LG Frankfurt weist Berufung der Zürich Versicherung gegen Urteil des AG Frankfurt/M. zurück (201 S 225/06 vom 30.05.2008)

Mit Urteil vom 30.05.2008 (201 S 225/06) hat das Landgericht Frankfurt/M. die Berufung der Zürich Versicherung  AG gegen ein Urteil des AG Frankfurt/M. vom 21.07.2006 (32 C 3481/05-22), mit dem diese zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 817,10 € zzgl. Zinsen verurteilt wurde, nach einer Gehörsrüge zurückgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger hat gegen das Urteil der Kammer vom 20.07.2007, mit dem auf die Berufung der Beklagten hin das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21.07.2006, mit dem die Beklagte verurteilt wurde, an die Autovermietung (XXX) , € 817,10 nebst Zin­sen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins­satz ab dem 27.11.2005 zu zahlen, aufgehoben und die Klage abgewiesen wurde, Gehörsrüge erhoben. Wegen des bisherigen Sach – und Streitstandes wird auf den Inhalt des bereits ergangenen Urteils der Kammer vom 20.07.2007 Bezug genommen. Das Gericht hat auf die Gehörsrüge des Klägers hin Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens, auf das eingeholte Sachverständigengutachten vom 21.02.2008  wird Bezug genommen.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben hat. Denn der Kläger hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der restlichen Mietwagenkosten von € 817,10 nach den §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, § 3 PflVersG an die Autover­mietung. Dieser steht ein entsprechender Vergütungsanspruch gegen den Kläger aus § 535 BGB zu, dem der Kläger auch keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Aufklä­rungspflichten entgegen halten kann, weil die Pflichtverlet­zung sich im vorliegenden Fall nicht ausgewirkt hätte, da dem Kläger auch bei erfolgter Aufklärung ein günstigerer Tarif zur Anmietung nicht ohne weiteres zugänglich gewesen wäre.

Ein Geschädigter kann vom Schädiger als erforderlichen Her­stellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlich­keit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rah­men des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaft­licheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grund­sätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.

Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kfz zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem „Nor­maltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzie­rung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u. ä,) einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Un­fallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehe­bung nach § 249 BGB erforderlich sind {BGH, VersR 2006, 669 ff. ) .

In Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze kann man eine Berechtigung des Klägers „ohne Weiteres“ ein Fahrzeug zum „Un­fallersatztarif“ anzumieten, nicht annehmen.

Selbst wenn der Kläger nicht Inhaber einer Kreditkarte ist, so ist nicht erkennbar, weswegen er nicht zu einer Vorfinanzierung durch Hinterlegung einer Kaution in der Lage sein soll.

Eine Fehlbewertung der Haftungsanteile kommt im Hinblick auf die eindeutige Sachlage ebenfalls nicht ernsthaft in Betracht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit eines sog. „Unfallersatztarifs“ kann ein Geschädigter im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung den „Normaltarif“ übersteigende Mietwagenkosten aber auch dann verlangen, wenn er darlegt und beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkennt­nis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn beste­henden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein we­sentlich günstigerer „Normaltarif“ zugänglich war. Kann der Geschädigte nämlich nach § 249 BGB grundsätzlich nur den zur Herstellung „erforderlichen“ Betrag ersetzt verlangen, so gilt dies erst recht für die ausnahmsweise Ersatzfähigkeit an sich nicht erforderlicher Aufwendungen wegen der Nichtzugänglichkeit eines „Normaltarifs“ (zuletzt BGH, Urteil vom 11.03.2008, AZ VI ZR 164/07.

Dies zugrunde legend ist im vorliegenden Fall entscheidend, dass für den Kläger nach seinen individuellen Möglichkeiten eine Zugänglichkeit eines sog. Normaltarifs nicht bestand.

Allerdings kann dies entgegen der Ansicht des Klägers nicht bereits aus dem Umstand der behaupteten „ad hoc“ – Anmietung heraus angenommen werden. Denn zwischen dem Unfallereignis und der Anmietung des Ersatzfahrzeugs lag ein Zeitraum von mehreren Tagen, in denen eine Recherche nach Mietwagentarifen ohne weiteres hätte durchgeführt werden können.

Jedoch war der Kläger aus seiner Sicht nicht zu einer Nachfra­ge nach einem günstigeren Tarif gehalten. Denn nach den Aus­führungen des Sachverständigen (XXX) in seinem Gutachten lag der Unfallersatztarif des vom Kläger beauftragten Mietwagenun­ternehmens nicht wesentlich über dem anderer, im Zuschnitt vergleichbarer, Anbieter auf dem für den Kläger zugänglichen örtlichen Markt. Soweit überregional tätige Mietwagenunterneh­men günstigere Tarife im Unfallersatzgeschäft anbieten, werden diese nach den Feststellungen des Sachverständigen dem anmie­tenden Verbraucher nicht mitgeteilt.

