LG Duisburg entscheidet mit kritisch zu betrachtender Begründung zur fiktiven Schadensabrechnung und zur Betriebsgefahr der unfallbeteiligten Fahrzeuge mit Urteil vom 10.6.2013 – 3 O 405/12 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend geben wir Euch ein Fiktivabrechner-Urteil des Landgericht Duisburg vom 10.6.2013 – 3 O 405/12 – bekannt. Das Gericht hatte zu entscheiden über die Haftung, die jeweiligen Betriebsgefahren sowie über fiktive Verbringungs- und Ersatzteilpreisaufschläge und die Anwaltskosten. Zumindest hinsichtlich der Begründung der Abweisung der Schadensersatzansprüche auf (fiktive) Erstattung der Verbringungskosten und EPE-Zuschläge ist dem Gericht die Literatur des Wellner Seite 110 anempfohlen. Sicherlich können Verbringungskosten und Ersatzteilzuschläge auch erstattungsfähig sein, auch wenn sie bisher noch nicht entstanden sind. Auch die Reparaturkosten wurden vom Gericht zugesprochen, obwohl die Reparatur nicht erfolgt ist. Hier hat das Gericht die fiktive Schadensabrechnung völlig widersinnig behandelt.   Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

LANDGERICHT DUISBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

3 O 405/12                                                                     Verkündet am 10.06.2013

In dem Rechtssreit

1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner € 3.898,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.01.2013 (Beklagte zu 1) bzw. seit dem 22.01.2013 (Beklagte zu 2) zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von den vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten des Rechtsanwalts L in Höhe von € 402,82 € freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 3/4 als Gesamtschuldner. Die Übrigen Kosten trägt die Klägerin.

 

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 05.10.2012 auf der X-straße in P ereignet hat.

Ein Mitarbeiter der Klägerin, Herr N, parkte den Wagen der Klägerin am Tag des Unfalls ordnungsgemäß am rechten Fahrbahnrand der X-straße. Während er seine Tochter in den Kindersitz setzte, fuhr die Beklagte zu 1 mit dem von ihr geführten Fahrzeug, das bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, gegen die geöffnete Tür des klägerischen Fahrzeugs.

Die Klägerin forderte die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 22.10.2012 unter Fristsetzung bis zum 01.11.2012 erfolglos zur Regulierung des Schadens auf.

Die Klägerin macht vorliegend folgenden Schaden geltend:

Sachschaden in Höhe von 4.221,88 €

Kosten für ein Sachverständigengutachten in Höhe von 464,89 €

Wertminderung in Höhe von 450,00 €

Allgemeine Unfallkostenpauschale in Höhe von 25,00 €

Wegen näherer Einzelheiten wird auf die Klageschrift und die dort aufgeführten Anlagen Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, dass sich Herr N vor dem Öffnen der Fahrzeugtür vergewissert habe, ob Verkehr nahte. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Beklagte zu 1) habe es dagegen an der erforderlichen Aufmerksamkeit vermissen lassen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner 5.161,77 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Tage der Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner 459,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Tage der Rechtshängigkeit an außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, dass die Beklagte zu 1) eine geöffnete Fahrzeugtür beim Einbiegen in die X-straße nicht wahrgenommen habe. Die Beklagte zu 1) habe nach dem Abbiegen nach links und dann nach rechts geschaut, bevor sie plötzlich die geöffnete Fahrzeugtür erblickt habe.

Sie bestreiten, dass die geltend gemachte Honorarnote von der Klägerin beglichen worden sei.

Sie sind der Ansicht, dass der Unfall für die Beklagte zu 1) unabwendbar gewesen sei, da sie mit dem plötzlichen Öffnen der Tür nicht habe rechnen müssen. Im Übrigen seien die von der Klägerseite geltend gemachten Aufschläge für das Invorrathalten von Ersatzteilen in Höhe von 160,41 € und die geltend gemachten Verbringungskosten in Höhe von 128,00 € nicht zu erstatten.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 08.04.2013 Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13.05.2013 Bezug genommen. Die Klage ist der Beklagten zu 1) am 19.01.2013 und der Beklagten zu 2) am 21.01.2013 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 3.898,69 € als Gesamtschuldner (I.) und einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 402,82 € (II.). Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 3.898,69 € als Gesamtschuldner. Der Anspruch gegen die Beklagte zu 1) ergibt sich aus §§ 18 Abs. 1, 7 Abs. 1 StVG und gegen die Beklagte zu 2) aus § 115 Abs. 1 VVG i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG.

