AG Saarlouis verurteilt HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse, dieses Mal gesamtschuldnerisch mit dem VN, erneut zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 22.7.2010 [28 C 667/10].

Der Amtsrichter der 28. Zivilabteilung hat erneut die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., Saarbrücken, verurteilt, gemeinsam mit ihrem VN als Gesamtschuldner an die Klägerin 642,21 € nebst Zinsen sowie 20,– € Mahnkosten zu zahlen. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreites. Nachfolgend das Urteil des AG Saarlouis vom 22.7.2010 – 28 C 667/10 -, auf das im vorgehenden Beitrag von mir in den Urteilsgründen hingewiesen wurde:

Tatbestand:

Die Klägerin verfolgt gegen den Beklagten zu 1. als Halter und Fahrer und die Beklagte zu 2. als zuständigen Haftpflichtversicherer Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 21.1.2010 in Saarlouis. Die Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach für sämtliche Unfallfolgen ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin Ersatz der ihr durch die Beauftragung des Sachverständigen R. aus M. entstandenen Sachverständigenkosten. Die Klägerin unterzeichnete bei der Beauftragung die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Sachverständigen, in dem das Honorar nach Grundvergütung und Aufwandsersatz im Einzelnen aufgeschlüsselt ist. Seine Leistungen stellte der Sachverständige unter dem 25.1.2010 mit 924,21 Euro brutto in Rechnung. Die Beklagte hat außergerichtlich lediglich Zahlung von 282,– Euro geleistet.

Die  Klägerin ist der Auffassung, dass die in Rechnung gestellten Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich und von den Beklagten somit zu erstatten seien, zumal sie sich im Rahmen der „BVSK-Gebührenempfehlung“ bewegten.

Die Klägerin beantragt, wie entschieden zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen Klageabweisung.

Sie sind der Auffassung, das von der Beklagten zu 2. gezahlte Honorar stelle den erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung dar, wobei insbesondere die Nebenkosten weder neben einem pauschalierten Grundhonorar zu zahlen seien noch diese wie das Grundhonorar der Höhe nach angemessen und erforderlich seien.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten gem. §§ 7 StVG, 249, 823 I, 823 II BGB i.V.m. §§ 9 V StVO, 115 VVG Anspruch auf Ersatz  der geltend gemachten Sachverständigenkosten gem. der Kostenrechnung des Sachverständigen R. vom 28.1.2010 über insgesamt 924,21 Euro zu.

Sachverständigenkosten sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH vom Schädiger zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und damit als Begleitkosten zur Herstellung des Zustandes, der ohne Schädigung bestehen würde, erforderlich sind (BGH NJW 1989, 953). Im Hinblick auf die Schadenshöhe kann die Notwendigkeit der Einschaltung eines Sachverständigen nicht im Streite sein.

Die Frage der Erforderlichkeit richtet sich danach, ob sie Aufwendungen darstellen, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch aus Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Auftragserteilung für zweckmäßig und notwendig erachten durfte (BGH VersR 2007, 560).

Der Geschädigte ist hierbei nicht zur Markterforschung verpflichtet, was seitens der Beklagten „im gewissen Rahmen“ anerkannt wird. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Geschädigte jedoch nicht gehalten, durch Telefonate mit 2 bis 3 Sachverständigen sich nach den günstigsten Auftragsbedingungen zu erkunden.

Vielmehr wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für den Geschädigten als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem  auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung mißachtet, kann er nach ständiger Rechtsprechung dieses Gerichtes – auch der zuständigen Berufungskammer – vom Schädiger  nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen (LG Saarbrücken DAR 2007, 270: AG Saarlouis Urt. v. 15.5.2008 – 5 C 105/08, jeweils m.w.N.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der restlichen streitgegenständlichen Sachverständigenkosten zu. Der Klage war daher zuzusprechen.

Die Höhe der Abrechnung war für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar überhöht, zumal sie sich – unstreitig – innerhalb des Preiskorridors der BVSK-Honorarbefragung bewegt (vgl. LG Saarbrücken a.a.O.). Gleiches gilt insbesondere für die Nebenkosten, wobei auch hierfür, da allein schadensersatzrechtliche Gesichtspunkte im Verhältnis der Parteien maßgeblich sind, es allein darauf ankommt, ob die mit dem Sachverständigen vereinbarten Kosten für den Geschädigten erkennbar überhöht waren, mithin ihm ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht zur Last gelegt werden kann (LG Saarbrücken a.a.O., dort auch Ausführungen zur Berechnung von pauschalen Nebenkosten, wobei in dem dort streitgegenständlichen Fall die Nebenkosten sich auf 100% des Grundhonorares beliefen).

