LG Karlsruhe verurteilt HDI Versicherung in der Berufung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 24.04.2009 (9 S 311/08) hat das LG Karlsruhe die HDI Firmen- und Privat Versicherung  AG in der Berufung  zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.663,73 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Er­folg.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 1.663,73 EUR zu.

Nach ständiger Rechsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH VersR 2007, 516, 517; VersR 2007, 1144; VersR 2008, 699, 700). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann.

Im vorliegenden Fall trägt der Kläger keine Tatsachen vor, aufgrund derer sich die Er­forderlichkeit eines Unfallersatztarifes im Sinne von § 249 BGB ergäbe. Von der be­triebswirtschaftlichen Berechtigung eines Unfallersatztarifs wäre auszugehen, wenn die Besonderheiten des Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa Vorfinanzierung, das Risiko des Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen) einen ge­genüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die Besonderheiten der Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Derartige Be­sonderheiten sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Ausweislich der zu den Akten gereichten Mietwagenrechnung vom 16.04.2007 waren die Mietwagenkosten sogleich nach Erhalt der Rechnung fällig. Eine Kreditierung lag somit lediglich für die Zeit zwischen Anmietung und Rechnungstellung vor, wobei letztere bereits am Tag der Fahrzeugrückgabe erfolgte. Eine wesentliche, bei der Preisgestaltung ins Gewicht fallende unfallspezifische Leistung, die einen Aufschlag auf den „Normaltarif* begründen könnte, kann darin nicht gesehen werden. Nichts anderes ergibt sich vorliegend aus der Anmietung des Ersatzfahrzeugs außerhalb der Öffnungszeiten. Unabhängig davon, ob hierin eine besondere, unfallspezifische Leistung zu sehen wäre, kann ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif“ hierauf schon deshalb nicht gestützt werden, da der ent­sprechende Mehraufwand dem Kläger bereits mit einem konkreten Betrag in Höhe von – brutto – 64,00 EUR in Rechnung gestellt worden ist. Mangels anderweitiger Anhalts­punkte ist davon auszugehen, dass dieser Betrag den zusätzlichen betriebswirtschaftli­chen Aufwand insoweit zutreffend berücksichtigt. Sonstige unfallspezifische Leistungen sind vorliegend weder ersichtlich noch vorgetragen.

Für die Bemessung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten ist vorliegend somit von dem sogenannten „Normaltarif“ ohne pauschalen Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrleistungen, allerdings unter Berücksichtigung des Nachtzuschlags auszugehen. Unabhängig davon, ob sich der Verkehrsunfall am xx.xx.2007 um etwa 13:30 Uhr oder um 15:00 Uhr bzw. 15:30 Uhr ereignet hat, ist davon auszugehen, dass nach der für den Abschleppvorgang unstreitig benötigten Zeitspanne von etwa 3 1  Stunden eine Anmie­tung nicht mehr innerhalb der üblichen Öffnungszeiten möglich war.

In ständiger Rechtsprechung hat die Kammer bisher zur Ermittlung des ortsüblichen Normaltarifs auf den Schwacke Automietpreisspiegel mit den darin berücksichtigten Langzeitabschlägen zurückgegriffen. Seine grundsätzliche Geeignetheit als Grundlage für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO hat der Bundesgerichtshof inzwischen in ver­schiedenen Entscheidungen bestätigt (vgl. BGH VersR 2006, 986, 987; BGH Urteil vom 12.06.2007 – VI ZR 161/06 -. Die Eignung von Listen und Tabellen bedarf im übrigen nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend ge­machte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH, Urteil vom 11.03.2007 – VI ZR 164/07 -). Solche konkreten Mängel hat die Beklagte hier nicht dar­gelegt. Allein die Benennung von fünf Mietwagenfirmen, die ein vergleichbares Ersatzfahrzeug zu einem Preis im Bereich von 1.487,50 EUR – brutto – vermietet hätten, vermag den Schwacke Automietpreisspiegel 2007 für den Postleitzahlenbereich 751 als Schätzgrundlage nicht in Frage zu stellen. Nach den Angaben im Schwacke Automiet­preisspiegel 2007 wäre eine Anmietung auch zum Minimalpreis von 355,00 EUR – brutto – pro Woche möglich gewesen. Für vier Wochen entspräche dies einem Preis von 1.420,00 EUR – brutto – zuzüglich Kosten der Haftungsbefreiung und sonstiger Neben­kosten.

