AG München verneint mit Urteil vom 26.11.2010 -345 C 13793/10- die Pflicht zur Nachbesichtigung und verurteilt die HUK-Coburg a.G. zur Zahlung des vollständigen Schadensersatzes.

Hallo liebe Leser,

hier kommt ein weiteres interessantes  Urteil  aus München. Auch dieses Urteil wurde  erstritten und übersandt durch die Kanzlei Kaiser & Kollegen aus Mannheim. Interessant an dem Urteil ist zum einen, dass das Gericht – zutreffend – eine Pflicht des Geschädigten zur Nachbesichtigung  durch die DEKRA verneint hat. Es gibt grundsätzlich kein Recht des Schädigers zur Nachbesichtigung. Das muss sich jetzt auch einmal die HUK-Coburg merken.  Zum anderen ist die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung, hier die HUK-Coburg a.G., verpflichtet auch bei geringen Schäden die notwendigen Sachverständigenkosten zu erstatten. Das Bestreiten der Passivlegitimation bringt auch nichts. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.

AG München

Az.: 345 C 13793/10

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK-Coburg a.G., vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Weiler, Martin-Greif-Straße 1, 80222 München

– Beklagte –

wegen Schadenersatz

erlässt das Amtsgericht München durch den Richter am Amtsgericht … am 26.11.2010 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 128 Abs. 3 ZPO folgendes

Teilanerkenntnis und Endurteil

I. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber dem Sachverständigenbüro von der Forderung in Höhe von EUR 421,89 aus der Liquidation vom 09.03.2010 ) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 27.03.2010 freizustellen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 958,68 nebst Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.03.2010 zuzüglich EUR 186,24 vorgerichtliche Kosten zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klagepartei zu 15 % und die Beklagtenpartei zu 85 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann von dem Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages und von der beklagten Partei in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Der Streitwert wird auf EUR 1.551,48 festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzforderungen aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 06.03.2010 ereignet hat.
Die Beklagte ist die Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … , welches den Unfall verursacht hat.
Die grundsätzliche Haftung ist unstreitig.

Der Kläger macht geltend:

Reparaturkosten netto: EUR 1.099,59
Sachverständigenkosten brutto: EUR 421,89
und
Kostenpauschale in Höhe von: EUR 30,00.

Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.129,59 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 27.03.2010 sowie EUR 261,21 an aussergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger gegenüber dem Sachverständigenbüro … , von der Forderung in Höhe von EUR 421,89 aus der Liquidation vom 09.03.2010 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 27.03.2010 freizustellen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die geltend gemachten Reparaturkosten der Höhe nach und ebenso die Höhe der Sachverständigenkosten.
Weiterhin wird die Höhe der Kostenpauschale als zu hoch bezeichnet.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigenbüros … .

Es wird auf das Gutachten verwiesen.

Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch gemäß §§ 7 Abs. 1,18 Abs. 1 StVG, § 115 VVGzu.

Die grundsätzliche Haftung ist unstrittig.

Auch die Passivlegitimation der Beklagten wurde durch den Kläger dargestellt.

Die Klagepartei hat auch hinsichtlich der hier geltend gemachten Sachverständigenkosten gemäß § 249 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte.

Das Sachverständigengutachten dient der Ermittlung des Schadensumfangs.

Die Kosten hierfür hat der Ersatzpflichtige als Ersatzfolgeschaden gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu tragen.

Durch das Sachverständigengutachten wird der Geschädigte häufig erst in die Lage versetzt, zu entscheiden, welche konkrete Schadensabrechnungsart er wählen will.

Dies gilt auch in der Höhe von EUR 421,89.

Der Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über einen Kraftfahrzeugunfallschaden ist ein Werkvertrag. Die Vergütung für ein Verkehrsunfallgutachten eines Sachverständigen richtet sich, wenn keine bestimmte Vergütung vereinbart ist, mangels einer Taxe im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB nach der üblichen Vergütung.

In Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar, wie hier, kann grundsätzlich als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verlangt werden (BGH NJW 2007, 1450).

Allein dadurch, dass ein Sachverständiger eine an der Schadenshöhe Pauschalierung vornimmt, überschreitet er nicht die Grenze zulässiger Preisgestaltung (BGH NJW 2006, 2472).

Zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, ist ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet (OLG München, Aktenzeichen: 10 U 3258/09).

Der Sachverständige ist auch nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten und dieser muss sich ein etwaiges Verschulden des Sachverständigen nicht anrechnen lassen. Das geltend gemachte Honorar ist auch unter Berücksichtigung der Honorarbefragung des BVSK 2005/2006 als üblich anzusehen. Auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten ist die Üblichkeit nicht überschritten, so dass die Gesamtrechnung des Sachverständigen nicht zu beanstanden ist.