Der mit der Klage geltend gemachte, aus dem Unfall vom 05.10.2012 resultierende Schaden der Klägerin ist bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs, dessen Fahrerin die Beklagte zu 1) war und der bei der Beklagten zu 2) versichert ist, verursacht worden. Ein die Haftung ausschließendes unabwendbares Ereignis bzw. höhere Gewalt lagen nicht vor.

Die gemäß §§ 17 Abs. 1, 18 StVG gebotene Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrzeugführer führt zu dem Ergebnis, dass die Beklagten den geltend gemachten Schaden der Klägerin, ausgenommen die geltend gemachten Verbringungskosten und geltend gemachten Zuschläge für Ersatzteile, nach einer Quote von 4/5 zu ersetzen haben.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Beklagte zu 1) leicht fahrlässig gegen das Rücksichtnahmegebot gemäß § 1 Abs. 2 StVO verstoßen hat, so dass eine Erhöhung der Betriebsgefahr des von ihr geführten Fahrzeugs vorzunehmen war. Die Beklagte hat sowohl den Zeugen N als auch die offene Fahrzeugtür aus Unachtsamkeit nicht wahrgenommen, so dass sie ihren Wagen nicht rechtzeitig vor dem Hindernis (offene Fahrzeugtür) zum Stehen bringen konnte.

Die Beklagte zu 1) hat bei ihrer persönlichen Anhörung angegeben, dass der Zeuge N zum Zeitpunkt des Unfalls in der Tür des klägerischen Fahrzeugs gestanden habe, das zwei Wagenlängen hinter der Kurve geparkt gewesen sei. Seine Tochter habe sich bereits auf dem Rücksitz befunden. Sie selbst sei mit Schrittgeschwindigkeit um die Kurve gefahren. Als sie um die Ecke gekommen sei, habe sie keine offene Tür gesehen, ausschließen könne sie das aber nicht.

Der Zeuge N hat ausgesagt, dass er sich vor dem Öffnen der Fahrzeugtür vergewissert habe, ob Verkehr nahte, was nicht der Fall gewesen sei. Er habe die Tür komplett geöffnet, so dass kein Auto mehr habe vorbeifahren können. Während des Anschnallens seiner Tochter habe er ein Fahrzeug gehört, es habe dann aber sofort gekracht.

Schon allein aus der Aussage der Beklagten zu 1) ergibt sich, dass der Zeuge N auf der Straße gestanden und die hintere linke Fahrzeugtür des Wagens bereits offen gewesen sein muss, als die Beklagte zu 1) in die X-straße einbog. In der Zeit, in der die Beklagte den Weg von der Kurve I-straße/X-straße bis zum Unfallort zurücklegte, nach Aussage der Beklagten zu 1) zwei Wagenlängen und nach dem Zeugen N zehn Meter, kann der Zeuge N nicht mit seiner Tochter auf dem Arm zur Fahrerseite gerannt sein, die Tür geöffnet und seine Tochter auf den Rücksitz gesetzt haben, ohne dass die Beklagte zu 1) diesen Vorgang wahrgenommen hätte. Das Betreten der Fahrbahn, Öffnen der Tür und Anschnallen der Tochter wird jedenfalls wesentlich länger gedauert haben als die Fahrt der Klägerin zu 1) vom Beginn der X-straße bis zum Unfallort. Wenn der Zeuge N aber zum Unfallzeitpunkt vor der offenen Fahrzeugtür auf der Straße stand, dann stand er dort auch in dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte zu 1) auf die X-straße einbog, wäre mithin für die Beklagte zu 1) sichtbar gewesen.

