) nicht so breit gestreut waren, wie sie es bei den nach drei PLZ-Gebieten strukturier­ten Ermittlungen von Schwacke gewesen sind. Die Frauenhofer-Untersuchungen geben zum weit überwiegenden Teil nur Auskunft über 6 Internet-Anbieter. Markt­konformer dürften dagegen jene Preise sein, die breit gestreut, möglichst ortsnah und unter der Prämisse eingeholt worden sind, dass der Wagen möglichst sofort zur Ver­fügung stehen muss.

Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass die von den Versicherern in Auftrag gegebene Untersuchung des Frauenhofer-Instituts auf überzeugendere Weise zu verlässlicheren Schätzungsgrundlagen gekommen ist. Hierbei ist u.a. zu berücksich­tigen, dass die Werte teilweise telefonisch ermittelt wurden, wobei jedoch jedem Ju­risten bekannt ist, dass man eine telefonische Auskunft, wenn überhaupt, nur schwer als verbindlich durchsetzen kann. Inwieweit auch gerade die telefonischen Auskünfte den wirklichen Markt bezüglich der Anmietung von Fahrzeugen widergeben, ist zweifelhaft. Es besteht nämlich grundsätzlich auch die Gefahr, dass der angerufene Autovermieter zunächst einen niedrigeren Preis nennt, um den Kunden zu ködern und ihn in sein Geschäftslokal kommen zu lassen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Berechnung der Klageforderung als zutreffend zu erachten, nachdem die Klägerin die Klage teilweise in Höhe der zu­nächst geltend gemachten Mehrwertsteuer reduziert hatte.

Den Mietkosten für die Anmietdauer von 3 Tagen ist ein 20prozentiger Aufschlag hinzuzurechnen. Darüber hinaus ist nach anerkannter Rechtsprechung für den Zeit­raum der Anmietung eine Vollkaskoversicherung üblich und angemessen. Dies sind vorliegend 48,00 €. Auch hat die Klägerin die Kosten für die Zustellung und Abholung des PKW substantiiert dargetan. Solche Kosten entstehen auch üblicherweise und sind daher abrechnungsfähig. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, in­wieweit die Geschädigte im vorliegenden Fall diese Kosten hätte vermeiden können.

Auf die Kosten für die Berechnung eines Zweifahrers kommt es vorliegend nicht an, da die Klägerin diese Kosten gar nicht geltend macht.

Insgesamt kann die Beklagte der Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Geschädigte habe die erforderlichen Erkundigungen über andere, deutlich günstigere Anmiettarife unterlassen.

Nur ausnahmsweise ist nach § 254 BGB ein niedrigerer Schadensersatz zu leisten, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkre­ten Situation ohne weiteres zugänglich war (vgl. BGH Versicherungsrecht 2007, 706 f.). Dies hat nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger darzulegen und zu be­weisen (vgl. BGH Urteil vom 24.06.2008, AZ.: VI ZR 234/07).

Ein solcher Vortrag seitens der Beklagten fehlt.

Das verunfallte Fahrzeuge gehörte der Mietwagengruppe 7 an. Die Geschädigte wählte ein Ersatzfahrzeug der Gruppe 6, weshalb ein Abzug für ersparte Eigenleis­tungen nicht vorzunehmen ist.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Beträge ergeben sich Mietkosten in Höhe von 418,49 € netto. Abzüglich der geleisteten Anzahlung in Höhe von 233,00 € verbleibt ein Restanspruch in Höhe von 185,49 €.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Ferner kann die Klägerin vorgerichtliche Kosten in Höhe von 39,00 € gem. § 286 BGB verlangen.

Soweit das AG Dortmund.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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