AG Coburg verurteilt nur zu einem geringen Teil die HUK-COBURG Allg. Vers. AG mit fehlerhafter Begründung (AG Coburg Urt. v. 16.2.2016 – 12 C 1572/15 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

um es vorweg zu sagen: Ich will Euch die Woche nicht vermiesen. Aber wie Ihr wisst, veröffentlichen wir zur Abschreckung auch schon mal völlig verfehlte Entscheidungen. Eine solche ist das Schrotturteil des AG Coburg v0m 16.2.2016 – 12 C 1572/15 – , das wir Euch heute vorstellen. Betroffen war die HUK-COBURG als eintrittspflichtiger Haftpflichtversicherer. Da die in Coburg, dem Gerichtsort des Rechtsstreites, ansässige HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG keinen vollständigen Schadensersatz trotz voller Haftung leistete, klagte der Geschädigte (!) gegen die HUK-COBURG Allgemeine Verasicherungs AG in Coburg. Da nach dem Grundsatzurteil des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – bzw. vom 19.2.2014   VI ZR 225/13 – die vom BGH dort aufgestellten Kriterien anzuwenden gewesen wären, werden durch das erkennende Gericht fehlerhaft einzelne Positionen der Sachverständigenkostenrechnung überprüft und gekürzt. Die in dem BGH-Grundsatzurteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – aufgestellten Kriterien, wie die Ex-ante-Sicht des Geschädigten bezüglich der Erforderlichkeit des Herstellungsaufwandes werden völlig ignoriert. Wo bleibt hierbei die Sicht und die Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten – wie im Urteil noch mehrfach zitiert? Urteile wie diese zeigen, wie sich einige Gerichte im Abwärtsstrudel befinden. Der größte Arbeitgeber vor Ort macht aus der unabhängigen Justiz einen Justizkasperle. Zumindest wurde die Berufung zugelassen, was hier aber nicht weiterhilft, da das Berufungsgericht ja auch im Einflussbereich der HUK-COBURG liegt (siehe z.B. 32 S 89/14). Da fragt man sich, ob ein ortsansässiger Versicherungskonzern eine Gleichschaltung der Justiz beabsichtigen oder sogar durchführen kann und darf? Um sachliche Kommentare hervorzulocken, macht es Sinn, Urteile wie dieses hier zu veröffentlichen. Im Übrigen wollen wir damit der HUK-COBURG widersprechen, die beim OLG Hamm hat vortragen lassen, dass dieser Blog versicherungsfeindlich sei, was auch immer das sein soll (OLG Hamm Beschluss vom 26.2. 2015 – 1 W 86/14 -). Lest bitte selbst das Urteil des AG Coburg und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab. Ich verspreche Euch, dass wir in dieser Woche auch noch positive Urteile veröffentlichen werden. 

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

Amtsgericht Coburg

Az.: 12 C 1572/15

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand Dr. Wolfgang Weiler u.a., Bahnhofsplatz, 96444 Coburg

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Coburg durch die Richterin am Amtsgericht K. am 16.02.2016 auf Grund des Sachstands vom 10.02.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17,32 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB p.a. hieraus seit 10.07.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.       Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Partei kann die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4.        Die Berufung wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 102,62 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über restliche Sachverständigenkosten aufgrund eines Verkehrsunfalls.

Am 22.06.2015 kam es zwischen der Klägerin und dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Unfallgegner zu einem Verkehrsunfall in Stollberg. Die Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig. Die Klägerin beauftragte nach dem Unfallereignis den Sachverständigen … mit der Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens. Der Sachverständige ermittelte einen Reparaturkosten in Höhe von 1.857,84 € netto und rechnete am 26.06.2015 seine Leistung mit 602,22 € brutto ab.

Die Beklagte regulierte auf die Sachverständigenkosten außergerichtlich 482,00 €.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie einen Anspruch auf Erstattung der vollständigen Sachverständigenkosten habe. Insbesondere lägen die durch den Sachverständigen abgerechneten Preise nicht für den Geschädigten deutlich erkennbar über den üblichen Preisen.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 120,62 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB p.a. hieraus seit 10.07.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die vom Sachverständigen abgerechneten Preise für den Geschädigten deutlich erkennbar überhöht seien. Die in der BVSK Befragung 2015 ausgewiesenen Nebenkosten stellen Bruttobeträge dar.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten gemäß § 249 BGB, § 7 Abs. 1, 17 Abs. 2 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Höhe von 17,32 €.

