AG Wiesbaden verurteilt Helvetia Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 01.07.2010 (92 C 210/10) hat das AG Wiesbaden die Helvetia Schweitzerische Versicherungsgesellschaft AG zur Freistellung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.521,85 € verurteilt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet, teilweise erledigt und im Übrigen unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von weiteren Schadenersatzes wegen eines Verkehrsunfalls vom 23.02.2009 aus §§ 7 StVG, 823 BGB i.V.m. § 115VVG zu.

Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherung ist dem Grunde nach unstrei­tig. Die Klägerin hat hinsichtlich der restlichen gelten gemachten Mietwagenkosten einen Freistellungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe 1.521,85 €.

Die Klägerin war als Geschädigte eines Verkehrsunfalls dazu berechtigt, einen Miet­wagen in der Zeit vom 24.02.2009 bis 20.03.2009 in Anspruch zu nehmen.

Die Klägerin kann von der Beklagten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den erforderli­chen Herstellungsaufwand verlangen, den ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Dieses Wirtschaftlichkeitsgebot verletzt der Geschädigte dann nicht, wenn er einen Normaltarif in Anspruch nimmt. Schadensersatzleistungen die über den Normaltarif hinausgehen kann der Geschädigte nur dann verlangen, wenn sie mit Rücksicht auf die Unfallsituation aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und in Folge dessen zur Schadens­behebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Der Normaltarif ist gemäß § 287 ZPO durch den im Rahmen der Schadenabrechnung besonders freigestellten Tatrichter zu schätzen. Nach Auffassung des Gerichtes bildet der Schwacke Automietpreisspiegel 2008 hierbei eine geeignete Schätzungsgrundlage, so auch der BGH in seinen Urteil vom 19.01.2010 (Vers. Recht 2010, 494) sowie vom 02.02.2010 (Vers. Recht 2010, 683). Hinsichtlich der konkreten Berechnung hält das Gericht nicht den Modus, also den am häufigsten genannten Wert für maßgeblich, sondern das arithmetische Mittel, denn der Modus sagt im Gegensatz zu dem arithmetischen Mittel nichts über den Durchschnitt des Angebotsniveau aus. Insofern bleibt die Zugrundelegung des arith­metischen Mittels in den beiden zuvor genannten Entscheidungen des BGH auch unbeanstandet. Im Hinblick auf die Ermittlung des 24 Tagezeitraums kann das Ge­richt der Klägerin folgen, wenn sie bei der Berechnung der Anmietdauer 3 Wochen­pauschalen zugrunde legt und eine 3-Tagespauschale. Nicht nachvollziehbar ist für das Gericht die Berechnungsmethode der Beklagten, die die Wochenpauschale durch sieben teilt und den so ermittelten fiktiven Tagessatz mit der Anzahl der Tage multipliziert. Ein derartiges Vorgehen ist methodisch nicht nachvollziehbar, da auf diese Art und Weise ein Wert ermittelt wird, der in der maßgeblichen Schwackeliste keinen Niederschlag findet. Vor diesem Hintergrund ist bei einer Anmietdauer von 24 Tagen auf der Grundlage des arithmetischen Mittels eine Wochenpauschale von 489,10 € zugrunde zulegen, die einen 3 Wochenpreis von 1.467,30 € ergibt.

Darüber hinaus ist eine 3 Tagespauschale von 257,25 € zugrunde zulegen. Dies er­gibt einen Gesamtpreis von 1.724,55 €. Hinsichtlich des Versicherungsschutzes ist eine Wochenpauschale von 144,49 € zugrunde zulegen, so dass sich ein 3 Wochen­preis von 433,47 € ergibt. Hinzukommt eine 3 Tagespauschale von 65,75 € mithin ist ein Betrag von 499,22 € in Ansatz zu bringen.

Hinsichtlich der Zu- und Abholkosten kann das Gericht der Beklagten folgen, dass diese nicht in Ansatz zubringen sind, da eine Zu- und Abholung nicht stattgefunden hat.

Die Ausstattung des Mietfahrzeuges mit Winterreifen war jedoch zu berücksichtigen, da ausweislich der Lesehilfe zum Schwacke Automietpreisspiegel 2008 die angege­benen Preis exklusive der Winterreifen zu lesen sind und darüber hinaus für die Aus­rüstung des gemieteten Fahrzeuges mit Winterreifen Zusatzkosten anfallen, die nicht von den in der Tabelle angegebenen Standardwerten umfasst sind. Wiederum unter Berücksichtigung des arithmetischen Mittels hält das Gericht insofern einen Betrag von 12,42 € pro Tag für angemessen. Es ergibt sich einen Betrag von 298,08 € bei 24 Tagen.

