AG Otterndorf verurteilt Generali Versicherung AG zur Zahlung rechtswidrig vorgerichtlich gekürzter Sachverständigenkosten in Höhe von 33,31 € aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 2.4.2015 – 2 C 44/15 -.

Hallo vererte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier veröffentlichen wir für Euch noch ein Urteil aus Otterndorf zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Generali Versicherung. Bis auf die Hinweise auf den BVSK eigentlich eine positive Entscheidung, wie wir meinen. Allerdings geht der Hinweis des Gerichts auf die BVSK-Umfage fehl, wenn das Gericht wie folgt anführt:

„Der BGH hat zwar in seinem Urteil vom 22.07.2014 ausgeführt, dass das Berufungsgericht im zu entscheidenden Fall das Ergebnis der BVSK-Umfrage in nicht zu beanstandender Weise nicht als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten angesehen hatte, er hat jedoch nicht über die Frage entschieden, ob die BVSK-Honorarumfrage grds. als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten ausscheidet.“

Hierzu kann nur angemerkt werden, dass der BGH in dem vom Gericht selbst angegebenen Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90 = BeckRS 2014, 04270 = NZV 2014, 255) entschieden hat, dass der Geschädigte den BVSK nicht kennen muss und auch nicht das Egebnis der Umfrage der BVSK-Mitglieder (siehe BGH Urt. vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 Rn. 10). Wer lesen kann, ist klar im Vorteil? Lest aber selbst das Urteil aus Otterndorf und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker

Amtsgericht
Otterndorf

2 C 44/15

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägerin

gegen

Generali Versicherung AG, Schadenservice-Center, vertr.d.d. Vorstand Winfried Spies, Onno Denekas, Bernd Felske, Dr. Monika Sebold-Bender u.a., 81723 München

Beklagte

hat das Amtsgericht Otterndorf im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 13.03.2015 am 02.04.2015 durch die Richterin K. für Recht erkannt:

1.    Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 33,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.02.2015 zu zahlen.

2.    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.    Der Streitwert wird auf 33,31 EUR festgesetzt.

Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 33,31 € aus abgetretenem Recht gemäß den §§ 823 BGB, 7 StVG i.V.m. § 398 BGB.

Die Kläger können Ersatz des gesamten von ihnen berechneten Sachverständigenhonorars in Höhe von insgesamt 663,01 € verlangen. Abzüglich der von der Beklagten gezahlten Summe in Höhe von 630,70 € verbleibt noch ein Anspruch der Kläger in Höhe des zuerkannten Betrages.

Die alleinige Haftung der Beklagten für die Schäden aus dem Unfallereignis vom 22.12.2014 in Otterndorf ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.

Die Kläger sind aktivlegitimiert. Der Geschädigte hat seinen Ersatzanspruch für die durch die Gutachtenerstellung der Kläger angefallenen Sachverständigenkosten am 23.12.2014 an die Kläger abgetreten (Anlage K3).

Maßgeblich ist, in welcher Höhe dem Geschädigten ein Schaden entstanden ist, denn nur in dieser Höhe konnte eine Forderung abgetreten werden.

Der Geschädigte kann gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Sachverständigenkosten verlangen, die objektiv erforderlich waren. Als erforderlich sind nach der st. Rspr. des BGH diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.

Die Aufwendungen des Geschädigten müssen sich im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft halten (BGH NJW, 2000, 80). Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt von dem Geschädigten jedoch nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (BGH, Urteil vom 11.2. 2014 – VI ZR 225/13 = NJW 2014, 1947). Bei der Frage, ob der Geschädigte einen vernünftigen Aufwand zur Schadensbehebung betrieben hat, ist auf die individuellen Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten Rücksicht zu nehmen (BGH a.a.O.). Bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf der Geschädigte einen für ihn ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen beauftragen, ohne zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen zu betreiben (BGH a.a.O.). Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, weiche die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH a.a.O.).

