AG Springe verurteilt Beklagten zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 10.12.2008 (4 C 270/07) hat das AG Springe den Beklagten zur Freistellung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 464,56 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde .

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger aktivlegitimiert, nachdem die Sicherungsabtretung durch die A. widerrief und der Kläger zur Zahlung der noch offenstehenden Mietwagenrechnung aufgefordert wurde.

Die Klage hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 464,56 € EUR gemäß §§ 823, 249 BGB, 7 StVG zu.

Die geltend gemachten Mietwagenkosten stellen sich in diesem Umfang als objektiv erforderlicher und damit ersatzfähiger Herstellungsaufwand i. S. d. § 249 Abs.2 Satz 1 BGB dar.

Nach der gefestigten Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.

Dies bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (zuletzt BGH NJW 2008, 2910). Sofern der Geschädigte einen Wagen zu einem gegenüber dem Normaltarif erhöhten Unfallersatztarif anmietet, sind die zusätzlichen Kosten nur ersatzfähig, wenn der höhere Preis durch die Besonderheiten der Unfallsituation gerechtfertigt ist, weil er auf Leistungen des Vermieters beruht, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (BGH Urteil v. 9.10.2007 VI ZR 27/07; Urteil v. 12.6.2007 VI ZR 161/06; Urteil vom 9.5.2006 VI ZR 117/05). Der Geschädigte kann Mietwagenkosten, die den Normaltarif übersteigen, auch dann verlangen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war (BGH Urteil v. 11.3.2008 VI ZR 164/07; Urteil vom 9.5.2006 VI ZR 117/05). Dies gilt sogar dann, wenn der Autovermieter nicht auf der Grundlage eines Unfallersatztarifs abrechnet, sondern einen Normaltarif zugrunde legt, der weit über dem Durchschnitt der auf dem örtlichen Markt zugänglichen Normaltarife liegt (BGH Urteil v. 9.10.2007 VI ZR 27/07).

Der dem Kläger in Rechnung gestellte Tarif liegt über den durchschnittlichen Preisen für Normaltarife im Raum L.. Das Gericht schätzt diesen Normaltarif auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels.

Das Gericht bezog sich bei der Beurteilung der zum Mietzeitpunkt angemessenen Preise nicht auf das Gutachten des Dipl.-Ing. xx. Dem Sachverständigen gelang es nur, Internetangebote aus August 2008 einzuholen. Diese sind aufgrund der zeitlichen Differenz zur Mietzeit im Februar 2007 nicht aussagekräftig. Auch der Sachverständige konnte nicht sagen, ob die Preise im Februar 2007 nun niedriger oder höher ausgefallen sind. Zudem hat der Sachverständige lediglich Angebote aus dem Internet eingeholt. Dies stellt jedoch nicht den örtlich relevanten Markt dar. Nicht jeder Bundesbürger verfügt über einen Internetanschluss. Ein Verweis auf Einholung von Internetangeboten ist dem Geschädigten deshalb nicht zuzumuten.

Der Schwacke-Automietpreisspiegels 2006 stellt nach Auffassung des Gerichts eine geeignete Grundlage für eine Schadensschätzung im Rahmen des § 287 ZPO dar. Die von dem Beklagten vorgebrachten Bedenken gegen die Eignung dieses Mietspiegels als Schätzgrundlage erscheinen dem Gericht als nicht durchgreifend.

Derartige Bedenken ergeben sich nicht aus der angewandten Erhebungsmethode, Die von der Firma Schwacke erstellte Mietpreisliste ist vom Bundesgerichtshof ausdrücklich als geeignete Schätzgrundlage anerkannt worden (vgl. BGH Urteil vom 24.06.2008, VI ZR 234/07). Beim Automietpreisspiegel 2006 wurden Daten von mehr als 8700 Vermietstationen ausgewertet. Daraus folgt eine Rate von 12 Meldungen pro Postleitzahlengebiet. Angesichts dieses umfangreichen erfassten und ausgewerteten Datenbestandes reicht der Schwacke-Mietpreisspiegel als Schätzgrundlage aus. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind zudem nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH Urteil vom 24.06.2008, VI ZR 234/07). Hier liegt ein solcher Tatsachenvortrag durch den Beklagten nicht vor.