Da eine Reparatur nicht nachgewiesen ist, sind lediglich die Nettoreparaturkosten ersatzfähig.

Der Sachverständige … kam zu Nettoreparaturkosten in Höhe von EUR 933,68.

Das Gericht folgt den Ausführungen des erfahrenen Sachverständigen, welcher sein Gutachten nachvollziehbar darstellte.

Es erfolgt in Höhe von EUR 933,68 ein Anerkenntnis durch die Beklagte.

Nach Ansicht des Gerichts liegt jedoch kein sofortiges Anerkenntnis vor, so dass die Kostenfolge gemäß § 93 ZPO, wie von den Beklagten gewünscht, nicht eintreten konnte. Der Kläger war hier nicht verpflichtet, eine Nachbesichtigung durch die DEKRA zu ermöglichen.

Zum einen hat er zur Geltendmachung seiner Ansprüche ein von ihm beauftragtes Sachverständigengutachten vorgelegt, im Übrigen hat er unwidersprochen angeboten die Versicherung könne einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen, dem er eine Besichtigung gestatten würde.

Die Kostenpauschale beträgt im vorliegenden Fall nur EUR 25,00, (siehe OLG München, Urteil vom 13.11.2009, Aktenzeichen 10 U 3258/09).

Dementsprechend ergab sich ein Ersatzbetrag in Höhe von EUR 958,68.

Der Schadensersatzanspruch der Klagepartei war gemäß §§ 286, 288 BGB zu verzinsen.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren berechnen sich aus dem verminderten erfolgreichen Gegenstandswert. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen ersatzfähigen Schadensposten. Dabei legte das Gericht zum einen zugrunde die EUR 958,68, zu denen die Beklagte verurteilt wird, aber auch den Freistellungsanspruch, welcher ebenfalls erfolgreich eingeklagt wurde.

Unter Berücksichtigung einer Pauschale von EUR 20,00 und 19% Mehrwertsteuer ergab sich ein Betrag von EUR 186,24. Nach Ansicht des Gerichts ist lediglich eine 1,3-Gebühr angemessen. Bei diesem Wert handelt es sich um eine sogenannte Schwellengebühr. Die herrschende Rechtsprechung geht davon aus, dass es sich bei der Abwicklung eines üblichen Verkehrsunfalls auch nach Inkrafttreten des RVG grundsätzlich um eine durchschnittliche Angelegenheit handelt, bei der die Berechnung einer 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 W RVG angemessen ist (so OLG München, Hinweis vom 19.04.2006, Aktenzeichen: 10 U 1613/06).

Das Gericht folgt dem Kläger nicht dahingehend, dass bereits die Weigerungshaltung der Beklagten einen erhöhten Aufwand rechtfertigt. Dies ist bei gerichtlich geltend gemachten Forderungen stets gegeben und führt nicht zu einer Erhöhung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG München verneint mit Urteil vom 26.11.2010 -345 C 13793/10- die Pflicht zur Nachbesichtigung und verurteilt die HUK-Coburg a.G. zur Zahlung des vollständigen Schadensersatzes.

  1. Anton Allgaier sagt:

    Bevor bei dem Urteil des AG Bergen jetzt weiter gestritten wird, sollte man das Augenmerk auf dieses Urteil richten. Auch das AG München sieht, wie viele andere Gerichte, ein Nachbesichtigungsrecht der Versicherung nicht gegeben. Wäre ja auch zu schön, wenn die Versicherung die Dekra kommen lässt, der Dekra-Mensch macht Fotos und die kann man dann in die Restwertbörse stellen. So hat man sauber das Urheberrechtsurteil umgangen. Nein, das kann und darf nicht sein. Ein sauberes Urteil diesbezüglich.
    Servus
    Anton A.

  2. Ra Imhof sagt:

    Falsch ist die Kürzung bei den Ra-Kosten,vergl.BGH v.13.01.2011 IX ZR 110/10.
    Auch die Verurteilung lediglich zur Freistellung bei den Gutachterkosten verkennt die BGH-Rechtsprechung zu §250 S.2 BGB (BGH NJW 1992,2222;BGH LM §249 (Gb) Nr.3 Bl 2).
    Ansonsten aber ein vertretbares Urteil,insbesondere weil es die sonst aus München zu vernehmende Abwägung prozentualer Relation von Schadenshöhe und Gutachterkosten vermeidet.

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