AG Essen-Borbeck verurteilt den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG zur Zahlung der von der HUK-COBURG nicht erstatteten restlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 7.12.2015 – 5 C 71/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Köln geht es weiter ins Ruhrgebiet nach Essen. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil des Amtsgericht Essen-Borbeck zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG vor. Wieder einmal musste der bei der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung Versicherte das ausbaden, was die Versicherung eingebrockt hatte. Nachdem die HUK-COBURG doch tatsächlich Glaubens war, den Geschädigten um seine berechtigten Schadensersatzansprüche zu prellen, obwohl die HUK-COBURG zu einhundert Prozent haftete, nahm der Geschädigte bzw. der Neugläubiger aufgrund der Abtretung erfüllungshalber den bei der HUK-COBURG versicherten Unfallverursacher in Anspruch. Dass der Restschadensersatzanspruch abgetreten worden ist, ändert nichts am Rechtscharakter des Anspruchs. Trotz der Abtretung bleibt der Schadensersatzanspruch ein Schadensersatzanspruch. Er wandelt sich aufgrund der Abtretung nicht etwa um in einen Restwerklohnanspruch, wie die HUK-COBURG immer wieder Glauben machen will. Lest selbsst das Urteil des AG Essen-Borbeck und gebt dann bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

5 C 71/15

Amtsgericht Essen-Borbeck

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

gegen

Herrn … ,

Beklagten,

hat das Amtsgericht Essen-Borbeck
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
07.12.2015
durch die Richterin am Amtsgericht M.

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 216,41 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand gemäß § 313 a ZPO.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist überwiegend begründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von EUR 216,41 aus § 7 StVG zu.

Dass der Beklagte für die Folgen des unstreitigen Verkehrsunfalles dem Grunde nach zu 100% haftet, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Streitig ist vorliegend lediglich die Höhe der zu ersetzenden Sachverständigenkosten.

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Das Bestreiten der Aktivlegitimation durch den Beklagten ist vorliegend unbeachtlich, da bereits unschlüssig.

Vorliegend ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt Halter des beschädigten Fahrzeugs war. Ebenfalls unstreitig hat der Kläger die Erstellung des streitgegenständlichen Gutachtens beauftragt. Die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung hat den Schaden – bis auf den streitgegenständlichen Betrag – reguliert und an den Kläger gezahlt. Weitere Personen haben sich gegenüber der Haftpflichtversicherung eines Anspruchs nicht berühmt.

Zwar stellt eine Zahlung nicht grundsätzlich ein Anerkenntnis dar, jedoch ist ein Bestreiten der Aktivlegitimation nach erfolgter Regulierung ohne jeden (neuen) Anhaltspunkt für das Fehlen der Anspruchsberechtigung ein Bestreiten „ins Blaue hinein“ und damit unbeachtlich.

Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung des vom Kläger vorsorglich benannten Zeugen Martini bedurfte es mithin nicht.

Dass der Kläger die Sächverständigengebühren vollständig ausgeglichen hat, hat der Kläger zur Überzeugung des Gerichts durch Vorlage des Umsatzberichtes der klägerischen Prozessbevollmächtigten belegt.

Soweit der Beklagte schließlich die Aktivlegitimation aufgrund vermuteter Abtretung der Forderung an den Sachverständigen bestreitet, ist auch dieses Bestreiten unbeachtlich, da gänzlich unsubstanziiert. Eine Abtretung an den Gutachter … wird jedenfalls weder hinreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt.

Die Sachverständigengebühren sind auch der Höhe nach überwiegend erstattungsfähig. Dies gilt auch für die geltend gemachten Nebenkosten.

Selbst wenn die Nebenkosten bei der Beauftragung des Sachverständigen keine ausdrückliche Erwähnung finden, führt dieser Umstand jedenfalls nicht dazu, dass die Erhebung von Nebenkosten als nicht vereinbart gilt. Regelmäßig treffen die Parteien eines Gutachtenauftrages keine konkrete Vergütungsvereinbarung, da sich das Grundhonorar regelmäßig nach der Schadenshöhe richtet. Wird keine Vereinbarung getroffen, ist die übliche Vereinbarung zu entrichten. Dass Nebenkosten von Sachverständigen geltend gemacht werden, ist üblich und im Übrigen auch im Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (JVEG) vorgesehen.

Die geltend gemachten Nebenkosten sind auch im Einzelnen überwiegend erstattungsfähig.

Auch in Ansehung der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verbleibt es dabei, dass die vom Sachverständigen erhobenen Nebenkosten nicht ohne Weiteres zu kürzen sind.

Eine Kürzung auf pauschal EUR 100,00 verbietet sich bereits mangels ausreichender tragbarer Grundlage, wie zuletzt auch der Bundesgerichtshof entschieden hat (vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2014, Az.: VI ZR 357/13). Eine solche Grundlage trägt auch der Beklagte vorliegend nicht vor.

Grundsätzlich gilt, dass der Geschädigte vom Schädiger die Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Hierbei ist jedoch Rücksicht zu nehmen auf die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung).

D.h. nur dann, wenn die vom Sachverständigen berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen, sind diese Preise nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden.

Es ist demnach zunächst zu ermitteln, was die „üblichen“ Preise sind und dann, sollte eine Überhöhung vorliegen, ist festzustellen, ob bzw. dass die Überhöhung für den Geschädigten erkennbar war.

Bei der Ermittlung der „üblichen“ Preise kann – entgegen der Auffassung des Beklagten – durchaus auf die BVSK-Honorarbefragung zurückgegriffen werden. Diese bildet eine geeignete Schätzgrundlage, § 287 ZPO. Der BVSK hat in seiner Honorarbefragung den Großteil seiner Mitglieder zu den berechneten Preisen befragt und auf diese Weise eine repräsentative Darstellung der Preise erstellt. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass nur ein Teil aller Sachverständigen Mitglieder des BVSK sind. Dass die nicht im BVSK zusammengeschlossenen Sachverständigen jedoch Preise aufrufen, die deutlich unterhalb der in der Honorarbefragung ermittelten liegen, trägt aber auch der Beklagte nicht substanziiert vor. Der Hinweis auf das Honorartableau 2012 der HUK-Coburg stellt jedenfalls keinen ausreichenden Sachvortrag dar, da auch nicht ansatzweise erkennbar ist, wie genau die Werte zusammengetragen worden sind bzw. dass diese repräsentativer wären als die der BVSK-Befragung.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann zum Einen schon nicht festgestellt werden, dass der Sachverständige … Gebühren verlangt hat, die deutlich über den üblichen Preisen liegen. Und erst recht kann nicht festgestellt werden, dass für den Geschädigten erkennbar war, dass der Sachverständige „zu teuer“ ist.

Hieran ändert auch das Schreiben der HUK-Coburg vom 23.06.2014 nichts, dass dem Geschädigten übersandt worden ist. Dieses Schreiben hat aus dem geschädigten Laien sicherlich keinen Experten auf dem Gebiet der Sachverständigenkosten gemacht. Auch muss ein Geschädigter aufgrund eines Schreibens der gegnerischen Haftpflichtversicherung keine Marktforschung betreiben.

Unstreitig ist jedoch geblieben, dass die Fremdleistung Achsvermessung in der Rechnung des Gutachters bereits einen Bruttobetrag beinhaltet, so dass ein Aufschlag einer Mehrwertsteuer von 19% nicht sachgerecht ist.

Diesbezüglich war ein Betrag in Höhe von EUR 14,25 abzuziehen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Zinsen sind seit dem 01.08.2014 (Verstreichen der zuletzt gesetzten Frist) zu erstatten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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