AG Ebersberg verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 10.03.2009 (2 C 1209/08) hat das AG Ebersberg die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 369,17 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist nur zu einem Teil begründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Bezahlung restlieher Mietwagenkosten in Höhe von Euro 369,17 aus den §§ 7, 18 StVG, 249 Abs. 2 Satz 1 BGB 3 PtlichtVG zu; die weitergehende Klage war abzuweisen.

Unstreitig verursachte der Versicherungsnehmer der Beklagten am xx.xx.2007 gegen xx. 00 Uhr kurz vor Z. einen Verkehrsunfall, für die die Beklagte als Pflichtversicherung gegenüber dem Kläger voll cintrittspflichtig ist.

Vorliegend sind zwischen den Parteien Mietwagenkosten streitig.

Nach gefestigter Rechtssprechung kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.

Der Geschädigte ist dabei nach dem zu beachtenden Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten  im Rahmen des zumutbaren, von mehreren Wegen zur Schadensbehebung den wirtschaftlicheren zu wählen.

Dies bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur dem für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann.

Vorliegend hat der Kläger ausweislich der Mietwagenrechnung vom 22.06.2007 zu einem Unfallersatztarif angemietet, der gemäß der Rechnung von der Mietwagenunternehmung auf Basis des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 mit einem Zuschlag in Höhe von 30 % gebildet wurde.

Grundsätzlich verstößt ein Geschädigter nicht gegen sein Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn er ein Fahrzeug zu einem regelmäßig gegenüber dem Normaltarif erheblich teureren Untallersatztarif anmietet – dies jedenfalls dann, soweit die Besonderheiten des Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einem gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die Besonderheiten der Unfallstation beruhen und aufgrund dessen zur Schadensbehebung erforderlich sind.

Die Frage nach der Erforderlichkeit kann jedoch dann offen bleiben, wenn feststeht, dass den Geschädigten ein günstigerer Normaltarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm unter Schadensminderungsgesichtspunkten eine Anmietung zu einem Normaltarif hatte zugemutet werden können, oder wenn feststeht, dass dem Geschädigten eine Anmietung zum Normaltarif nach den konkreten Umständen nicht zugänglich war.

Der Geschädigte kann nämlich im letzteren Fall einen den Normaltarif übersteigenden Betrag im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann verlangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre.

Vorliegend mag unterstellt werden, dass der in der Rechnung vom 22.06.2007 berechnete Unfallersatztarif durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt war; eine Ersatzpflicht besteht jedoch nichts desto weniger nicht, da das Gericht davon ausgeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer (Normal-) Tarif in der konkreten Unfallsituation ohne Weiteres zugänglich war.

Insoweit wäre es zwar grundsätzlich Sache des Schädigers beziehungsweise hier der Beklagten, einen entsprechenden Nachweis zu führen, wofür nach Auffassung des Gerichts allein die Vorlage der beiden Angebote der Firma X und Y nicht ausreichend ist.

Den Geschädigten trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast, der er in keiner Weise nachgekommen ist.

So fehlt nahezu jeglicher substantiierter Vortrag dazu, wieso der Kläger in der konkreten Situation auf die Anmietung eines Mietwagens zu einem Unfallersatztarif angewiesen war.

Vielmehr erschöpfen sich die klägerischcn Darlegungen im Wesentlichen in allgemeinen Erwägungen, aus welchen Gründen ein Unfallersatztarif teurer als der Normaltarif sein darf.

Berücksichtigt man aber konkret, dass sich der Unfall an einem Montag um 9.00 Uhr ereignet hat, die Anmietung erst einen Tag später erfolgte und zudem die Anmietung in München vorgenommen wurde, ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass der Kläger nicht zu einem – jedenfalls auf konkrete Nachfrage – günstigeren Tarif bei der Firma Z. OHG oder einem anderen Mietwagenunternehmen hätte anmieten können.

Steht somit für das Gericht fest, dass eine Anmietung zu einem sogenannten Normaltarif dem Kläger ohne Weiteres zugänglich war, ist eine Erstattungspflicht im Hinblick auf die Kosten des Unfallersatztarifes zwar nicht gegeben; jedenfalls stehen dem Kläger aber Erstattungsansprüche im Hinblick auf Mietwagenkosten zum sogenannten Normaltarif zu.

Den sogenannten Normaltarif hat  das  Gericht  anhand  der  Schwackeliste  für Mietwagenkosten 2007 bestimmt.

Zwar finden sich in der Rechtsprechung und der Literatur Bedenken zur Anwendbarkeit der Schwackelisten 2006 beziehungsweise 2007 im Hinblick auf die Bestimmung des so genannten Normaltarifs, da es in den beiden genannten Listen zu nicht nachvollziehbaren Preissteigerungen im Vergleich zur Schwackeliste Mietwagenkosten 2003 gekommen sein soll.

