AG Ludwigsburg spricht Geschädigtem Anspruch auf Ersatz der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt auch bei fiktiver Reparaturkostenabrechnung zu (4 C 3288/07 vom 20.03.2008)

Das Amtsgericht Ludwigsburg hat mit Urteil vom 20.03.2008 – 4 C 3288/07 – dem Geschädigten Anspruch auf Ersatz der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt auch bei fiktiver Schadensabrechnung zugesprochen.

Die Beklagte ist verurteilt worden, an die Unfallgeschädigte 294,73 € nebst Zinsen zu bezahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Aus den Gründen:

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer aus dem Unfallgeschehen vom 04.08.2007 des ist dem Grunde nach unstreitig. Hinsichtlich der Schadenshöhe hat der Kläger Anspruch auf Er­satz der restlichen Reparaturkosten in Höhe von 294,73 €.

Im Rahmen des Schadensersatzes kann der Geschädigte nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung den erforderlichen Reparaturaufwand auch fiktiv auf Basis eines SV-Gutachtens abrechnen, selbst dann, wenn er das Fahrzeug nicht repariert (vgl. BGH NJW 1976, 1396). Es genügt im Allgemeinen, dass er den Schaden auf der Basis eines von ihm eingeholten SV-Gutachtens abrechnet, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, den konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlichen Betrachters gerecht zu werden (vgl. BGH NJW 2003, 2086). Diesen Ansprüchen genügt das Gutachten des SV W. vom 06.08.2007. Nach der Entscheidung des BGH vom 29.04.2003, dem sog. Porsche-Urteil (BGH NJW 2003, 2086), hat der Geschädigte eines Verkehrsunfalles Anspruch auf Ersatz der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt, Dies gilt auch bei einer fiktiven Reparaturkostenabrechnung. Dieser Entscheidung folgt das Gericht. Alles andere würde die nach schadensrechtlichen Grundsätzen gegebene Dispositions­freiheit des Geschädigten beschränken. Der Schädiger muss jeden Weg der Schadensbeseitigung hinnehmen, der vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden, vernünftigen Betrachters aus der speziellen Situation des Geschädigten als sinnvoll anzusehen ist.

Der Kläger muss sich von der Beklagten nicht auf die drei vorgebrachten kostengünstigeren Reparaturmöglichkeiten in Werkstätten in P. verweisen lassen. Der Hinweis der Beklagten auf eine Anmerkung des BGH im Porsche-Urteil geht fehl. In diesem Urteil merkt der BGH zwar an, dass ein Geschädigter, der mühelos eine ohne Weiteres zugänglich günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit habe, sich auf diese verweisen lassen müsse. Die drei von der Beklagten genannten Reparaturmöglichkeiten sind aber weder gleichwertig noch mühelos ohne Weiteres zugänglich.

Das Gericht hält die von der Beklagten benannten Reparaturmöglichkeiten, insbesondere auch die Fa. S., nach deren Stundenverrechnungssätzen der Abzug vorgenommen wurde, nicht für gleichwertig. Es ist ein Un­terschied, ob ein Wagen in einer markengebundenen Fachwerkstatt (hier Mazda) repariert wird oder in einer anderen Werkstatt, die sich nicht auf Fahrzeuge des Typ Mazda spezialisiert hat (vgl. AG Nürtingen, NJW 2007, 1143). Bei einem Verweis auf Fachwerkstätten ohne Markenbindung verbleibt das Risiko, dass diese nicht über die selbe Werkstatterfahrung mit Fahrzeugen des Typ Mazda verfügen, wie Werkstätten der entsprechenden Fahrzeugmarke. Dieses Risiko muss der Geschädigte nicht tragen. Grundsätzlich sind damit nur markengebundene Vertragswerkstätten als generell gleichwertig anzusehen (vgl. LG Aachen, NJOZ 2008, 277). Zum anderen waren alle der von der Beklagten konkret genannten Werkstätten aufgrund der örtlichen Entfernung nicht mühelos und ohne Weiteres für den Kläger zugänglich. Eine Werkstatt lag 40 km entfernt. Eine solche Entfernung zu einer kostengünstigeren Werkstatt kann dem Geschädigten nicht zugemutet werden (vgl. AG Pforzheim, Urteil vom 09.02.2007, 8 C 237/06). Somit sind die von der Beklagten genannten Werkstätten für den Kläger nicht mühelos und ohne Weiteres zugänglich. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine Kanzlei in P. hat. Auf eine abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemäßen Reparatur in irgendeiner kostengünstigeren Fremdwerkstatt, muss sich der Geschädigte auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht aber gerade nicht verweisen lassen (vgl. BGH NJW 2003, 2086). Damit war die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.

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