Hätte die Beklagte zu 1) den Zeugen beim Einbiegen in die X-straße pflichtgemäß wahrgenommen, wäre es ihr angesichts der von ihr eingeräumten Geschwindigkeit (Schrittgeschwindigkeit) auch trotz der kurzen Distanz zwischen Beginn der X-straße und dem Unfallort möglich gewesen, ihr Fahrzeug rechtzeitig zu stoppen, so dass sie den Unfall weitüberwiegend zu verantworten hat. Bei Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 15 km/h, die Schrittgeschwindigkeit beträgt nach allgemeinem Sprachgebrauch jedenfalls deutlich weniger als 20 km/h (vgl. Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage 2009, § 42 StVO, Rn. 181), einer normalen Reaktionszeit von einer Sekunde und einer durchschnittlichen Bremsverzögerung von 6.5 m/s², hätte die Beklagte zu 1) ihren Wagen innerhalb von weniger als sechs Meter zum Stillstand bringen können (vgl. Bremswegrechner auf www.bremswegrechner.auto-und-verkehr.de).

Bei der Abwägung gemäß § 17 StVO muss aber ebenfalls die von dem Pkw der Klägerin ausgehende Betriebsgefahr in Anschlag gebracht werden, da auch sie gemäß § 7 Abs. 1 StVG für den Unfall haftet. Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden ist bei Betrieb ihres Fahrzeugs verursacht worden. Dass das Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand abgestellt war, beendet nicht dessen Betrieb. Für das Verständnis dieses Begriffs ist die normative Beurteilung maßgeblich (vgl. BGHZ 29, 163). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob sich das Fahrzeug in Bewegung befindet oder sein Motor eingeschaltet ist. Auch ein abgestelltes Fahrzeug ist in Betrieb gemäß § 7 StVG, wenn es sich auf einer öffentlichen Verkehrsfläche befindet oder auf eine solche einwirkt, was vorliegend der Fall war (vgl. Greger, StVG, 2. Aufl., § 7 Rn. 35).

Ein die Haftung ausschließendes unabwendbares Ereignis bzw. höhere Gewalt lagen nicht vor. Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der Unfall für den Zeugen N, der das Fahrzeug der Klägerin zum Unfallzeitpunkt führte und dessen Verhalten ihr zugerechnet wird, unvermeidbar war, denn der Zeuge konnte und musste den Fahrzeugverkehr auf der Fahrbahn beobachten und sicherstellen, dass nicht durch die in die Fahrbahn ragende Tür ein Anstoß verursacht wurde. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass ein Idealfahrer, der jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet hätte, den Unfall nicht durch sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln hätte verhindern können. Ein Solcher hätte beispielsweise sein Kind von der Beifahrerseite ins Auto gesetzt, so dass es von vorneherein nicht zu einer Gefährdung des Verkehrs hätte kommen können.

Die von dem klägerischen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr ist vorliegend nicht erhöht. Der Klägerin fällt kein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung zur Last, da der Zeuge N das klägerische Fahrzeug ordnungsgemäß auf der X-straße abgestellt hatte und der Zeuge den die Klägerin treffenden Beweis des ersten Anscheins im Hinblick auf einen Verstoß gegen § 14 Abs. 1 StVG entkräftet hat.

Nach § 14 Abs. 1 StVG muss sich derjenige, der ein- oder aussteigt, so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer für die gesamte Dauer eines Ein- oder Aussteigevorgangs ausgeschlossen ist. Wird beim Ein- oder Aussteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt, so spricht der erste Anschein für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- oder Aussteigenden (BGH, Urteil vom 06.10.2009, Az.: VI ZR 316/08).

Nach der Aussage des Zeugen, hat sich dieser, bevor er sich auf die Fahrerseite begab, vergewissert, ob Verkehr nahte, so dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu diesem Zeitpunkt mangels Verkehr ausgeschlossen war. Anhaltspunkte an der Glaubhaftigkeit der Aussage zu Zweifeln sind nicht ersichtlich, da selbst die Beklagtenvertreterin die Aussage unstreitig gestellt hat. Zum Zeitpunkt des Unfalls selbst war dem Zeugen nach Ansicht des Gerichts keine Reaktion dergestalt mehr möglich, den Unfall zu verhindern, da sich der Unfall sofort nach der Wahrnehmung eines Autos durch den Zeugen N ereignete und sich nicht im Vorfeld ankündigte. Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft, da angesichts der Geschwindigkeit der Beklagten zu 1) (Schrittgeschwindigkeit) und des Unfallortes, mitten in P, davon auszugehen ist, dass der Zeuge das Fahrzeug der Beklagten nicht rechtzeitig akustisch wahrnehmen konnte.

