AG Halle an der Saale verurteilt HUK-Coburg Allg. Vers. AG zur Zahlung der rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 10.12.2013 -106 C 464/12-.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

und schon wieder erging ein Restsachverständigenkosten-Urteil gegen die HUK-Coburg. Dieses Mal musste der Amtsrichter der 106. Zivilabteilung des AG Halle an der Saale sich im Schadensersatzprozess mit der rechtswidrigen Kürzung des abgetretenen Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der Sachverständigenkosten mit der von der HUK-Coburg behaupteten Unangemessenheit der einzelnen Positionen der Sachverständuigenkostenrechnung beschäftigen. Dabei steht im einzig entscheidenden Paragrafen 249 BGB nichts von „Angemessenheit“. Begründet wird die Kürzung dann mit einer Gesprächsnotiz des BVSK aus 2007. Offenbar haben die Verantwortlichen in Coburg bis heute noch nicht gemerkt, dass es auf interne Berechnungstabellen bei der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB nicht ankommt. Entscheidend ist die Ex-ante-Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung. In diesem Zeitpunkt war dem Geschädigten eine intere Gesprächsnotiz des BVSK aus 2007 nicht bekannt und konnte als Laien ihm auch nicht bekannt sein.  So langsam wird es immer blöder. Dies gilt auch für die Ausführungen der HUK-Coburg zur Aktivlegitimation und zur Bestimmtheit der Abtretung. Beachtenswert ist aber die Bearbeitungszeit. Der Kläger hat es richtig gemacht und die HUK-Coburg als  geeignete „Sparkasse“ benutzt. Eine bessere Verzinsung als bei der HUK-Coburg mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszunssatz gibt es sonst nirgends. Die Sachverständigenkosten sollten daher mit toller Verzinsung der „Anlage“ auch noch kurz vor der Verjährung geltend gemacht werden. Lest aber selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Halle (Saale)

Geschäfts-Nr.:
106 C 464/12

Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit

der Firma …

Klägerin

gegen

HUK-Coburg Allgmeine Versicherung AG, vertr. d.d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Halle (Saale) im Verfahren gem. § 495 a ZPO durch den Richter am Amtsgericht … aufgrund des Sach- und Streitstandes vom 10.12.2013

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 169,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.12.2011 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar;

und beschlossen:

Der Gebührenstreitwert wird auf 169,19 € festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht in Anspruch. Am 19.08.2009 unterzeichnete eine Person unter Verwendung des Namens N. einen Auftrag zur Gutachtenerstellung für den Kläger wegen eines Haftpflichtschadens; der Unfallgegner ist bei der Beklagten versichert. In dem Formular heißt es auszugsweise wie folgt:

„Ich weise die Versicherungsgesellschaft meines Unfallgegners an, die Rechnung für das ,,in Auftrag gegebene Gutachten, zur teilweisen Erfüllung meines Schadenersatzanspruches, an das oben genannte Gutachterbüro zu zahlen… . Die Rechnung ist ortsüblich der Schadenhöhe zu berechnen.-.Zur Sicherung des Anspruchs des oben genannten Gutachterbüros auf Bezahlung der Gutachterkosten trete ich gleichzeitig meinen Schadenersatzanspruch gegen den Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft in Höhe der Gutachterkosten an das oben genannte Gutachterbüro ab…Meine persönliche Haftung für die Gutachterkosten bleibt trotz dieser Abtretung bestehen, so dass ich selbst für die Geltendmachung der Schadenersatzansprüche zu sorgen habe.“

Unter dem 02.09./06.09.2011 unterzeichnete eine Person unter Verwendung des Namens L. N. ein mit „Vereinbarung über die Abtretung einer Forderung“ überschriebenes Schriftstück, welches auch von dem Kläger unterzeichnet wurde. Darin heißt es: „Hiermit tritt L. N. die Ansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners und dem Unfallgegner aus dem Verkehrsunfall vom 14.08.2008… auf Erstattung der Restforderung aus der Erstellung eines Sachverständigengutachtens in Höhe von 157,19 € aus der Rechnung vom 21.09.2008 an Herrn I. H. als Inhaber des Sachverständigenbüros … (sie den Kläger) ab.“

