AG Bühl verurteilt HUK Coburg zur Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten (Az.: 7 C 305/10 vom 26.10.2010)

Mit Entscheidung vom 26.10.2010 (7 C 305/10) wurde die HUK Coburg Versicherung durch das Amtsgericht Bühl zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars verurteilt. Die Klage erfolgte durch den Sachverständigen aus abgetretenem Recht. Bei diesem Verfahren hat es die HUK einmal mit dem Argument des Unfallhelferringes versucht und das Rechtsdienstleistungsgesetz bemüht. Auch dieser Vorstoß war ohne Erfolg. Der Amtsrichter hat sich von den „schrägen Argumenten“ der HUK nicht beeinflussen lassen und das Sachverständigenhonorar rechtsfehlerfrei zugesprochen. Das Urteil wurde erstritten und übersandt durch Herrn Rechtsanwalt Michael Huber, 76547 Sinzheim.

Aktenzeichen:
7 C 305/10

Verkündet am
26.10.2010

Amtsgericht Bühl

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

1) …

– Beklagte –

2)

– Beklagte –

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Bühl
durch den Richter …
am 26.10.2010 auf die mündliche Verhandlung vom 19.10.2010

für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 124,17 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.09.2010 zu bezahlen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

A)

Der klagenden Partei stehen die geltend gemachten weiteren Gutachterkosten in Höhe von 124,17 EUR zu.

Im Einzelnen:

Die Klage ist diesbezüglich gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 398 BGB in Höhe von 124,17 EUR begründet.

1.
Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Anspruch im Rahmen eines sog. Unfallhelferrings bewegt und daher aufgrund eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist, vgl. § 134 BGB. Die im vorliegenden Fall erkennbar gewordene Gestaltung unterscheidet sich von den typischerweise gegebenen Konstellationen, in denen dieses Problem auftaucht. Vorliegend klagte gerade nicht die eigentliche Geschädigte, sondern der Sachverständige aus abgetretenem Recht, sodass diesbezüglich insbesondere nicht von einer unwirksamen Prozessvollmacht ausgegangen werden kann. Insbesondere rügte die Beklagtenseite eine fehlende Vollmacht der Geschädigten, was für den vorliegenden Prozess aber irrelevant ist, da diese für diesen gar keine Vollmacht erteilte. Eine Unwirksamkeit der Bevollmächtigung des Sachverständigen wurde bis zuletzt nicht behauptet.

Auch die Abtretung ist nicht unwirksam. Mit der Abtretung der Sachverständigenkosten wird der Sachverständige zur Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Haftpflichtversicher des Schädigers aktivlegitimiert. Es liegt keine verbotene Rechtsberatung vor, weil der Sachverständige ausschließlich ein Geschäft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreibt (Amtsgericht Aichach – Urteil vom 18.07.2008 – 1 C 895/07).

2.
Auch der Einwand einer möglichen Interessenkollision, da der klägerische Prozessbevollmächtigte die Geschädigte und den Sachverständigen aus abgetretenem Recht vertritt, verfängt in diesem Rechtsstreit noch nicht. Wenn überhaupt, stellte sich diese Frage in einem Rechtsstreit des hiesigen Klägers gegen die Geschädigte.

3.
Im Rahmen der Prüfung, ob dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten zusteht, kommt es auf die Frage, ob der Sachverständige in zulässiger Weise abgerechnet hat, insbesondere, ob er seinen Zeitaufwand im Einzelnen hätte darlegen müssen, nicht an. Denn es ist der Beklagten im Verhältnis zum Geschädigten und damit auch im Verhältnis zur Klagepartei verwehrt, sich auf die vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen.

Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen.