Die Berücksichtigung eines höheren Langzeitabschlages kommt vorliegend auch im Hinblick auf die tatsächliche Anmietungszeit von 26 Tagen nicht in Betracht. Ausweislich des zu den Akten gereichten Schadensgutachtens des Ing.-Büros B. vom 23.03.2007 war mit einer voraussichtlichen Reparaturdauer von ca. 10 -12 Arbeitstagen zu rechnen. Vom Kläger konnte daher nicht erwartet werden, gleich zu Beginn einen Mietvertrag über eine Anmietungszeit von nahezu vier Wochen abzuschließen.

Auf die weitere Frage, ob es nunmehr andere geeignetere Schätzgrundlagen (z.B. Fraunhofer Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland) gibt, kommt es für die Entschei­dung des vorliegenden Rechtsstreits nicht an, da solche für den Zeitpunkt der Anmie­tung am 22.03.2007 noch nicht vorliegen.

Unter Heranziehung des Schwacke-Automietpreisspiegels 2007, ausgehend von einem Fahrzeug der Klasse 7 und dem PLZ-Gebiet 751 als Ort der Anmietung, errechnen sich für die Anmietungsdauer von 26 Tagen Mietwagenkosten im Normaltarif (Modus) wie folgt:

3 x Wochenpauschale 3 x 731,50 EUR =                   2.194,50 EUR

1 x Drei-Tages-Pauschale                                            399,00 EUR

2 x Ein-Tages-Pauschale 2 x 133,00 EUR =                 266,00 EUR

Zwischensumme                                                       2.859,50 EUR 

abzüglich

Eigenereparnisabzug 5 % von 2.859,50 EUR =         – 142,98 EUR

 Zwischensumme                                                      2.716,52 EUR

 zuzüglich

Haftungsreduzierung 3 x Wochenpauschale
3 x 156,00 EUR =                                                        468,00 EUR 

1 x Drei-Tages-Pauschale                                             78,00 EUR                         

2 x Ein-Tages-Pauschale  2 x 26,00 EUR =                   52,00 EUR

                                                                                   598,00 EUR

Navigationsgerät   lt. Schwacke  26 X 10,00 EUR =    260,00 EUR

maximal Rechnungsbetrag (brutto)                            113,05 EUR

Nachtzuschlag It. Schwacke                                         69,00 EUR

maximal Rechnungsbetrag (brutto)                              64,00 EUR

                                                                                3.401,57 EUR

abzüglich

von Beklagter bereits gezahlt                                 1.827.84 EUR

Rest                                                                       1.663,73 EUR

Da das beim Unfall geschädigte Fahrzeug des Klägers über ein Navigationsgerät ver­fügte, durfte der Kläger auch ein mit einem Navigationsgerät ausgestattetes Ersatzfahr­zeug anmieten. Dass bei Zurücklegen einer durchschnittlichen täglichen Fahrlelstung von ca. 50 km ein Navigationsgerät nicht erforderlich sei, kann so nicht festgestellt wer­den. Auch bei Fahrten im relativen Nahbereich muss die genaue Fahrtroute dem Fahrer keineswegs bekannt sein. Da der Kläger unfallbedingt auf den Komfort eines eigenen Navigationsgeräts in seinem unfallgeschädigten Fahrzeug verzichten musste, durfte er auf Kosten des Unfallverursachers bzw. dessen Haftpflichtversicherung gegen entspre­chenden Aufpreis ein Fahrzeug anmieten, das ihm einen entsprechenden Komfort bei der Fahrtroutensuche bot.

Soweit das LG Karsruhe.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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