Urteil des AG Köln vom 22.02.1991 -266 C 498/90- zum Thema Wertminderung zum Schmunzeln.

Hallo Leute, zum Thema Wertminderung gebe ich Euch eine Lektüre, die als Abendlektüre durchaus zum Schmunzeln anregt. Es handelt sich um ein betagtes Urteil des Kölner Amtsrichters Menken, der auch bereits Urteile in Reimform abgefasst hat. Wie vor zwanzig Jahren ist auch heute noch das Thema Wertminderung aktuell, wie eh und je. Wer will, kann sich ja an dem Wertminderungsurteil des AG Köln von 1991 erfreuen. Das ganze natürlich mit einem Augenzwinkern.

266 C 498/90                                                            Verkündet am 22.02.1991

AMTSGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

des Herrn,

– Klägers –

gegen

Versicherung,

– Beklagte –

wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall hat das Amtsgericht Köln, Abteilung 266 auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 1991 durch den Richter am Amtsgericht M…

für Recht erkannt:

Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 125,00 DM nebst 4% Zinsen seit 07.11.1990 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, weil es mit der Berufung nicht angefochten werden kann .

Tatbestand:

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 28.04.1990, für den die Beklagte als Haftpflichtversicherung dem Grunde nach alleine einzustehen hat.

Als Streitgegenstand wurde dem Gericht – wie so oft – eines der heißesten Eisen im Versicherungsrecht vorgelegt, damit es sich daran möglichst die Finger verbrennt. Es geht um den Minderwert.

Der Kläger meint, gestützt auf seinen Sachverständigen, ihm stünden 500,00 DM zu.

Die Beklagte meint, gestützt auf ihren Sachverständigen, ihm stünden nur 250,00 DM zu. Diese sind auch gezahlt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 250,00 DM nebst 4% Zinsen seit Zustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.

Bei dem Unfall war das Fahrzeug des Klägers brandneu. Es handelt sich um einen Fiesta mit 1097 Kubikzentimetern und 37 Kilowatt, der im Unfallzeitpunkt nur 1834 Kilometer gefahren war. Die Reparaturkosten betrugen unstreitig 1.483,12 DM.

Beide Sachverständige haben, obwohl von verschiedenen Parteien beauftragt, ihr Gutachten „nach bestem Wissen und Gewissen“ erstattet. Demgemäß kommen sie zu völlig entgegengesetzten Ergebnissen. Deshalb sieht sich das Gericht genötigt, das beschworene beste Gewissen der Sachverständigen als Kriterium der Wahrheitsfindung vorsorglich außer Betracht zu lassen.

Ein Zeuge ist nämlich nicht schon deshalb glaubwürdiger, weil er als Zeuge der Wahrheitspflicht unterliegt, weil er den Betroffenen angezeigt hat. Ansonsten müßte er ja selbst verurteilt werden, wenn der Betroffene ihn zuerst angezeigt hätte (so zutreffend und mit überraschend gesundem Menschenverstand OLG Bremen NZV 91, 41).

Ebensowenig ist ein Mensch vor irdischen Gerichten nicht bloß deshalb glaubwürdiger, weil er gläubig ist und darüber hinaus auch noch die Kirche besucht, vermutlich um sich so ein gutes oder sogar besseres Gewissen zu erwerben. Bekanntlich können sich nämlich gut- gläubige Menschen am schlimmsten irren, so daß sie die Unwahrheit sagen, wenn sie auch nicht lügen (vgl. dazu Busch Willi: „Der Beste muß mitunter lügen -. Zuweilen tut er´s mit Vergnügen“).

Im Gegensatz dazu trägt der Sachverständige seine Argumente gedruckt vor:

„Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen“ (Der Schüler in: Faust, Heini, von Goethe, Johann, Wolfgang, Amadeus)

Deshalb kann es bei der Bewertung technischer, um nicht zu sagen wissenschaftlicher Probleme nicht auf die Treuherzigkeit des Sachverständigen ankommen. Zur Entscheidung bedarf es vielmehr objektiver Kriterien.

