AG Eisleben verurteilt VN der HUK Coburg zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (Az.: 23 C 220/10 vom 17.03.2011)

Mit Entscheidung vom 17.03.2011 (23 C 220/10) wurde der Versicherungsnehmer der HUK Coburg Versicherung durch das Amtsgericht Eisleben zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars verurteilt. Der Sachverständige klagte aus abgetretenem Recht gegen den VN der HUK, da dessen Haftpflichtversicherung die ordnungsgemäße Erstattung des vollständigen Sachverständigenhonorars verweigert hatte. Auch bei diesem Prozess fand das Gesprächsergebnis BVSK/HUK-Coburg (Sondervereinbarung des BVSK mit der HUK) keine Verwendung. Das Urteil wurde erstritten und mitgeteilt von Herrn Rechtsanwalt Lange aus Halle an der Saale.

Amtsgericht                                                 Verkündet am: 17.03.2011
Eisleben

Geschäfts-Nr.:
23 C 220/10

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn

Kläger

gegen Herrn

Beklagter

hat das Amtsgericht Eisleben durch … auf die mündliche Verhandlung vom 03.02.2011

für Recht erkannt:

1.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 418,84 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.01.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 70,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (27.11.2010) zu zahlen.

2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

4.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gem. § 313 a Abs. 1 S.1 ZPO bedarf das Urteil keines Tatbestandes.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist – bis auf einen Teil der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten – begründet.

Der klagende Sachverständige hat aus abgetretenem Recht des Unfallgeschädigten … gegen den Beklagten einen weiteren Anspruch auf Ersatz der restlichen Gutachterkosten (§§ 398, 631, 632 BGB, 7 Abs.1 StVG).

I.

Bedenken gegen die Aktivlegitimation des Klägers bestehen nicht. Aufgrund der hier vorliegenden Sicherungsabtretung hat der Kläger im Verhältnis zum Beklagten alle dem ursprünglichen Gläubiger … zustehenden Rechte erlangt (vgl. Palandt / Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 389 Rn. 23 m.w.N.). Er kann also die Forderung gerichtlich geltend machen. Ohne dass es auf das Innenverhältnis zwischen dem Kläger und dem Geschädigten … entscheidend ankommt, hat der Kläger von diesem unstreitig keine Leistung erhalten, sodass er mit der vorliegenden Klage ein eigenes Geschäft wahrnimmt. Daran würde ggf. auch der Umstand nichts ändern, dass er dem Geschädigten … über die nunmehr noch streitige Restvergütung keine Rechnung erteilt hat. Der Ansicht des Beklagten, durch den Kläger sei gegenüber dem Beklagten eine umfassende Rechtsberatung zu schwierigen Rechtsfragen wie zur Haftungsquote und zur schlüssigen Begründung der Alleinhaftung des Unfallgegners erfolgt und deshalb habe es einer Genehmigung nach dem RDG bedurft, folgt das Gericht nicht, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Kläger gegenüber dem Unfallgeschädigten derart umfassend rechtsberatend tätig geworden ist.

II.

Die Kosten für ein Schadensgutachten gehören zum Herstellungsaufwand des § 249 BGB, weil der Fahrzeugschaden nach einem Unfall in der Regel nur auf der Grundlage eines solchen Gutachtens zuverlässig festgestellt werden kann. Diese Kosten sind deshalb durch den Schädiger zu ersetzen.

