AG Gelsenkirchen-Buer verurteilt Zurich Insurance zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 13.12.2013 – 28 C 569/12 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend geben wir Euch erneut ein Urteil aus dem nördlichen Ruhrgebiet bekannt. Dieses Mal war es die Zurich Insurance, die eigenmächtig die Sachverständigenkosten geküzt hatte. Der beauftragte Kfz-Sachverständige klagte aus abgetretenem Recht die gekürzten Kosten als Schadensersatz ein. Wieder einmal prüfte der erkennende Amtsrichter die Angemessenheit der berechneten Sachverständigenkosten, obwohl es sich um einen eingeklagten Restschadensersatz handelte. Darüber hinaus hat das erkennende Gericht auch noch in die Entscheidung des Sachverständigen eingegriffen, drei Ausfertigungen des Gutachtens zu erstellen, was durchaus angemessen und zweckmäßig erscheint, denn eine Ausfertigung erhält der Schädiger, eine Ausfertigung erhält der Geschädigte und eine weitere Ausfertigung ist für den Anwalt des Geschädigten bzw. das Gericht bestimmt. Ein Gutachten sollte daher immer in mindestens drei Ausfertigungen erstellt werden. Hier hat der Sachverständige nichts falsch gemacht. Lediglich das Gericht macht hier Fehler, indem es nur zwei Ausfertigungen zulässt, was letztlich bedeuten würde, dass sich der Versicherer mit einer Kopie zufrieden geben müßte, was die Versicherung sofort beanstanden würde. Woher soll also die Ausfertigung für die Versicherung herkommen?  Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion zur Verfügung gestellt durch Herrn RA Kampmann aus Dortmund.

Viele Grüße
Willi Wacker

28 C 569/12

Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

der

Klägerin,

gegen

die Zurich Insurance plc, NfD, Poppelsdorfer Allee 25-33, 53115 Bonn,

Beklagte

hat das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 13.12.2013
durch den Richter am Amtsgericht Dr. …
für Recht erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 46,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.07.2012 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 51% und die Beklagte zu 49%.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Berufung wird nicht zugelassen.

T a t b e s t a n d :

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Klägerseite steht aus abgetretenem Recht ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten aus §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 398 BGB zu.