Er hat hierzu den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags zu befriedigen und nicht zwingend in jedem Fall vom Geschädigten bezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten (vgl. BGHZ61, 346, 347 f.; 63, 182, 184). Der tatsächliche Aufwand des Geschädigten bzw. im Gutachten ausgewiesenen Kosten bildet freilich bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO einen starken Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Indes bleibt festzhalten, dass der tatsächlich aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch sein muss. Nach zutreffender Auffassung des BGH in dem Verfahren VI ZR 164/07 kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten (z.B. einer überhöhten Honorarforderung des Sachverständigen) abhängig gemacht werden (vgl. auch BGHZ 61, 346, 348). Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH vom 29. Juni 2004 – VI ZR 211/03). Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (vgl. AG Essen VersR 2000, 68 f.). Hier hat die Geschädigte den Rahmen des Erforderlichen gewahrt. Ebenso wie bei der gleich gelagerten Problematik der Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten ist es einem Geschädigten vor Erteilung des Gutachtenauftrags gerade nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall (mehrere) Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen (vgl. zu Mietwagenkosten BGH, Urteil vom 07.05.1996, Az.: VI ZR 138/95). Ein Preisvergleich dürfte ohne vorherige Begutachtung des Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige auch nur schwer möglich sein. Zudem fehlen Tarifübersichten, anhand derer der Kunde sich informieren könnte. Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten kann und darf daher nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden. Der Sachverständige ist, ebenso wie der Mietwagenunternehmer, auch kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden ihm nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zugerechnet werden kann. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen (Grunsky, Zur Ersatzfähigkeit unangemessen hoher Sachverständigenkosten, NZV 2000, 4, 5; OLG Hamm, VersR 2001, 249, 250). Die Gegenmeinung (vgl. AG Hagen, NZV 2003, 144 f.) berücksichtigt insoweit nicht, dass es dem Geschädigten bei Sachverständigengutachten mangels Vergleichsmöglichkeiten noch weniger als bei Mietwagenkosten überhaupt möglich ist, vor der Auftragserteilung die Angemessenheit einer Vergütung zu beurteilen. Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, die Schadensabwicklung stets in die Hände des Schädigers bzw. dessen Versicherung zu legen.

Vorliegend sind keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Gutachters ersichtlich. Auch steht die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht derart in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe, dass der Geschädigten ein offenkundiges Missverhältnis hätte auffallen müssen. Aus einer Relation von etwa 16 % zwischen der Sachverständigenrechnung und dem Schaden laut dessen Gutachten ergibt sich ebenfalls (noch) kein Anhaltspunkt für eine Überhöhung der geltend gemachten Kosten.

Die Beklagte ist insoweit auch nicht rechtlos gestellt, da sie sich gegebenenfalls die Rechte des Geschädigten gemäß §§ 315 Abs. 3 bzw. 280, 631 Abs. 1, 812 BGB analog § 255 BGB hätte abtreten lassen und z. B. im Wege der Aufrechnung geltend machen können (vgl. hierzu Grunsky, a. a. O; OLG Nürnberg, OLG-R 2002, 471). Dann wäre es jedoch Sache der Beklagten gewesen, darzulegen und zu beweisen, dass und aus welchen Gründen das Honorar tatsächlich zu hoch bemessen ist Die Beklagte hat daher die Gutachterkosten in der geltend gemachten Art und Weise auszugleichen.

B)

Die Nebenentscheidungen begründen sich wie folgt:

1. Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 288 BGB.

2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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5 Antworten zu AG Bühl verurteilt HUK Coburg zur Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten (Az.: 7 C 305/10 vom 26.10.2010)

  1. H.U. sagt:

    AG Bühl verurteilt HUK Coburg zur Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten (Az.: 7 C 305/10 vom 26.10.2010)
    Dienstag, 23.08.2011 um 14:24 von Hans Dampf |

    …Die Klage erfolgte durch den Sachverständigen aus abgetretenem Recht. Bei diesem Verfahren hat es die HUK einmal mit dem Argument des Unfallhelferringes versucht und das Rechtsdienstleistungsgesetz bemüht.

    Auch dieser Vorstoß war ohne Erfolg. Der Amtsrichter hat sich von den “schrägen Argumenten” der HUK nicht beeinflussen lassen und das Sachverständigenhonorar rechtsfehlerfrei zugesprochen.

    Hi, Hans Dampf,

    Wenn man überhaupt von sog. Unfallhelferringen sprechen kann, dann fällt unter diesem Begriff in negativer Bewertung doch wohl die Kumpanei der HUK-Coburg mit devoten Kfz-Sachverständigen und deren Organisationen und mit den sog. Vertrauenswerkstätten.

    Auch den Zentralruf der Autoversicherer zähle ich dazu und dass u.a. die Organisation der DEKRA -Automobil-GmbH dazu gehört, weiß fast jeder Insider, der schon einmal versucht hat, einen Unfallschaden fiktiv anzurechnen und dann mit einem sog. „Prüfbericht“ dieser Organisation „nach Vorgaben“ der HUK-Coburg konfrontiert wurde.

    Hier hat – mal wieder – ein Amtsrichter im wahrsten Sinne des Wortes die „schrägen Argumente“ der HuK-Coburg in die Ecke gestellt, wo sie auch hingehören und damit bröckelt wieder etwas von dem Nimbus ab, mit dem sich die HUK-Coburg als Sachwalter der Versichertengemeinschaft nach wie vor darzustellen versucht.

