LG Aachen verurteilt Versicherer zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für 565 Tage und zur Zahlung der Sachverständigenkosten mit Urteil vom 16.2.2013 -11 O 189/12-.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum Sonnabend geben wir Euch hier noch ein Hammerurteil zur Nutzungsausfallentschädigung nach Regulierungsverzögerung bzw. -Verweigerung der Versicherung bekannt. Leider wurden die Kosten für den Gerichstvollzieher nicht zugesprochen, obwohl, meiner Meinung nach, diese durch das Regulierungsverhalten des Versicherers verursacht worden sind. Ansonsten finden wir, dass es jedoch ein prima Urteil ist. Was denkt Ihr? Gebt bitte Eure Kommentare möglichst vielzählig ab. Wir freuen uns über jede Anmerkung. 

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

11 O 189/12                                                                                       Verkündet am 06.02.2013

Landgericht Aachen

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

1. …

2. …

Beklagten

hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen
auf die mündliche Verhandlung vom 07.01.2013
durch den Richter am Landgericht … als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,

an den Kläger von Ansprüchen der DEKRA Automobil GmbH, Handwerkstraße 15, 70565 Stuttgart zu deren Rechnungs-Nr. … vom 08.10.2010 in Höhe von 400,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 durch Zahlung freizustellen;

an den Kläger 1.380,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2010 zu zahlen;

an den Kläger 12.995,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2012 zu zahlen;

den Kläger von Ansprüchen des Rechtsanwaltes … auf dessen Rechnung vom 02.05.2012 in Höhe von 899,40 EUR durch Zahlung freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Folgen aus einem Verkehrsunfall vom 05.03.2010.

Der Kläger ist Halter eines PKW Ford Escort, amtliches Kennzeichen … . Der Beklagte zu 1) war im Unfallzeitpunkt Fahrer des PKW BMW, amtliches Kennzeichen .. , der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist.

Zum Unfallzeitpunkt gegen 14:20 Uhr am xx.03.2010, fuhr der Beklagte zu 2) die Lessingstraße in Baesweiler hinunter. Ungefähr in Höhe der Hausnummer 3 lenkte der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug auf den rechten Seitenstreifen, um es dort zu parken. Dabei stieß er mit der rechten Seite mit dem linken Kotflügel des klägerischen Fahrzeugs zusammen.

In Ermangelung finanzieller Mittel ließ der Kläger in der Folge zunächst den Schaden an seinem Fahrzeug nicht begutachten. Er bemühte sich erfolglos um eine Kreditfinanzierung der Gutachterkosten. Die Begutachtung erfolgte dann erst am 5.10.2010 auf anwaltlichen Rat. Die Gutachterkosten (DEKRA), die unter dem 8.10.2010 in Rechnung gestellt wurden, belaufen sich auf 400,96 EUR. Im Zusammenhang mit der Nichtzahlung der Begutachtung entstanden zudem Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von 179,09 EUR.

Es wurde ein wirtschaftlicher Totalschaden (1.550,00 EUR Wiederbeschaffungswert bei einem Restwert von 170,00 EUR) und die fehlende Verkehrssicherheit des Fahrzeugs festgestellt, weshalb der Kläger das Fahrzeug im Anschluss an die Gutachtenerstellung ab dem 12.10.2010 nicht mehr nutzte. Die Nutzung vor diesem Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig.

Beginnend mit klägerischem Schreiben vom 10.03.2010 fand zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten zu 2) ein Schriftwechsel statt, in welchem Letztere wiederholt zur Regulierung aufgefordert wurde mit dem Hinweis, dass es dem Kläger aus eigenen Mitteln nicht möglich sei, ein neues Fahrzeug anzuschaffen. Für die Einzelheiten dieses Schriftwechsels wird auf die Anlagen K 6 – 8 zur Klageschrift (Bl. 41 ff. GA) verwiesen. Die Regulierung, für die mit anwaltlichem Schreiben Frist bis zum 30.11.2010 gesetzt wurde, wurde unter anderem mit Hinweis auf ein laufendes amtsgerichtliches Verfahren zum selben Sachverhalt abgelehnt. Auch nachdem in jenem Verfahren das Sachverständigengutachten erstellt worden war, erfolgte keine Regulierung seitens der Beklagten zu 2).

