AG Leipzig verurteilt die HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungskasse zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 12.4.2016 – 115 C 4512/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

von Brandenburg geht es weiter nach Leipzig. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil des Amtsgerichts Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. Wieder einmal hatte die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse die berechneten Sachverständigenkosten rechtswidrig gekürzt, weswegen der Differenzbetrag aus abgetretenem Recht gerichtlich geltend gemacht werden musste. Das erkennende Geriht hat dann zwar im Ergebnis richtig, aber in der Begründung jedoch falsch entschieden. Die Sachverständigenkosten wurden im konkreten Fall schriftlich mit dem Geschädigten vereinbart. Trotzdem ist das Gericht der Auffassung, es könne  die berechneten und vereinbarten Sachverständigenkosten auf der Grundlage des § 287 ZPO schätzen und verwendet hierbei auch noch die BVSK-Honorarumfrage, obwohl in der zitierten Entscheidung des BGH gerade steht, dass der Geschädigte die Ergebnisse der BVSK-Honorarumfrage nicht kennen muss. Was der Geschädigte aber nicht kennen muss, kann ihm bei der ex-Post-Betrachtung auch nicht als  Schätzgrundlage entgegengehalten werden. Nach der BGH-Rechtsprechung ist die BVSK-Umfrage als Schätzgrundlage nicht geeignet. So nebenbei spricht sich das erkennende Gericht auch noch gegen die Rechtsprechung des OLG Dresden bezüglich der 25 %-Grenze aus. Lest selbst das Urteil aus Leipzig und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 115 C 4512/15

Verkündet am: 12.04.2016

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

Klägerin –

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., Bahnhofsplatz, 96450 Coburg, v.d.d. Vorstand

– Beklagte

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht S.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2016 am 12.04.2016

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 102,07 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 17.02.2015 sowie 3,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

2.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gemäß §§ 823, 249 BGB, § 3 PflVG, § 7, 18 StVG, § 115 VVG, § 398 ff. BGB Anspruch auf Zahlung weiterer 102,07 € aus abgetretenem Recht. Unstreitig haftet die Beklagte aus dem Verkehrsunfall vom 04.07.2014 in vollem Umfang für die dem Geschädigten entstandenen Schäden. Diese Ansprüche sind wirksam an die Klägerin abgetreten worden.

Streitig ist die Höhe der Sachverständigenkosten. Hinsichtlich der Sachverständigenkosten ist die Honorartabelle der Klägerin vereinbart worden. Soweit die Beklagte diese Vereinbarung bestreitet, geht dieses Bestreiten fehl. Der Anlage K 1 ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass auf der Rückseite eine Honorartabelle abgedruckt und diese verbindlich vereinbart wird. Dies ist von dem Geschädigten unterzeichnet. Es ist ausdrücklich bestätigt worden, dass die Honorartabelle auf der Rückseite zur Kenntnis genommen wurde. Die Honorartabelle ist auch nicht intransparent. Richtig ist, dass sie Nettobeträge ausweist jedoch ist hierauf deutlich hingewiesen. Es ist zulässig und nicht zu beanstanden, dass die Berechnung des Grundhonorars anhand der Schadenshöhe erfolgt ist. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Er hat hierzu den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten gezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten (BGH Urteil vom 31.01.2007, Az.: VI ZR 67/06). Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheint (BGH a. a. O.). Danach kann der Geschädigte die Sachverständigenkosten in der Höhe ersetzt verlangen, bei denen es sich um die üblichen und angemessenen Honorare für Kfz-Sachverständige handelt. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH a. a. O.). Die Vergütung darf daher gemäß § 287 ZPO vom Gericht geschätzt werden. Als üblich können solche Honorarsätze angesehen werden, die durch eine Befragung ermittelt werden. Die Befragung der Sachverständigen durch die BVSK stellt eine solche Befragung dar, die eine geeignete Schätzgrundlage darstellt. Es handelt sich um die Ermittlung eines Durchschnittswertes dessen, was die befragten Sachverständigen als Honorare für ihre Gutachtertätigkeit abrechnen (OLG Oldenburg, Urteil vom 07.11.2012, Az.: 5 S 443/12).

Zugrunde zu legen ist daher die BVSK-Honorarbefragung 2013. Das geltend gemachte Grundhonorar liegt im HB V Korridor, so dass dieses nicht zu beanstanden ist.