Dem Zeugen N ist im Übrigen nicht vorzuwerfen, dass er seine Tochter von der Fahrer- und nicht etwa von der Beifahrerseite in den Kindersitz setzte. Insoweit ist neben den praktischen Problemen, die der Zeuge entsprechend den Ausführungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen schildert (vgl. Urteil vom 29.05.2008, Az.: 2 U 19/08), zu beachten, dass § 14 Abs. 1 StVG das Öffnen der Fahrzeugtüren auf der Fahrer- bzw. auf der verkehrszugewandten Seite nicht verbietet. Der Zeuge musste auch nicht darauf verzichten, seine Tochter von der Fahrerseite ins Auto zu setzten, da beim Öffnen der Tür kein Verkehr nahte.

Die vom klägerischen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr tritt aber nicht vollständig hinter das Verschulden der Beklagten zu 1) zurück, da dieser angesichts der kurzen Wegstrecke vom Beginn der X-straße bis zum Unfallort nur ein leicht fahrlässiger Vorwurf zur Last fällt und der Zeuge aufgrund seines Verhaltens (vollständiges Öffnen der hinteren linken Fahrzeugtür) ein Verkehrshindernis bereitet hat, dass es der Beklagten zu 1) nach Aussage des Zeugen unmöglich machte, sein Fahrzeug unfallfrei zu passieren. Es erscheint allerdings verständlich und jedenfalls nicht verwerflich, dass er davon ausging, ein sich näherndes Kraftfahrzeug werde die sichtbare, in die Fahrbahn ragende Tür erkennen und sich darauf und die davon ausgehende Unfallgefahr einstellen (vgl. OLG Bremen, Urteil vom 29.05.2008, Az.: 2 U 19/08).

Die Klägerin hat durch den Unfall einen Schaden in Höhe von 4.873,36 € gemäß § 249 BGB erlitten. Dieser setzt sich nach ihrem unbestrittenen Vortrag aus einer Wertminderung des Fahrzeugs in Höhe von 450,00 €, Sachverständigenkosten in Höhe von 464,89 € und einem Sachschaden in Höhe von 3.933,47 € zusammen. Hinzu kommt eine anrechenbare Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 € (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Auflage 2010, § 249, Rn. 79).

Soweit die Klägerin einen höheren Sachschaden geltend macht, war die Klage abzuweisen, weil sowohl die ausweislich des E1-Gutachtens geltend gemachten Ersatzteilzuschläge als auch die Fahrzeugverbringungskosten nicht ersatzfähig sind.

Die im Sachverständigengutachten veranschlagten (fiktiven) Verbringungskosten sind nicht ersatzfähig, weil eine sach- und fachgerechte Fahrzeugreparatur nicht zwangsläufig die Verbringung zu einer anderen Fachwerkstatt erfordert (vgl. LG Duisburg, Urteil vom 06.02.1998, Az.: 24 S 350/97). Allein die Tatsache, dass nicht jede Reparaturwerkstatt über eine eigene Lackiererei verfügt, ist kein hinreichender Grund anzunehmen, dass solche Kosten konkret aufgewendet werden müssten (OLG Nürnberg, Urteil vom 24.08.2000, Az.: 8 U 682/00). Zwingende Gründe für eine Verbringung hat die Klägerin jedenfalls nicht angeführt.

Die im Gutachten aufgeführten Ersatzteilzuschläge sind ebenso wenig ersatzfähig, da die Vertragswerkstätten der Autofirmen in der Regel die von diesen empfohlenen Richtpreise für Ersatzteile einhalten (LG Duisburg, Urteil vom 06.02.1998, Az.: 24 S 350/97; vgl. auch OLG Nürnberg, Urteil vom 24.08.2000, Az.: 8 U 682/00). Anhaltspunkte für eine Ausnahme von der Regel sind von der Klägerin nicht vorgetragen worden.