Der Kläger behauptet, im Unfallzeitpunkt mit seinem Fahrzeug gestanden zu haben. Er behauptet zudem, das Fahrzeug in dem halben Jahr zwischen Unfallereignis und Gutachtenerstellung durchweg genutzt zu haben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, folgende Zahlungen zu erbringen:

1. den Kläger von Ansprüchen der DEKRA Automobil GmbH, Handwerkstraße 15, 70565 Stuttgart zu deren Rechnungs-Nr. … vom 08.10.2010 in Höhe von 400,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 durch Zahlung freizustellen;

2. Den Kläger von weiteren Ansprüchen der DEKRA in Höhe von 179,09 EUR gem. Vollstreckungsprotokoll des OGV … durch Zahlung freizustellen.

3. an den Kläger 1.405,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2010 zu zahlen;

4. an den Kläger 12.995,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen;

5. den Kläger von Ansprüchen des Rechtsanwaltes … gem. dessen Rechnung vom 02.05.2012 in Höhe von 899,40 EUR durch Zahlung freizustellen.

Der Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Kläger sei in dem Moment angefahren, in dem der Beklagte zu 1) den rechten Fahrbahnrand ansteuern wollte, weshalb es zur Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen sei. Dabei habe der Beklagte zuvor den Fahrtrichtungsanzeiger rechts gesetzt. Der Kläger sei aus Unachtsamkeit losgefahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.01.2013 (Bl. 110 GA) Bezug genommen.

Der Beklagte hat für den Unfallhergang Beweis angeboten durch Vernehmung der Zeugin W. . Das Gericht hat die Akte 115 C 419/10 des Amtsgerichts Aachen einschließlich des darin enthaltenen unter dem 22.03.12 erstellten Unfallrekonstruktionsgutachtens des Sachverständigen M. beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 07.01.2013 gemacht. Das amtsgerichtliche Verfahren – beendet mit Urteil vom 03.08.2012 (rechtskräftig) -betrifft dasselbe Unfallereignis und wurde vom hiesigen Beklagten zu 1) als Kläger geführt.

Die Klageschrift ist den Beklagten am 05.07.2012 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem zuerkannten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie nicht begründet.

I.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 14.775,96 EUR gemäß den §§ 7, 17 Abs. 3 StVG, 823 Abs. 1, 249 BGB.

Den Beklagten zu 1) trifft die ausschließliche Verantwortlichkeit für die Kollision der beiden Fahrzeuge, weil das Unfallereignis 05.03.2010 für den Kläger ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG war. Unabwendbar ist ein Ereignis, das auch durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann.

Denn es ist davon auszugehen, dass das klägerische Fahrzeug stand, als es vom Beklagtenfahrzeug touchiert wurde. Damit tritt die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs vollständig zurück. Hierfür war der Kläger beweisbelastet. Der Sachverhalt steht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen M. vom 22.03.2012, welches für das amtsgerichtliche Verfahren (AG Aachen 115 C 419/10) zum identischen Sachverhalt eingeholt wurde. Das Gutachten konnte im hiesigen Verfahren Verwendung finden gemäß § 411a ZPO. Die im vorliegenden Verfahren beim Kläger liegende Beweislast ändert hieran nichts.

Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass aus den Schäden an der linken vorderen Ecke des klägerischen Pkw mit äußerster Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden kann, dass der Pkw des Klägers im Unfallzeitpunkt stand. Hierfür sprach die Lage des Splitterfeldes und dessen Ausprägung. Eine rechnergestützte Simulation anhand der verfügbaren Materailien ergab einen Ablauf, der sowohl mit den Schäden an der linken vorderen Ecke des klägerischen Fahrzeuges als auch mit dem Splitterabwurf konform ist.

Soweit beim Sachverständigen geringe Restzweifel hinsichtlich eines langsamen Vorwärtsfahrens des Klägers verblieben, waren diese maßgeblich der Tatsache geschuldet, dass die Beklagten im amtsgerichtlichen Verfahren – trotz mehrfacher Aufforderung – keine Dokumentation zum Schadensverlauf am Beklagtenfahrzeug in das Verfahren eingebracht haben. Dieser Obliegenheitsverletzung wurde, obwohl sie auch für das vorliegende Verfahren von vornherein bekannt war, nicht durch entsprechenden Sachvortrag begegnet.