Diesen Abtretungen und dem Rechtsstreit liegt eine Rechnung des Klägers vom 21.08.2008 an Herrn N. über einen Betrag in Höhe von 503,52 € zugrunde mit welcher er die Kosten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens berechnete, bei dem erstattungsfähige Reparaturkosten am Fahrzeug des Klägers in Höhe von 1.791,50 € ermittelt worden waren.

Die Rechnung umfasst folgende zwischen den Parteien bezüglich ihrer Angemessenheit streitige Positionen:

Position                                     Anzahl                         Betrag                       Summe

Gutachtenerstellung                                                   292,50 €                     292,50 €
Lichtbilddokumentation                 8                               2,59 €                       20,72 €
Lichtbilddokumentation Kopie       8                               2,07 €                       16,56 €
Porto/Telefon/EDV                                                        33,00 €                       33,00 €
Kalkulationskosten (Datenbank)                                  16,30 €                       16,30 €
Schreibgebühren/Bürokosten                                       18,60 €                       18,60 €
Fahrtkosten pauschal                                                   25,00 €                       25,00 €

Gesamtbetrag netto                                                                                      423,23 €
Umsatzsteuer                                                                                                  80,39 €

Gesamtbetrag brutto                                                                                     503,52 €

Die Beklagte Versicherung zahlte auf diese Rechnung einen Teilbetrag in Höhe von 346,33 €.

Der Kläger mahnte den ausstehenden Rechnungsbetrag gegenüber der Beklagten mit „Zahlungserinnerung“ vom 18.09.2008 unter Fristsetzung auf den 28.09.2008 an. Unter dem 01.10.2008 und unter dem 11.112008 mahnte der Kläger die Restforderung jeweils zuzüglich einer von ihm berechneten Mahnpauschale von 6,- € an. Weiterhin verlangt der Kläger die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 22,75 €, bezüglich deren Zusammensetzung auf Blatt 24 der Gerichtsakten verwiesen wird.

Der Kläger behauptet,

die berechneten Beträge entsprächen der Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen (BVSK) für die Jahre 2008 und 2009 und der Honorarbefragung für Gutachter im VKS e.V. Das Nettogrundhonorar von 292,95 € liege in der Spanne, die beim BVSK zwischen 198,-€ und 308,-€ liege und beim VKS e. V. zwischen 196,90 € und 331,– € (Betrage jeweils netto) liege. Dies gelte auch bezüglich der weiteren abgerechneten Positionen. Bezüglich der diesbezüglichen Ausführungen wird auf Blatt 141 bis 142 der Gerichtsakten verwiesen.

Bezüglich der einzelnen Positionen der gelegten Rechnung behauptet er:

Es seien zwei Fotosätze erstellt worden; der eine sei an die gegnerische Haftpflichtversicherung gesandt worden; der andere an den Auftraggeber. Der Sachverständige sei von der Filiale … im Süden von Halle nach Eilenburg in Sachsen gefahren. Die Fahrtstrecke betrage ca. 90 Kilometer; der Zeitaufwand eine Stunde.

Porto, Telefon/EDV

Das Porto falle durch die Übersendung der Gutachten zum Geschädigten, zur Versicherung zzgl. Material und Arbeitszeit an; die Telefonkosten entstünden durch Bereitstellung einer Telefonanlage, der Grundkosten des Telefonanbieters, der einzelnen Telefonate und der entsprechenden Arbeitszeit. EDV Kosten umfassten die Bereitstellung und Pflege benötigter Hardware wie PC’s, Server und elektronische Datensicherung.

Kalkulationskosten

Die Kalkulationskosten entstünden durch Bereitstellung von Datenbanken externer Anbieter wie Audatex, DAT und Schwacke und variierten jährlich. Schreibkosten und Bürokosten.