Die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens (Palandt, BGB-Kommentar, § 249 Rn. 58; BGH NJW-RR 1989, 956).

Der Schädiger hat daher die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (Palandt, BGB-Kommentar, § 249 Rn. 58; BGH NJW 1974, 35; BGH NJW 2007, 1451). § 249 Abs. 2 S. 1 BGB beschränkt den Anspruch auf Ersatz von Sachverständigenkosten auf den objektiv erforderlichen Herstellungsaufwand. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte deshalb vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung nur den Ersatz derjenigen Sachverständigenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und erforderlich halten darf (BGH VersR 2005, 380; BGH NJW 2007, 1452). Der Geschädigte hat dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.

Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (so BGH, 6. Zivilsenat, 11.02.2014, VI ZR 225/13).

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen (so BGH, 6. Zivilsenat, 11.02.2014, VI ZR 225/13). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen.

Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (so BGH, 6. Zivilsenat, 11.02.2014, VI ZR 225/13).

Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden (vgl. BGH, NJW 2014, 3151 ff.).

Es ist dabei grundsätzlich anerkannt, dass ein Sachverständiger sein Honorar zeitunabhängig und pauschal nach Grundhonorar und Nebenkosten abrechnen darf. Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Sachverständigen abgerechneten Preisen für die Begutachtung überwiegend um den erforderlichen Herstellungsaufwand.

Das vom Sachverständigen berechnete Grundhonorar in Höhe von 354,00 € liegt für den Geschädigten nicht erkennbar erheblich über den üblichen Preisen.

Die Berechnung eines Grundhonorars in Höhe von 354,00 € bei Reparaturkosten in Höhe von 1.857,84 € netto stellt sich für einen verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen als nicht erkennbar erheblich überhöht dar. Dies deswegen weil, dass abgerechnete Grundhonorar unter den höchsten Werten des Korridors der BVSK-Honorarbefragung 2013 (HB III und HB IV) liegt. Bei einem Nettoschaden bis zu 2.00,00 € netto rechnen danach 90 % der BVSK-Mitglieder maximal 364,00 € bzw. 95 % der BVSK-Mitglieder maximal 370,00 € ab. Eine Orientierung an der BVSK-Honorarbefragung im Rahmen der Schadensschätzung durch das Gericht gemäß § 287 ZPO ist anerkannt und zulässig. Bei der Schadensschätzung können grundsätzlich Listen oder Tabellen Verwendung finden (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2008, Aktenzeichen VIZR 164/07). Dabei kann das Gericht sich am üblichen Sachverständigenhonorar orientieren, wie es in der Honorarbefragung des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen (BVSK) ermittelt wird. Die Befragung wird bereits seit Jahrzehnten durchgeführt und bildet einen wichtigen Anhaltspunkt für die Angemessenheit von Sachverständigenhonoraren. Zudem bildet der BVSK den größten Zusammenschluss freiberuflicher qualifizierter Kfz-Sachverständiger in Deutschland. Es ist davon auszugehen, dass die im Rahmen der Befragung erlangten Ergebnisse nicht ohne Realitätsbezug sind. Deshalb sind diese geeignet um einen Anhaltspunkt für eine Schätzung im Sinne des § 287 ZPO zu bilden.

Mithin ist das Grundhonorar nicht überhöht.

Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Nebenkosten gelten dieselben Grundsätze wie für das abgerechnete Grundhonorar. Die abgerechneten Nebenkosten sind alle erkennbar überhöht. Es wurden zudem zu viele Seiten bei den Schreibkosten und Kopien abgerechnet.

Hinsichtlich der Nebenkosten ist grundsätzlich auf die BVSK-Honorarbefragung 2015 abzustellen (Landgerichts Coburg, AZ: 32 S 71/15 und 32 S 79/15). Ausweislich der BVSK-Honorarbefragung 2015 sind für den 1. Fotosatz 2,– €, den 2. Fotosatz 0,50 €, für Fahrtkosten 0,70 €, für Schreibkosten 1,80 € je tatsächlich beschriebene Seite, für Kopien 0,50 € und für Porto/Telefon 15,- € jeweils netto-zu berücksichtigen waren.

