AG Langenfeld verurteilt HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

 Mit Datum vom 07.09.2011 (11 C 174/11 hat das Amtsgericht Langenfeld die HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 486,57 € zzgl. Zinsen  verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde, die Fraunhofer Tabelle findet keine Anwendung.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 486,57 € aus §§ 7 StVG, 115 VVG.

Für den Umfang des Ersatzanspruchs ist § 249 BGB maßgeblich. Danach besteht der ersatzfähige Schaden in den als Herstellungsaufwand objektiv erforderlichen Mietwagenkosten. Inwieweit der Klägerin Schadensersatz auf Grundlage eines sogenannten Unfallersatztarifs zusteht, bedarf hier keiner Klärung, da die Klägerin die Mietwagenkosten bei der Schadensberechnung den nach der Schwacke-Liste berechneten Normaltarif zu Grunde legt. Auf der Basis des Normaltarifs geforderte Mietwagenkosten sind regelmäßig zu ersetzen.

Das Gericht hat die Mietwagenkosten gemäß § 287 ZPO geschätzt auf Grundlage des von der Klägerin dargelegten Schwacke-Mietpreis-Spiegels 2009. Dass eine Schätzung auf Grundlage dieses Normaltarif zulässig ist, welcher im Schwacke-Mietpreis-Spiegel zugrunde gelegt wird, ist auch nach der neueren BGH-Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (vgl. BGH. Urt. vom 19.01.2010, Az. VI ZR 112/09; Urt. v, 18.05.201.0, Az. VI  ZR 293/08). Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen keine durchgreifenden Bedenken, die Mietwagenkosten auf Grundlage der Schwacke-Liste zu schätzen. Maßgeblich sind dabei die für das Postleitzahlengebiet 407 ermittelten Mietwagenkosten, da sich dort das vom Geschädigten kontaktierte Autohaus befindet. Die von den Vertretern der Mietwagenkostenermittlung nach Fraunhofer Institut erhobenen Einwände gegen die Schwacke-Liste, diese enthalte erhebliche, auf ein unredliches Verhalten der Mietwagenunternehmer zurückzuführende Preissteigerungen, hält das Gericht nicht für durchgreifend. Insoweit sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Preise der Schwacke-Liste sich nicht an der tatsächlichen Preisentwicklung orientieren. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung, die z.T. die Ermittlung nach dem Fraunhofer Institut zugrunde legt (vgl. z.B. Entscheidung des OLG München vom 25.07.2008, Az. 10 U 2539/08, des OLG Köln vom 10.10.2008, Az. 6 U 115/08 sowie des Bundesgerichtshofs vom 14.10.2008, Az. VI ZR 308/07). Die genannten Entscheidungen enthalten kein Präjudiz für die von dem Tatrichter nach § 287 ZPO vorzunehmende Schadensschätzung. Auch der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 14.10.2008 lediglich festgestellt, dass eine Ermittlung der Mietwagenkosten auf Grundlage der von der Beklagten favorisierten Studie des Fraunhofer Instituts nicht fehlerhaft ist. Daraus folgt aber nicht, dass dieser grundsätzlich der Vorzug vor der Schwacke-Liste zu geben sei. Auf welcher Grundlage der Tatrichter die Schadensschätzung nach § 287 ZPO vornimmt, ist Teil seines Ermessens. Da das erkennende Gericht die Bedenken der Beklagten gegen die Schwacke-Liste nicht für zwingend hält, legt es diese seiner Schätzung zu Grunde. Das Gericht hat sich dabei nicht nur mit der Kritik an der Schwacke-Liste, sondern auch mit den Einwänden gegen die von dem Fraunhofer Institut ermittelten Mierwagenpreise auseinandergesetzt. Die beiden Studien zu Grunde liegenden Erhebungsmethoden weichen dabei erheblich voneinander ab. Bedenken im Hinblick auf die Studie des Fraunhofer Instituts bestehen insbesondere dahingehend, dass der weit überwiegende Teil der erhobenen Daten von lediglich sechs Anbietern stammt, bei denen Mietwagen verbindlich über das Internet gebucht werden können. Angesichts dieser Erhebungsmethode hält das Gericht die in der Schwacke-Liste gefundenen Ergebnisse für vorzugswürdig; nach diesseitiger Auffassung bildet die Schwacke-Liste durch die größere Einbeziehung mittelständischer Mierwagenunternehmen die tatsächliche Marktsituation genauer ab als die Studie des Fraunhofer Instituts, dessen Erhebung zum großen Teil auf den Mietwagenpreisen von sechs Internetanbietern basiert. Hinzu kommt, dass die Schwacke-Liste auch die regionalen Besonderheiten des Marktes exakter abbildet, da die Postleitzahlengebiete anhand der ersten drei Ziffern der Postleitzahl ermittelt werden, während die Studie des Fraunhofer Institut lediglich zweistellige Postleitzahlenbezirke bildet. Bedenken gegen die Ermittlung der Mietwagenkosten nach Fraunhofer Institut bestehen auch insoweit, weil für die Buchung über das Internet stets die Angabe der Kreditkartendaten erforderlich ist.

