AG Rosenheim entscheidet gegen Zurich im Hinblick auf die gekürzten Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall mit Urteil vom 10.2.2014 – 13 C 2724/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

hier und heute geben wir Euch ein Restsachverständigenkosten-Urteil des Amtsgerichts Rosenheim gegen die Zurich-Versicherung bekannt.  Nach Mitteilung des Einsenders wollte der Sachbearbeiter der Zurich unbedingt ein Urteil haben. Wie man sieht, wurden keine Kosten (der Zurich) und Mühen (des Versicherungsanwalts aus Köln) gescheut, um den Sachbearbeiter der Zurich glücklich zu machen. Aber leider gehen die Kosten und Mühen zu Lasten der Versichertengemeinschaft der Zurich-Versicherung. So kann man auch Versichertengelder vergeuden.  Der Sachbearbeiter hatte bis zum 10.02.2014 möglicherweise noch nichts, was er über´s Bett hängen kann? Wenn der jeden Fall so bearbeitet, hat er in Kürze sogar nen kompletten Baldachin? So wird es wohl allen gehen, die sich in das Fahrwasser der HUK-Coburg begeben. Mit der am folgenden Tag ergangenen Entscheidung des BGH – VI ZR 225/13 – , auf die wir bereits häufiger hingewiesen hatten, wird es für die Versicherungen ohnehin deutlich enger. Die bisher gebrachte Argumentation der Versicherer kann dann nicht mehr ziehen, denn der BGH hat die subjektbezogene Betrachtung ex ante gestärkt.
Eines ist allerdings auch in diesem Urteil falsch. Mit der ernsthaften und endgültigen Weigerung durch den Versicherer wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um. Die Zurich-Versicherung hätte daher zur Zahlung verurteilt werden müssen. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Rosenheim

Az.: 13 C 2724/13

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

Zürich Insurance plc, Niederlassung Deutschland, vertreten durch d. Hauptbevollmächtigten Ralph Brand, Solmsstr. 27-37, 60486 Frankfurt

– Beklagte –

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch den Richter am Amtsgericht … am 10.02.2014 auf Grund des Sachstands vom 10.02.2014 ohne mündliche Vemandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von restlichen Sachverständigenkosten des KFZ-Sachverständigenbüros … in Höhe von 218,01 € auf die Rechnung des Sachverständigenbüros Nr. … vom 10.10.2013 sowie den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 83,54 € freizustellen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 218,01 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten gemäß § 115 VVG i.V.m. § 823 BGB, §§ 17, 7 StVG einen Anspruch auf Freistellung von der Forderung wegen weiteren Sachverständigenhonorars in einer Höhe von 218,01 €.

Nach Ansicht des Gerichts sind die gesamten vom Kläger vorprozessual beanspruchten Sachverständigenkosten in Höhe von 1273,06 € erstattungsfähig. Es wurde ein Betrag von 1.055,05 € erstattet, nicht ersetzt wurden Fotokosten über 20 € hinaus sowie EDV und Schreibkosten.

Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens sind damit dem Grunde nach erstattungsfähig.

Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen, was auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars gilt (BGH DS 2007, 144).

Der Geschädigte kann vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand aber nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessene erscheinen (BGHZ 115, 364/369). Dabei ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Erst wenn für ihn als Laien erkennbar ist, dass Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen verlangen. Der Ersatzpflichtige ist damit auch nicht rechtlos gestellt. Hält er die Vergütung für überhöht, kann er vom Geschädigten in entsprechender Anwendung des § 255 BGB die Abtretung seiner Rückforderungsansprüche gegen den Sachverständigen verlangen und sich mit diesem wegen der Rechnungsrückforderung auseinander setzen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW Spezial 2008, 458).

Der Sachverständige ist des Weiteren auch kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden ihm nach den §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zugerechnet würde.

Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten können dem Geschädigten nur bei einem Auswahlverschulden oder einer evidenten Erhöhung entgegengehalten werden (vgl. u. a. AG Rosenheim, Urteil vom 24.09.2013, Az. 12 C 1123/13 m. w. N.). Weitere Obliegenheiten zur Feststellung der zu erwartenden Kosten eines Sachverständigen einerseits und der Maßstäbe, welche der jeweils involvierte Versicherer seinerseits ohne nähere Begründung für richtig bemessen hält, treffen den Geschädigten keinesfalls.

Vorliegend sind die Aufwendungen insoweit als erforderlicher Aufwand bei der Schadensbeseitigung zu bewerten, als eine evidente Abweichung vom Marktüblichen nicht gegeben ist. Der Kläger hat sich bei der Wiederherstellung seines Interesses im Rahmen dessen bewegt, was ein wirtschaftlich denkender Mensch für zweckmäßig und angemessen halten darf. Die Abweichungen bezüglich der Fotokosten gegenüber einer Befragung der üblichen Kosten im Rahmen der „BVSK Honorarbefragung“ sind gering und fallen somit nicht erkennbar aus dem Rahmen dessen, was offenbar auf dem für den Geschädigten zugänglichen Markt allgemein üblich ist und verlangt wird. Die Schreibkosten bewegen sich im oberen Bereich, jedoch noch im Maß. Die Rechtsansicht der Beklagten, dass Schreibkosten ohnehin in den Grundgebühren erfasst werden, verkennt im Übrigen, dass Gutachten mit der erforderlichen Vorarbeit und Darlegung – und somit dem eigentlichen Wert – später auch mündlich erstattet werden können.

Die vorliegenden EDV Kosten stellen mit 29 € einen weiteren Posten mit der Konsequenz einer geringfügigen Erhöhung dar, die für einen Laien nicht als evidente Überhöhung und nicht erforderliche Maßnahme erkennbar ist. Bei der Abrechnung des Geschädigten ist grundsätzlich auch ein eher großzügiger Maßstab anzulegen (vgl. u. a. AG Pfaffenhofen, Urteil vom 27.11.2013, 1 C 419/13).

Der Klage war daher stattzugeben.

II. Der Anspruch auf Freistellung bezüglich der Kosten wegen vorgerichtlichen Tätigwerdens eines beauftragten Rechtsanwaltes über einen Gegenstandswert wie vorliegend, mit einer 1,3 Gebühr zzgl. Pauschale und MWSt nach der Tabelle nach dem 31.7.2013, besteht gemäß §§ 280, 286 BGB, da die Zahlung der weiteren Forderung unberechtigt verweigert wurde.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

IV. Der Streitwert wurde nach § 63 Abs. 2 GKG, §§ 3. ff. ZPO bestimmt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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