AG Wiesbaden spricht mit Urteil vom 28.7.2011 -92 C 7167/10 (82)- die Sachverständigenkosten für die Teilnahme an der Gegenüberstellung gegen die HUK-Coburg zu.

Hallo sehr geehrte Captain-HUK-Leser,

immer wieder taucht das Problem der Kostenerstattungspflicht der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung bei einer von der Versicherung veranlassten Gegenüberstellung auf. Grundsätzlich hat der Versicherer keinen Rechtsanspruch auf Nachbesichtigung. In dem nachfolgend geschilderten Rechtsstreit vor dem Amtsgericht in Wiesbaden ging es jedoch um eine Fahrzeuggegenüberstellung, weil der VN der Kfz-Versicherung seine Beteiligung bestritten hat. Die Versicherung hat die DEKRA zur Gegenüberstellung der Unfallfahrzeuge beauftragt. Der Geschädigte hatte den für das Schadensgutachten beauftragten Kfz-Sachverständigen auch zur Gegenüberstellung beauftragt. Dieser hat die Kosten der Teilnahme an der Gegenüberstellung berechnet. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung, die HUK-Coburg, wer denn sonst?, meint mit der DEKRA habe sie einen neutralen Gutachter bestellt, so dass die Teilnahme des freien Kfz-Sachverständigen nicht erforderlich gewesen sei. Deshalb übernehme sie auch nicht die Kosten des Sachverständigen für die Gegenüberstellung. Da hat das Amtsgericht die HUK-Coburg jedoch eines Besseren belehrt. Das Urteil wurde erstritten durch die Kanzlei Foerster & Partner in 65191 Wiesbaden-Sonnenberg. Lest das Urteil bitte selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Amtsgericht Wiesbaden                               Verkündet am: 28. Juli 2011

Aktenzeichen: 92 C 7167/10 (82)

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

HUK Coburg Vers.-AG vertr. d. d. Vorstand Rolf-Peter Hoenen, Willi-Hussong-Str. 2, 96450 Coburg, Geschäftszeichen: …

Beklagte

hat das Amtsgericht Wiesbaden
durch die Richterin am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO,
im dem Schriftsätze bis zum 23. Juni 2011 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 299,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 13.04.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten aus abgetretenem Recht ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Sachverständigenkosten in Höhe eines Betrages von € 299,88 gemäß §§ 249 ff, 398 BGB zu.

Der Kläger ist zur Geltendmachung des Anspruchs aktivlegitimiert.

Der Geschädigte, Herr … hat mit Abtretungserklärung vom 23.12.2010 seinen Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten aus der Rechnung des Klägers vom 13.02.2007 gegen die Beklagte an den Kläger abgetreten (vgl. Abtretungserklärung Bl. 53 d. A.). Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung bestehen nicht. Insbesondere ist vorliegend ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht gegeben (§ 134 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 RDG). Aus der Rechnung des Klägers vom 13.02.2007, die an den Zedenten gerichtet war, ergibt sich, dass der Kläger diese Rechnung zunächst bei dem Zedenten geltend gemacht hat. Der Zedent hat auch mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 20.02.2007 die hier streitgegenständlichen Sachverständigenkosten gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Wenn nach Ablehnung der Übernahme der Kosten durch die Beklagte mit Schreiben vom 12.04.2007 der Zedent drei Jahre später eine Abtretung an den Kläger vornimmt, ist dies nicht zu beanstanden und auch nicht als Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz anzusehen. Insbesondere liegt keine erlaubnispflichtige Besorgung von Rechtsangelegenheiten durch formalisierte und formularmäßige Sicherungsabtretung an den Kläger vor.

Die geltend gemachten Sachverständigenkosten gemäß Rechnung des Klägers vom 13.02.2007 anlässlich der Teilnahme der Gegenüberstellung am 09.02.2007 sind von der Beklagten zu ersetzen. Es handelt sich um Kosten der Rechtsverfolgung im Sinne von § 249 BGB bzw. um Kosten der Schadensfeststellung, die zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Nach Ansicht des Gerichtes gilt vorliegend der Grundsatz der Waffengleichheit; da die Beklagte den Unfallhergang bzw. dessen Verursachung durch ihren Versicherungsnehmer zunächst bestritten hat und eine Gegenübersteilung bzw. eine Rekonstruktion durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Auftrag gab, musste auch dem Zedenten gestattet werden, zur Gegenüberstellung am 09.02.2007 den Kläger hinzu zu ziehen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die von ihr beauftragte DEKRA als neutraler Sachverständiger anzusehen ist; angesichts des Umstandes, dass die Beklagte die DEKRA mit der Begutachtung hinsichtlich der Kompatibilität der Schäden beauftragt hat und dieser Sachverständige eine Gegenüberstellung für erforderlich erachtete, musste es jedoch auch dem Zedenten als vernünftigem und wirtschaftlich denkendem Fahrzeughalter gestattet sein, zu dem Termin der Gegenüberstellung seinerseits einen Sachverständigen, der etwaig aufkommende Fragen des Sachverständigen der DEKRA seinerseits sachverständig und fachlich beantworten kann, hinzuzuziehen.