Soweit die Beklagte vorträgt, der Klägerin sei ein günstigerer Tarif ohne Weiteres zugänglich gewesen, mit diesem hätte sie sich bescheiden müssen, teilt das erkennende Gericht diese Auffassung nicht. Zum einen ist die diesbezügliche Rechtsprechung lediglich auf solche Fälle anzuwenden, in denen sich der Geschädigte für einen Unfallersatztarif entscheidet. Nur dann stellt sich die Frage, ob der Geschädigte möglicherweise auf einen ihm ohne Weiteres zugänglichen Normaltarif verwiesen werden kann. Zum anderen muss die Beklagte, wenn sie die Klägerin im Rahmen der die Klägerin treffenden Schadensminderungspflicht auf günstigere Angebote von Konkurrenzunternehmen verweist, substantiiert darlegen, zum welchem Preis der Geschädigte in dem streitgegenständlichen Zeitraum bei welcher Autovermietung ein solches gleichwertiges Ersatzfahrzeug hätte anmieten können. Dabei muss sich das Angebot auch auf den konkreten Zeitpunkt der Anmietung beziehen, da Mietwagenkosten erheblichen saisonalen Schwankungen unterliegen. Die Alternativangebote der Beklagten beziehen sich hier aber auf einen gänzlich anderen Zeitraum und sind deswegen nicht zu berücksichtigen.

Der Berechnung der Mietwagenkosten war deswegen die Schwacke-Liste zugrunde zu legen, wonach sich folgende Berechnung ergibt:

Auf Grundlage der Fahrzeugklasse 3 im Postleitzahlengebiet 402 ist ein Wochentarif von brutto 416,03 € als Normaltarif in Ansatz zu bringen sowie für weitere 3 Tage des 3-Tagestarif für 226,97 € (insgesamt 643,00 €). Eine Eigenersparnis ist nicht abzuziehen, weil die Klägerin ein Fahrzeug in einer niedrigeren Fahrzeugklasse gewählt hat. Danach sind ersatzfähig als Normaltarif für den streitgegenständigen Zeitraum.

Daneben kann die Klägerin einen Mehraufwand für unfallbedingte Tätigkeiten von pauschalen 20 % geltend machen, § 287 ZPO. Die Klägerseite hat konkret zu den einzelnen Tatsachen vorgetragen, die einen Zuschlag auf den Normaltarif rechtfertigen (vgl. BGH Urteil vom 19.01.2009, Az. VI ZR 112/09). So wies das angemietete Fahrzeug keine Kilometerbeschränkung auf, eine Kautionsleistung musste nicht erbracht werden und es erfolgte auch keine Insolvenzprüfung oder Risikoprüfung gegenüber der Klägerin.

Die 20 % sind pauschal auf den Normalpreis aufzurechnen und belaufen sich hier auf 20 % von 643,00 €, mithin 123,60 €, die hier in voller Höhe ersatzfähig sind.

Die Klägerin kann außerdem die Kosten für die Haftungsbefreiung von der Beklagten ersetzt verlangen. Es besteht grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse des Geschädigten, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietwagens nichts selbst aufkommen zu müssen insbesondere weil der Mietwagen in der Regel neuer und damit hochwertiger als das beschädigte Fahrzeug ist (vgl. BGH NJW 2005, 1041). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Geschädigte sein eigenes Fahrzeug kaskoversichert hatte. Das schutzwürdige Interesse erstreckt sich auch dann darauf, nicht noch aufgrund eines etwaigen weiteren Schadensfall einem Dritten (dem Autovermieter) gegenüber haftbar zu werden. Während der Geschädigte bei seinem eigenen Fahrzeug abwägen kann, ob sich die Kosten lohnen, läge das bei einem Unfall mit dem Mietwagen allein in der Hand des geschädigten Vermieters.

Die Kosten belaufen sich nach der Schwacke-Liste auf insgesamt 195,60 € (134,92 € plus 6C,68 €), die in voller Höhe ersatzfähig sind 195,60 €.

Weiteren hat die Klägerin auch zutreffender Weise die Kosten für die Zustellung und Abholung der Beklagten in Rechnung gestellt. Diese sind in geltend gemachter Höhe von 48,92 € ersatzfähig.

Nach alledem sind insgesamt 1.016,12 € ersatzfähig, auf die seitens der Beklagten bereits 529,55 € gezahlt wurden. Die Klägerin kann deswegen noch die Zahlung weiterer 486,57 € verlangen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr 11, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.

Soweit das AG Langenfeld.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Langenfeld verurteilt HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Babelfisch,
    aufgrund der neueren BGH-Rechtsprechung, insbesondere, dass beide Listen Schwacke und Fraunhofer geeignete Schätzgrundlagen bilden können, ein überzeugendes Urteil des Amtsrichters aus Langenfeld /Rheinland.
    An diesem Urteil können sich andere Richterinnen und Richter orientieren.
    Mit freundl. koll. Grüßen
    Willi Wacker

  2. Siegfried Sundern sagt:

    Hallo all,
    war da nicht was in Langenfeld? – Ach ja, da hat doch Control-€xpert in 407.. Langenfeld ihren Sitz.

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