BGH verhandelt zu Fraunhofer am 12.4.2011 zu dem Aktenzeichen VI ZR 300/09.

Verhandlungstermin: 12. April 2011

VI ZR 300/09

AG Bad Hersfeld – Urteil vom 30. Dezember 2008 – 10 C 575/08 (10)
LG Fulda – Urteil vom 18. September 2009 – 1 S 4/09

Die Parteien streiten um Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall. Die Klägerin, eine Autovermietung, stellte unter Anwendung eines so genannten Einheitstarifs Mietwagenkosten in Höhe von 2.832, 20 € in Rechnung. Unter Abzug einer Eigenersparnis verlangte sie von dem beklagten Haftpflichtversicherer 2.757,32 €, erhielt jedoch lediglich 1.999,20 € ersetzt.

Das Amtsgericht hat der auf Zahlung der Differenz gerichteten Klage stattgegeben, wobei es für die Schätzung des zu ersetzenden Betrags (vgl. § 249 Abs. 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO) von der so genannten Schwacke – Liste der Firma Eurotax Schwacke GmbH ausgegangen ist. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte und zu ersetzende Betrag wurde vom Berufungsgericht nunmehr auf der Grundlage einer Studie des Frauenhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008“ ermittelt. Die Schwacke – Listen wiesen erhebliche Defizite in der Methodik der Datenerhebung auf und stellten keine geeignete Schätzgrundlage dar. Daher sei die Frauenhofer – Studie vorzuziehen.

Gegen diese Auffassung wendet sich die Klägerin mit der Revision. Diese gibt dem VI. Zivilsenat die Möglichkeit, zu der bei den Instanzgerichten umstrittenen und in der Praxis häufig vorkommenden Frage Stellung zu nehmen, welche Schätzgrundlage bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten zugrunde gelegt werden darf.

So war es auf dem Ankündigungsbericht des BGH auf der kalendarischen Vorschau – Terminübersicht zu lesen.

Man wird gespannt sein, was der VI. Zivilsenat des BGH in der mündlichen Verhandlung an Bedenken hinsichtlich Fraunhofer vorzubringen hat. Eigentlich erstaunt der abschließende Satz der Terminsankündigung. Ging es bisher doch immer um das Ermessen des besonders freigestellten Tatrichters nach § 287 ZPO hinsichtlich der Bemessungsgrundlage, so soll nunmehr dieser Rechtsstreit dem Senat Gelegenheit bieten, Stellung zu nehmen, welche Schätzgrundlage bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten zugrunde gelegt werden darf. Dann müsste sich nach der Terminsankündigung der VI. Zivilsenat allerdings festlegen. Warten wir es ab. Dieser Blog wird darüber berichten.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs – Terminhinweise

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>> 

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20 Antworten zu BGH verhandelt zu Fraunhofer am 12.4.2011 zu dem Aktenzeichen VI ZR 300/09.

  1. Schwarzkittel sagt:

    „Man wird gespannt sein, was der VI. Zivilsenat des BGH in der mündlichen Verhandlung an Bedenken hinsichtlich Fraunhofer vorzubringen hat.“

    Offensichtlich wissen wir alle nichts:

    Wenn der BGH sich tatsächlich mit Schätzgrundlagen beschäftigen will, wird er wahrscheinlich nur Ausführungen machen, wie konkret Einwände gegen eine Schätzgrundlage sein müssen und eventuell welche Anforderungen an die Beweisführung zu stellen sind.

    Für eine Urteil „Pro Schwacke“ spräche, dass der BGH die Revision nicht gleich abgebügelt hat (§ 552a ZPO). Genauso kann aber auch argumentiert werden, dass der BGH endlich Nägel mit Köpfen macht und „Fraunhofer“ durchdrücken will.

    Man darf gespannt sein, ob die BGH-Richter wirtschaftlichen Sachverstand und Sachkenntnis haben.