Insofern ergibt die gründliche Auswertung der beiden Gutachten, daß der von der IHK öffentlich bestellte und von der beklagten Versicherung beauftragte Sachverständige prima facie weitaus ausführlicher zum Minderwert Stellung genommen hat. Sein Gutachten vom.08.11.1990 umfaßt 34 Zeilen, die auf 2 Seiten verteilt sind. Daß geschieht ersichtlich nach dem Motto:

„Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“ (Goethe aaO.).

Im Ringen um einen gerechten Ausgleich, kommt er aber nur auf einen Minderwert von 250,00 DM. Das ergibt 7,35 DM pro Zeile.

Demgegenüber ist der Sachverständige des Klägers Diplom-Ingenieur. Sein Gutachten umfaßt (einschließlich der Schlußversicherung) nur 9 Zeilen, die zu einem Minderwert von 500,00 DM führen.

Das sind 55,55 DM pro Zeile. Also mehr als das Quadrat von 7,35 DM .

Eine solche Auswertung der beiden Gutachten könnte sich aber natürlich den Vorwurf zuziehen, zu oberflächlich zu sein. Maßgebend kann nämlich nicht das äußere Erscheinungsbild sein, sondern nur der Gehalt. Insofern ist das Gutachten des Sachverständigen des Klägers nach tiefer Überprüfung gehaltvoller. Er bringt nämlich in einer Zeile genau 90 Anschläge unter, während der Sachverständige der Beklagten in sehr unterschiedlich langen Zeilen insgesamt nur rund 1200 Anschläge unterzubringen vermochte. Daraus folgt, daß das Gutachten des Sachverständigen des Klägers eine größere spezifische Dichte aufweist. Hätte der Sachverständige der Beklagten genau so konzentriert geschrieben, dann hätte nur 13 1/3 Zeilen benötigt.

Damit schrumpft aber der Zeilenvorsprung des Sachverständigen der Beklagten von 277,77% auf einen Anschlagsvorsprung von nur noch 33,33% zusammen.

Auch bezüglich des errechneten Minderwertes schrumpft die Differenz relativ ganz erheblich. Insofern ergibt die mathematische Auswertung, daß beim Sachverständigen der Beklagten 20 5/6 Pfennige auf einem Anschlag entfallen und beim Sachverständigen des Klägers 55 5/9 Pfennige. Das sind nur noch 2 2/3 mal soviel.

Im übrigen unterscheiden sich die beiden Gutachten, die beide zutreffend auf die Pflicht abstellen, den Schaden zu offenbaren (vgl. dazu schon AG Köln DAR 86, 123) im fachlichen Kern nicht im geringsten, wenn man davon absieht, daß der Sachverständige des Klägers sein Gutachten „unparteiisch“ erstattet hat, während der Sachverständige der Beklagten ausdrücklich betont, daß er sich in „ernsthaften Nebenforderungen“ nach einem Minderwert „nicht widersetzen“ konnte, obwohl er sich ersichtlich ernsthaft bemüht hat .

Dem Gericht, das zur gütlichen und Frieden stiftenden Beilegung des Rechtsstreites kraft Amtes berufen ist (§ 279 Abs. 1 ZPO), bleibt daher nichts anderes übrig als im Wege der freien Schadensschätzung (§ 287 ZPO) den Minderwert selbst festzulegen.

Berufs- Juristen sind ebensowenig im Stande, sich auf eine praktikable pauschalierte Minderwert-Ermittlung zu einigen, wie die Solidargemeinschaft der Versicherer. Deshalb stehen hier nur die mathematischen Methoden zur Verfügung, eine Mittel zu ziehen. Diese genießen auch vor jeder Schätzung, deren Grundlagen nicht angegeben sind und die deshalb nichts anderes ist als Raterei, den Vorzug größerer Exaktheit.

Bleibt nur noch zu entscheiden, ob das harmonische, geometrische oder arithmetrische Mittel gezogen werden muß.
Das harmonische Mittel besteht aus dem doppelten Produkt zweier Werte geteilt durch ihre Summe und ergibt hier 333,333333333 DM.

Das geometrische Mittel besteht aus der Wurzel des Produktes der beiden Zahlen und ergibt hier 250 x Wurzel aus 2, das sind ungefär aber leider nicht exakt 353,55339050 DM.
Das arithmetische Mittel hingegen besteht aus der Hälfte der Summe beider Zahlen und macht hier präzise 375,00 DM aus.