Die Frage, ob ein Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich i. S. d. § 249 BGB ist, kann vorliegend deshalb offen bleiben, da das Gericht davon ausging, dass dem Kläger die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu einem günstigeren “Normaltarif“ im Anschluss an das Unfallereignis ohne weiteres möglich war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein über den „Normaltarif“ hinausgehender Anspruch dann nicht gegeben, wenn einem Geschädigten ein solch günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (BGH, Urteil vom 14.10.2008 VI ZR 308/07).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da die Anmietung weder eilbedürftig war (der Kläger mietete das Ersatzfahrzeug fast 2 Monate später an) noch dargelegt ist, dass dem Kläger eine Vorfinanzierung des Mietpreises nicht möglich war.

Es ist Sache des Geschädigten darzulegen und zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbarer Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Unterlässt der Geschädigte die Nachfrage nach günstigeren Tarifen, geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und ggf. zu beweisen hat. Insofern liegt es anders als in Fällen, in denen die Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifs grundsätzlich gerechtfertigt erscheint. (BGH, Urteil vom 14.10.2008 VI ZR 308/07).

Der Kläger hat es hier unstreitig unterlassen, sich nach anderen Angeboten zu erkundigen. Hierzu hätte er aber in fast 2 Monaten ausreichend Zeit gehabt. Auch wenn bei dem örtlich relevanten Markt nicht von den Internetangeboten auszugehen ist, wäre es für den Kläger zumutbar gewesen, sich telefonisch oder selbst schriftlich andere Angebote einzuholen.

Diese Angebote waren dem Kläger auch zugänglich. Zwar will das Gericht nicht verkennen, dass der Markt für Autovermietungen absolut unübersichtlich ist, der Geschädigte muss aber zumindest geringe Bemühungen entfalten, den üblichen Preis für einen Mietwagen zu ermitteln und darf nicht das erste Angebot annehmen, zumal heutzutage jedem Verkehrsteilnehmer bekannt ist, dass auf dem Autovermietungsmarkt ein reger Wettbewerb herrscht und daher die Preise der einzelnen Anbieter sich erheblich unterscheiden. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, warum es ihm nicht möglich war, andere Angebote einzuholen.

Unerheblich ist dabei, dass die Autohaus xx den in Rechnung gestellten Tarif nicht als Unfalltarif bezeichnet. Entscheidend ist, dass der angebotene Tarif über dem auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen sog. „Normaltarif“ liegt. Das Gericht ist bei der Bemessung des Normaltarife vom gewichteten Mittel des Automietpreisspiegels 2006 (sog. „Modus“) ausgegangen. Das gewichtete Mittel gibt im Gegensatz zum ebenfalls ausgewiesenen arithmetischen Mittel tatsächlich angebotene Preise wider. Entsprechend stellt dieses – auch nach der Rechtsprechung des BGH -eine geeignete Grundlage für die Schätzung des „Normaltarifs“ dar,

Das beschädigte Fahrzeug des Klägers war in der Mietwagengruppe 4 der Schwacke-Liste „Automietpreisspiegel 2006“ im Postleitzahlengebiet 309 einzuordnen. Im Gegensatz zur Berechnung des Klägers waren nicht 9 Einzeltage zugrunde zu legen. Die voraussichtliche Reparaturdauer betrug 5 Tage. Da sich die Reparatur verzögerte und letztlich 9 Tage dauerte, hat das Gericht bei der Berechnung des „Normaltarifs“ eine 3-Tagespauschale von 240 € und sechs Tagespauschalen a 82 € zugrunde gelegt.