Die Kläger sind der Pflicht zur Darlegung der Schadenshöhe durch Vorlage der Rechnung vom 23.12.2014 ausreichend nachgekommen. Die ausgestellte Rechnung bildet ein Indiz für die Bestimmung des erforderlichen Betrages bei einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der „erforderliche“ Geldbetrag im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auch durch die rechtliche Verpflichtung des Geschädigten gegenüber dem von ihm mit der Schadensbehebung Beauftragten bestimmt wird: Die geschuldete Vergütung bildet die Obergrenze des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 13.11.2014 – 8 O 1426/14). Nur zur Zahlung des geschuldeten Betrages ist der Geschädigte gegenüber dem von ihm mit der Schadensbehebung Beauftragten rechtlich verpflichtet. Die Zahlung eines höheren Betrages wäre nicht „erforderlich“ im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (BGH, Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 528/12). Ist, wie hier, eine bestimmte Vergütung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen nicht vereinbart, kann dieser vom Besteller nur die übliche Vergütung verlangen (§ 632 Abs. 2 BGB). Das Gericht orientiert sich bei der Überprüfung der Üblichkeit der Sachverständigenkosten an der BVSK-Honorarbefragung 2013 (vgl. auch LG Arnsberg, Urteil vom 21.01.2015 – 3 S 210/14; LG Nürnberg-Fürth, a.a.O.). Dabei wird der Honorarkorridor HB V zu Grunde gelegt wird, innerhalb dessen Rahmen zwischen 50 % und 60% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen. Wegen der größeren örtlichen Genauigkeit wird die Erhebung betreffend den Postleitzahlenbereich 2 herangezogen. Soweit die Beklagte die Anwendung dieser Erhebung ablehnt, kann sie mit ihrem Vortrag nicht gehört werden. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur dann einer Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich die geltend gemachten Mängel der Schätzgrundlage auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (st. Rspr. des BGH, vgl. Urteil vom 12.04.2011 – VI ZR 300/09 und vom 17.05.2011 – VI ZR 142/10). Hierzu fehlt substantiierter Vortrag der Beklagten. Der BGH hat zwar in seinem Urteil vom 22.07.2014 ausgeführt, dass das Berufungsgericht im zu entscheidenden Fall das Ergebnis der BVSK-Umfrage in nicht zu beanstandender Weise nicht als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten angesehen hatte, er hat jedoch nicht über die Frage entschieden, ob die BVSK-Honorarumfrage grds. als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten ausscheidet.

Der Höhe nach liegt zwar das abgerechnete Grundhonorar mit 476,25 € etwa 7 % über dem Höchstsatz des HB V Korridors der BVSK-Teilerhebung für den Postleitzahlenbereich 2 (403 € – 440 €). Bei einer so geringen Abweichung vom Honorarkorridor bestand für den Geschädigten jedoch weder eine Veranlassung, die Liquidation der Sachverständigen zu beanstanden, noch könnte dem Geschädigten ein Auswahlverschulden vorgeworfen werden, das zu einer Minderung seiner Ersatzansprüche führt. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass die Geschädigte selbst diesbezüglich einen Betrag erstattet hat, der über dem Höchstsatz des Honorarkorridors liegt.

Die in Rechnung gestellten Nebenkosten bewegen sich allesamt innerhalb sowohl des HB V Korridors der BVSK-Erhebung als auch innerhalb der Teilerhebung für den Postleitzahlenbereich 2:

Position                                           Abrechnung Kläger         BVSK                   BVSK PLZ 2

Fahrtkostenpauschale                    21,00 €                           22,89-26,73        15,88-19,80

Lichtbilder (8 St. x 2,30 €)              18,40 €                             2,21-2,55             2,06-2,38
.                                                                                              (je Lichtbild)         (je Lichtbild)
Porto/Telefon/Auslagen                  15,50 €                           23,46-29,37        19,36-27,37

2. Satz LiBi (8 St. x 1,50)                12,00 €                             1,32-1,67             1,15-1,96
.                                                                                              (je Lichtbild)         (je Lichtbild)
Schreibgebühren                            14,00 €                             2,45-2,86            3,54-3,89
.                                                                                              (je Seite)              (je Seite)

Die dem Geschädigten von den Klägerin in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten sind daher üblich und angemessen, mithin auch erforderlich im Sinne des § 249 BGB.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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