Darüber hinaus sind auch die Nebenforderungen zu erstatten. Auch nach der BVSK-Honorarbefragung 2013 ist es gerade üblich, zusätzliche Nebenkosten zum Grundhonorar zu erheben. Auch diese liegen im Korridor der BVSK-Befragung. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verfangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13). Entsprechende Umstände sind von Beklagtenseite gerade nicht vorgetragen. Eine Kürzung kommt nicht einmal dann in Betracht, wenn die Höchstsätze überschritten sind (BGH, a.a.O.).

Die Einwendungen gegen die Nebenkosten greifen nicht durch. Wie bereits dargelegt orientieren diese sich an der BVSK-Honorarbefragung 2013 und sind in der Höhe nicht zu beanstanden, Wucherkosten sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere liegen auch Schreibtätigkeiten vor, auch wenn Textbausteine verwendet werden.
Die Nebenkosten sind auch nicht pauschal auf 25 % des Grundhonorars zu kürzen. Soweit dies teilweise vertreten wird, vermag dies das Gericht nicht überzeugen. Es wird ein Pauschalbetrag ohne jegliche nachvollziehbare Begründung in Abzug gebracht.

Die Nebenforderungen rechtfertigen sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 3 ZPO.

Die 3,00 € Mahnkosten erscheinen angemessen und sind gemäß §§ 280, 286 BGB zu erstatten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr 11, 711, 713 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 102,07 € festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Leipzig verurteilt die HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungskasse zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 12.4.2016 – 115 C 4512/15 -.

  1. J.U. sagt:

    In diesem Urteil der Richterin S. am AG Leipzig gibt es mehrere Knaller, so:

    „D a n a c h (?) kann der Geschädigte die Sachverständigenkosten in der Höhe ersetzt verlangen, bei denen es sich um die üblichen und angemessenen Honorare für Kfz-Sachverständige handelt.“

    „Die Vergütung darf d a h e r (?) gemäß § 287 ZPO vom Gericht geschätzt werden.“

    „Als üblich können solche Honorarsätze angesehen werden, die durch eine Befragung ermittelt werden. Die Befragung der Sachverständigen durch die (den) BVSK stellt eine solche Befragung dar, die eine geeignete Schätzgrundlage darstellt. Es handelt sich um die Ermittlung eines D u r c h s c h n i t t s w e r t e s dessen, was die befragten Sachverständigen als Honorare für ihre Gutachtertätigkeit abrechnen (OLG Oldenburg, Urteil vom 07.11.2012, Az.: 5 S 443/12).“

    Richtig ist jedoch:

    „Eine Kürzung kommt nicht einmal dann in Betracht, wenn die Höchstsätze überschritten sind (BGH, a.a.O.).“

    „Die Einwendungen gegen die Nebenkosten greifen nicht durch.“

    „…..,Wucherkosten sind hier nicht ersichtlich.“

    “ Insbesondere liegen auch Schreibtätigkeiten vor, auch wenn Textbausteine verwendet werden.“

    „Die Nebenkosten sind auch nicht pauschal auf 25 % des Grundhonorars zu kürzen. Soweit dies teilweise vertreten wird, vermag dies das Gericht nicht überzeugen.“

    „Es wird ein Pauschalbetrag ohne jegliche nachvollziehbare Begründung in Abzug gebracht.“

    J.U.

