LG Landau verurteilt in der Berufung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 28.11.2008 (3 S 18/08) hat das LG Landau die Berufung der Beklagten gegen ein erstinstanzliches Urteil des AG Landau weitestgehend zurückgewiesen. Auch das LG Landau gibt der Schwacke-Liste eindeutig den Vorzug gegenüber der Fraunhofer Tabelle.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Berufung der Beklagten führt in der Sache lediglich zu einem Teilerfolg.

Die Klägerin kann von den Beklagten restliche Mietwagenkosten aus abgetretenem Recht nach Maßgabe der §§ 7 Abs. 1 StVG, 398 BGB in Höhe von 581,12 € verlangen. Der objektiv erforderliche Kostenaufwand im Sinne des § 243 BGB beträgt im vorliegenden Fall 1.095,20 €, so dass nach Abzug der vorprozessual geleisteten Zahlung in Höhe von 514,08 € ein erstattungsfähiger Betrag von 581,12 € verbleibt.

Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH (vgl. VersR 2005, 850) ist der Unfallersatztarif als erforderlicher Aufwand zur Schadensbeseitigung zu qualifizieren, wenn die Besonderheiten dieses Tarifs einen gegenüber dem  Normaltarif höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen. Im Rahmen der Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifs ist es nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.06.2007, AZ VI ZR 161/06) nicht erforderlich, die Kalkulation des konkreten Unternehmens nachzuvollziehen; vielmehr kann sich die Prüfung im Lichte des § 287 ZPO darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung ein Unfallgeschädigter allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt. Aufgrund der Besonderheiten der Unfallsituation ist in der Regel ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich. Zu den durch die Unfallsituation besonderen Leistungen des Vermieters zählen solche, die bei der gebotenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung zu dem zur Beseitigung des Schadens erforderlichen Aufwand des Geschädigten gehören. Als rechtfertigende Gründe sind etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder den Kfz-Vermieter zu nennen (vgl. hierzu  BGH NJW 2006, 360), hinzu kommen weitere Risiko- und Kostenfaktoren bei der Vermietung von Unfallfahrzeugen wie etwa die Fahrzeug-Vorhaltung auch schlechter ausgelasteter Fahrzeuge, das Erfordernis der Einrichtung eines Notdienstes, erhöhte Kosten für die Zustellung und Abholung der Fahrzeuge, an Vermittler zu zahlende Provisionen, das Beschädigungsrisiko bei Fahrzeugen ohne Kreditkartensicherheit, das erhöhte Unterschlagungsrisiko, die Forderungsvorfinanzierung, das Risiko des Forderungsausfalls nach geänderter Bewertung der  Haftungsanteile des Kunden am Unfallgeschehen, der erhöhte Verwaltungsaufwand, das Erfordernis der Umsatzsteuervorfinanzierung (vgl. OLG Köln MZV 2007, 199 unter Bezugnahme auf  LG Bielefeld, Urteil vom 26.07.2006, AZ 21 S 290/04).

Soweit sich die Beklagten im einzelnen auf die Ergebnisse eines wissenschaftlichen Gutachtens der Universität Mannheim vom 13.08.1995 berufen, wonach sich nach Abwägung der Kostenvor- und Nachteile für das Unfallersatzgeschäft für dieses sogar ein „signifikanter Kostenvorteil“ ergeben soll, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die genannten in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze zu erschüttern; dies gilt jedenfalls vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 2.) ausweislich ihres Schreibens vom 24.04.2007 ihrer außergerichtlichen Abrechnungspraxis einen Mehraufwand im Unfallersatzgeschäft zugrunde legt und diesen angeblich mit einem Aufschlag von (sogar) 30 Prozent auf den Normaltarif bewertet.

Nach gefestigter Rechtsprechung der Kammer (die sich am Urteil des OLG Köln vom 02.03.2007, AZ. 19 U 181/06, orientiert), ist es gerechtfertigt, den Normaltarif um eine Pauschale von 20 Prozent zu erhöhen, um den besonderen betriebswirtschaftlichen Anforderungen an den Unfallersatztarif Rechnung zu tragen.