Schließlich war zu berücksichtigen, dass auch die durch die Beklagte erfolgte Regulierung, letztlich aufgrund der Feststellung, dass die Schäden durch den Versicherungsnehmer der Beklagten verursacht wurden, basierte, und zwar auf der durchgeführten Gegenüberstellung und der Höhenvermessung beider Fahrzeuge. Demzufolge kam dem Gegenüberstellungstermin am 09.02.2007 eine wesentliche Bedeutung zu. Auch ein verständiger und wirtschaftlich vernünftig denkender Fahrzeughalter konnte es angesichts dieser Situation und insbesondere des vormaligen Bestreitens des Versicherungsnehmers der Beklagten für erforderlich halten, den Kläger zu dem Termin hinzuzuziehen.

Einwendungen hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Forderung gemäß Rechnung vom 13.02.2007 sind weder dargetan, noch ersichtlich.

Auf die begründete Klageforderung steht dem Kläger ein Zinsanspruch in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 13.04.2007 aufgrund der Ablehnung der Beklagten im Schreiben vom 12.04.2007 gemäß §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Und nun Eure Kommentare bitte

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5 Antworten zu AG Wiesbaden spricht mit Urteil vom 28.7.2011 -92 C 7167/10 (82)- die Sachverständigenkosten für die Teilnahme an der Gegenüberstellung gegen die HUK-Coburg zu.

  1. SV NW sagt:

    Hi Willi Wacker,
    soll doch die HUK-Coburg und andere Versicherungen, die ihr alles nachmachen, so viele wie möglich Gegenüberstellungen durch die DEKRA beauftragen, jedes Mal muss sie dann die Kosten des freien Sachverständigen, den der Geschädigte immer mit beauftragen sollte, auch noch zahlen. Die Masche mit dem Bestreiten zieht dann auch nicht mehr. Für die freien Sachverständigen entwickelt sich dadurch ein weiterer Einkommensbereich. Wie die HUK-Coburg doch für die freien Sachverständigen sorgt! 🙂

  2. RA NRW sagt:

    Die HUK-Coburg und die gesamte Versicherungswirtschaft sollten sich zu Herzen nehmen, dass ebenso wie die Kosten der Reparaturbestätigung auch die Kosten der durch die regulierungspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung veranlassten Fahrzeuggegenüberstellung erstattungspflichtig sind. Gerade wenn die eiontrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung die Gegenüberstellung der am Unfall beteiligten Fahrzeuge fordert, weil sie bestreitet, dass das bei ihr haftpflichtversicherte Fahrzeug überhaupt an dem Unfall beteiligt gewesen sei, ist der geschädigte Fahrzeugeigentümer berechtigt, den Schadensgutachter, den er bereits mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragt hatte, zu der Gegenüberstellung der Fahrzeuge hinzuzuziehen. Dementsprechend sind die Kosten des vom Geschädigten herangezogenen Sachverständigen durch den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung zu ersetzen (vgl. OLG Hamm Urt. v. 12.4.1994 – 9 U 193/93 -; LG Bochum Urt. v. 8.7.1997 – 9 S 60/97 -).

  3. K.H. sagt:

    @RA NRW

    ja sollten sie ganz gewiß, aber die ungeschminkte Wirklichkeit sieht doch leider oft ganz anders aus.

    Mit freundlichen Grüßen

    K.H.

  4. Willi Wacker sagt:

    Das von RA NW angegebene Urteil des LG Bochum vom 8.7.1997 – 9 S 60/97 – befindet sich übrigens auch im Archiv dieses Blogs und wird als historisches Urteil demnächst hier auch bekannt gegeben. Es handelt sich im übrigen um ein Berufungsurteil gegen das Urteil des AG Bochum vom 31.1.1997. Beklagte zu 3. war die Westfälische Provinzial Feuersozietät Münster. Schon damals hatte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten (Fahrer, Halter und Versicherung) gemeint, das Sachverständigengutachten habe nach Stundensätzen abgerechnet werden müssen. Dem ist die Berufungskammer mit Entschiedenheit entgegengetreten. Allerdings hatte die Berufungskammer die Kosten der Gegenüberstellung des Anwalts, der bei der Gegenüberstellung mit anwesend war, nicht zugesprochen. Die Kosten des Sachverständigen für die Teilnahme der Gegenüberstellung sind zugesprochen worden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  5. RA Alexander Jaeger sagt:

    Das Urteil des AG Wiesbaden ist vollkommen richtig. Aus Gründen der Waffengleichheit hat der Geschädigte ein Recht den beauftragten Sachverständigen beizuziehen. Daneben können noch Kosten des Geschädigten und seines Anwalts anfallen, die ebenfalls zu erstatten sind. Der Anwalt des Geschädigten kann Erstattung seiner Fahrtkosten zum Besichtigungsort und Abwesenheitsgeld verlangen. Die Teilnahme des Anwalts an der Besichtigung wird zwar mit der Geschäftsgebühr abgegolten. Eine Besichtigung führt aber in der Regel dazu, dass die Sache überdurchschnittlich zu bewerten und deshalb eine Gebühr oberhalb der Mittelgebühr von 1,5 anzusetzen ist. Auch bei teilweise berechtigten Einwänden sind diese Kosten dem Geschädigten zu erstatten, weil das Prognose- und Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers geht. Die Besichtigung oder Gegenüberstellung sollte deshalb von der Zahlung eines Kostenvorschusses oder einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

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