    Grüße aus der Suhle

    Schwarzkittel

  2. Klaus Kannenberg sagt:

    Vielleicht hat aber auch der eine oder andere mitlesende Sachverständige aus KA und Umgegend Zeit und Gelegenheit, an der öffentlichen mündlichen Verhandlung des VI. Zivilsenates des BGH in dessen heiligen Hallen teilzunehmen. Wie ich erfahren habe, waren einige bei der mündlichen Verhandlung im Urheberrechtsstreitverfahren auch als Zuhörer zugegen.

  3. Klaus Kannenberg sagt:

    Hi Willi,
    hat Herr Bundesrichter Wellner vom zuständigen VI. Zivilsenat denn schon etwas in seinen Vortragsreihen verlauten lassen? So stochert man doch nur rum im Heuhaufen und findet nichts.
    Grüße
    Klaus

  4. Bruno Reimöller sagt:

    Hi Willi,
    eigentlich könnte der BGH die Fraunhofer-Liste gar nicht heranziehen, weil diese eine Vorbuchzeit voraussetzt. Wer kann schon im Vorhinein angeben, wann er einen Unfall hat und wann er ein Ersatzfahrzeug benötigt? Darüber hinaus beruhen die Preise bei Fraunhofer auf anonymen Internetanfragen. Wer hat aber zum Unfall schon seinen Rechner dabei? Wenn der VI. Zivilsenat, gewissenhaft an die Lösung der Frage, welcher Berechnungsmethode der Vorzug zu geben sei, herangeht, wovon ich überzeugt bin, dann muss eigentlich das Pendel Richtung Schwacke ausschlagen. Auch das engmaschigere Netz spricht für Schwacke. Zwei Ziffern der Postleitzahlen, wie bei Fraunhofer, bedeuten doch, dass landwirtschaftliche Gebiete und Großstädte, z.B. im Bereich Duisburg, das bis zur niederländischen Grenze reicht, vermischt werden. Warten wir es aber ab. Anderes bleibt einem ja sowieso nicht übrig.
    Grüße
    Bruno

  5. vermieter sagt:

    dieses urteil wird für die autovermieter entweder existenzen sichern oder vernichten, und im falle von pro schwacke,währe mit einem schlag ruhe in gerichtsverfahren.

  6. Willi Wacker sagt:

    Hallo vermieter,
    selbst wenn der BGH pro Schwacke entscheidet, wird die Versicherungswirtschaft Mittel und Wege finden, um das Urteil wieder fehlzuinterpretieren. Wie bisher. Ruhe wird mit einem Pro Schwacke-Urteil auch nicht eintreten.
    Siehe Urheberrechts-Urteil und Restwert-Urteile des BGH!.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  7. Bruno sagt:

    Mittel und Wege haben die schon lange gefunden.
    Wenn man die Urteile der letzten Jahre betrachtet muss es doch irgendeinen V-Mann geben der für die verfänglichen Nebensätze in den Urteilen sorgt, die eine Falschauslegung erst ermöglichen? Um den Weg dafür zu ebnen gibt es eigentlich nur ein Mittel?

  8. Bruno Reimöller sagt:

    Hi Namenskollege,
    Warum muss es einen V-Mann geben? Die Qualität der BGH-Urteile leidet eben auch. Früher waren die BGH-Urteile auch aus sich heraus begründbar. Dies ist leider nicht mehr der Fall. Insbesondere der VI. ZS. gibt kaum noch eine Begründung für seine Entscheidung in den Urteilsgründen bekannt, anders als der I. ZS, der z.B. das Urheberrechtsurteil sauber begründet hat, dass die Versicherungen keine Möglichkeiten der Fehlinterpretation hatten.
    Was soll denn der Schlusssatz:“Um den Weg dafür zu ebnen gibt es eigentlich nur ein Mittel?“ Erstens ist der Satz kein Fragesatz, zweitens sollte man dann schon den Weg aufzeichnen, den man meint. Ansonsten ist das Stil der Bildungszeitung, und diesen Stil sollte dieser Blog tunlichst vermeiden!

  9. Bruno sagt:

    Einige meinen die Erde sei eine Scheibe, andere sind nur blind.