Seitens des Gerichtes wird hierbei nicht verkannt, dass gerade der beauftragte Sachverständige mit seiner Aufschlüsselung der Aufwandsentschädigung die Gesamtkosten „in die Höhe treibt“. Allerdings mag das Gericht im Hinblick auf die vorzitierte Rechtsprechung ein Auswahlverschulden des Geschädigten nicht zu erkennen. Der Schädiger ist hierdurch nicht schutzlos gestellt, wie ebenfalls im Urteil des LG Saarbrücken aufgezeigt wird. Hält er die Vergütung für überhöht , kann er von dem Geschädigten in entsprechender Anwendung des § 255 BGB die Abtretung seiner Rückforderungsansprüche gegen den Sachverständigen verlangen und sich mit diesem wegen dessen Rechnungsforderung auseinandersetzen. Von dieser Möglichkeit macht die Beklagte zu 2. – im Gegensatz zu anderen Haftpflichtversicherern – regelmäßig keinen Gebrauch.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

So das Urteil des Amtsrichters aus Saarlouis vom 22.7.2010.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Hunter sagt:

    Seitens des Gerichtes wird hierbei nicht verkannt, dass gerade der beauftragte Sachverständige mit seiner Aufschlüsselung der Aufwandsentschädigung die Gesamtkosten “in die Höhe treibt”.

    Ähnliches kann man bei diversen Urteilen (insbesondere aus dem Saarland) immer wieder lesen. Nebenkosten, die 100% des Grundhonorars erreichen usw..

    Gutachtenrechnungen, bei denen Verhältnismäßigkeiten – auch zur Schadenshöhe – überzogen werden, führen über kurz oder lang dazu, dass Instanzgerichte sich (trotz BGH-Rechtsprechung) irgendwann gegen solche Honorare „wehren“. Auch die obige Formulierung kann man durchaus als „Ankündigung“ werten. Ähnliches ist auch schon beim Amtsgericht Saarbrücken geschehen, was gerade noch einmal beim LG zurecht gerückt wurde. Auch beim AG Coburg läuft schon einiges in die Richtung.

    In der Mietwagenbranche gab es auch einmal einige „habierige Schlaumeier“, die glaubten, die Erforderlichkeit sei der Maßstab aller Dinge und man könne jeden Traumpreis (bis zu 400% Zuschlag) verlangen. Folge davon war, dass der BGH eine Kehrtwendung seiner Rechtsprechung zur „Angemessenheit“ vollzogen hat, was im Grunde dem § 249 BGB widerspricht. Denn welcher Geschädigte hat schon jemals etwas von einer Schwacke-Liste AMP gehört oder weiß etwas über Mietwagenstreitigkeiten bzw. kennt entsprechende Rechtsprechung zur „Erkundigungspflicht“. Der läuft beim Schadensfall in der Regel doch voll ins Messer und muß die Kostenfolgen seines laienhaften Tuns tragen. Das widerum entspricht aber wohl nicht dem vollständigen Schadensausgleich?

    Deutlich überhöhte Sachverständigenhonorare werden irgendwann beim BGH landen. Genau das ist doch die Strategie der HUK! Abwarten, bis der richtige Fall „vor die Flinte“ kommt. Wer das nicht erkennt….? Und wer die Rechtsprechung des BGH in der Vergangenheit beobachtet hat, weiß, dass es immer wieder Überaschungen gibt. Aktuelles Beispiel hierfür ist die fiktive Abrechnung (VW-Urteil u.a.).

    Schuld sind in der Hauptsache dann also nicht die Versicherungen samt Schadensmanagement am Untergang des Berufsstandes, sondern „betriebswirtschaftliche Bemühungen“ Einzelner aus den eigenen Reihen zur „Gewinnmaximierung“ können eine gesamte Branche (z.B. über ein entsprechendes BGH-Urteil) in den Abgrund stürzen.

    Und wenn das Kind „abgesoffen“ im Brunnen liegt, dann gründen wir wieder einen Verband zur Rettung des Berufsstandes – analog der Partnerwerkstätten?

  2. SV Wehpke sagt:

    @Hunter@ Freitag, 20.08.2010 um 11:18

    Ihren geäußerten Überlegungen und die Warnung „den Bogen“ in Honorarfragen nicht zu überspannen, kann man nur beipflichten.

    Insbesondere die von Ihnen angesprochenen sogenannten Nebenkosten werden von einigen SV wahrlich überstrapaziert.

    Da wirft sich fast schon die Frage auf, wie denn ein pauschaliertes Honorar daneben noch vertreten werden kann?

    Man kann nur raten, auch hier die Kirche im Dorf zu lassen, weil die oben von Hunter beschreiben Konsequenzen die selbst verursachten Folgen sein werden. Will man das wirklich?

    Wehpke Berlin

  3. franz511 sagt:

    Ich muss beiden Vorkommentatoren zustimmen. Ich gehe jedoch davon aus, dass bei diesem Fall in den Nebenkosten noch Fremdleistungskosten enthalten waren, die diese Steigerung verursachten.

    Wenn nicht, dann wäre dieses Vorgehen wirklich bedenklich.
    (Nach dem Motto: wer der Sau zu tief in den Hintern greift, macht sich schmutzig)

    Schönes Wochenende.

    Franz511

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