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Landgerichts Coburg (AZ: 32 S 71/15 und 32 S 79/15) ist auch hinsichtlich der Nebenkosten von Nettopreisen auszugehen. Dies folgt aus den Kurzerläuterungen zur BVSK-Honorarbefragung 2015. In diesen befindet sich nunmehr die Klarstellung, dass es sich „bei den Angaben des Grundhonorars und der Nebenkosten um Nettopreise handelt“.

Nicht abgerechnet werden konnten jedoch die Schreibkosten für insgesamt 21 Seiten. Das Gutachten besteht lediglich aus 9 Seiten (so auch LG Coburg, AZ: 32 S 89/14). Die Beklagte hat ausdrücklich die Erstattungsfähigkeit der abgerechneten Seiten bestritten und ausgeführt, dass das Gutachten auch aus abgespeicherten Textblöcken besteht.

Das Landgericht Coburg hat zum AZ: 32 S 89/14 entschieden, dass Schreibkosten nur für diejenigen Seiten eines Schadensgutachtens verlangt werden können, für die auch ein tatsächlicher Schreibaufwand angefallen ist. Dies ist nicht der Fall bei den Seiten, die lediglich in Form des Ausdrucks einer Computerberechnung bedruckt werden. Denn die Schreibkosten sollen ihrer Höhe nach ersichtlich nicht den Ersatz reiner Druckkosten darstellen, sondern den mit der Erstellung eines Gutachtens tatsächlich verbundenen Schreibaufwand abbilden (so LG Coburg, AZ: 32 S 89/14).

Gemessen hieran kann der Sachverständige Schreibkosten lediglich für 9 Seiten seines Gutachtens beanspruchen, denn die anderen Seiten des Schadensgutachtens stellen einen bloßen Computerausdruck dar. Daher ist der Rechnungsbetrag entsprechend zu kürzen (so LG Coburg, AZ: 32 S 89/14). Für Kopien können 16 Seiten abgerechnet werden.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hält Gericht erforderliche Sachverständigenkosten in Höhe von gesamt 499,60 € für angemessen, auf die die Beklagte außergerichtlich 482,00 € reguliert hat, so dass ein Betrag von 17,32 € verbleibt.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Berufung war zuzulassen.

Streitgegenständlich war über die Rechtsfrage zu entscheiden, ob die Nebenkosten als Nettopreise in der BVSK-Befragung 2015 zu berücksichtigen waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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6 Antworten zu AG Coburg verurteilt nur zu einem geringen Teil die HUK-COBURG Allg. Vers. AG mit fehlerhafter Begründung (AG Coburg Urt. v. 16.2.2016 – 12 C 1572/15 -).

  1. HR sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    die immer wieder angesprochenen Bezugnahme auf übliche Preise ist absoluter Quatsch, weil es nach der Definition der Üblichkeit keine solchen üblichen Preise gibt. Das ist relativ bequem zu verifizieren, aber offenbar ist das für einige Gerichte entweder zu viel Arbeit oder es darf von der Zielsetzungh her nicht anders sein, als schadenersatzrechtlich verfehlt dargestellt.

    HR

  2. G.v.H. sagt:

    Darf diese Richterin des AG Coburg nicht ihren eigenen Sachverstand ins Spiel bringen? Auch das ist ein Plagiatsurteil vom Feinsten. Jenseits von Sprachschutt und Moralgeröll sieht ein solides Urteil „Im Namen des Volkes“ gänzlich anders aus, wie beispielsweise das des AG Darmstadt 304 C 147/16. Diese Richterin des AG Coburg ignoriert – offenbar weisungsgemäß – das Überprüfungsverbot lt. BGH ebenso, wie die BGH-Feststellung,dass auch überhöhte Honorare, so es denn tatsächlich so festzustellen wäre, der Regulierungsverpflichtung unterliegen.

    Auch aus diesem Urteil ist erkennbar, dass die Frage eines Auswahlverschuldens nicht abgehandelt wurde, weil mit dem Ergebnis die Behauptung eines Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht ad absurdum geführt würde und das passt eben nicht zum gewünschten Ergebnis nach Vorgabe des LG Coburg. Im übrigen handelt sie auch in diesem Urteil wieder eine vermeintliche Aufgabenstellung ab, die aus schadenersatzrechtlicher Perspektive schlichtweg themaverfehlend ist und wo u.a. das AG Saarlouis praxisorientiert und unter Beachtung der Gesetzeslage darauf wie folgt hingewiesen hat:

    1.) „Im Rahmen der Schadensschätzung ist es allein auf der Grundlage der Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes nicht zulässig, eine Kürzung der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten vorzunehmen.“