Eine Vernehmung der Zeugin W. , der Lebensgefährtin des Beklagten zu 1), war nicht erforderlich. Ihre Vernehmung erfolgte bereits im Prozess vor dem Amtsgericht Aachen. Diese konnte als Urkunde in den hiesigen Prozess eingeführt werden, § 415 ZPO. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme des amtsgerichtlichen Verfahrens, war sie aus einer Reihe von Zeugen die Einzige, die im vorliegenden Prozess voraussichtlich die Beklagtenversion hätte bestätigen können. Auch für den Fall einer entsprechenden Bestätigung wäre die Vernehmung der Zeugin nicht geeignet gewesen, ein anderes Verfahrensergebnis zu zeitigen. Die Aussage, der als dessen Freundin deutlich im Lager des Beklagten zu 1) stehenden Zeugin, war dem Sachverständigen im amtsgerichtlichen Verfahren bekannt und hat bei dessen Gutachtenerstellung Berücksichtigung gefunden. Sie war im Ergebnis nicht mit den wohl begründeten Feststellungen des Sachverständigen in Einklang zu bringen.

II.

lm Hinblick auf die Schadenshöhe gilt das Folgende:

Die Kosten der Erstellung des Gutachtens in Höhe von 400,96 EUR waren als erforderliche Kosten der Schadensfeststellung anzusehen, § 249 BGB (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, § 249, Rdn. 58).

Dies galt allerdings nicht für die geltend gemachten Vollstreckungskosten in Höhe von 179,09 EUR, die dem Kläger bei der Beitreibung der Kosten des Gutachtens durch den Gerichtsvollzieher entstanden sind. Denn es nicht mehr vom Schutzzweck der Norm des § 7 StVG gedeckt, die Kosten eines Vollstreckungsverfahren für die Beitreibung von Schadensfeststellungskosten mit zu ersetzen. Diese sind ausschließlich der Risikosphäre des Klägers zuzuordnen.

Der Kläger kann dagegen grundsätzlich Ersatz der entgangenen Gebrauchsvorteile des unfallbeschädigten PKW für 565 Tage verlangen. Durch die Beschädigung des Fahrzeuges wurde dem Kläger für diesen Zeitraum (beginnend mit dem 12.10.2010) die Nutzungsmöglichkeit entzogen, weil die Begutachtung die fehlende Verkehrstauglichkeit ergeben hat. Der Kläger hatte auch den erforderlichen Nutzungswillen, der zugunsten eines Fahrzeugshalters ohnehin vermutet werden kann. Soweit die Beklagten einwenden, dass die erst nach einem halben Jahr erfolgte Begutachtung das Vorliegen eines Nutzungswillens widerlege, ist dem zweierlei entgegenzuhalten: Die Begründung, wirtschaftlich nicht zur Begutachtung in der Lage zu sein war nachvollziehbar und hat sich letztlich auch im Tätigwerden eines Gerichtsvollziehers realisiert. Der Kläger hat zudem Anstrengungen dargelegt, die Begutachtung im Kreditwege zu bewerkstelligen. Die bis zur Begutachtung gleichwohl erfolgte Nutzung sprach dann ganz im Gegenteil für den bestehenden Nutzungswillen ab dem Zeitpunkt der erforderlichen Nutzungsunterlassung. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 07.01.2012 die Nutzung des beschädigten Pkw durch den Kläger für das erste halbe Jahr nach dem Unfall bestritten haben, war dieses Vorbringen als unsubstantiiert zu bewerten. Damit konnte dahin stehen, inwieweit das Vorbringen auch – wie klägerseitig gerügt – als verspätet zu bewerten gewesen wäre, weil eine Beweiserhebung über die seinerzeitige klägerische Nutzung den Rechtsstreit erheblich verzögert hätte, § 296 ZPO.

Die Höhe der entgangenen Gebrauchsvorteile war hier gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Danach ist es vertretbar, wie klägerseitig vorgetragen, die Schätzung auf Grundlage der so genannten Schwackeliste für Nutzungsausfälle vorzunehmen.

Ebenfalls war es sachgerecht dabei für ein Fahrzeug des Typs Ford Escort mit einer, Gesamtfahrleistung von ca. 150.000 km und einer Erstzulassung in 1998 von der untersten Fahrzeugkategorie auszugehen, wonach laut Kläger pro Nutzungstag 23,00 EUR in Ansatz zu bringen sind. Dasselbe Ergebnis ergibt sich aus der vom Gericht in Bezug genommenen Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch (siehe dazu auch Palandt/Grüneberg, § 249, Rdn. 44), unterste Kategorie, in ihrer aktuellen Fassung zum Nutzungsausfallschaden.

