AG Neubrandenburg verurteilt die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlichen Schadensersatzes in Form der von der HUK-COBURG rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 31.5.2017 – 102 C 96/17 -, wobei das Gericht die Gutachterkosten als Vermögensnachteil gemäß § 249 I BGB ansieht.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

für die Anwälte der HUK-COBURG und auch für die HUK-COBURG selbst scheint es das BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH NJW 2014, 1947 = NZV 2014, 255 = DAR 2014, 194 = DS 2014, 90 = VersR 2014, 474 = r+s 2014, 203) nicht zu geben. In diesem Rechtsstreit hatte der Geschädigte selbst den restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall in Form der gekürzten Sachverständigenkosten beim Schädiger eingeklagt. In dem vom Amtsgericht Neubrandenburg zu entscheidenden Fall klagte ebenfalls der Geschädigte auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, den der bei der HUK-COBURG versicherte Fahrer alleine schuldhaft verursacht hatte. Die alleinige Haftung der HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. war unbestritten. Gleichwohl kürzte die HUK-COBURG die berechneten Sachverständigenkosten nach eigenem Dafürhalten, obwohl sie als eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung bei voller Haftung auch vollen Schadensersatz zu leisten verpflichtet gewesen wäre. Da die Kosten der Begutachtung zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen gehören, wenn eine Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist, wie es hier der Fall ist, richtet sich die Ersatzpflicht nach BGH VI ZR 67/06 Rn. 11 nach § 249 I BGB. Dies hat auch das erkennende Gericht erkannt und daher auf § 249 I BGB Bezug genommen. Allerdings wurde dann die BGH-Entscheidung VI ZR 50/15 herangezogen, ohne zu überdenken, dass bei der Entscheidung VI ZR 50/15 eine Abtretung an Erfüllungs Statt gemäß § 364 BGB zugrunde lag. Hier klagte jedoch der Geschädigte selbst, so dass die BGH-Entscheidung VI ZR 225/13 einschlägig gewesen wäre. Nur wenn der Geschädigte erkennen konnte, dass die von dem Sachverständigen berechneten Kosten die in der Branche üblichen Kosten deutlich übersteigen, kann er die berechneten Kosten nicht mehr als Schadensersatz in voller Höhe beanspruchen (vgl. BGH VI ZR 225/13 Rn. 9). So war es hier aber nicht. Daher war auch die vom Gericht angestellte werkvertragliche Überprüfung der Einzelposten nicht angesagt (vgl. BGH VI ZR 67/06 Rn. 13). Auch die Stellung des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe im Rahmen der Wiederherstellung des vormaligen Zustandes blieb unberücksichtigt. Lest selbst das Urteil und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Aktenzeichen:
102 C 96/17

Amtsgericht Neubrandenburg

Im Namen des Volkes

Urteil

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

In dem Rechtsstreit

….

– Kläger –

gegen

HUK-Coburg  Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg, vertreten durch den Vorstand, Bahnhofplatz, 96444 Coburg

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Neubrandenburg durch die Richterin am Amtsgericht H. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2017 für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 67,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 02.06.2016 zu zahlen.

2.        Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.        Der Streitwert wird auf 67,15 EUR festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert und zur Geltendmachung der Sachverständigenkosten als Unfallschaden berechtigt. Sie ist Halterin und Versicherungsnehmerin, was zumindest ein Indiz für Ihr Eigentum darstellt. Zwar befindet sich der Fahrzeugbrief bei der den kauffinanzierenden Bank, was für eine Sicherungsübertragung spricht. Bei dieser Konstellation ist jedoch davon auszugehen, dass die Bank mit der klageweise Geltendmachung der Schadensersatzansprüche einverstanden ist und somit die Prozessführungsbefugnis der Klägerin aus dem Gesichtspunkt der Prozessstandschaft anzunehmen ist. Dafür spricht im Übrigen auch das von der Beklagten vorgelegte Schreiben der Credit Plus Bank AG vom 20.07.2016, mit welchem die Zahlung der Versicherungsleistung gegen Vorlage der Reparaturrechnung direkt an die Reparaturwerkstatt oder an die Klägerin erbeten wurde.

Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, 26.04.2016, VI ZR 50/15 recherchiert nach Juris -). Die Klägerin war grundsätzlich auch berechtigt, zur Schadensfeststellung einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Gutachtens zu beauftragen. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat es sich hier auch nicht um einen „einfach gelagerten Streifschaden“ gehandelt, da im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen die Haftungslage aufgrund der Unfallflucht des Unfallgegners noch vollkommen unklar war und auch das Erstschreiben der Beklagten vom 23.05.2016 der Klägerin noch nicht vorlag. Ferner liegt angesichts der Schadenshöhe auch kein sogenannter Bagatellschaden vor, bei dem von der Einholung eines Sachverständigengutachtens ggf. verzichtet werden kann. Die Klägerin hat somit Anspruch auf Erstattung der zuerkannten Sachverständigengebühren (gemeint sind offenbar -kosten, Anm. des Autors!). .

Bezüglich der Höhe der Vergütung und Auslagen eines außergerichtlich tätigen Kfz-Sachverständigen gibt es keine gesetzliche Regelung. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet, hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist. Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten sein Honorar auf einer solchen Bemessungsgrundlage bestimmt, überschreitet die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht (BGH, NJW 2006, 2472 f.).

Die Klägerin hat mit dem Sachverständigen … keine Vergütungsvereinbarung getroffen. Die Vergütung richtet sich somit nach der üblichen Vergütung, § 632 BGB. Im Gegensatz zu den gerichtlich bestellten Sachverständigen ist es bei der Erstellung außergerichtlicher Schadensgutachten nicht üblich, nach Zeitaufwand abzurechnen. Die Abrechnung der Vergütung des außergerichtlichen Kfz-Sachverständigen erfolgt fast ausschließlich als Pauschalbetrag, deren Höhe in Abhängigkeit zur Höhe der ermittelten Reparaturkosten bzw. beim Totalschaden zum Wiederbeschaffungswert steht. Neben dem Grundhonorar ist der Sachverständige auch zur separaten Abrechnung von Nebenkosten grundsätzlich berechtigt.

Dabei obliegt der Geschädigten im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontroile der vom Sachverständigen berechneten Preise. Aber auch danach ist die Vergütung des Sachverständigen nicht zu beanstanden.

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit des Grundhonorars die nunmehr auch höchstrichterlich anerkannte BVSK Honorarbefragung 2015 zugrunde gelegt. Hiernach sind die durch den Sachverständigen geforderten Beträge nicht als unüblich gemäß § 249 BGB einzustufen. Mit seinem gemäß Rechnung vom 25.05.2016 geltend gemachten Grundhonorar von 345,00 EUR liegt der Sachverständige noch in dem entsprechenden, für die Schadenshöhe von 1.407,55 EUR (netto) geltenden Honorarkorridor zwischen 315,00 EUR und 349,00 EUR. Des Weiteren sind die in der Rechnung des Sachverständigen geltend gemachten Fahrtkosten, Lichtbilder (zwei Fotosätze), Schreib-/Kopierkosten sowie Versand-/Telefonkosten dem Grunde und ihrer Höhe nach erstattungsfähig. Sie entsprechen den Vorgaben der BVSK Honorarbefragung und sind zum Teil auch schon höchstrichterlich in ihrer Hohe bestätigt worden (BGH, VI ZR 50/15).

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus Verzug.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91,708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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