LG Saarbrücken verlangt bei Abrechnung auf 130%-Basis konkrete Reparaturmaßnahmen als Nachweis des Integritätsinteresses mit Urteil vom 14.5.2010 [13 S 178/09].

Die 13. Zivilkammer des Landgerichtes Saarbrücken verneint in dem konkreten Einzelfall die Abrechnung auf 130%-Basis, wenn nur in Eigenregie repariert werden soll, aber noch keine Reparaturmaßnahmen durchgeführt worden sind, obwohl von der eintrittspflichtigen Versicherung Teilzahlungen erbracht worden sind.  Eine Reparatur in einer Fachwerkstatt nach den Vorgaben des Schachverständigengutachtens waren von vornherein nicht beabsichtigt. Damit bestätigt das LG Saarbrücken mit der wohl herrschenden Meinung , dass zum Nachweis des Integritätsinteresses konkrete Reparaturmaßnahmen nach Vorgabe des Gutachtens erforderlich sind. Dies ist das Ergebnis des Berufungsurteils der 13. Zivilkammer als Berufungskammer des LG Saarbrücken vom 14.5.2010 – 13 S 178/09 -. Nachfolgend das Berufungsurteil:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Neunkirchen vom 2. April 2009 – 13 C 934/08 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert, und die Beklagten werden gesamtschuldnerisch unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 1.350,00 EUR und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 186,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus beiden Beträgen seit dem 20. Dezember 2008 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 30 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 70 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision nicht zugelassen.

I.

Die Klägerin macht restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am … in … auf dem Gelände der Firma … ereignete und für den die Beklagten in vollem Umfang einstandspflichtig sind.

Sie behauptet, sie beabsichtige, das Fahrzeug in eigener Regie zu reparieren. Dies sei ihr angesichts ihrer Einkünfte von – unstreitig – 75,00 EUR Praktikantenvergütung und 164,00 EUR Kindergeld nicht möglich, da ihr aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation kein Kredit zur Vorfinanzierung gewährt werde. Der Restwert belaufe sich entsprechend dem von ihr vorgelegten Parteigutachten des Sachverständigen … auf 500,00 EUR.

Erstinstanzlich hat sie auf der Grundlage des vorgelegten Gutachtens voraussichtliche Reparaturkosten (2.599,23 EUR), Wertminderung (200,00 EUR) und eine Auslagenpauschale (25,56 EUR) abzüglich Restwert (500,00 EUR) und abzüglich gezahlter 419,00 EUR zuzüglich vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten und Zinsen geltend gemacht.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, das Fahrzeug der Klägerin habe noch einen Restwert von 2.350,00 EUR. Sie meinen, die Klägerin könne nur Abrechnung auf der Grundlage einer Ersatzbeschaffung verlangen, da sie ihr Integritätsinteresse nicht durch eine Reparatur betätigt habe.

Das Erstgericht, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die fiktive Abrechnung auf Gutachtenbasis sei ausnahmsweise nicht zu beanstanden, obwohl der Bruttoreparaturschaden den Bruttowiederbeschaffungsaufwand übersteige. Der Wille der Klägerin, das Fahrzeug weiter zu nutzen, habe sich dadurch manifestiert, dass sie das Fahrzeug weiter vorhalte. Das Interesse des Schädigers, mehr als den Wiederbeschaffungswert nur zahlen zu müssen, wenn das Fahrzeug repariert und weitergenutzt wird, müsse hinter das Interesse des Geschädigten zurücktreten. Der Schädiger, der das Rückforderungsrisiko trage, sei durch die Möglichkeit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 BGB geschützt. Zudem stehe ihm bei Nichtdurchführung einer fachgerechten Reparatur ein Rückforderungsanspruch zu. Insoweit sei die Situation mit der einer Vorschussklage nach § 637 Abs. 3 BGB vergleichbar. Bei der Schadensbemessung sei der Restwert außer Betracht zu lassen.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung begehren die Beklagten die Abweisung der Klage. Sie beanstanden die vorgenommene Abrechnung auf Reparaturkostenbasis und meinen, mit der Vollstreckungsgegenklage könnten im Vorprozess vorgetragene Einwendungen nicht mehr geltend gemacht werden. Es wäre der Klägerin möglich gewesen, gegenüber dem Haftpflichtversicherer eine Reparaturkostenzusage für eine Werkstattreparatur einzuholen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch nur einen Teilerfolg.