    Es kann doch auch für die übrigen Gerichte nicht so schwer sein, das zu erkennen. Oder hat beispielsweise etwa das AG Coburg damit ein besonderes Problem ? Wenn dem so sein sollte, kann man eigentlich nur anmerken: Der Pate läßt besonders freundlich grüßen, ohne zum abgeschnittenen Pferdekopf greifen zu müssen?

    mit freundlichen Grüßen

    H.U.

  2. Alois Aigner sagt:

    Grüß Gott Hans Dampf,
    wer war denn der Prozessbevollmächtigte der Huk, der solchen Schmarrn vorgetragen hat? Doch wohl nicht RA Fleischer, oder?
    Hut ab vor dem Amtsrichter, dem vom Huk-Anwalt kein X für ein U vorgemacht werden konnte. An dem Urteil können sich auch andere Richter orientieren.
    Unfallhelferring, dass ich nicht lache. Früher wurde er von der Huk bekämpft und jetzt baut sie selbst einen auf. Auch das ist widersprüchliches Verhalten. Erst bekämpfen, dann selbst nutzen. Pfui Teufel.
    Servus
    Euer Alois

  3. Hendrik sagt:

    AG Bühl verurteilt HUK Coburg zur Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten (Az.: 7 C 305/10 vom 26.10.2010)

    @ H.U.

    Ja, es ist wie bei einer Lawine, die alles mitreißt und das erkennen zunehmend jetzt auch die Gerichte, denn die Entscheidungsgründe ähneln sich immer mehr. Ich bin mal gespannt, wer bei der HUK-Coburg den Mut, die Kraft und die Intelligenz hat, diesen gordischen Knoten zu zerschlagen.

    Mit Gruß

    Hendrik

  4. Willi Wacker sagt:

    Hallo Hendrik,
    ich glaube nicht, dass in Coburg der gordische Knoten zerschlagen wird. Ich glaube vielmehr, dass die alten Hüte wieder herausgekramt werden. Die Diskussion um die Bemessung der SV-kosten nach Zeitansatz, die Bemessung der SV-Kosten nach dem damaligen ZSEG, die Diskussion um die Notwendigkeit des 2. Fotosatzes hatten wir schon Mitte des letzten Jahrzehnts im alten Jahrhundert. Damals hatte versicherungsgesteuert RA. Trost in der VersR. 1997, 537 zu dem Thema „Die Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen – insbesondere die Sachverständigenkosten“ geschrieben und genau diese obigen Thesen vertreten. Diese Ansicht von Trost blieb eine Mindermeinung. Diese vor mehr als 15 Jahren vertretenen Argumente werden jetzt wieder hervorgeholt, obwohl der BGH die Abrechnung in Relation zum Schadensbetrag als zulässig angesehen hat (vgl. BGH NJW 2006,2472; BGH DS 2007, 144 jew. m.w.N.). Der BGH hat auch die Bemessung des Honorars des freien Sachverständigen am JVEG (bzw. dem alten ZSEG als Vorgängergesetz) abgelehnt (Vgl. BGHZ 167, 139 = VersR 2006, 1131 Rdnr. 19). Der BGH hat mit seinem Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – bereits entschieden, dass eine Preiskontrolle des Schädigers und des Gerichtes nicht berechtigt ist, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat. Das gilt auch für die Sachverständigenkosten (BGH DS 2007, 144). Trotzdem wird durch die Coburger Firma immer wieder und wieder neu die Abrechnung in Relation zum Reparaturaufwand in Frage gestellt und auf Abrechnung nach Zeitaufwand gepocht. Die in Coburg lernen es nie, bzw. wollen es nicht lernen. Erst dann, wenn reihenweise, wie jetzt demnächst am 30.11. dieses Jahres, die Kunden davonlaufen, dann wachen sie vielleicht auf. Ich glaube es aber noch nicht.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  5. DerHukflüsterer sagt:

    @ H.U.
    „Ja, es ist wie bei einer Lawine, die alles mitreißt und das erkennen zunehmend jetzt auch die Gerichte, denn die Entscheidungsgründe ähneln sich immer mehr. Ich bin mal gespannt, wer bei der HUK-Coburg den Mut, die Kraft und die Intelligenz hat, diesen gordischen Knoten zu zerschlagen.“

    Vielleicht könnte man das mit einer traurig-belustigenden Fernsehserie wie damals „neues von der Telekom“ unter dem Motto

    “ Meine HUK wird niemals klug“ beschleunigen.

    Anschließend kann man ja die hervorragenden Huk Anwälte bei einer Fättnäpfchenparty besonders ehren.
    Ich stelle mir da einen Aufkleber vor oder einen Button wo darauf steht,

    „Ich bin der HUK ihr Knecht,
    wir pfeifen auf das Recht.“
    Wir streiten gerne und auch immer,
    mit Siegen rechnen wir schon lange nimmer.

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