AG Nürnberg verurteilt HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 08.05.2008 (23 C 526/08) hat das AG Nürnberg die HDI Direkt Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 411,47 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet. Der Kläger ist berechtigt, gegen die Beklagte einen Schadenersatzanspruch nach den §§ 7 StVG, l, 3 Pflichtversicherungsgesetz in Höhe von 411,47 EUR zugunsten der X., die aufgrund der Abtretung und nicht erfolgten Rückabtretung Anspruchsinhaberin ist, geltend zu machen.

Streitig waren zwischen den Parteien lediglich Mietwagenkosten.

Nach ständiger Rechtssprechung des BGH kann der Geschädigte nach § 249 BGB nur diejenigen Mietwagenkosten als erforderlichen Herstellungsaufwand verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Er ist dabei nachdem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen. Dies bedeutet, dass von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur der günstigere Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangt werden kann.

Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem „Normaltarif“ teuerer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, well sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die Besonderheiten der Unfallsituation veranlasst und daher erforderlich sind. Dabei ist Normaltarif der Tarif, der für den Selbstzahler Anwendung findet und unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird.

Dabei darf in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens der „Normaltarif“ nach § 28 7 Zpo auf der Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten, geschätzt werden (BGH vom 09.05.06, VI ZR 117/05).

Auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels errechnet bereite der Kläger seine geltend gemachte Klageforderung,

Dabei sind die Mietpreise aus dem Postleitzahlengebiet des Geschädigten zu berücksichtigen (BGH vom 09.10.07, VI ZR 27/07). Grundsätzlich wird der Mietwagen am Wohnsitz des Geschädigten benötigt, keine Rolle kann dabei der Unfallort spielen. Unerheblich ist auch, ob wie im vorliegenden Fall, der Wohnort des Klägers in Z. nahe an Nürnberg liegt.

Im streitgegenständlichen Fall waren die Mietpreise der Mietwagenklasse IV- der Schwacke-Liste zugrunde zu legen. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das Klägerfahrzeug der Mietwagenklasse V zuzuordnen ist. Jedoch war das Fahrzeug des Klägers, das erstmals am 07.08.1998 zum Straßenverkehr zugelassen wurde, zum Unfallzeitpunkt bereits mehr als 5 Jahre alt, so dass es gerechtfertigt erscheint, die Einordnung in eine geringere Stufe, im vorliegenden Fall also in die Mietwagengruppe IV, vorzunehmen.

Dabei hat das Gericht die zur Nutzungsausfallentschädigung von der Rechtssprechung entwickelten Grundsatze herangezogen, wonach bei Pkws, die älter als 5 Jahre sind, gern. § 287 ZPO eine Herabstufung vorzunehmen ist (Palandt Vorbem. vor § 249 BGB, Rdnr, 23 a).

Die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Eigenersparnis, die Haftungsbefreiungskosten, die Kosten für Zustellung und Abholung des Fahrzeugs sowie die Umsatzsteuerdifferenz von 16 % auf 19 % wurde von der Beklagten nicht angegriffen. Nicht verlangen kann der Kläger jedoch die Kosten für die Zustellung außerhalb der Öffnungszeit.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung  hat der Kläger erklärt, dass die Bereitstellung des Fahrzeugs um 6.30 Uhr nicht zwingend notwendig gewesen wäre. Er hätte auch eine halbe Stunde später in der Arbeit sein können. Diese Zusatzkosten für die besondere Zustellung sind daher nicht erforderlich im Sinn des § 249 BGB.

Dem Kläger steht weiter kein 20 %iger Unfallersatzaufschlag zu. Zwar ist der Kläger nicht im Besitz einer Kreditkarte, er  hätte aber  in der Zeit zwischen dem Unfall am 05.10.07 und der Zustellung des Mietfahrzeugs am 10.10.07 ohne  weiteres einen Kostenvorschuss von der Beklagten beanspruchen können. Darüber hinaus dürfte wohl die im vorliegenden Fall erfolgte Sicherungsabtretung den Einsatz einer Kreditkarte entbehrlich machen.