Für die Rechtsfindung muß das geometrische Mittel schon deshalb ausscheiden, weil dann eine unmögliche, weil nicht vollstreckbare Entscheidung herauskäme, wie leicht nachzurechnen ist. 250,00 DM x Wurzel aus 2 minus gezahlter 250,00 DM ergäben als zuzusprechenden Klageanspruch nach Adam Riese noch 250 x (Wurzel aus 2 minus 1) DM. Die Kostenentscheidung müßte dann lauten: Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Beklagte zu 100 x (Wurzel aus 2 minus 1)% und der Kläger zu 100 x (2 minus Wurzel aus 2)%. Damit wären aber die Bürovorsteher der Rechtsanwälte völlig überfordert .

Würde hingegen das harmonische Mittel anwenden, dann bekäme der Klager 333,33 DM minus 250,00 DM = 83,33 DM und die Kostenentscheidung würde lauten:

Die Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte zu 1/3. Das sieht schon besser aus. Eine solche Entscheidung hätte aber den ersichtlichen Nachteil, daß die unterschiedliche Gewichtung der beiden Gutachten nicht im geringsten ausgeglichen würde, weil der Kläger doppelt so viel an Kosten zu tragen hätte wie die Beklagte, obwohl sein Gutachter ihm doppelt soviel Minderwert zugebilligt hat, wie der der Beklagten.

Es bleibt daher nichts anderes übrig als das arithmetische Mittel zu ziehen, das hier ersichtlich den Vorzug der größten Genauigkeit und Gerechtigkeit für sich hat.

Damit ist hier ein konkreter Minderwert von 500 x 250 => 750 00 DM geteilt durch 2 = 375,00 DM nachgewiesen. Darauf sind bereits 250,00 DM gezahlt, so daß zugunsten des Klägers noch 125,00 DM verbleiben.

Dieses Ergebnis entspricht auch der ethischen Forderung des Aristoteles:

„Der tugendhafte Mensch wählt die Mitte und entfernt sich von den beiden Extremen, dem Zuviel und dem Zuwenig“ (Ethik 6,1).

Wie man an der Kostenentscheidung ablesen kann und wie sich durch die Kostenberechnung noch erweisen wird, ist dieses Ergebnis auch höchst gerecht („summum jus“, cicero, de officiis I, 10,33; ebenso Terenz in Heautontimorumenos IV 5,48: „jus summum saepe summa est malitia“). Denn jede Partei hat als gerechten Lohn weniger gewonnen als zeronnen. Ohne Berücksichtigung der Fotokopien die ja bekanntlich das Hobby mancher Rechtspfleger sind, stehen der gewonnenen 125,00 DM, 130,38 DM gegenüber, die jede Partei als des Wettkampfes Lohn zu tragen hat.

In diesem Zusammenhang freut das Gericht, malitiös wie es nun einmal ist, sich diebisch, wenn nicht diabolisch auf den 1. April, den denkwürdigen Tag, an dem das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17.12.1990 in Kraft getreten werden wird (BGB II, 2847).

Das Gesetz ist keineswegs ein Aprilscherz. Es wird nämlich alle entlasten:

– Die Justizpolitiker von dem Vorwurf, nichts zur Entlastung der Justiz getan zu haben
-die Landrichter durch Anhebung des Streitwertes von 5.000,00 DM auf 6.000,00 DM und
-die Amtsrichter, indem sie – wie schon immer – die Hauptlast der Prozesse alleine zu tragen haben.