Zur Berechnung des Normaltarifs kann nach der Rechtsprechung des BGH der Schwacke-Mietpreisspiegel hinsichtlich des Postleitzahlengebiets des Geschädigten herangezogen werden (BGH NJW 2008,1519). Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass weitere Marktbetrachtungen neben der Schwacke-Liste erschienen sind – insbesondere eine solche des Fraunhofer Instituts – ist ihr Vorbringen nicht geeignet, die Anwendbarkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels infrage zu stellen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2008,1519). An einem dahingehenden konkreten Sachvortrag der Beklagten fehlt es hier; der Hinweis der Beklagten, dass nach der Erhebung des Frauhofer Instituts eine Anmietung für 4 Tage für einen Mietpreis von 334,69 € möglich gewesen sei, ist unbehelflich, da nicht nur die einzelnen Konditionen der Anmietung ungeklärt bleiben, sondern sich das Angebot ersichtlich nicht auf ein Fahrzeug der hier maßgeblichen Gruppe 8 bezieht.

Da der Geschädigte einen aus betriebswirtschaftlicher Sicht im Wesentlichen gerechtfertigten  Unfallersatztarif in Anspruch genommen hat, kommt es nicht darauf an, ob er durch Einholung von Alternativangeboten beim Marktkonkurrenten der Klägerin einen günstigeren Mietpreis hätte erlangen können. Daher ist es unschädlich, dass der Geschädigte Preisvergleiche bezüglich anderer Mietwagenunternehmer nicht eingeholt hat, obgleich ein besonderer Zeitdruck nicht bestanden hatte.

Des Weiteren können – die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Beklagten nicht einwenden, dass der Geschädigte gegen seine Schadensminderspflicht verstoßen habe, indem er die im Schreiben der Beklagten zu 2.) vom 27.02.2007 aufgelisteten Mietwagenpreise unberücksichtigt gelassen hat. Die Beklagten haben nicht dargelegt, dass dem Geschädigten einer der genannten Tarife nach den konkreten Umständen „ohne Weiteres“ zugänglich gewesen ist (vgl.zur diesbezüglichen Darlegungspflicht des Schädigers BGH NJW 2008, 2910). Offen bleibt insbesondere, ob die aufgelisteten Tarife im fraglichen Zeitpunkt für den Geschädigten erhältlich waren, ob entsprechende Fahrzeuge im Raum Landau/südliche Weinstraße vorgehalten wurden, ob sämtliche Nebenkosten mit abgegolten waren und ob die Tarife von einer Vorleistung des Mieters abhängig waren. 

Der verunfallte PKW des Geschädigten vom Typ BMW 330 CI ist in der Klasse 8 des Automietpreisspiegels einzuordnen; damit errechnet sich bezüglich dieses Fahrzeuges im Postleitzahlenbereich 768 bei einer Mietdauer von 4 Tagen mit Rücksicht auf den Modus (früher gewichtetes Mittel) des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 folgende erstattungsfähige Summe:

597,00 € als 3-Tage-Tarif zzgl. 199,00 € als Tagestarif; dies ergibt eine Summe von 796,00 € bezüglich derer ein Aufschlag von 20 Prozent vorzunehmen ist, so dass sich ein Betrag von 955,20 € ergibt, zu welchem die Haftungsfreistellungskosten in Höhe von 75,00 € zuzüglich 25,00 € sowie die Kosten für die Winterreifen in Höhe von 40,00 € hinzuzurechnen sind, so dass sich ein grundsätzlich erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 1.095,20 € in Ansatz zu bringen ist. Weitere Nebenkosten für Zustellungs- und Abholungskosten sind von der 20 Prozent-Pauschale abgedeckt. Nach Abzug der Beklagtenseits ausgeglichenen 514,08 € verbleibt der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 581,12 €.

Entsprechend der Erfolgsquote der Klage in Höhe von 89 Prozent waren auch die veranlagten  vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten zu kürzen.

Die Revision war nicht zuzulassen, das die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Soweit das LG Landau, dass auch noch einmal darauf hinweist, dass die von der Versicherung in einem Schreiben benannten Mietpreise für den Geschädigten „ohne weiteres zugänglich“ sein müssen. Auch dies ein gewichtiges Argument dafür, dass die Geschädigten nicht gegen eine Schadensminderungspflicht verstoßen, wenn die Mietkosten höher sind, da die behauptete niedrigeren Kosten tatsächlich für den „Normalverbraucher“ eben nicht verfügbar sind.

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