  10. Bruno Reimöller sagt:

    Hi Namenskollege,
    auf das Niveau lass ich mich nicht ein. Und tschüss!

  11. Autovermieter sagt:

    Vielleicht kommt der VI. Zivilsenat mit Richter Wellner aber auch auf den Trichter, dass Schwacke eine geeignete Schätzgrundlage ist und der besonders freigestellte Tatrichter nach § 287 ZPO auch von dieser Schätzgrundlage ausgehen kann, wenn nicht gravierende Mängel der Schätzgrundlage vorgetragen wurden. Die von der Beklagten vorgetragenen Argumente für Fraunhofer hebeln aber nicht Schwacke aus, sondern betrachten die Erhebungen nach Fraunhofer aus einer anderen Perspektive, die jedoch für den konkreten Fall nicht zutreffen, denn der Geschädigte konnte gar nicht 7 Tage vor dem Unfall den Mietwagen zu den von der Beklagten ausgeführten Preisen anmieten. Dann hätte er Hellseher sein müssen, dann hätte er aber auch den Unfall vorhergesehen und diesen sicherlich vermieden. Schon wegen der Vorbuchzeit kann Fraunhofer keine geeignete Schätzgrundlage für spontane Autoanmietungen nach einem Unfall sein. Die Ansicht der Landrichter ist daher rechtsfehlerhaft. So könnte es eventuell auch laufen. Der VI. Zivilsenat hält nämlich den § 287 ZPO besonders hoch und betont immer wieder den besonders freigestellten Tatrichter. Der kann aber nur mangelfreie Schätzgrundlagern zugrunde legen.
    Also warten wir es ab. Alles andere wäre Kaffeesatzlesen.

  12. vermieter sagt:

    Kurz und knapp JEPP

  13. carento sagt:

    Ich denke, es wird laufen, wie in so vielen anderen BGH-Verfahren:

    Gibt der BGH in der mündlichen Verhandlung eindeutige Hinweise dahingehend, dass die Heranziehung der Fraunhofer-Erhebung als Schätzungsgrundlage auch nur fraglich sein könnte, wird die Versicherung die ausstehenden Mietwagenkosten anerkennen und ausgleichen.

    Damit ist dann auch dieses Verfahren beendet, ohne dass eine Entscheidung zur Thematik ergehen wird.

    Die Versicherngswirtschaft scheut eine Anti-Fraunhofer-Entscheidung des BGH wie der Teufel das Weihwasser.

    Wir sollten uns da überhaupt keine Illusionen machen: Es wird in diesem Verfahren kein Urteil geben!

  14. Neuer sagt:

    Es wäre ja zu hoffen, dass endlich einmal ein klares Wort in die eine oder die andere Richtung gesprochen wird.

    Bzgl. des Totschlagarguments „Vorbuchzeit“ sollte man aber schon in der Lage sein, die Sache etwas differenzierter zu betrachten. Es geht nämlich bei Rechtsstreitigkeiten zu den Mietwagenkosten nur in Ausnahmefällen um Notsituationen, wo unbedingt sofort ein Fahrzeug benötigt wird.

    Spricht es tatsächlich für die gebotene Objektivität, in solchen Fällen, wo tatsächlich erst zehn Tage oder zwei Wochen nach dem Unfall ein Fahrzeug gemietet wurde, auf die Unzulässigkeit der Vorbuchzeit hinzuweisen?

  15. vermieter sagt:

    Nein aber auf das Postleitzahlengebiet, wie hier bei uns im ländlichen Raum, Zusatzkosten ( welche auch von den BIG 4 genommen werden) und auch der Objektivität der Listen,denn wenn ich die preise schon seit 2 jahren jeden tag von 2 nahmhaften autovermietern ausdrucke und mal mit fraunhofer vergleiche, passt da was total nicht.

  16. R.G. sagt:

    So, wenn nun alle, mehr oder weniger überschäumend, ihr Pulver verschossen haben, könnten wir vielleicht einmal überlegen, welche Merkwürdigkeiten ansonsten noch von Interesse sind und hier mit der gebotenen Distanz diskutabel wären.