Deshalb wird das Gericht von der ihr gebotenen Möglichkeit des § 495 a neuer Fassung, kurzen Prozeß zu machen, künftig weidlich Gebrauch machen müssen, wenn auch wegen der gebotenen richterlichen Neutralität naturgemäß noch nicht feststeht, welchen. Gleichwohl seien die Rechtsschutzversicherer, wie die Haftpflichtversicherer nebst deren jeweiligen Anwälten in meinem Sprengel zur Vermeidung künftiger Überraschungsentscheidungen fürsorglich schon jetzt im Sinne von § 278 Abs. 3 ZPO vorgewarnt (vgl. dazu insgesamt: „Judex non calculat“; auf deutsch: „ein Richter zählt nichts“ oder: „Quisqileas non curat praetor“; auf besonderen Antrag kann auch für den 2. Satz eine Übersetzung geliefert werden, wobei allerdings vorsichtshalber darauf hinzuweisen ist, daß Quisqiliae nach Georges lateinisch-deutschem Wörterbuch, Hannover plus Leipzig, 1902, Spalte 2.149 in des Wortes ursprünglichster Bedeutung nichts anderes sind als „Auswurf. Auf kölsch würde man „Dreß“ sagen. Vergleiche dazu auch August, den Starken: „Kinder, macht euren Mist alleene“). Weil das Gericht künftig bei Prozessen dieser Güte sein Verfahren „nach billigem Ermessen“ bestimmen kann, bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn die Prozeßbevollmächtigten ab 1. April ein Exemplar dieses Urteiles in der ersten mündlichen Verhandlung als Simile präsentieren, um die Prozedur zu vereinfachen. Noch einfacher wäre es natürlich, wenn solche Prozesse künftig gar nicht erst mehr statt fänden, weil die Parteien sich nach dem Grundsatz Halbe-Halbe außergerichtlich geeinigt haben. Der Casus beweist natürlich zum wiederholten Male die verschiedenen Rollen, die den an der Urteilsfindung beteiligten Personen durch das Gesetz zugewiesen sind:
Der Zeuge hat zwar keine Sachkunde, hat aber etwas gesehen. Der Sachverständige hat zwar nichts, gesehen, hat aber Sachkunde. Der Richter hingegen macht bloß das Urteil.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf verschiedenen Vorschriften, die überwiegend der ZPO entnommen sind.

Was sagt ihr dazu?Ich möchte noch betonen, dass das Urteil 1 zu 1 hier eingestellt ist. Der hier eingestellte Urteilstext ist der mir vorliegende Originaltext. Veränderungen im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen sind nicht vorgenommen worden.

Siehe auch: Captain HUK vom 10.02.2011

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9 Antworten zu Urteil des AG Köln vom 22.02.1991 -266 C 498/90- zum Thema Wertminderung zum Schmunzeln.

  1. SV Hildebrandt sagt:

    Wie goil ist das den!?! Solche RichterInnen braucht das Land.

    Habe mich köstlich über diese Urteil*findung* und Begründung amüsiert. Mehr davon.

  2. Klaus Kannenberg sagt:

    Hi Willi,
    dat Urteil is spitze. Solange Deutschland solche Richter hat, is mir nich bange. Selten so geschmunzelt. Bring mehr solcher Urteile!
    Gruß Klaus

  3. Andreas sagt:

    Das Urteil ist klasse, für die beteiligten Parteien wird es allerdings mehr als unbefriedigend gewesen sein. Wobei dann, wenn der SV des Klägers/Geschädigten eine nachvollziehbare Begründung zur Ermittlung der Wertminderung abgegeben hätte, der Richter eventuell anders entschieden hätte.

    Im Übrigen ist das Schlussfazit des Richters „Noch einfacher wäre es natürlich, wenn solche Prozesse künftig gar nicht erst mehr statt fänden, weil die Parteien sich nach dem Grundsatz Halbe-Halbe außergerichtlich geeinigt haben.“ genau das, was die Mehrzahl der Versicherer heute provoziert. Berechtigten Schadenersatz nicht bezahlen und sich dann hälftig einigen. Ist immerhin auch hälftig gespart…

    Grüße

    Andreas

  4. Dipl.-Ing. Harald Rasche sagt:

    Urteil des Richters Menken, ehem. AG Köln

    Nach diesem Urteil habe ich in meinen Unterlagen gesucht, wie nach einer Stecknadel im Heuhaufen.

    Nun ist es plötzlich wieder aufgetaucht und hoffentlich haben auch heute die Leser dieses Blogs genau so eine große Freude daran.

    Man erkennt, wie hier ein im Leben stehender Amtsrichter sich zu recht etwas amüsiert hat über die gegenläufigen und unfehlbaren Berechnungsmethoden, die damals hoch im Kurs standen und die damit einhergehende Wichtigtuerei.

    Er hat nicht nur diesbezüglich beiden Parteien eine Lektion erteilt und hoffentlich auch etwas an Lebensweisheit mit auf den Weg gegeben.