    2.) Zur Höhe der Abrechnung und des hierauf gestützten Schadensersatzanspruchs:
    Zunächst einmal ist es ohne einen Kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag nicht Aufgabe der Gerichte, hinsichtlich der vertraglichen Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen) für eine Vielzahl von Fällen

    –> verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur,
    –> zur Abrechnungshöhe und
    –> zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungsunterpositionen
    zu machen, solange der Gesetzgeber den Gerichten hierfür keinen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet. Eine Preiskontrolle hat durch die Gerichte in der Regel nicht stattzufinden (vergleiche BGH NZV 171 2007, 455 = DS 2007, 144).
    Letzterer Hinweis resultiert wahrscheinlich aus dem Umstand, dass dem Unfallopfer keine Nachteile entstehen sollen aus der Stellung des beauftragten Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers, wie beim Werkstattrisiko ebenfalls nicht, da der Geschädigte die Kostenentstehung – hier wie da – nicht beeinflussen
    kann.“

    3) „Das bloße Nennen eines Betrages unter Negierung der tatsächlichen Marktverhältnisse und der einschlägigen Rechtsprechung zur Abrechnungsstruktur ist jedoch eine bereits vom Ansatz her verfehlte Vorgehensweise und stellt daher kein substantiiertes Bestreiten dar (vgl. z. B. Saarl. OLG 4 U 21/14).“

    4) „Soweit die Beklagte und auch die Berufungskammer des Landgerichtes Saarbrücken zu einzelnen Nebenkostenpositionen niedrigere Einzelkostenansätze für marktüblich erachten und hieraus die Befugnis zur Rechnungskürzung ableiten, ist dies nach Auffassung des erkennenden Gerichtes im vorliegenden Fall weder mit Blick auf die Erforderlichkeit unter Einbeziehung einer subjektbezogenen Betrachtungsweise noch viel weniger im Falle einer unterstellten Kostenüberhöhung mit Blick auf ein von der Beklagten darzulegendes Mitverschulden zu rechtfertigen. Bereits vom Ansatz her verfehlt ist es im Zusammenhang mit Prüfung der Erforderlichkeit der Schadensersatzhöhe, die Preisansätze einzelner Nebenkostenabrechnungsunterpositionen zu überprüfen, ohne zunächst einmal die Erforderlichkeit des Gesamthonorars zu prüfen. Denn zum einen ist die Festlegung der Preisstruktur Sache der Vertragsparteien und unterliegt in der Regel keiner Kontrolle durch die Gerichte, sondern alleine derjenigen des Marktes (vergleiche BGH an angegebenen Ort).“

    G.v.H.

  3. Knurrhahn sagt:

    Hallo, Willi,
    inzwischen sind es doch wohl Hunderttausende von Schadenersatzklagen, die allein wegen rechtswidrig gekürzter Gutachterkosten provoziert und durch nahezu alle Gerichte in der gesamten BRD abgearbeitet werden mussten. Die den Unfallopfern, ihren Rechtsanwälten, den Gerichten und last not least den Bürgern dieses Rechtsstaates damit angetragene Arbeitsbelastung zeigt eindeutig Durchsetzungsprioritäten außerhalb des Rechts, die man eher in den Hochburgen der Maffia vermuten würde. Dass der brave Steuerzahler davon auch betroffen ist, interessiert die Akteure herzlich wenig und wer glaubt, dass etwa der Gesamtverband der Versicherer hier einsichtig sein könnte, hat sich getäuscht, denn offenbar werden die Aktivitäten einzelner Versicherer auch von dort aus organisiert. Dass dies alles die Verbraucherschützer und unsere Politiker bis heute nicht auf den Plan gerufen hat, obwohl schon seit inzwischen mehr als 20 Jahre mit zunehmender Intensität existent, verblüfft schon sehr. Und hat unser Herr Bundesjustizminister davon bis heute überhaupt etwas mitbekommen? Man muss schon täglich an den sorgfältig verriegelten Pforten rütteln, damit die hierfür Verantwortlichen endlich wach werden. Das betrifft auch die Zustände und Aktivitäten an manchen Gerichten, die durch den 6. Zivilsenat am BGH mit fast schöner Regelmäßigkeit ermuntert werden, die Unfallopfer immer mehr in ihren berechtigten Schadenersatzansprüchen zu beschneiden. Hier werden diesen immer wieder neue Steine in den Weg gelegt und neue Hindernisse aufgebaut und ersichtlich wird der Assekuranz mit Nachsicht eine ganzjährige Schonzeit zugesprochen. Kein rechtlich durchaus begründetes energisches Zurückweisen einer permanent negierten Schadenersatzverpflichtung ist da festzustellen, wohl aber Staatsbedienstete, die auf vielfältige Art und Weise davon profitieren. Beteilige ich mich in höchster Instanz am BGH an der Entstehung von Urteilen, die draußen in der Praxis auch bei qualifizierten Juristen auf völliges Unverständnis stoßen, dann müssen diese Urteile in hochdotierten Seminaren quer durch die Republik den unwissenden Zeitgenossen doch erläutert werden. Ein einträglicheres Geschäft, wie ich meine und allemal besser, als nur beim BGH in Karlsruhe herumzuwurschteln, zumal bekannt ist, dass gerade Versicherer eine solche „aufklärende“ Tätigkeit gern fürstlich honorieren. Und um das alles zu stabilisieren und auszubauen, dürfen auch gemeinsame sportliche Aktivitäten nicht zu kurz kommen oder erlebnisreiche Kurzurlaube. Das alles erlaubt dann auch noch die Portokasse der notleidenden Versicherungswirtschaft. Noch läuft es fast, wie geschmiert, bis mal wieder ein Phönix aus der Asche entsteht und zur Verweigerung ermuntert. Ob der aber aus dem Kreis unserer Politiker kommt, wage ich zu bezweifeln.