Unter Berücksichtigung der Schadensquote von 4/5 steht der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagten in Höhe von 3.898,69 € zu.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

II.

Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu, da sie nicht bewiesen hat, dass sie die Gebühren beglichen, mithin einen dahingehenden Schaden erlitten hat (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 14.10.2005, Az.: 9 S 177/05). Insoweit steht ihr aus den unter I.) genannten Gründen nur ein Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 €, ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 3.898,69 €, zu (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Auflage 2010, § 249, Rn. 4). Hinsichtlich dieses Anspruchs konnten die Beklagten gemäß § 308 ZPO verurteilt werden, da es sich um ein in dem beantragten „Mehr“ steckendes „Weniger“ handelt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage 2009, § 308, Rn. 4).

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es unerheblich, dass der anwaltliche Honoraranspruch gemäß § 10 RVG erst einforderbar ist, wenn der Anwalt dem Mandanten eine Gebührenrechnung erteilt hat. Daraus folgt nicht, dass der Kläger nicht schon vorher Freistellung von dieser Forderung verlangen kann, denn der Befreiungsanspruch ergibt sich bereits aus der Schadensersatzpflicht und wird sofort fällig, auch wenn die Forderung, von der zu befreien ist, noch nicht fällig ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage 2012, § 257 Rn. 1).

Mangels Verzug mit einem Zahlungsanspruch stehen der Klägerin keine Zinsen zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 4 S. 1 ZPO.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht für die Klägerin auf § 709 ZPO und für die Beklagten auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 5.161,77 €

Urteilsliste “fiktive Abrechnung u. SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu LG Duisburg entscheidet mit kritisch zu betrachtender Begründung zur fiktiven Schadensabrechnung und zur Betriebsgefahr der unfallbeteiligten Fahrzeuge mit Urteil vom 10.6.2013 – 3 O 405/12 -.

  1. Gottlob Häberle sagt:

    „Die im Sachverständigengutachten veranschlagten (fiktiven) Verbringungskosten sind nicht ersatzfähig…“ weiter „Allein die Tatsache, dass nicht jede Reparaturwerkstatt über eine eigene Lackiererei verfügt, ist kein hinreichender Grund anzunehmen, dass solche Kosten konkret aufgewendet werden müssten“.
    So so. Fliegt die Lufthansa mittlerweile kostenlos Fahrzeuge von Karosseriewerkstätten in die Lackierung?

    „Zwingende Gründe für eine Verbringung hat die Klägerin jedenfalls nicht angeführt“.
    Doch liebes Gericht. Die Anhaltspunkte sind mit Gutachten vorgetragen, da die Verbringung wohl regelmäßig von der Werkstatt berechnet wird – ansonsten hätte der SV fehllerhaft ermittelt.
    SV-Haftung?

    „Die im Gutachten aufgeführten Ersatzteilzuschläge sind ebenso wenig ersatzfähig…“ weiter
    „Anhaltspunkte für eine Ausnahme von der Regel sind von der Klägerin nicht vorgetragen worden“.

    Doch liebes Gericht. Die Anhaltspunkte sind mit Gutachten vorgetragen, da die Aufschläge wohl regelmäßig von der Werkstatt berechnet werden – ansonsten hätte der SV fehllerhaft ermittelt.
    SV-Haftung?

    Diesbezüglich gilt: Setzen – sechs

  2. Babelfisch sagt:

    Der BGH (VI ZR 69/12 vom 19.02.2013) hat bereits entschieden, dass die verschiedenen Schadensersatzansprüche nicht danach unterschieden werden können, ob sie anfallen oder nicht (am konkreten Beispiel von Sozialabgaben bei fiktiven Stundensätzen).

    Dies muss ebenso für Verbringungskosten und UPE-Zuschläge gelten.

    Nachsitzen für das LG Duisburg!

  3. Glöckchen sagt:

    der 2014 er Palandt hat seine frühere falsche Meinung zu diesem Punkt geändert.
    Wer hat das wohl befördert?
    Klingelingelingelts?

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