    Ich bin mir sicher, dass er mit den heutigen Rechtsstreitigkeiten ebenso humorvoll fertig geworden wäre. Sollte Herr Menken – was ich ihm wünsche – noch unter uns Irdischen weilen, dann auf diesem Wege meine besten Grüße an ihn. Vielleicht erinnert er sich dann auch noch an unsere Gespräche, die ebenfalls für mich sehr erkenntnisreich und eine Bereicherung waren.

    Harald Rasche

  5. RA Uterwedde, Leipzig sagt:

    immer wieder nett, so was zu lesen.
    das letzte mal war ich noch student.

    hier ist noch eins: http://www.jur-abc.de/cms/index.php?id=532

    hier schon mal die leitsätze:

    1.
    Ein Pferdefuhrwerk ist, obwohl durch PS in Bewegung gesetzt, kein Fahrzeug im Sinne der Straßenverkehrsordnung (StVO).

    2.
    Auch wenn ein Brauereigaul am Straßenverkehr teilnimmt und nicht zu Hause wohnt, gehört er zu den Haustieren i. S. des § 833 S. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

    3.
    Ein Ausschluß der Tierhalterhaftung gem. § 833 S. 2 BGB kommt nicht in Betracht, wenn das Pferdegespann einer Brauerei zur Reklame ständig mit leeren Bierfässern durch die Stadt fährt (zumal dies dem Umsatz nicht gerade förderlich ist).

    4.
    Beschädigt ein Brauereigaul durch Huftritt einen geparkten Pkw, hat sich damit die typische Tiergefahr i. S. des § 833 BGB verwirklicht. Der Beweggrund des Tieres ist rechtlich ebenso unbeachtlich wie der Umstand, daß auch Menschen sich gelegentlich so zu verhalten pflegen.

    5.
    Ein Bierkutscher, der diensteifrig dem Gebräu der eigenen Brauerei zugesprochen hat, verstößt gegen § 316 des Strafgesetzbuches (StGB), wenn er in fahruntüchtigem Zustand das Pferdegespann führt. Die Fahrerlaubnis kann ihm allerdings nicht entzogen werden.

    6.
    Ein „Führen“ i. S. des § 316 StGB ist gegeben, wenn der Bierkutscher durch Zurufe (z. B. „Hüh“ oder „Hott“) auf die Gäule einwirkt. Dies gilt jedoch nicht für Zurufe des Beikutschers.

  6. Klaus Kannenberg sagt:

    Hallo Redaktion,
    der „Pferdefuß“-Fall von Richter Menken, auf den RA Uterwede hingewiesen hat, sollte auch zum Schmunzeln eingestellt werden.
    Grüße Klaus

  7. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr Kollege Uterwedde,
    na ja, da war ich schon Anwalt und hatte des Kölschen Bierkutscher-Pferde-Tritt-Fall auch in der NJW gelesen. Auch damals habe ich geschmunzelt. Und tue dies beim Durchlesen des Urteils aufgrund Ihres Hinweises auch heute noch. Der Richter hatte Durchblick und war so gefestigt, dass er sich erlauben konnte, derartige Passagen in sein Urteil einzufügen. Das Pferdetritt-Urteil hat nicht nur in Köln Rechtsgeschichte geschrieben. Vielleicht bringt der Herr Chefredakteur das Urteil als Schmunzelbeitrag, vielleicht zur Karnevalszeit.
    Mitz freundlichen Grüßen
    Euer Willi Wacker

  8. Joachim Otting sagt:

    Hallo Herr Rasche,

    meines Wissens raucht Menkens Zigarre (Brasil der härteren Art und Güte)noch. Sie haben – ich habe es nicht anders erwartet – den Hintersinn des Urteils erkannt. Menken hat sich aufs Feinste darüber lustig gemacht, dass „der Blick in die sachverständige Glaskugel“ oft bis aufs Messer zu objektivieren versucht wird. Daran hat sich bis heute wenig geändert.

  9. Olli sagt:

    Herzlichen Dank für diese schöne Nachtlektüre, ich bin zwar „nur“ Kraftfahrzeugtechnikermeister mit Interesse am Gutachterwesen (und über Google gekommen), halte mich aber nun schon geschätzte 3 Stunden auf Ihren Seiten auf 🙂

    Moselgrüße, Olli

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