    Knurrhahn

  4. H.U. sagt:

    Auch die bisher eingestellten Kommentare zeigen, dass diese Richterin K. am AG Coburg ihren Auftrag, unfallbedingten Schadenersatz zu erkennen, offensichtlich wieder falsch verstanden hat, wenn sie sich hier anmaßt, über Abrechnungsmodalitäten dem Grunde und der Höhe nach eines Sachverständigen zu befinden zu befinden, ohne die Frage der Erheblichkeit der seitens der Beklagten vorgetragenen Rechtfertigungsgründe zu prüfen, die Frage eines Auswahlverschuldens übergeht, wie auch die einzig und allein erhebliche Gesamtkostenbetrachtung, also die Summe aus Grundhonorar und Nebenkosten.

    G.v.H. hat es bereits deutlich angesprochen, was bei solchen Vorgängen schadenersatzverschleiernd nicht zur Aufgabe der Gerichte gehört und das kann man nicht oft genug in Erinnerung rufen. Gerichte haben bei dieser Art von Prozessen keinen kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag, was eigentlich selbstverständlich ist.

    Wird dies jedoch wider besseren Wissens strickt und rechtsfehlerhaft ignoriert, so fehlt es in den Entscheidungsgründen an einer belastbaren Argumentation hierfür, wie auch dieses Urteil des AG Coburg es beispielhaft verdeutlicht.

    Also nochmals:
    Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, hinsichtlich der vertraglichen Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen) für eine Vielzahl von Fällen in normativer Begrenzung und unter Mißachtung bzw. gegen das Grundgesetz

    * verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur,

    * zur Abrechnungshöhe und

    * zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungsunterpositionen

    zu machen, solange der Gesetzgeber den Gerichten hierfür keinen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet. Eine Preiskontrolle hat durch die Gerichte in der Regel nicht stattzufinden (vergleiche BGH NZV 171 2007, 455 = DS 2007, 144).

    Die Richterin K. am AG Coburg wird sicher nicht ernsthaft behaupten wollen, dass der Gesetzgeber den Gerichten einen solchen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet haben könnte.

    H.U.

  5. Besserwisser sagt:

    Hallo HR, G.v.H., Knurrhahn und H.U.,
    alles richtig! Aber in Coburg ist die Gesetzesauslegung und -anwendung eben anders als im Gros der Republik.
    Besserwisser

  6. HD-30 sagt:

    @Besserwisser alles richtig. Die sitzen unter den Bananenstauden im Schatten und lassen es sich gut gehen.
    „BRD“ sagt eigentlich alles. Es kann ja nicht mehr lange dauern und unsere Justiz zeigt dann auch die brasilianische Leichtigkeit ganz offen für jedermann. Die nach innen offenen Taschen sind ja ehe schon da. Wer hat denn dem Richter W. den Flug nach Rio spendiert? Weiß das einer?

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