Eine Kürzung wegen Mitverschuldens, § 254 BGB muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Der Geschädigte Kläger hat bei der Beklagten zu 2) unverzüglich die Regulierung angemeldet und in der Folge auf das steigende Kostenrisiko wegen der Unmöglichkeit der Ersatzbeschaffung hingewiesen, vgl. zum Ganzen Palandt/Grüneberg, § 254 Rdn. 43. Erhält der Geschädigte trotz Mahnung keinen Vorschuss, kann ihm die Verzögerung nicht zum Nachteil gereichen, wenn – wie hier – substantiiert dargelegt ist, dass eine erforderliche Ersatzbeschaffung weder aus Eigen- noch aus Fremdmitteln möglich war. Damit war hier zugrunde zu legen, dass eine Ersatzbeschaffung vollständig ausgeschlossen war.

Der Anspruch auf Freistellung der zur außergerichtlichen Rechtsverfolgung erforderlichen und nicht bezahlten Rechtsanwaltskosten besteht aus Verzugsgesichtspunkten gemäß § 286 Abs. 1 BGB bei einer 1,3 Geschäftsgebühr auf einen Streitwert von 14.980,05 EUR (bis 16.000,00 EUR) in Höhe von 735,80 EUR zuzüglich 20,00 EUR Pauschale zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, also gesamt 899,40 EUR.

Die jeweiligen Zinsansprüche sind aus §§ 286, 288 Abs. 1 S. 2 BGB begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 S. 1 u. 2 ZPO.

Streitwert: 14.980,05 EUR

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7 Antworten zu LG Aachen verurteilt Versicherer zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für 565 Tage und zur Zahlung der Sachverständigenkosten mit Urteil vom 16.2.2013 -11 O 189/12-.

  1. Rudolf Kirchrode sagt:

    Da hat sich die Regulierungsverweigerung durch die Versicherung nicht ausgezahlt. Hätte sie rechtzeitig reguliert, wäre dieses hohe Nutzungsausfall nicht entstanden. Vielmehr ist dieses Urteil wieder ein Beweis dafür, wie zu Lasten der Versiochertengemeinschaft versicherungsorientiertes Handeln durchgesetzt werden soll. Der Schuss ist nach hinten losgegangen.

    Die Kosten des Gerichtsvollziehers sind Schäden des Geschädigten aufgrund des Verzuges der Versicherung. Über die Regeln des Verzugsschadens hätten diese auch dem Geschädigten zugesprochen werden müssen. Insoweit ist m.E. das Urteil falsch.

    Bei einem freien qualifizierten Kfz-Sachverständigen wäre das vermutlich nicht passiert, dass dieser seinen Kunden, der wegen seiner finanziellen Situation nunmehr in der Klemme saß, gerichtlich und vollstreckungsmäßig in Anspruch nahm. Aber bei der DEKRA ist das offenbar auch üblich. Bei den freien Sachverständigen kann man über so eine Situation auch mal reden. Deshalb ist es besser, einen qualifizierten freien Sachverständigen als eine große Sachverständigenorganisation zu beauftragen.

  2. virus sagt:

    „Der Beklagte hat für den Unfallhergang Beweis angeboten durch Vernehmung der Zeugin W.“

    Sollte die Unfallverursacherin auf Wunsch ihrer Versicherung wider besserem Wissen behaupten, dass der Geschädigte sein Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision bewegte, obwohl dieses stand?

    Lügen haben nach diesem Urteil also nicht nur kurze Beine, immer mal wieder wird es wie hier zu recht richtig teuer.

  3. Rudolf Kirchrode sagt:

    @ virus

    Die Vernehmung der Zeugin war gem. § 415 ZPO entbehrlich, da sie bereits im Zivilprozess umgekehrten Rubrums ausgesagt hatte und das Gericht die Parallelakte beigezogen hatte.
    Was sollte sie auch anderes sagen als das, was sie bereits ausgesagt hat?
    Damit musste eine wiederholte Aussage aus prozessökonomischen Gründen nicht durchgeführt werden.

