AG Winsen/Luhe verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher SV-Kosten (22 C 802/13 vom 22.10.2013)

Mit Datum vom 22.10.2013 hat das AG Winsen/Luhe (22 C 802/13) die HUK-Coburg Versicherung zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 105,53 € zzgl. Zinsen und vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Ein Urteil, dem trotz seiner Kürze nichts hinzuzufügen ist. Es wird auf die Sicht des Geschädigten ex ante abgestellt, es werden keine Honorarumfragen bemüht. Folgende „goldene Worte“: „Ein auffälliges Missverhältnis kann immer nur bezüglich der Gesamtforderung vorliegen.“ Beispielhaft. Erstritten wurde das Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten in voller Höhe von 579,53 EUR gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 249 BGB, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 398 BGB.

1.)

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Die streitgegenständliche Forderung ist ihm unstreitig abgetreten worden durch Abtretungserklärung vom 14.08.2012.

2.)

Gemäß § 249 BGB ist die Rechnung des Sachverständigen auch in voller Höhe von 579,53 EUR erstattungsfähig.

Die Kosten des Sachverständigengutachtens sind im Grunde nach erstattungsfähig. Dies gilt im Rahmen des § 249 BGB, soweit sie erforderlich und zweckmäßig waren.

Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind aber weder Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH, Urteil v. 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06, Rn 11 ff., www.juris.de). In der Wahl der Mittel ist der Geschädigte frei. Er kann nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Zur Erforschung des Marktes ist er jedoch nur verpflichtet, soweit ihm dieser zugänglich ist.

Dem Zedenten ist ein Schaden in der geltend gemachten Höhe der Sachverständigenkosten entstanden. Die Honorarvereinbarung gemäß Anlage K5 ist wirksam. Insbesondere ist nach der inhaltlichen Gestaltung nicht von einer überraschenden Klausel im Sinne des § 305 c, 307 BGB auszugehen. Das Schriftstück ist bereits überschrieben mit einer Überschrift, die auch das Wort „Honorarvereinbarung“ enthält. Auf das Honorartableau wird ausdrücklich Bezug genommen.

Dass die geltend gemachten Sachverständigenkosten der Höhe nach insgesamt dazu geführt hätten, dass ein wirtschaftlich verständiger Mensch in der Position des Auftraggebers des Gutachtens hätte erkennen können und müssen, dass diese deutlich überhöht waren, kann nicht festgestellt werden.

Die Beklagte selbst hat von der Forderung 474 EUR beglichen. Die Gesamtforderung überschreitet diese mithin nur um 105,53 EUR. Eine entsprechende Überschreitung kann nicht als auffälliges, besonders krasses Missverhältnis gesehen werden. Dies gilt umso mehr, als sich die Sachverständigengebühren nach der Schadenshöhe richten und ohne Ermittlung des Gutachters diese gar nicht entsprechend festgesetzt werden können. Dies erschwert aus der Sicht des Auftraggebers die Möglichkeit, ein auffälliges Missverhältnis zu erkennen.

Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob die einzelnen Positionen im Rahmen der Rechnung gegebenenfalls überhöht wären. Solange die Gesamtforderung ihrer Höhe nach erstattungsfähig ist, ist eine inhaltliche Überprüfung nicht zulässig. Sofern aus Sicht des wirtschaftlich denkenden Menschen in der Situation des Auftraggebers insgesamt der Rahmen des Erforderlichen gewahrt ist, besteht keine Veranlassung dazu, eine Aufspaltung vorzunehmen. Der Auftraggeber hat keine Möglichkeit auf die Zusammensetzung bzw. Aufteilung der Gesamtkosten auf Grund- und Nebenkosten Einfluss zu nehmen. Auch ist es daher unbillig, Geschädigte bei gleicher Gesamtsumme unterschiedlich zu behandeln bezüglich der Höhe der Erstattungsansprüche, nur aufgrund der Aufteilung und Einzelausweisung der Kosten, die der Sachverständige vorgenommen hat. Aus diesem Grund ist auch der Ansicht nicht zu folgen, dass eine Nebenkostenpauschale festgestellt werden könnte, bei deren Überschreiten in jedem Fall diesbezüglich keine Erforderlichkeit mehr gegeben wäre. Ein auffälliges Missverhältnis kann immer nur bezüglich der Gesamtforderung vorliegen.

3.)

Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

Verzug ist eingetreten durch die Zahlungsverweigerung der Beklagten vom 28.08.2012 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Der Antrag des Klägers bezüglich der Zinshöhe war auszulegen bzw. umzudeuten im Hinblick darauf, dass Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt wurden.

4.)

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Soweit das AG Winsen/Luhe.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Winsen/Luhe verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher SV-Kosten (22 C 802/13 vom 22.10.2013)

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Babelfisch,
    mit diesem Urteil hat sich das AG WL eindeutig gegen das Nebenkostendeckelungsurteil aus Saarbrücken gestellt, auch wenn es den Namen nicht im Urteil erwähnt hat. Das ist auch das Beste, LG Saarbrücken einfach zu ignorieren, weil absolute Mindermeinung.
    Noch einen schönen Feiertag
    Willi Wacker

  2. Wildente sagt:

    Hallo Babelfisch,
    damit hat auch ein weiterer Richter des AG Winsen/Luhe der HUK-Coburg, der Auslegung des LG Saarbrücken und der Handhabung durch die LVM in Münster, der da Direkt, der Zurich, der KRAVAG und der ALLIANZ-Versicherung zutreffend eine klare Absage erteilt. Die Geschädigten wird es freuen, dass hier unbeirrt die schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevanten Gesichtspunkte in den Vordergrund gestellt wurden. Deshalb auch kein Honorartableau, keine nur zubilligende Schätzung, keine verfehlten Überlegungen zur Angemessenheits- und Ortsüblichkeitsfrage und erst recht keine Beachtung des Honorartableaus HUK 2012. Das Urteil verdeutlicht aber auch, dass es seitens des Geschädigten nichts nachzuweisen gibt, was die Frage eines Auswahlverschuldens oder eines vermeintlichen Verstoßes gegen die Schadengeringhaltungspflicht betreffen könnte.
    Diese gebetsmühlenartig immer wieder durch die HUK-Coburg falsch behauptete Verpflichtung wurde auch mit diesem Urteil ad absurdum geführt. Diese angebliche Schranke für eine vollständige und damit korrekte Schadenregulierung der angefallenen Gutachterkosten gibt es nicht, wenn sie nicht Herr Witte aus Langenfeld für seine Klientel neu erfindet. Vielen Dank für die Information.-

    Mit besten Grüßen
    vom Chiemsee
    Eure Wildente

  3. Knut B. sagt:

    Sehr geehrte CH-Redaktion,

    ich freue mich aufrichtig, dass diese Informationsplattform nach wie vor so ausgezeichnet funktioniert und mit Leben erfüllt wird trotz aller Hindernisse, die Euch bisher von gewissen Herrschaften in den Weg gelegt wurden. Danke.-

    Knuth B.

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