Nichts desto weniger ist es dem Gericht nach obergerichtlicher Rechtssprechung nicht verwehrt, die Schwackeliste 2006 oder auch die 2007 (Unfallzeitpunkt xx.xx.2007) zur Ermittlung der ersatzfähigen Mietwagenkosten des Normaltarifs heranzuziehen – dies jedenfalls dann, wenn durch den Geschädigten nicht konkret aufgezeigt wird, wie sich etwaige Mängel der Preiserhebung auf den zu entscheidenden Fall auswirken.

Ob ausreichend konkrete Einwendungen gegen die Schwaekelisten 2006 beziehungsweise 2007 bezogen auf den streitgegenständlichen Fall durch den Geschädigten beziehungsweise hier die Haftpflichtversicherung aufgezeigt wurden, erscheint fraglich.

Selbst wenn man solche konkreten Einwendungen jedoch in dem Hinweis auf Preissteigerungen in der Schwackeliste 2006 gegenüber der von 2003 von 10,51 Prozent bezogen auf Mietwagenkosten für die Mietwagenklasse 8 im Postleitzahlgebiet 813 sehen wollte, ergibt sich bereits aus der von der Beklagten ebenfalls vorgetragenen allgemeinen Preissteigerung in diesem Zeitraum von 9,69 Prozent, dass im konkreten Fall die Einwendungen gegen die Erhebungsmethodik der Schwackeliste vernachlässigt werden können.

Unter Berücksichtigung des arithmetischen Mittels der Schwackeliste 2007 ergibt sich somit für das Postleitzahlgebiet der Anmietung (hier 813) bei einer Anmietung von vier Tagen in der Mietwagenklasse 8 folgende Abrechnung:

Anmietung zu einer Dreitagespauschale: Euro 499,66

Anmietung zu einer Eintagespauschale:   Euro 165,72

Insgesamt ergeben sich somit zunächst erstattungsfähige Kosten in Höhe von Euro 665,38.

Das Gericht hat bei der Anwendung der Schwackeliste 2007 zur Bestimmung der üblichen Mietwagenkosten im Normaltarif das arithmetische Mittel der Erhebungen gewählt, nachdem das so genannte gewichtete Mittel (jetzt Modus) in der Schwackeliste 2007 für die konkrete Fallgestaltung nicht ausgewiesen ist.

Nachdem keinerlei Vortrag dahingehend erfolgt ist, dass der Kläger ein klassenniedrigeres Fahrzeug angemietet hat, sind nach ständiger Rechtssprechung des erkennenden Gerichts von diesen Kosten 10 Prozent für ersparte Eigenleistungen abzuziehen.

Insgesamt ergibt sich somit ein zu erstattender Betrag in Höhe von Euro 598,84.

Hinzuzurechnen sind die Nebenkosten, die im Rahmen der Anmietung angefallen sind.

Hierbei sind aus der Rechnung vom 22.06.2007 Zustell- und Abholkosten in Höhe von insgesamt 50,00 Euro sowie die Haftungsbegrenzungsgebühr in Höhe von 96,00 Euro ersatzfähig – letztere losgelöst von der Frage, ob das Unfallfahrzeug vollkaskoversichert war oder nicht.

Die ersatzfähigen Nebenkosten betragen daher netto Euro 146,00, das heißt Euro 173,74 brutto. Insgesamt ergeben sich somit ersatzfähige Mietwagenkosten in Höhe von Euro 772,58.

Nachdem die Beklagte hierauf bereits Euro 403,41 bezahlt hat, waren dem Kläger noch Euro 369,17 zuzusprechen.

Nicht ersatzfähig waren die Kosten für einen Zusatzfahrer sowie Gebühren für eine Mietausfallhaftung.

Insoweit fehlt jeglicher substantiierter Vortrag, warum diese Kosten den Schädiger beziehungsweise dessen Pflichtversicherung treffen sollten.

Unerheblich im Hinblick auf den zugesprochenen Geldbetrag ist, ob der Kläger die Mietwagenkosten bereits an die Firma Z. OHG bezahlt hat.

Der Kläger muss sich nicht auf einen Freistellungsanspruch verweisen lassen, da die während der Reparatur des eigenen Fahrzeugs entstehenden Mietwagenkosten für das Ersatzfahrzeug dem erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zuzurechnen sind.

Nach dieser Vorschrift kann der Geschädigte abweichend von § 249 Abs. 1 BGB anstelle der Herstellung durch den Schädiger den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen.

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286, 288 BGB.

Insoweit sind Zinsen ab dem 18.07.2007 (Eingang der Teilzahlung durch die Beklagte beim Klägervertreter) ersatzfähig, da die Beklagte mit der Abrechnung vom 16.07.2007 eine weitere Leistung endgültig und ernsthaft verweigert hat.

Die Annahme einer solchen Erfüllungsverweigerung ist angesichts der bekannten Regulierungspraxis der Versicherungsunternehmen im Hinblick auf die Erstattung von Mietwagenkosten ohne weiteres gerechtfertigt.

Soweit das AG Ebersberg.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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