1. Zu Recht beanstanden die Berufungskläger, dass das Amtsgericht sie zur Leistung von Schadensersatz auf der Grundlage fiktiver Reparaturkosten verurteilt hat.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Erstgericht davon aus, dass Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert liegen, diesen jedoch um nicht mehr als 30 % übersteigen, ersetzt verlangt werden können, wenn der Geschädigte ein dahingehendes Integritätsinteresse betätigt.

aa) Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Geschädigte, der es nach einem Sachschaden selbst in die Hand nimmt, den früheren Zustand herzustellen, berechtigt, vom Schädiger den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Bei einem Sachschaden an einem Kraftfahrzeug kann der Geschädigte grundsätzlich wahlweise entweder die Kosten für die Reparatur oder für die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs verlangen (BGHZ 162, 161 ff.).

bb) Dabei kann der Geschädigte Kosten der Instandsetzung, die den Wiederbeschaffungswert bis zu 30 % übersteigen, verlangen, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Denn bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welchen Aufwand der Geschädigte für die Reparatur seines Fahrzeugs ersetzt verlangen kann, ist zu bedenken, dass nur die Reparatur des dem Geschädigten vertrauten Fahrzeugs regelmäßig sein Integritätsinteresse zu befriedigen vermag (BGHZ 162, 161 ff.). Voraussetzung ist eine Betätigung des Integritätsinteresses. Dieses ist nach ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn der Geschädigte das Fahrzeug nach tatsächlich durchgeführter Reparatur in Gebrauch nimmt, wobei regelmäßig eine Eigennutzung von mindestens sechs Monaten erforderlich ist (vgl. BGH Urteil vom 22. April 2008 – VI ZR 237/07, NJW 2008, 2183; BGH Urteil vom 27. November 2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439). Eine Erstattung der bei Reparatur in einer Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes kommt auch dann in Betracht, wenn die Reparatur in Eigenregie erfolgt (vgl. BGHZ 54, 82; BGH Urteil vom 17. März 1992 – VI ZR 229/92- VersR 1992, 710; Knerr in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl. 2004, 3. Kap. Rdn. 25).

cc) Im Rahmen der danach durchzuführenden Vergleichsberechnung sind die Brutto-Reparaturkosten (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2009 – VI ZR 100/08, NJW 2009, 1340 f.) zuzüglich der Wertminderung den Wiederbeschaffungskosten gegenüberzustellen, wobei der Restwert außer Betracht zu lassen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 314/90, NJW 1992, 303). Das gilt auch, wenn wie hier eine Eigenreparatur beabsichtigt ist. Zwar kann nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB Mehrwertsteuer nur verlangt werden, soweit sie tatsächlich angefallen ist. Im Rahmen der hier durchzuführenden Vergleichsberechnung geht es aber um die wertende Betrachtung, unter welchen Umständen die Reparatur eines total beschädigten Fahrzeuges noch als ausreichend wirtschaftlich angesehen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2009 – VI ZR 100/08, NJW 2009, 1340 f.).

b) Wie das Amtsgericht weiter im Grundsatz zutreffend erkannt hat, sind diese Voraussetzungen hier nur zum Teil erfüllt. Zwar übersteigen die durch das Gutachten des Sachverständigen … unangegriffen auf voraussichtlich brutto 3.093,08 EUR geschätzten Reparaturkosten zuzüglich einer Wertminderung von 200,00 EUR – insgesamt 3.293,08 EUR – den Wiederbeschaffungswert von voraussichtlich brutto 2.800,00 EUR um rund 18 %. Die Klägerin hat ihr Integritätsinteresse jedoch nicht unter Durchführung einer Reparatur betätigt. Soweit das Erstgericht meint, die Klägerin habe ihr Integritätsinteresse vorliegend anderweitig betätigt, vermag ihm die Kammer im Ergebnis nicht zu folgen.