Der Kläger lässt unfallspezifische Mehraufwendungen in standardisierter Form schildern, in wieweit sie dem Kläger persönlich in der konkreten Unfallsituation jedoch zugute kamen, wird nicht vorgetragen.

Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der Kläger seinen Schadenersatzanspruch gegenüber der Beklagten an die Mietwagenfirma abgetreten hat, so dass ein etwaiges Finanzierungsrisiko gering ist und jedenfalls nur einen Teil der Forderung betraf. Dass Schäden und Reparaturen am Mietfahrzeug durch die Vermietung erforderlich sein können, ist nicht nur bei der Anmietung aus Gründen eines Unfalls zutreffend. Auch der Vortrag zu einer größeren Typenauswahl in allen Variationen nahezu eines jeden Fabrikats greift vorliegend nicht. Der Kläger, im Besitz eines gängigen Fahrzeugs, Ford Escort, musste im streitgegenständlichen Fall einen Renault Megane anmieten.

Darüber hinaus scheint auch der Anmietzeitpunkt im Sinne einer Art Vorreservierung festgelegt worden zu sein, da der Mietvertrag offensichtlich bereits am Unfalltag geschlossen wurde. Dadurch und durch die Versicherung des Geschäftsführers der Autovermietung, seine Miettarife seien am unteren Ende der Skala, wurde der Kläger nach eigenem Vortrag in der mündlichen Verhandlung von der Einholung von Vergleichsangeboten abgehalten.

Ein Unfallersatzaufschlag war daher nicht zu gewähren.

Somit ergibt sich:

 1  Wochenpauschale Mietwagengruppe IV                     477,– EUR

2  Zusatztage zu je 82,– EUR                                          164,– EUR

                                                                                        641,– EUR

abzüglich 3 % Eigenersparnis                                        621,77 EUR

9 Tage zu je 21,– EUR Vollkasko                                      189,– EUR

                                                                                      810,77 EUR

3 % Umsatzsteuerdifferenz von 16 % auf 19 %              24,32 EUR
Zustell-/Abholkosten                                                         50,– EUR

                                                                                      885,09 EUR

abzüglich Zahlung der Beklagten                                   473,62 EUR

                                                                                     411,47 EUR
Dieser Betrag war daher zuzusprechen.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286, 288, 291 BGB. Da der Kläger nach der Abtretung der Schadenersatzforderung an die Auto Vermietung nicht mehr Forderungsinhaber war, kam die Beklagte mit der Aufforderung, an den Kläger zu zahlen, nicht in Verzug. Zinsen waren daher erst ab Rechtshängigkeit, die mit Zustellung der Klage am 01.02.0B eintrat, zuzusprechen.

Aus diesen Gründen stehen dem Kläger auch keine vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten nach § 286 BGB zu. Die Beklagte war nicht verpflichtet, an den Nicht-Forderungsinhaber, den Kläger, zu leisten und konnte insoweit auch nicht in Verzug geraten,

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufsgerichts nicht erfordert. 

Soweit das AG Nürnberg.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu AG Nürnberg verurteilt HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

  1. Schwarzkittel sagt:

    Zitat AG Nürnberg:
    „Nicht verlangen kann der Kläger jedoch die Kosten für die Zustellung außerhalb der Öffnungszeit.
    Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass die Bereitstellung des Fahrzeugs um 6.30 Uhr nicht zwingend notwendig gewesen wäre. Er hätte auch eine halbe Stunde später in der Arbeit sein können. Diese Zusatzkosten für die besondere Zustellung sind daher nicht erforderlich im Sinn des § 249 BGB.“

    Guten Morgen liebes AG, um 07:00 Uhr haben dann die Autovermieter geöffnet ?

    Kopfschütteln aus der Suhle

    Schwarzkittel

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