Geschäftsgebühr – keine Anrechnung in besonderen Fällen

Auf vielfachen Wunsch will ich gerne meinen letzten Beitrag wie folgt ergänzen:

Wird zunächst im Auftrag des Mandanten von mehreren einfachen Streitgenossen nur der Haftpflichtversicherer in der Unfallschadensabwicklung in Anspruch genommen und erhält der Anwalt, nachdem der Haftpflichtversicherer unberechtigte Regulierungskürzungen vorgenommen hat den Auftrag, gegen den unmittelbaren Schädiger vorzugehen, dann handelt es sich um 2 verschiedene Angelegenheiten.

Der Rechtsanwalt ist berechtigt, seine Tätigkeit gegenüber dem unmittelbaren Schädiger mit einer gesonderten Geschäftsgebühr abzurechnen (vgl. OLG München, AnwBl 1990, S. 325; OLG Bamberg, Aktenzeichen 5 W 50/98 vom 04.08.1998, DAR 1998,  S. 489; OLG Frankfurt, Aktenzeichen 2 U 149/95 vom 09.02.1996, AnwBl 1997, S. 45; OLG München vom 08.04.2005, Aktenzeichen 10 U 5451/04; Gerold Schmitt, Kommentar zur BRAGO, 17. Auflage, § 13, S. 307, wo es heißt: „Zwei Angelegenheiten liegen vor, wenn sich der Rechtsanwalt in einer Unfallsache zunächst an den Kaskoversicherer und später an den Haftpflichtversicherer des Gegners wendet (OLG Zweibrücken, AnwBl 68, 363.

Das gleiche gilt, wenn sich der Rechtsanwalt in einer Verkehrsschadenssache zunächst an den Haftpflichtversicherer des Schädigers wendet und später den Schädiger alleine verklagt.

In der zuletzt genannten Entscheidung des OLG München wird ausgeführt: „Hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Anwaltsgebühren bei getrennter Inanspruchnahme von Haftpflichtversicherung und Unfallgegner verbleibt es bei der Senatsrechtsprechung, die auch mit der überwiegenden Instanzrechtsprechung und Literatur übereinstimmt, dass es sich um verschiedene Angelegenheiten handelt und eine Anrechnung deshalb ausscheidet.“

Mit Rücksicht auf diese Rechtsprechung hat das AG Aschaffenburg mit Urteil vom 20.04.2005, AKtenzeichen 27 C 2739/04, gleichlautend entschieden. Aus den Gründen: „Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass es sich bei der Tätigkeit ihrer Bevollmächtigten gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) um verschiedene Angelegenheiten handelt. In der Regel kommt es hierbei darauf an, welchen Auftrag die Klägerin ihren Bevollmächtigten erteilt hat. Konkrete Einzelheiten sind hierzu nicht bekannt. Hierbei ist jedoch davon auszugehen, dass die Bevollmächtigten der Klägerin zunächst den Schaden nur gegenüber der Beklagten zu 2) geltend machen sollten, weil offenbar die Haftung als solche unstreitig war. Dem gemäß hatten die Bevollmächtigten der Klägerin ihre Tätigkeit zunächst auch nur gegenüber der Beklagten zu 2) entwickelt, dieser das Schadensgutachten überreicht sowie mit dem weiteren Schreiben vom 29.07.04 noch die Reparaturrechnung sowie die Schadensaufstellung. Dabei hatte die Klägerin der Beklagten zu 2) bis zum 09.08.04 gesetzt. Innerhalb dieser Frist hatte sich die Beklagte zu 2) nicht gemeldet, so dass die Bevollmächtigten der Klägerin sodann sich zu Recht mit ihrem Schreiben vom 19.08.04 an den Beklagten zu 1) wandten. Die Bevollmächtigten der Klägerin hatten keine Veranlassung anzunehmen, die Beklagte zu 2) würde nicht reagieren.

Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass zunächst die Schadensabwicklung alleine über die Beklagte zu 2) erfolgen sollte und nachdem dies zunächst keinen Erfolg hatte der Beklagte zu 1) in Anspruch genommen wurde. Dies stellt entsprechend der Rechtsprechung 2 verschiedene Angelegenheiten dar (… es folgen die Hinweise auf die oben bekannt gegebene Rechtsprechung). Die Bevollmächtigten der Klägerin sind deshalb berechtigt, ihre Tätigkeit gegenüber dem Beklagten zu 1) durch eine gesonderte Geschäftsgebühr in Rechnung zu stellen.“

Ich gebe zu, dass es sich hier um verschiedene Nuancen der Thematik handelt.

Ich halte aber folgende Vorgehensweise für absolut legitim:

1. Zunächst im Vertrauen darauf, dass die Schadensabwicklung ohne Probleme durchlaufen wird, das Mandat gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners annehmen und den Schaden beziffern und belegen.

2. Wenn dann unberechtigte Kürzungen erfolgen stellt es meines Erachtens nach ein Gebot der Fairness dar, vor Klageerhebung gegen Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherung dem Fahrer und / oder dem Halter die außergerichtliche Gelegenheit einzuräumen, die Kürzungen, die der Haftpflichtversicherer vorgenommen hat, selbst nachzuregulieren. Dazu  muss das Mandat gegen Fahrer und / oder Halter dann noch zusätzlich angenommen werden.

3. Dass dann die weitere Tätigkeit des Rechtsanwalts gegenüber den weiteren Gesamtschuldnern vergütungspflichtig ist, kann keinem Zweifel unterliegen.

4. Wenn dann der Fahrer oder Halter alleine verklagt wird handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten im Sinne des RVG und es erfolgt keine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Prozessgebühr.

Mitgeteilt von Peter Pan im August 2008

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