Diese entstünden durch das Verbrauchsmaterial und die Arbeitszeit der entsprechenden Mitarbeiter zur Herstellung und Archiverung des Gutachtens. Der Kläger ist der Ansicht, die verlangten Preise seien ortsüblich und angemessen. Die Kosten für die außergerichtliche vorgerichtliche Tätigkeit des klägerischen Bevollmächtigten seien nicht erstattungsfähig, da dem Kläger hinreichend bekannt sei, dass die Beklagte ohnehin nicht mehr zahle.

Die vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwaltes sei erforderlich gewesen, da die Beklagte in einer Vielzahl den Kläger betreffenden Fälle nach Einschaltung des Rechtsanwaltes Zahlungen geleistet habe.

Der Kläger beantragt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 169,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2008 zu zahlen.

2.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22,75 € nebst Zinsen In Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

• Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation mit Nichtwissen, da die die Abtretung unterzeichnende Person die zeitlich erste Abtretungserklärung ohne Vornamen und die zweite Abtretungserklärung mit Vornamen unterzeichnet habe und im Übrigen das Schriftbild der Unterschriften unterschiedlich sei.

• Weiterhin bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen eine Abnahme der Gutachterleistungen durch Herrn N. .

Die Beklagte behauptet,

• In einem vor dem Amtsgericht Halle (Saale) geführten Parallelverfahren . habe der Kläger selbst als ortsüblich einen Betrag zwischen 8 % bis 30 % der Schadenshöhe definiert. Unter Zugrundelegung des Betrages festgestellten Schadensbetrages ergebe sich ein Betrag zwischen 143,32 € und 537,45 € (brutto). Der gezahlte Betrag von 346,33 € liege innerhalb der vom Kläger selbst angegebenen Spanne;

• sie habe entsprechend der Gesprächsnotiz des BVSK aus dem Jahre 2007 abgerechnet. Hier sei festgelegt worden, dass die üblichen Nebenkosten durch Pauschalen abgegolten würden, es sei denn, dass diese aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles z. B. wegen eines höheren Aufwandes gesondert abgerechnet würden; die durchgeführte Honorarbefragung sei statistisch unrichtig;

• soweit es sich bei dem Zahlenwerk des ebenfalls in Bezug genommenen anderen Verbandes tatsächlich um Daten des VKS e. V. handele, sei festzustellen, dass die zugrunde liegenden Daten offensichtlich aus den Jahren 2006 und 2007 stammten. Bezüglich der weiteren Ausführungen insoweit wird auf Blatt 68 und 69 der Gerichtsakten verwiesen;

• die für die Position Lichtbilder berechneten Kosten stellten sich als „wucherisch“ dar. Die Kosten für den ersten Fotosatz lägen über dem Maximalwert der BVSK Erhebung;

• die Positionen Porto/Telefon/EDV und Schreibgebühren/Bürokosten seien bei der BVSK Erhebung in einer Rubrik erfasst und mit 38,25 € beziffert worden. Bei Addition der vom Kläger berechneten Positionen ergebe sich ein Betrag von 51,60 €;

• die Position „Schreibgebühren“ sei nicht angefallen, da der Kläger die Gutachten mit dem System DAT erstelle; gesonderte Schreibleistungen würden nicht erbracht. Nicht erkennbar sei bei dieser Position auch nicht, dass weitere Bürokosten angefallen seien, da der Kläger die Kosten für Telefon/EDV und Datenbank abrechne;

• Fahrtkosten seien nicht erstattungsfähig, da nicht erkennbar sei, dass diese vorliegend in der pauschalierten Höhe angefallen seien und auch nicht erkennbar sei, dass das Fahrzeug des Geschädigten nicht verkehrssicher gewesen sei, so dass er den Sachverständigen hätte aufsuchen können. In einem anderen vor dem Amtsgericht geführten Verfahren habe der Kläger die Fahrtkosten mit einem Kilometersatz berechnet (Bl. 176 d. GA).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 169,19 € aufgrund der §§ 115 VVG, 7 Absatz 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 398/249 BGB, denn die Beklagte als Haftpflichtversicherer des damaligen Unfallgegners war gegenüber Herrn N. eintrittspflichtig. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist die Klage unbegründet.