Von der erstattungsfähigen Grundgebühr waren die während der Mietdauer ersparten eigenen Aufwendungen des Klägers abzuziehen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat er nicht eine Klasse kleiner angemietet. Laut Auflistung typischer Klassenvertreter in der „Schwackeliste 2006“ ist der vom Kläger angemietete Golf ebenfalls der Klasse 4 zuzuordnen. Diese ersparten Aufwendungen hat das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 10 Prozent geschätzt.

Die in dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 ausgewiesenen Kosten für einen Zweitfahrer sind nicht erstattungsfähig. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass sich durch die Benennung einer als zusätzlichen Fahrer in Betracht kommenden Person ein die Tariferhöhung rechtfertigendes Sonderrisiko ergibt. Zudem hat der Kläger nicht vorgetragen, warum ein weiterer Fahrer das Ersatzfahrzeug nutzen musste.

Dagegen sind die Kosten für die Benutzung von Winterreifen erstattungsfähig. Der Kläger mietete das Ersatzfahrzeug im Februar an. Es ist dem Kläger nicht zuzumuten, zu dieser Jahreszeit ohne Winterreifen zu fahren.

Die Vollkaskoversicherung ist voll ersatzfähig, unabhängig davon, ob der Geschädigte für seinen eigenen Wagen eine solche Versicherung hat Wenn der Geschädigte eines Verkehrsunfalls einen Mietwagen nimmt, besteht für ihn ein erhöhtes Haftungsrisiko. Bei einem Unfall mit dem eigenen Fahrzeug ist er nicht gezwungen, den Schaden an diesem zu beheben und dafür Aufwendungen zu machen. Diese Entscheidung liegt in seiner Dispositionsfreiheit Bei einem Mietwagen ist er jedoch gegenüber dem Vermieter zum Ersatz von Schäden, die er an dem Mietwagen verursacht, verpflichtet. Will er dieses Risiko begrenzen, dann bleibt ihm nur der Abschluss einer Vollkaskoversicherung.

Die sich aus der „Schwackeliste 2006“ ergebenden Beträge sind an den seit 01.01.2007 geltenden Umsatzsteuersatz von 19 Prozent anzupassen. Zwar enthalten die dort aufgeführten Beträge die Umsatzsteuer, jedoch galt zum  Redaktionsschluss am 30.09.2006 noch der Umsatzsteuersatz von 16 Prozent.

Es ergibt sich damit folgende Berechnung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten:

3- Tagespauschale á 240 € (inkl. MwSt)                206,89 € (netto)

Klasse 4           -Modus-

6 Zusatztage á 82 € (inkl. MwSt)                           424,14 € (netto)

Klasse 4           -Modus-

                                                                              631,03 € (netto)

+ Vollkasko 3-Tagespauschale á 63 €                      54,31 € (netto)

Klasse 4        -Modus-

+ Vollkasko 6 Zusatztage á 21 €                            108,62 € (netto)

Klasse 4        -Modus-

+ 9 Tagespauschalen Winterreifen á 10 €                77,59 € (netto)

Klasse 4        -Modus-

                                                                                871,54 € (netto)

+ 19% MwSt                                                            165,59 €

-10 % Eigenersparnis                                              103,71 €

                                                                                933,42 €

Zahlung des Beklagten                                         – 468,86 €

                                                                               464.56 €

 Dem Kläger steht ein Anspruch auf Freistellung weiterer Rechtsanwaltskosten als der, die der Beklagte bereits vorprozessual gezahlt hat, nicht zu. Der Kläger ging hier von einem Streitwert von 7.095,52 € aus. Er legt jedoch nicht dar, wie er auf die Höhe dieses Streitwertes kommt. Laut dem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 02.03.2007 forderte dieser von dem Beklagten die Zahlung von Reparaturkosten in Höhe von 5.018,55 € sowie Mietwagenkosten in Höhe von 1.137,93 €. Mithin ergibt sich nach dem eigenen Vortrag ein Streitwert bis zu 7.000 €. Der Beklagte hat vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für einen Streitwert bis zu 7.000 € (nämlich 603,93 €) erstattet. Ein darüber hinausgehender Betrag steht dem Kläger nicht zu.

Soweit das AG Springe.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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