aa) Das Amtsgericht hat sich einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach Reparaturkosten bis zu 130 % der Wiederbeschaffungskosten auch ohne Durchführung einer Reparatur erstattungsfähig sein können, wenn dem Geschädigten die Vorfinanzierung einer Reparatur weder mit eigenen Mitteln noch durch Aufnahme eines Darlehens möglich ist (vgl. OLG Oldenburg, DAR 2004, 226; OLG München, NJW-RR 1999, 909; Halm/Fritz in: Himmelreich/Halm, Handbuch der Kfz-Schadenregulierung, 2009, Kap. E Rdn. 47; Knerr in: Geigel, aaO, Kap. 3, Rdn. 25; offen gelassen von OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.7.2005 – 12 U 17/05, zitiert nach juris).

bb) Diese Auffassung geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass das Erfordernis einer tatsächlichen Durchführung der Reparatur keine eigenständige Anspruchsvoraussetzung des Schadensersatzanspruchs ist. Ein solches Tatbestandsmerkmal ist dem Gesetz fremd. Insofern gilt gleiches wie hinsichtlich des Merkmals der sechsmonatigen Eigennutzung (vgl. BGHZ 178, 338 ff.). Die tatsächliche Durchführung der Reparatur begründet lediglich ein Indiz für das Vorhandensein eines Integritätsinteresses, das es rechtfertigt, einen Anspruch über den Wiederbeschaffungswert hinaus zuzubilligen. Dies liegt schließlich auch in der Konsequenz der Annahme, dass der Schadensersatzanspruch grundsätzlich sofort fällig wird, selbst wenn der Umfang der Ersatzpflicht erst nach einiger Zeit feststellbar ist (vgl. BGHZ 178, 338 ff.).

cc) Die Kammer teilt auch die Einschätzung, dass die Erstattung von Reparaturkosten grundsätzlich möglich sein kann, wenn der Geschädigte eine Reparatur nicht vorfinanzieren kann, er jedoch sein Integritätsinteresse anderweitig belegt. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB soll der Geschädigte bis zur Höhe des Integritätszuschlages unter zwei grundsätzlich gleichwertigen Arten der Schadensbehebung – Reparatur oder Ersatzbeschaffung – frei wählen können. Dieses Wahlrecht würde in unzulässiger Einschränkung der Dispositionsbefugnis des Geschädigten verkürzt, wollte man den nicht vermögenden Geschädigten generell auf eine Abrechnung auf Totalschadensbasis verweisen (vgl. BGHZ 178, 338 ff.). Das gilt grundsätzlich auch für den Fall, dass der Geschädigte eine Eigenreparatur beabsichtigt. Wenn man dem Geschädigten – in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGHZ 54, 82 ff.) – grundsätzlich die Möglichkeit zugesteht, unter Einsatz besonderer Fähigkeiten und der eigenen Freizeit eine kostengünstigere Reparatur vorzunehmen und dabei gleichwohl Kosten bis zur Höhe der bei Fremdreparatur anfallenden Höhe zu liquidieren, ist es konsequent, diese Möglichkeit der unvermögenden Partei nicht allein aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse zu nehmen.