Der Kläger ist aktivlegitimiert, d.h. Inhaber der Forderung, da ihm die vorstehende Forderung wirksam abgetreten worden ist. Schon die am 19.08.2008 erfolgte Abtretung ist wirksam erfolgt, so dass es auf die weitere Abtretung vom September 2011 nicht mehr ankommt; diese geht ins Leere, da die Ansprüche zuvor schon an den Kläger abgetreten worden sind.

Der Abtretung mangelt es auch nicht an der erforderlichen Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit. Tritt der Geschädigte nach einem Fahrzeugschaden seine Ansprüche aus dem Verkehrsunfall, und zwar alle Ansprüche, in Höhe der Gutachterkosten ab, ist die Abtretung mangels hinreichender Bestimmbarkeit unwirksam (Vgl, z. B. BGH, Urteil vom 7.6.2011, VI ZR 260/10, zitiert nach JURIS). Die Abtretung ist allerdings wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist. Dies ist der Fall, wenn nur die Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten nach dem konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurden. Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs war im Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder möglich noch erforderlich (So: BGH, Urteil vom 31.1.2012, VI ZR 143/11, zitiert nach JURIS).

Insoweit war zwar die erste formularmäßige Abtretung vom 19.08.2009 unwirksam, allerdings war die zweite Abtretung vom 02.09./06.09.2011 wirksam, da der Geschädigte vorliegend die Ansprüche auf Erstattung der restlichen Sachverständigenvergütung an den Kläger abgetreten hat. Diese Abtretung lässt eindeutig erkennen, welcher konkrete Anspruch abgetreten worden ist.

Auch der Einwand der Beklagten bezüglich der Echtheit der Unterschrift des Geschädigten greift nicht durch, da die Beklagte selbst eine erhebliche Teilzahlung auf die abgetretene Forderung geleistet hat. Daher bedarf es weder der Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens, noch der Vorlage von Dokumenten zwecks Schriftvergleichung und deren Würdigung im Sinne des § 442 ZPO. Die Abtretung ist auch nicht nach § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen §§ 1, 2, 3 und 5 RDG nichtig. Die von dem Kläger aufgrund der Abtretungsvereinbarung ausgeübte Tätigkeit ist jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt. Die Forderungseinziehung durch den Gutachter ist dann als erlaubte Nebenleistung anzusehen, wenn allein die Höhe der Gutachterkosten streitig ist. Etwas anderes gilt, wenn die Haftung dem Grunde nach oder die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen (In diesem Sinne: BGH, Urteil vom 31.1.2012, VI ZR 143/11, zitiert nach JURIS). Vorliegend stehen allein die Höhe der Kosten im Streit, die aus der Haupttätigkeit des Beklagten herrühren, nämlich Schadensgutachten zu erstellen, (vgl. hierzu z. B. LG Halle (Saale), Urteil vom 16, Mai 2012 -1 S 64/11 – Juris).

Im Verhältnis des Geschädigten zu der Beklagten kommt es bezüglich der verlangten Sachverständigenkosten nur darauf an, inwieweit diese zur Schadensbeseitigung «erforderlich“ im Sinne des § 249 BGB waren. Hierzu hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, die ergangene Rechtsprechung kurz zusammenfassend ausgeführt:

Sind die Kosten eines Sachverständigengutachtens dem Grunde nach erstattungsfähig, hat der Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den entstandenen Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags zu befriedigen (BGH, Urteil vom 23. Januar 2007, NJW 2007, 1450 [1451]; Urteil vom 19. Juni 1973, BGHZ 61, 346 [347 f.]; Urteil vom 6. November 1973, BGHZ 61, 56 [58]).