Das Gericht kann der Beklagten folgen, wenn sie die Auffassung vertritt, dass die Kosten eines zweiten Fahrers nicht berücksichtigungsfähig sind, denn ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Mietvertrages war ein zweiter Fahrer nicht in dem Vertrag eingetragen. Nach der Lesehilfe zum Schwacke Automietpreisspiegel 2008 ist der Zusatzfahrer allerdings nur zu berücksichtigen, wenn in den Begleitpapieren eine zusätzliche Eintragung vorgenommen wurde, dass das Fahrzeug auch durch eine zweite Person zu nutzen ist. Die diesbezüglichen Kosten müssen insofern außer Betracht bleiben.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass ein pauschaler Aufschlag, wegen der Besonderheiten im Unfallmietwagengeschäft vorzunehmen ist, so kann das Ge­richt dieser Auffassung nicht folgen. Nach Auffassung des Gerichtes müssen, um den Tatrichter die Möglichkeit der Schätzung zu geben, ob und in welchem Umfang die unfallspezifischen Faktoren sich kostenerhöhend auswirken, zumindest ansatz­weise Umstände vorgetragen werden, die einen derartigen Aufschlag rechtfertigen. Hierbei ist es nicht notwendig, den Wert dieser Leistungen zu beziffern. Allerdings ist es notwendig zumindest darzulegen, weiche Risiken sich in der konkreten Unfallsitu­ation realisiert haben.

Vor diesen Hintergrund ergibt sich unter Zugrundelegung der zuvor bezeichneten Positionen ein erforderlicher Beseitigungsaufwand in Höhe von 2.521,85 €. Hiervon ist die vorgerichtliche Zahlung der Beklagten in Höhe von 475,33 € in Abzug zu bringen, so dass ein Betrag von 2.046,52 € verbleibt. Von diesem Betrag, ist die im Laufe des Rechtsstreites geleistete Zahlung der Beklagten in Höhe von 524,67 € in Abzug zu bringen.

Es verbleibt mithin ein Freistellungsanspruch in Höhe von 1.521,85 €. Der darüber hinausgehende bezifferte Freistellungsanspruch ist unbegründet. Soweit die Klägerin auch die Freistellung von Zinsen geltend macht, ist nicht dargelegt worden, dass die Fa. Autohaus K. gegenüber der Klägerin einen Zinsanspruch geltend macht. Soweit ein Anspruch der Fa. Autohaus K. gegenüber der Klägerin nicht dargelegt wird, besteht auch kein Freistellungsanspruch der Klägerin gegen­über der Beklagten.

Soweit das AG Wiesbaden.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Wiesbaden verurteilt Helvetia Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

  1. Denny Haack sagt:

    Guten Tag,

    ich hätte zu diesem Beitrag eine Frage, unzwar hatte ich Anfang Dezember einen Unfall mit einem Mandanten von Helvetia Versicherungen.

    Mein Auto kam mit Totalschaden aus diesem Unfall heraus. Da ich jeden Tag 20km mit dem Auto zurücklegen muss, ist dies sehr ärgerlich.

    Als ich 2 Wochen nach dem Unfall noch keine Meldung der Versicherung hatte, rief ich dort an und stellte zu meinem Empören fest, dass der Unfall vom Mandanten noch nicht einmal gemeldet war.

    Nun habe ich letzte Woche endlich einen Brief von Helvetia erhalten aber seit dem Unfalltag weder einen Leihwagen noch Nutzungsausfall angeboten bekommen.

    Wie sollte ich mich jetzt verhalten? Ich sitze seit Anfang Dezember auf meinen zusätzlichen Kosten für die 20km-Fahrt. Nun habe ein Schreiben aufgesetzt, in dem ich um Nutzungsausfallentschädigung bitte, da ich keinen Leihwagen in Anspruch nehmen wollte.

    Ich hoffe mir kann jemand weiterhelfen, über eine Email würde ich mich sehr freuen.

    Vielen Dank im Voraus.

    Mit freundlichen Grüßen

  2. Glöckchen sagt:

    Hi Denny
    Du bist nicht sofort zum Anwalt,jetzt fahren die mit Dir „Schlitten“!
    Wo wohnst Du denn;vielleicht kann ich Dir einen Anwalt empfehlen.

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