dd) Jedoch bedarf die Annahme eines Integritätsinteresses in Fällen, in denen der Geschädigte angibt, eine Eigenreparatur durchführen zu wollen, aber aus finanziellen Gründen nicht durchführen zu können, nach Auffassung der Kammer besonders kritischer tatrichterlicher Prüfung. Dies gebietet der Schutz des Schädigers vor einem ansonsten leicht möglichen Missbrauch. Dabei kann dahinstehen, ob überhaupt noch Raum für eine Vollstreckungsgegenklage oder eine Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung ist, wenn sich das Gericht bei Prüfung des Integritätsinteresses im Rahmen des Schadensersatzprozesses bereits mit der Frage befasst hat, ob der Geschädigte die Durchführung einer Reparatur beabsichtigt. Jedenfalls wäre der Schädiger einem erheblichen Ausfallrisiko ausgesetzt, da gerade dann, wenn der Geschädigte mangels finanzieller Mittel keine Reparatur vorfinanzieren kann, ein erhöhtes Risiko der Insolvenz oder jedenfalls der Erfolglosigkeit einer Zwangsvollstreckung besteht. Wenn in Anbetracht dieser Risikoverteilung der Geschädigte auf einer Eigenreparatur besteht, obwohl ihm mit der Möglichkeit einer Fremdreparatur durch einen anerkannten Reparaturbetrieb, gegen deren Vorfinanzierung sich der Schädiger – wie auch hier – kaum wehren wird, eine alternative Möglichkeit zur vollständigen Schadlosstellung zur Verfügung steht, so genügt die bloße Absichtserklärung, eine Reparatur durchführen zu wollen, zur Manifestierung des Integritätsinteresses nicht. Das gilt insbesondere dann, wenn die Eigenreparatur nur einen ganz geringen Finanzierungsaufwand bei dem Geschädigten auslösen würde.

ee) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin ihr Integritätsinteresse hier nicht hinreichend dargetan. Ihre Behauptung, sie habe eine Eigenreparatur beabsichtigt, diese jedoch aus finanziellen Gründen nicht durchführen können, ist nicht nachvollziehbar. Wäre der klägerische Vortrag zutreffend, hätte es nahe gelegen, bereits die erfolgte Teilzahlung zu nutzen, um hiervon Reparaturteile zu erwerben und mit der Reparatur zu beginnen, zumal nach dem Parteigutachten … davon auszugehen war, dass die bei Eigenreparatur allein anfallenden Materialkosten von netto 912,23 EUR, entsprechend brutto 1.085,60 EUR (Reparaturkosten 2.599,23 EUR abzüglich Arbeitslohn 1.687,00 EUR zuzüglich MwSt. 173,32 EUR) bereits in Höhe von 394,00 EUR (Teilzahlung 419,00 EUR abzüglich Pauschale 25,00 EUR) gedeckt waren und die Klägerin immerhin über ein – wenn auch geringes – Einkommen verfügt. Wenn sich die Klägerin vorliegend gleichwohl dazu entschloss, ihren provisorisch instand gesetzten Pkw ohne Vornahme einer Schadensbehebung längerfristig weiterzunutzen, verbleiben für die Kammer im Ergebnis nicht zu überwindende Zweifel an ihrer tatsächlichen Reparaturabsicht, ungeachtet der Frage, ob die Klägerin, die ein Vorpraktikum als Erzieherin absolvierte, überhaupt über die technischen Voraussetzungen für eine fachgerechte Eigenreparatur verfügt.

2. Im Rahmen der danach vorzunehmenden Abrechnung auf Totalschadensbasis stehen der Klägerin insgesamt 1.350,00 EUR zu.

a) Da die Klägerin ihr Integritätsinteresse nicht nachgewiesen hat, kann sie lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand abzüglich der Reparaturkosten geltend machen (BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 – VI 70/04, VersR 2005, 663).

b) Dabei ist der Restwert vorliegend mit 1.000,00 EUR in Ansatz zu bringen.