Dass der Sachverständige in zulässiger Weise sein Honorar auf der Basis der Schadenshöhe abrechnen durfte, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Nach der vom Kläger zit. Rechtsprechung des OLG Naumburg (Urteil vom 20.01.2006 –4 U 49/05), der sich das Gericht insoweit anschließt, ist der Kfz-Sachverständige, den der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall hinzuzieht, kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden ihm nach §§ 254 Abs.2 S.2, 278 BGB zugerechnet würde. Auch wenn der Sachverständige seine Vergütung aus abgetretenem Recht selbst geltend macht, ist der Unfallverursacher wie im Verhältnis zum Geschädigten selbst gehindert, sich auf eine angebliche Überhöhung der Sachverständigenkosten zu berufen (OLG Naumburg, a.a.O., Orientierungssatz 3.), denn geltend gemacht werden die Ersatzansprüche des Geschädigten, die sich durch die Abtretung weder verändern noch umwandeln (OLG Naumburg, a.a.O., Rn. 52). Überhöhte Gutachterkosten sowie die Nebenforderungen (Fahrtkosten, Fotos, Porto/Telefon) wären ggf. nur dann nicht erstattungsfähig, wenn den Geschädigten ein Auswahlverschulden trifft oder er die Unangemessenheit der Honorarforderung ohne Weiteres erkennen und zurückweisen konnte. Solange für den Geschädigten dafür keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, ist er auch nicht gehalten, vor der Erteilung des Gutachtenauftrages Vergleichsangebote anderer Sachverständiger heranzuziehen oder diesbezüglich eine „Marktforschung“ zu betreiben. Das ist dem Unfallgeschädigten einerseits nicht zuzumuten und andererseits auch nicht möglich, da ein Preisvergleich der Sachverständigen-Honorare ohne Kenntnis von dem mit der Begutachtung verbundenen Aufwand und vom Schadensumfang kaum durchführbar sein dürfte, sodass im Zusammenhang mit einem solchen Preisvergleich zuvor eine Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige unumgänglich wäre. Denn es bestehen keine einheitlichen Gebühren und keine allgemein zugänglichen Preislisten

Anhaltspunkte für ein eventuelles Auswahlverschulden des Geschädigten … bei der Beauftragung des Klägers sind nicht ersichtlich und durch den Beklagten auch nicht vorgetragen. Auch die Höhe des geltend gemachten Honorars steht nicht in einem für den Geschädigten offensichtlichen Missverhältnis zur Schadenshöhe. Nach einem Urteil des LG Dortmund vom 05.08.2010, dem sich das Gericht anschließt, ist das Pauschalhonorar eines Sachverständigen nämlich dann als angemessen anzusehen, wenn sich dieses – wie im vorliegenden Fall – innerhalb des Honorarkorridors der vom BVSK vorgenommenen Befragung zur Höhe des üblichen Sachverständigenhonorars 2008/2009 bewegt. Das Gesprächsergebnis des BVSK mit verschiedenen Versicherungsunternehmen (hier aus 2009) ist nach dem zit. Urteil des LG Dortmund dagegen nicht geeignet, das erstattungsfähige Honorar darzulegen, weil sich daraus keine Rückschlüsse auf die Ortsüblichkeit eines Honorars, auf die es vorliegend aber entscheidend ankommt, ziehen lassen.

III.

Die Zinsen und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren schuldet der Beklagte wegen seines Zahlungsverzuges gem. §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 und Abs.4, 280 Abs.1 und 2 BGB.

Dabei sind die zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs aufgewendeten Rechtsanwaltskosten, die als materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch (Palandt / Grüneberg, a.a.O., § 249, Rn. 56 m.w.N.) auch von der Ersatzpflicht des § 249 BGB umfasst sind, in der Höhe jedoch nur im Umfang einer 1,3 Geschäftsgebühr zu erstatten. Denn der vorliegende Fall ist allenfalls durchschnittlich schwierig. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 31.10.2006 (VI ZR 261/05) für einen „durchschnittlichen“ bzw. einen „normalen“ Verkehrsunfall eine 1,3 Geschäftsgebühr für gerechtfertigt erachtet und ausgeführt, dass in durchschnittlichen Fällen die Schwellengebühr von 1,3 eine Regelgebühr darstellt.

Da im vorliegenden Fall die Haftungsquote unstreitig und bis auf die restlichen Sachverstänndigenkosten alle Schadenspositionen geklärt waren, ist eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nicht mehr angemessen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.2 Nr.1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu AG Eisleben verurteilt VN der HUK Coburg zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (Az.: 23 C 220/10 vom 17.03.2011)

  1. Willi Wacker sagt:

    … und schon wieder ein Urteil für die Liste Gesprächsergebnis BVSK – HUK-Coburg. Ich habe meine Liste schon um das Urteil aus Eisleben schon ergänzt. Eigentlich ist aber jedes Urteil, das dem Sachverständigen das von ihm geforderte Honorar als Schadensposition Sachverständigenkosten zuspricht, ein Urteil gegen das Gesprächsergebnis, es sei denn der SV rechnet nach diesem Gesprächsergebnis ab. Gleichwohl ist es schon richtig, eine entsprechende Liste zu fertigen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

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