In diesem Verhältnis ist die vertragsrechtliche Beziehung zwischen Sachverständigem und Auftraggeber von der schadensrechtlichen Beziehung zwischen Schädiger und Geschädigtem zu trennen (Müller in: Himmelreich/Halm, Handbuch des Fachanwalts für Verkehrsrecht 4. Aufl., Kap. 6 Rn. 199, 224 ff.). Der tatsächliche Aufwand des Geschädigten kann allerdings bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB bilden (BGH, Urteil vom 23. Januar 2007, NJW 2007, 1450 [1451]). Auch überhöhte Honorarforderungen des Sachverständigen sind hierbei grundsätzlich schadensrechtlich erstattungspflichtig, sofern nicht der Geschädigte mit dem Sachverständigen ein offensichtlich überhöhtes Honorar vereinbart, ihm ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Vergütungsberechnung missachtet oder gar selbst verursacht hat (BVerfG, Beschluss vom 28. November 2007 – 1 BvR 1655/05, m.w.N,). All dies ist vorliegend nicht erkennbar.
Das erkennende Gericht schliesst sich dieser Rechtsauffassung an.
Im Ergebnis führt diese Rechtsprechung dazu, dass der Haftpflichtversicherer dem aus der Abtretung klagenden Sachverständigen nur entgegenhalten kann, dass die entstandenen Sachverständigenkosten nicht zur Schadensbeseitigung erforderlich sind, wenn der Geschädigte nicht seinerseits Gegenansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder culpa in contrahendo (c.i.c, §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 Abs. 1 BGB) an den Haftpflichtversicherer abgetreten hat, was meist nicht der Fall sein wird.

Mithin kann die Beklagte dem Kläger nur Einwände entgegenhalten, die die Erforderlichkeit der getätigten Aufwendungen betreffen.

Der Einwand, der Geschädigte habe das Gutachten nicht abgenommen, wäre war unter diesem Punkt zu prüfen, da die Beklagte nicht verpflichtet sein kann, die Kosten für ein Gutachten zu begleichen, welches der Geschädigte nicht als vertragsgemäß akzeptiert hat, allerdings greift dieser Einwand nicht durch.

Den vorliegend hat der Geschädigte das Gutachten, bei dem es sich um ein Werk im Sinne des § 631 BGB handelt, auch gebilligt, mithin konkludent abgenommen, da er entweder im weiteren Gang der Schadensabwicklung die Vorlage des Gutachtens durch den Kläger bei der beklagten Versicherung gebilligt hat bzw. dies selbst bei der Beklagten im Rahmen der Schadensabrechnung vorgelegt hat, woraus nur der Schluss gezogen werden kann, dass er die Leistungen des Klägers als vertragsgemäß ansieht.

Die von dem Sachverständigen berechneten Fahrtkosten für die Fahrt nach Eilenburg waren auch erforderlich im Sinne des § 249 BGB. Allein die Tatsache, dass durch die Anfahrt des auswärtigen Sachverständigen ggf. ein geringer Mehrbetrag entsteht, führt nicht zum Wegfall des Merkmals der Erforderlichkeit,

Hinsichtlich der Höhe der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten ist davon auszugehen, dass der Geschädigte grundsätzlich als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH, NJW 2005, 1108). Bei der Erstellung eines Schadensgutachtens ist der Geschädigte frei, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl zu beauftragen (BGH, NJW 2005, 1112); er ist nicht verpflichtet, eine Preiskontrolle durchzuführen, wenn er den Rahmen des zur Herstellung Erforderlichen einhält (BGH, NJW 2004, 3326; BHG, NZV 2007, 455).