aa) Maßgeblich ist der Restwert, den der Geschädigte auf dem allgemeinen regionalen Markt erzielen kann. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Markt für Restwertaufkäufer in Anspruch zu nehmen und kann vom Schädiger nicht auf einen höheren Restwerterlös verwiesen werden, der auf einem Sondermarkt durch spezialisierte Restwertaufkäufer erzielt werden könnte. Zwar können besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben, ohne weiteres zugängliche günstigere Verwertungsmöglichkeit wahrzunehmen. Derartige Ausnahmen, deren Voraussetzungen zur Beweislast des Schädigers stehen, müssen jedoch in engen Grenzen gehalten werden, da ansonsten die Dispositionsbefugnis des Geschädigten unterlaufen würde, dem die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen würden (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 – VI ZR 318/08, VersR 2010, 130; Urteil vom 6. März 2007 – VI ZR 120/06, ZfS 2007, 382; Urteil vom 10. Juli 2007 – VI ZR 217/06, ZfS 2007, 631; Kammerurteil vom 17. November 2008 – 13 S 124/08). Beauftragt der Geschädigte – wie im Streitfall – einen Gutachter mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung, so kann das eingeholte Sachverständigengutachten den Nachweis des Restwertes auf dem jeweiligen regionalen Markt nur erbringen, wenn der Sachverständige das Gutachten unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung zum Schadensersatz bei Kfz-Unfällen erstellt hat. Danach ist es im Regelfall geboten, drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt zu ermitteln und diese im Gutachten konkret zu benennen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 – VI ZR 318/08, VersR 2010, 130 ff.; Urteil vom 13. Januar 2009 – VI ZR 205/08, VersR 2009 413 f.).

bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze beläuft sich der Restwert vorliegendenfalls auf 1.000,00 EUR. Die von den Beklagten vorgelegten Restwertangebote waren nicht zugrunde zu legen, da sie sich ganz überwiegend nicht auf den hier maßgeblichen regionalen Markt bezogen. Der Restwert konnte jedoch auch nicht auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen … zugrunde gelegt werden, da es den Anforderungen der Rechtsprechung zum Schadensersatz bei Kfz-Unfällen nicht genügt. Es weist den Restwert aus, ohne konkret offen zulegen, ob und mit welchem Ergebnis Angebote auf den maßgeblichen regionalen Markt berücksichtigt wurden. Auf der Grundlage der nachvollziehbaren und von den Parteien nicht substantiiert beanstandeten Ausführungen des Gutachtens des Sachverständigen …, das auch den Anforderungen der Rechtsprechung zum Schadensersatz bei Kfz-Unfällen genügt, war der Restwert vielmehr mit 1.000,00 EUR zugrunde zu legen.

cc) Der Wiederbeschaffungswert ist nach dem klägerseits vorgelegten Gutachten, das sich die Beklagten insoweit zu Eigen gemacht haben unter Abzug einer Differenzbesteuerung von rund 2 % in Ansatz zu bringen. Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB ist die Umsatzsteuer nur zu erstatten, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Wird ein Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt üblicherweise nach § 25a UStG differenzbesteuert, so ist die Differenzbesteuerung vom Brutto-Wiederbeschaffungswert in Abzug zu bringen (BGH, Urteil vom 15. November 2005 – VI ZR 26/05, VersR 2006, 238 f.). So liegt der Fall hier.

dd) Danach ergibt sich ein Schaden von 2.800,00 EUR (Wiederbeschaffungswert laut Gutachten) – 56,00 EUR (Differenzbesteuerung) – 1.000,00 EUR (Restwert) + 25,00 EUR (Auslagenpauschale) – 419,00 EUR (vorprozessuale Zahlung) = 1.350,00 EUR.

3. Soweit die Klägerin Schadensersatz verlangen können, sind ihr die Beklagten auch zur Zahlung von Zinsen hieraus nach §§ 286, 288 BGB verpflichtet. Erstattungsfähig sind ferner vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten aus 1.350,00 EUR nach § §§ 2, 13 RVG, Nrn. 2300, 7002, 7008 VVRVG in Höhe von 1,3 x 105,00 EUR + 20,00 EUR (Pauschale) + 29,74 (USt.) = 186,24 EUR.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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