AG Heilbronn verurteilt HUK Coburg Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Datum vom 23.02.2011 (Az:  13 C 2798/10) hat das AG Heilbronn die HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 225,08 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht schätzt  auf der Grundlage der Schwacke-Liste.

Aus den Entscheidungsgründen:

I.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von restlichen Miet­wagenkosten in Höhe von noch 225,08 € gem. §§ 7, 18 StVG, §§ 115 Abs. 1 VVG.

1.

Der Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten besteht dem Grunde nach. Die allei­nige Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall vom xx.xx.2010 ist zwischen den Parteien unstreitig.

2.

Ein durch einen Verkehrsunfall Geschädigter kann gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf.

Die erforderlichen Mietwagenkosten schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO anhand des Schwacke-Automietpreisspiegels 2010. Das Gericht ist davon überzeugt, dass es sich dabei um eine ausreichende und angemessene Schätzgrundlage handelt. Die Grenzen einer möglichen Schätzung sind erst dann überschritten, wenn sie auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen erfolgt und die we­sentlichen, die Entscheidung bedingenden Tatsachen außer Acht bleiben. Dies ist jedoch bei einer Anwendung des Schwacke-Automietpreisspiegels nicht der Fall. Für die Schwacke-Liste spricht die große Anzahl an Befragungen und berücksichtigter Preise sowie die Berücksichtigung regionaler Unterschiede durch eine Differenzie­rung nach dreistelligen Postleitzahlengebieten.

Die Eignung von Tabellen oder Listen zur Schadensschätzung gem. § 287 ZPO be­darf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass gel­tend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (vgl. BGH, Urteil v. 18.05.2010, Az.: VI ZR 293/08). Hierzu wurde jedoch von Beklagtenseite nicht substantiiert vorgetragen. Es wurden nur allgemeine Einwendungen gegen die Schwacke-Liste erhoben.

Das Gericht schätzt nach alldem die erforderlichen und ersetzbaren Mietwagenkos­ten aufgrund des gewichteten Mittels des Schwacke-Automietpreisspiegels 2010 (sog. „Modus“). Das gewichtete Mittel gibt im Gegensatz zum ebenfalls ausgewiese­nen arithmetischen Mittel die tatsächlich angebotenen Preise wieder Die Eingruppierung des klägerischen Fahrzeugs hat hierbei unstreitig in Gruppe 4 zu erfolgen.

Auf Grund des für den Anmietungsort des Ersatzfahrzeugs maßgeblichen Postleit­zahlengebiets „710″ ergibt sich demnach bei einer Anmietung für 4 Tage folgende Berechnung:

Modus 3-Tages-Pauschale:                                                         261,00 €

Modus 1-Tages-Pauschale:                                                           87,00 €

Summe (brutto)                                                                           348,00 €

Angemessen wäre somit grundsätzlich die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu ei­nem Normaltarif in Höhe von 348,00 € brutto gewesen.

3.

Von den ersatzfähigen Mietwagenkosten ist ein Abschlag von 10% zu machen, da der Geschädigte durch die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs an seinem eigenen Fahrzeug anfallende Aufwendungen erspart. Ein solcher Abschlag wäre nur dann nicht zu machen, wenn ein Fahrzeug angemietet wurde, das in der Klasse unter dem Unfallfahrzeug liegt und dessen Miete somit um rund 10% geringer ist als die Miete für einen mit dem geschädigten gleichwertigen Pkw. Hierzu wurde jedoch von Klä­gerseite nichts vorgetragen, so dass davon auszugehen ist, dass das angemietete Fahrzeug der Fahrzeugklasse des Klägerfahrzeugs entspricht.

4.

Daneben sind die Kosten für eine Vollkaskoversicherung bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs ebenfalls erstattungsfähig, und zwar unabhängig davon, ob das bei dem Verkehrsunfall geschädigte Fahrzeug ebenfalls entsprechend versichert war, weil jedenfalls grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse des Geschädigten besteht, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst auf­kommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (vgl. BGH, Urteil v. 15.02.2005, Az.: VI ZR 74/04; OLG Karlsruhe, Urteil v. 18.09.2007, Az.: 13 U 217/06). Deshalb sind die Kos­ten für eine Kaskoversicherung als adäquate Schadensfolge anzusehen. Die Kosten der Vollkaskoversicherung schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO anhand des Schwacke-Automietpreisspiegels 2010 („Modus“) auf 88,00 €.

5.

Kosten für Winterreifen sind jedoch nicht zu berücksichtigen, da eine solche Ausstat­tung in den Wintermonaten üblich ist und sich somit auf den Normalpreis nicht aus­wirken darf (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 22.06.2010, Az. 12 U 16/10).

6.

Es ergibt sich daher folgender Anspruch des Klägers:

Ermittelter Tarif:                                                       348,00 €

Abzug ersparte Eigenaufwendungen 10%:______ – 34,80

Zwischensumme:                                                      313,20 €

Vollkaskoversicherung:__________    __  ________ 88,00

Summe:                                                                   401,20

Die Klägerin lag somit mit den von ihr berechneten Mietwagenkosten über dem an­gemessenen Tarif.

7.

Dass die besondere Situation auf Grund des Unfalls den Geschädigten dazu berech­tigt hätte, ein teureres Fahrzeug anzumieten bzw. der nach Schwacke geschätzte Normaltarif ihm in der konkreten Situation nicht zugänglich war, hat die Klägerseite nicht ausreichend dargelegt. Der Geschädigte ist auch bei der Anmietung eines Er­satzfahrzeugs nach einem Unfall nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigsten Mietpreis ersetzt verlangen kann (vgl. BGH, Az.: VI ZR 117/05). Über dieses Maß hinaus kann er den übersteigenden Betrag nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkei­ten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren An­strengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer „(Normal-)Tarif zugänglich war (vgl. BGH, Az.: VI ZR 117/05).

Da dies nicht hinreichend dargelegt und auch nicht unter Beweis gestellt wurde, steht dem Kläger Ersatz für die Mietwagenkosten nur in dem festgestellten Umfang fest, da dies nach der Schätzung des Gerichts den Kosten entspricht, die der Kläger für erforderlich halten durfte.

8.

Dass der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat, steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Es obliegt dem Schädiger, darzulegen und ge­gebenenfalls zu beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen „ohne weiteres“ zugänglich gewesen ist (vgl. BGH, Urteil v. 02.02.2010, Az.: VI ZR 139/08). Hierzu wurde jedoch nicht substantiiert vorgetragen. Der pauschale Hinweis, der Kläger hätte innerhalb von drei Tagen ausreichend Zeit gehabt, sich über günstigere Angebote zu informieren, genügt hierfür nicht.

9.

Nachdem die Beklagte bereits einen Betrag in Höhe von 176,12 € an den Kläger ge­zahlt hatte, war sie nun noch zur Zahlung von 225,08 € zu verurteilen. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Dem Kläger steht kein weiterer Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsan­waltskosten zu. Aus dem von der Beklagten zugrunde gelegten Gesamtstreitwert in Höhe von 2.545,87 € wurden bereits Rechtsanwaltsgebühren erstattet. Auch wenn der Gesamtstreitwert sich nunmehr um die weiter geschuldeten 225,08 € erhöht, so bleibt es hinsichtlich der Gebühren bei dem erstatteten Betrag. Zwischen 2.545,87 € und 2.770,95 € gibt es im RVG keinen Gebührensprung.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die  Entscheidung  über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§  708 Nr. 11, 713 ZPO.

Soweit das AG Heilbronn.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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