Ferner ist der Geschädigte nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst  preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne spätere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH, NJW 2005, 3134). Allein die Tatsache, dass bei der Beauftragung des in Halle ansässigen Sachverständigen Fahrtkosten anfielen, führt nicht zu dem Schluss das diese Kosten nicht erstattungsfähig sind. Für die Fahrt nach Eilenburg sind zusätzliche Kosten in Höhe von 25,– € angefallen. Diese aufgrund der Beauftragung des auswärtigen Sachverständigen angefallenen Kosten bewegen sich noch in einem akzeptabelen Bereich des Spannungsbogens zwischen freier Sachverständigenauswahl und der nicht bestehenden Verpflichtung zur Marktforschung, um den günstigsten Sachverständigen zu beauftragen. Anders wäre dies nur dann, wenn für die Anfahrt erhebliche, für einen Außenstehenden als übermäßig teuer erscheinende Beträge anfallen würden. Dies ist aber bei dem hier in Ansatz gebrachten Betrag von 25,- € für eine Fahrt nach Eilenburg, welcher im Betrag üblicher Kilometerpauschalen liegt, nicht der Fall.

Die weiteren Einwendungen, welche die Beklagte erhoben hat, kann sie dem abgetretenen Schadenersatzanspruch nicht entgegenhalten, da der Kläger den Anspruch des Geschädigten gegenüber der Versicherung verfolgt. Hier könnte allenfalls der Aspekt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber dem Anspruch Berücksichtigung finden, wobei es hierfür nicht ausreicht, dass der Kläger den Anspruch eines Geschädigten durchsetzt, an dessen Entstehung der Höhe nach er mittelbar beteiligt ist, da die Höhe des abgetretenen Ersatzanspruchs von der Höhe der dem Geschädigten vom Kläger gelegten Rechnung abhängt. Auch reicht es nicht aus, dass die Rechnung insoweit bestimmte Positionen enthält, welche nach Auffassung der Beklagten überhöht erscheinen mögen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 22,75 €, unter dem Gesichtspunkt des Verzuges, da Schuldnerverzug hinsichtlich des Zahlungsbetrages erst aufgrund der vorgerichtlichen Mahnung des Prozessbevollmächtigten vom 17.11.2011 unter Fristsetzung zum 01.12.2011 mit Ablauf dieses Termins eingetreten ist, und der Beklagten erstmals mit diesem Schreiben die Abtretungserklärung vom 02.09.2011/06.09.2011 vorgelegt worden ist. Mithin stellt sich die im Vorfeld bereits erfolgte Beauftragung eines Rechtsanwaltes nicht als verzugsbedingter Schaden dar, da den zuvor ergangenen Zahlungsaufforderungen an die Beklagte die unwirksame Abtretungserklärung zugrunde lag, so dass die Beklagte hierdurch nicht in Verzug geriet.

Die Berufung war insoweit nicht zuzulassen, da es sich bei der zu entscheidenden Frage um eine reine Rechtsfrage handelt und die Frage der Erstattungsfähigkeit von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bei einem juristisch vorgebildeten Kläger insoweit keine Rolle spielte. Soweit die Beklagte im Hinblick auf die Abtretungsproblematik beantragt hat, die Berufung zuzulassen, war dem ebenfalls nicht zu entsprechen, da das Gericht insoweit die höchstrichterliche Rechtsprechung und die Rechtsprechung der Berufungskammer des Landgerichts Halle berücksichtigt hat Die Beklagte schuldet aufgrund des vorstehenden Schreibens aber die Zahlung von Verzugszins ab dem 02.12.2011.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert war entsprechend dem Klageantrag festzusetzen, da vorliegend auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme geklagt wurde (§§ 40, 43, 48 Abs.1, 63 GKG).