Anhaltspunkte für Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Tarifs mussten sich dem Kläger nicht aufdrängen. Soweit in der Rechtsprechung verschiedentlich darauf abge­stellt wird, dass sich Bedenken an der Angemessenheit aus der kontroversen Diskussion und der neueren Rechtsprechung zu die­sen Tarifen ergeben können {vgl. BGH, VersR 2006, 1425), wird nach Ansicht des erkennenden Gerichts verkannt, dass es sich bei dieser Diskussion keineswegs um ein Thema von allgemeinem Interesse handelt, so dass auch von einem gut informierten Bürger, der beruflich nicht zu den unmittelbar betroffenen Kreisen gehört, nicht erwartet werden kann, dass er diese Problematik wahrgenommen hat.

Entscheidend ist, dass unwidersprochen der Kläger mit einem solchen Schadensfall bis dahin nie etwas zu tun hatte, und auch noch nie einen Pkw angemietet hatte, so dass er die Exis­tenz unterschiedlicher Tarife nicht kennen konnte. Ihm wurde auch unstreitig nur ein Unfallersatztarif angeboten ohne Hin­weis darauf, dass es möglicherweise auch noch günstigere Tari­fe gibt.

Soweit das Gericht hieraus in dem mit der Gehörsrüge angegrif­fenen Urteil einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen das Mietwagenunternehmen hergeleitet hatte, den dieser einer den von der Beklagten gezahlten Betrag überschreitenden Forderung des Mietwagenunternehmens entgegenhalten kann, kann dies nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht aufrecht erhalten werden. Denn dieser Schadensersatzanspruch geht ins Leere, da sich die vom Gericht als Vertragsverletzung angesehene unter­bliebene Aufklärung durch das Mietwagenunternehmen nicht aus­gewirkt hätte. Dies wäre nur der Fall, wenn dem Kläger nach erfolgtem Hinweis durch das Mietwagenunternehmen andere Tarife ohne weiteres zugänglich gewesen wären, was nach den Feststel­lungen des Sachverständigen nicht der Fall ist.

Der Sachverständige hat festgestellt, dass bei allen regional tätigen Autovermietungen, die ausschließlich im Unfallersatz­geschäft tätig sind, eine Anmietung zu wesentlich günstigeren Kostensätzen nicht hätte erfolgen können. Eine wesentliche Kostenreduzierung von ca. 20 % hätte der Kläger nur erzielen können, wenn er sich bei einem überregional tätigen Unternah­men nach entsprechenden Unfallersatztarifen erkundigt hätte. Allerdings hätte dies der Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht erkennen können, da ihm hierbei die Abrechnungsbeträge nicht genannt worden waren. Insoweit steht nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen fest, dass bei Offenlegung des tatsächlichen Hintergrundes der An­mietung der Kläger kein wesentlich günstigeres Angebot erhal­ten hätte bzw. bei Anfragen bei günstigeren Anbietern er nicht hätte erkennen können, ob/inwieweit die Tarife dieser Anbieter unter den Tarifen der (XXX) liegen.

Soweit der Sachverständige weiter feststellt, dass ein günsti­gerer Tarif nur dann erzielbar gewesen wäre, wenn der Kläger bei einem überregionalen Anbieter unter Sicherheitsleistung, Abgrenzung der Ausmietzeit und Verschweigen des Unfallhinter­grundes eine Anmietung auf eigene Rechnung vorgenommen hätte, stellt dies ein Vorgehen dar, welches bei der vom Geschädigte zu betreibenden Nachforschung nicht mehr im Rahmen zumutbarer Anstrengung liegt. So ist bereits sehr zweifelhaft, ob einem Geschädigten zugemutet werden kann, im Rahmen einer Anfrage bei einem Mietwagenunternehmen den tatsächlichen Hintergrund der Anfrage zu verschweigen. Jedenfalls aber kann eine vorab vorzunehmende zeitliche Eingrenzung aufgrund der mannigfachen Unwägbarkeiten, die Kfz – Reparaturen erfahrungsgemäß mit sich bringen, einem Geschädigten nicht abverlangt werden.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch das Revisionsgericht. Es handelt sich hier um eine im Rahmen der von der höchstrichterlichen Recht­sprechung vorgegebenen gefestigten Grundsätze ergangene Einzelfallentscheidung.

Soweit das LG Frankfurt/M.

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