  4. virus sagt:

    @ Rudolf Kirchrode
    „Was sollte sie auch anderes sagen als das, was sie bereits ausgesagt hat?“
    …. die Wahrheit?

    DIE WAHRHEIT!!! – da sie augenscheinlich – auf Wunsch der Rechtsvertretung ihres Versicherers? – es zuvor mit dieser nicht so genau nahm!

  5. Rudolf kirchrode sagt:

    @ virus

    Dass die Zeugin W, die Lebensgefährtin des Beklagten zu 1., die Unwahrheit gesagt hat, ist meines Erachtens aus dem Tatbestand und aus den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen. Dass aber Zeugen eines Verkehrsunfalles durchaus andere Sichtweiten haben und damit zu anderen Aussagen kommen, haben schon wiederhol,t wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt. Selbst wenn die Zeugin W. im Zivilverfahren umgekehrten Rubrums die Einzige war, die das Unfallgeschehen anders gesehen hat als die anderen Zeugen, bedeutet das doch nicht, dass sie die Unwahrheit gesagt hat. Sie hat einfach den Unfall aus anderer Sicht gesehen.

    Unabhängig von dieser Frage konnte das Gericht auf eine erneute Vernehmung verzichten, denn es lag bereits die gerichtliche Zeugenvernehmung der W. vor.

    Ob sie augenscheinlich auf Wunsch der Rechtsvertretung des Haftpflichtversicherers eine Falschaussage getroffen hat, dafür gibt es keine Beweise. Es ist eine reine Vermutung von Ihnen.

    Selbst wenn die Zeugin noch einmal ausgesagt hätte, wären vermutlich bei dem Gericht die bestehenden Bedenken hinsichtlich dieser Aussage (persönliche Nähe, Interesse am Ausgang des Verfahrens usw.) geblieben. Die anderen Zeugen hatten übereinstimmend anders ausgesagt. Die Beklagten wären daher nach wie vor beweisbelastet geblieben mit ihrem Vortrag.

  6. RA Schepers sagt:

    @ virus

    Jeder Zeuge hat eine eigene Wahrnehmung, insbesondere bei einem plötzlichen und unerwarteten Ereignis (Unfall). Hinzu kommt, daß die Erinnerung ab und an trügt. Dadurch kommt es bei Verkehrsunfallen immer wieder zu sich widersprechenden Schilderungen. Ein Beispiel aus der Praxis:

    Die Klägerin sagt, sie ist an der Grundstücksausfahrt bis zur Straße herangefahren, hat dann angehalten. Auf der Straße kam ein Bus, der machte einen kleinen Schwenker nach rechts und touchierte deshalb ihre PKW-Front mit der Seite.

    Der beklagte Busfahrer sagt, er ist ganz normal die Straße entlang gefahren, als der Klägerin von der Grundstücksausfahrt etwas in die Straße einfuhr gerade in dem Moment, in dem der Bus vor dem PKW war. Dadurch geriet die PKW-Front an die Seite des Busses.

    Der unabhängige Zeuge, der keinerlei Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, und im Bus saß, sagt, der PKW sei rückwärts aus der Einfahrt auf die Straße gefahren, als der Bus vorbei fuhr.

    Wer hat gelogen?

    Keiner!

    Alle drei haben es nach ihrer Erinnerung genau so wahr genommen, wie sie es geschildert haben.

    Objektiv richtig war die Schilderung des beklagten Busfahrers. Das ergab das gerichtlich bestellte Unfallrekonstruktionsgutachten.

  7. Ra Imhof sagt:

    Das LG sieht die Anspruchsgrundlage für die RA-Kosten in § 286 BGB.
    Das ist sehr falsch!
    Anspruchsgrundlage für die Erstattung der RA-Kosten ist §7 StVG i.V.m. §249 BGB.
    Ebenso falsch ist hier die Zuerkennung eines Freistellungsanspruches.
    Der Schadensersatzschuldner hat vorgerichtlich doch wohl die gesamte Regulierung-auch der RA-Kosten- abgelehnt.
    Dann wandelt sich aber der Freistellungsanspruch in einen Geldanspruch,§250 S. 2 BGB.
    Eine nochmalige Fristsetzung ist bei einem solchen Schuldnerverhalten entbehrlich,
    vgl. BGH NJW 92,2222.

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