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. MONITOR sagt:

    Guten Morgen, Willi Wacker,
    ein interessantes Urteil, wobei folgende Ausführungen in den
    Entscheidungsgründen m.E. besonders beachtenswert sind:

    „Im Ergebnis führt diese Rechtsprechung dazu, dass der Haftpflichtversicherer dem aus der Abtretung klagenden Sachverständigen nur entgegenhalten kann, dass die entstandenen Sachverständigenkosten nicht zur Schadensbeseitigung erforderlich sind, W E N N der Geschädigte nicht seinerseits Gegenansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder culpa in contrahendo (c.i.c, §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 Abs. 1 BGB) an den Haftpflichtversicherer abgetreten hat, was meist nicht der Fall sein wird.“

    Mit freundlichen Grüßen
    MONITOR

  2. Scouty sagt:

    Hi, Monitor,
    der „Vorspann“ ist aber auch noch von Interesse, wo ausgeführt wird:

    „Auch überhöhte Honorarforderungen des Sachverständigen sind hierbei grundsätzlich schadensrechtlich erstattungspflichtig, sofern nicht der Geschädigte mit dem Sachverständigen ein OFFENSICHTLICH überhöhtes Honorar vereinbart, ihm ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Vergütungsberechnung missachtet oder gar selbst verursacht hat (BVerfG, Beschluss vom 28. November 2007 – 1 BvR 1655/05, m.w.N,). All dies ist vorliegend nicht erkennbar.
    Das erkennende Gericht schliesst sich dieser Rechtsauffassung an.“

    Scouty

  3. Lemmy sagt:

    Hallo, Willy Wacker,
    man achte hier einmal besoders darauf, was die Beklagte bestreitet und behauptet:

    • Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation mit Nichtwissen, da die die Abtretung unterzeichnende Person die zeitlich erste Abtretungserklärung ohne Vornamen und die zweite Abtretungserklärung mit Vornamen unterzeichnet habe und im Übrigen das Schriftbild der Unterschriften unterschiedlich sei.

    • Weiterhin bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen eine Abnahme der Gutachterleistungen durch Herrn N. .

    Die Beklagte behauptet,

    • In einem vor dem Amtsgericht Halle (Saale) geführten Parallelverfahren . habe der Kläger selbst als ortsüblich einen Betrag zwischen 8 % bis 30 % der Schadenshöhe definiert. Unter Zugrundelegung des Betrages festgestellten Schadensbetrages ergebe sich ein Betrag zwischen 143,32 € und 537,45 € (brutto). Der gezahlte Betrag von 346,33 € liege innerhalb der vom Kläger selbst angegebenen Spanne;

    • sie habe entsprechend der Gesprächsnotiz des BVSK aus dem Jahre 2007 abgerechnet. Hier sei festgelegt worden, dass die üblichen Nebenkosten durch Pauschalen abgegolten würden, es sei denn, dass diese aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles z. B. wegen eines höheren Aufwandes gesondert abgerechnet würden; die durchgeführte Honorarbefragung sei statistisch unrichtig;

    • soweit es sich bei dem Zahlenwerk des ebenfalls in Bezug genommenen anderen Verbandes tatsächlich um Daten des VKS e. V. handele, sei festzustellen, dass die zugrunde liegenden Daten offensichtlich aus den Jahren 2006 und 2007 stammten. Bezüglich der weiteren Ausführungen insoweit wird auf Blatt 68 und 69 der Gerichtsakten verwiesen;

    • die für die Position Lichtbilder berechneten Kosten stellten sich als „wucherisch” dar. Die Kosten für den ersten Fotosatz lägen über dem Maximalwert der BVSK Erhebung;

    • die Positionen Porto/Telefon/EDV und Schreibgebühren/Bürokosten seien bei der BVSK Erhebung in einer Rubrik erfasst und mit 38,25 € beziffert worden. Bei Addition der vom Kläger berechneten Positionen ergebe sich ein Betrag von 51,60 €;

    • die Position „Schreibgebühren” sei nicht angefallen, da der Kläger die Gutachten mit dem System DAT erstelle; gesonderte Schreibleistungen würden nicht erbracht. Nicht erkennbar sei bei dieser Position auch nicht, dass weitere Bürokosten angefallen seien, da der Kläger die Kosten für Telefon/EDV und Datenbank abrechne;