Die Einholung eines Gutachtens war zur Rechtsverfolgung des unstreitigen Verkehrsunfalls, für den die Beklagtenseite die volle Haftung trifft, erforderlich. Gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 besteht ein Anspruch auf den zu Wiederherstellung der geschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag. Maßgebend ist, ob sich die Sachverständigengebühren (gemeint sind wohl dieSachverständigenkosten!) im Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen halten. Der Geschädigte ist nicht zu einer Marktforschung zugunsten des gegnerischen Haftpflichtversicherers verpflichtet. Vielmehr ist im Regelfall berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung eines Schadensgutachtens zu beauftragen (BGH, Urteil vom 23.01.2007, VI ZR 67/06  = BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruches des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständigen sein Honorar geradezu willkürlich festgesetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Ausfallverschulden zur Last fällt. Hier ist zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigenbüro ein Vertrag geschlossen worden, wonach sich das Honorar nach eine dort aufgeführten Tabelle nebst ausdrücklich vereinbarter Nebenkosten ermittelt. Dieses Honorar ist nicht willkürlich festgesetzt worden. Das Sachverständigenbüro hat sich an der Tabelle der BVSK-Honorarbefragung orientiert und jedenfalls liegt das Honorar im Wesentlichen im Rahmen der Tabelle. Die Klägerin hat in dem erstellten Schadensgutachten folgenden Schaden ermittelt: Reparaturkosten netto 3.106 54 € zuzüglich Mehrwertsteuer ergibt es einen Betrag in Höhe von 3.696,78 € Der Wiederbeschaffungswert betrug 4.000,00 € und der Restwert 3.000,00 €. Zur Grundlage der vertraglichen Vereinbarung war daher die Klägerin berechtigt, ein Grundhonorar in Höhe von 406,00 € zu berechnen. Nach der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 beläuft sich der Honorarkorridor bei einem Nettoschaden von bis zu 3.000 00 € zwischen 388,00 € und 429,00 €. Das von der Klägerin in Rechnung gestellte Grundhonorar von 406,00 € liegt innerhalb dieses Korridors. Auch die berechneten Nebenkosten bewegen sich im Rahmen der BVSK-Tabelle. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Nebenkosten tatsächlich im Einzelnen angemesen sind. Die Geschädigte war nicht vepflichtet, die Nebenkosten zu hinterfragen, weil die Nebenkosten zusammen mit dem Grundhonorar nicht im einen auffälligen Missverhältnis zum Wert des Gutachtens stehen. Dem gegenüber kommt es hier nicht auf den zeitlichen Aufwand des Sachverständinpn an. Bei dem Auftrag zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens handelt es sich um einen Werkvertrag, bei dem der Sachverständige ein richtiges Gutachten als Basis für die Schadensregulierung schuldet. Sofern ist es nicht mit einem Dienstvertrag zu vergleichen, bei dem das zeitliche Element im Vordergrund steht. Die Nebenkosten wurden aber dem Grunde nach bestritten. Der Zeuge … hat bekundet, das Gutachten mitsamt Fotos erhalten zu haben. Der Beweisantritt bzgl. des Zeugen … wurde zurückgenommen. Die Versendung an die Beklagte unstreitig gestellt, so dass von der Erstellung und der Versand von 2 Gutachten auszugehen ist. Dementsprechend waren die Kosten für ein Gutachten in Abzug zu bringen. Danach kann die Klägerin nicht begehren: 20 € für den 3. Lichtbildsatz, und die Kosten für 17 Kopien zu je 1,25 € = 21,25 €. Insgesamt macht dies einen Betrag in Höhe von 41,25 € netto = 49,09 € brutto aus. Letzterer Betrag war von der Klageforderung in Abzug zu bringen, so dass der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 46,64 € verbleibt.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da kein Fall des § 511 Abs. 4 ZPO vorliegt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Gelsenkirchen-Buer verurteilt Zurich Insurance zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 13.12.2013 – 28 C 569/12 -.

  1. Knurrhahn sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    ein Gutachten ist nur mit der Fotodokumentation zum Unfallschaden komplett. Die Haftpflichversicherung des Unfallverursachers möchte zu Recht genauso über ein komplettes Gutachten verfügen, wie der Geschädigte als Fahrzeugbesitzer und wenn er sich anwaltlich vertreten läßt selbstverständlich auch der Rechtsanwalt. 3 komplette Ausfertigungen beinhalten auch 3x Fotos. Fragt sich nur, ob nicht auch der Sachverständige über ein komplettes Gutachten in seiner Handakte haben sollte, wenn beispielsweise die Reihenfolge der angefertigten Fotos und die Bezugnahme darauf im Gutachten eine Rolle spielt. Dann genügt es m.E. eben nicht, dass die Fotos nur gespeichert sind.

    Mit freundlichen Grüßen

    Euer
    Knurrhahn

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Knurrhahn,
    da sprichst du mir ja aus der Seele. Ich bin ja auch der Auffassung, dass der Geschädigte Anspruch auf mehr als zwei Ausfertigungen hat. Damit korrespondiert dann auch, dass mehr als zwei Ausfertigungen zur Schadensbeseitigung zweckmäßig und notwendig sind. Zumindest aus dem Gesichtspunkt der notwendigen Rechtsverteidigungs- bzw. Rechtsverfolgungskosten sind dann mehr als zwei Ausfertigungen erforderlich im Sinne des § 249 I und II BGB. Ich meine, dass insgesamt 5 Ausfertigungen erforderlich sind, nämlich
    – für den Geschädigten
    – für den Anwalt des Geschädigten
    – für den Gutachter selbst
    – für den Schädiger
    – und für das Gericht, weil ohnehin schon mit einer nicht korrekten Abrechnung des Schadens gerechnet werden kann – und damit mit einer gerichtlichen Überprüfung der Kürzungen.

  3. Frank sagt:

    Hallo Willi,

    da muss ich dir voll zustimmen. alle kopien sind mit bildern zu versehen. muss doch jeder überprüfen können ob was falsch ist oder nicht.

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