    R.G.

  17. Willi Wacker sagt:

    Ich denke auch, dass die Versicherer eine BGH-Entscheidung contra Fraunhofer scheuen, wie carento es formuliert hat, nämlich wie der Teufel das Weihwasser. Mithin werden sie vermutlich alles tun, um eine Entscheidung zu vermeiden. Der VI. ZS muss aber nicht unbedingt die Katze aus dem Sack lassen. Auch der I. ZS hat die HUK-Coburg zappeln lassen. Der Prozessbevollmächtigte der HUK-Coburg hat auch die Signale des Senates in der mündlichen Verhandlung nicht vernommen oder besser gesagt, er wollte sie nicht vernehmen und war sich seiner Sache zu sicher. Das Ergebnis mit dem Urheberrechtsurteil ist bekannt. Bedauerlicherweise ist aber nicht der I. ZS am Zuge, sondern der VI. ZS. Zumindest bei spontaner Anmietung kann Fraunhofer keine Schätzgrundlage sein. Das Totschlagargument zählt bei sofortiger Anmietung nach dem Unfall sehr wohl, selbst wenn die Versicherer das nicht gerne hören. Aber man muss auch mal Unangenehmes vernehmen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  18. Neuer sagt:

    Willi Wacker:
    „Zumindest bei spontaner Anmietung kann Fraunhofer keine Schätzgrundlage sein. Das Totschlagargument zählt bei sofortiger Anmietung nach dem Unfall sehr wohl“

    Das sehe ich auch so. Es ist aber eben nicht die Regel, dass sich der Versicherer mit der Fraunhofer-Argumentation in einen Rechtsstreit gestürzt hat, wenn der Mietwagen direkt nach dem Unfall gebucht wurde.

    Dagegen kenne ich eine ganze Reihe von Zivilverfahren, wo trotz einer Anmietung erst mehr als eine Woche nach dem Unfall fleißig auf Basis Schwacke geklagt wird. Das ist – wie die hier veröffentlichen Urteile zeigen – ja noch ok, wenn dabei aber gleichzeitig Fraunhofer mit dem Argument „Vorbuchzeit“ abgelehnt wird, ist die Argumentation vorsichtig gesagt nicht ganz schlüssig.

  19. Willi Wacker sagt:

    Hallo Neuer,
    dem stimme ich zu.
    Nach einer Woche Ersatzwagen anmieten und Schwacke zugrunde legen und gleichzeitig argumentieren Fraunhofer sei keine geeignete Schätzgrundlage, weil diese eine siebentägige Vorbuchzeit erfasse, ist in der Tat widersprüchlich. Was ich im Auge hatte war die sofortige Anmietung nach dem Unfall.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  20. vermieter sagt:

    da gebe ich dir schon recht,wäre aber noch die fragen der kosten der vorfinanzierung,örtlich relevanter markt(siehe restwertentscheidung),preise unter nutzungsausfall und ohne nebenkosten, ich denke der bgh wird keine klare entscheidung pro oder kontra sprechen,wie er ja auch schon in vorherigen urteilen gemacht hat, es ist ermessen des richters, ausser wenn gravierende mängel aufgedeckt werden, oder warum werden internetpreise der big4 genommen?sollen wir uns daran halten? im umkehrschluss,soll der sachverständige die preise der billig konk. nehmen,wenn der unfall schon ne woche her ist,soll er dann preise vergleichen und zb. carexpert nehmen?
    nein
    also liegt es doch an allen, sich auf die dumpingpreise der versicherer nicht einzulassen oder legt euch der versicherer seine kalkulation seiner prämien offen, wie er es von uns fordert?
    nein
    im sachverständigenrecht sind vereinbarungen mit versicherungen verpönnt, warum nicht auch bei autovermietern?
    so, nun genug dazu, warten wir es ab und hoffen das der kläger seine klage gut aufgebaut hat.

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