    • Fahrtkosten seien nicht erstattungsfähig, da nicht erkennbar sei, dass diese vorliegend in der pauschalierten Höhe angefallen seien und auch nicht erkennbar sei, dass das Fahrzeug des Geschädigten nicht verkehrssicher gewesen sei, so dass er den Sachverständigen hätte aufsuchen können. In einem anderen vor dem Amtsgericht geführten Verfahren habe der Kläger die Fahrtkosten mit einem Kilometersatz berechnet (Bl. 176 d. GA).“

    Eine solche Ansammlung von Dreistigkeiten war sicherlich in diesem Verfahren auch dem Dezernenten des AG Halle zu viel und eigentlich hat er sich in der Sache unnötige Arbeit aufgebürdet, wenn auch das Ergebnis für sich spricht.

    Lemmy

  4. RA Schepers sagt:

    Die HUK kann auch anders!

    Die gegnerische Versicherung reguliert den Schaden nicht, sie will die Ermittlungsakte einsehen, obwohl ich ihr eine Zeugenaussage der Beifahrerin habe zukommen lassen. Also Deckungszusage eingeholt und Klage eingereicht. Kopie der Klage an die Rechtsschutz, anschließend die Gerichtskostenrechnung an die Rechtsschutz.

    Postwendend kommt die Antwort der Rechtsschutz. Die Kosten sind an die Gerichtskasse überwiesen. Und dann:

    Bitte teilen Sie uns mit, aus welchem Grund die gegnerische Haftpflichtversicherung nicht wie üblich mit verklagt wurde.

    „Wie üblich“??? Bei mir nicht. Aber wahrscheinlich bin ich unüblich.

    Die HUK kann auch anders. Die HUK ist hier die Rechtsschutz.

    Sie muß ja nicht unbeding Haftpflichtversicherung sein, um die Haftpflichtversicherung in den Schadenersatzprozeß reinzubringen. Das kann sie ja auch als Rechtsschutzversicherung versuchen, selbst wenn sie damit der Gegenseite hilft (bzw. helfen will).

    Die Versicherungswirtschaft muß doch zusammenhalten.

    Da kann ich ja beinahe froh sein, überhaupt eine Deckungszusage erhalten zu haben. Ich bin mal gespannt, ob es irgendeinen Informationsfluß zwischen der HUK Rechtsschutz und der gegnerischen Haftpflicht (nicht HUK) gibt. Würde mich nicht wundern, wenn absehbar eine Zahlung der Gegenseite eingeht „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ oder so ähnlich…

  5. Insider sagt:

    Wenn die Rechtsschutz fragt,weshalb der VR nicht mitverklagt ist,dann lautet die Antwort,dass eine positive Bonitätsauskunft über den Beklagten vorliegt und dass es deshalb nicht notwendig gewesen ist,die Kage auch zusätzlich noch gegen einen weiteren Gesamtschuldner zu richten.

  6. RA Schepers sagt:

    @ Insider

    Nein, die Antwort lautet, das Schreiben der Rechtsschutz zurückzufaxen mit dem handschriftlichen Vermerk:

    ?? beim wem ist das üblich?? Bei mir sicher nicht.

  7. RA Schepers sagt:

    Jetzt möchte die RSV unbedingt, daß ich die Haftpflichtversicherung mitverklage.

    Gemach, gemach, warum die Eile? Warten wir doch erst mal ab, ob es ein VU gegen den Halter gibt… 🙂

    P.S.
    Liebe Sachbearbeiter der HUK RSV,
    warum versteckt Ihr Euch hinter „Ihr Schadenteam“ und teilt auch auf Nachfrage nicht Euren Namen mit? Steht Ihr mit Frau Assessorin D. in Kontakt? 😉

  8. RA Schepers sagt:

    Update:

    Das VU gegen den Halter ist gekommen 🙂 Jetzt noch 3 Wochen die Füße stillhalten, bis es rechtskräftig geworden ist, und dann gehts in die Vollstreckung…

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