  2. Dipl.-Ing. Harald Rasche sagt:

    @Willi Wacker
    @J.U.
    Sehr geehrte Vorkommentatoren,
    ob die Honorarbefragung eines Berufsverbandes der Kraftfahrzeugsachverständigen zur Bestimmung des Schadenersatzes im Wege einer Schätzung geeignet ist oder nicht, kann hier allein schon deshalb dahinstehen, da hier nicht nur eine Honorarvereinbarung vorlag, sondern auch ein rechtsgültiger Werkvertrag zwischen dem Geschädigten und dem von diesen beauftragten Sachverständigen und eine Rechnung des Sachverständigen. Die Frage der versicherungsseitig behaupteten Nichterforderlichkeit ist im Urteil überhaupt nicht angesprochen worden, obwohl „nicht erforderlich“ und „erheblich überhöht“ keineswegs das Gleiche bedeuten.
    Maßgebend im Schadensersatzprozess ist aber auch nicht, was “angemessen” ist, sondern entscheidungserheblich ist nur, ob der Geschädigte als Laie aus seiner ex ante Sichtweite erkennen konnte, ob das Sachverständigenhonorar insgesamt (also nicht in Einzelpositionen!) möglicherweise erheblich überhöht ist. VKS-, BVSK- oder sonstige Listen muss der Geschädigte nicht kennen.
    Für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB ist ausschließlich die Beklagte beweispflichtig (VI ZR 225/13)! Es bedarf deshalb also keiner “Unschuldsargumente” oder Rechtfertigungsversuche durch die Klägerseite, denn damit würde eine Weichenstellung auf eine werkvertragliche Ebene ermöglicht (Prüfung der Rechnungshöhe und nicht Beurteilung der Schadenersatzverpflichtung) bei 100 % iger Haftung.
    Das Primat einer „Schätzung“ ist jedoch bei Auseinandersetzungen dieser Art fehl am Platze, weil von der Vorschrift des § 287 Absatz 1 ZPO selbstverständlich kein Gebrauch gemacht werden darf , wenn die Schadenshöhe unschwer in anderer Art und Weise aufzuklären ist und für einen solchen Fall wäre ein Verfahren nach § 287 ZPO keine pflichtgemäße Ermessensausübung, sondern Willkür.
    In den hier in rede stehenden Fällen ist die Aufklärung zur Höhe rechtswidrig gekürzter Gutachterkosten weder unverhältnismäßig schwierig, geschweige denn unmöglich, zumal nach dem Gesetz, der beurteilungsrelevanten BGH Rechtsprechung regelmäßig keine Veranlassung besteht, auf eine Lösung über den § 287 ZPO zurückzugreifen, da die von der Beklagtenseite regelmäßig erhobenen Einwendungen nicht erheblich sind, was eine unsubstantiiert behauptete Nichterforderlichkeit oder aber Überhöhung angeht.

    Was die Substantiierungslast in Verbindung mit dem § 287 ZPO angeht, so kommt es gerade hier auf einzelne Posten/ Positionen einer Schadensberechnung nicht an (Wieczorek, ZPO, § 287 Anm. D I a, I a 2).

    Kfz. – Sachverständigenbüro
    DIPL.-ING. HARALD RASCHE
    Bochum+Tangendorf (Nordheide)

  3. HR sagt:

    @J.U.
    @Dipl.-Ing. Harald Rasche

    Erinnern wir uns im Zusammenhang mit diesem Thema, was Herr RA Imhof schon im September 2012 anmerkte:

    „Aus der Ermächtigung des Gesetzes,die Schadensabwicklung selbst vorzunehmen,folgt der Vertrauensgrundsatz für das Unfallopfer,die damit einhergehenden Kosten vollständig vom Schädiger ersetzt zu erhalten.

    Dies gilt ganz besonders ohne jede Einschränkung für solche Schadenspositionen, deren Höhe das Unfallopfer nicht beeinflussen kann,also für in Rechnung gestellte Reparaturkosten oder für berechnete Gutachterkosten,denn beide Schadensposten werden durch die Schadenshöhe und durch die Schadenscharakteristik bestimmt; auf beides kann das Unfallopfer aber keinerlei Einfluss nehmen.
    Auch eine Marktforschung nach einer billigen Werkstatt oder nach einem billigen Sachverständigen wird nicht gefordert, denn das würde die Dispositionsfreiheit entgegen Sinn und Zweck des §249 BGB einschränken und das würde infolge des Zeitbedarfs zu Schadensausweitungen (Mietwagenkosten/Nutzungsausfall)führen, also gerade auch den Interessen des Schadensersatzschuldners an einer möglichst geringen Ersatzleistung zuwiderlaufen.
    Es ist also gut und richtig, dass das Unfallopfer darauf vertrauen kann, dass ihm der finanzielle Aufwand für die Begutachtung und für die Reparatur ersetzt werden wird, denn andernfalls würde man die Ersetzungsbefugnis grundlegend entwerten.
    Kaum ein Unfallopfer würde es ansonsten noch wagen, einen Reparaturauftrag an eine Werkstatt seines Vertrauens zu erteilen, wenn es befürchten müsste, im Nachhinein auf den Kosten selbst sitzen zu bleiben.
    Das ist zwar Ziel mancher Versicherer mit eigenem Werkstattnetz.Das ist aber mit den Zielen des Gesetzes nicht zu vereinbaren.“

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