AG Essen-Steele urteilt mit mehr als kritisch zu betrachtender Begründung zu restlichen, abgetretenen Sachverständigenkosten im Rechtsstreit gegen die bei der HUK-COBURG Versicherte mit Urteil vom 15.2.2017 – 8 C 507/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

um unseren unbearbeiteten Urteilsberg möglichst zügig abarbeiten zu können, veröffentlixchen wir heute abend noch ein weiteres Urteil. Es handelt sich um ein – unserer Meinung nach – kritisch einzuschätzendes Urteil des AG Essen-Steele vom 15.2.2017. Das erkennende Gericht hatte über restliche, erfüllungshalber abgetretene Sachverständigenkosten im Rchtsstreit gegen die bei der HUK-COBURG Versicherte zu entscheiden. Obwohl die HUK-COBURG bereits vorgerichtlich an den Kläger gezahlt hatte, bestritt die Beklagte im Prozess die Aktivlegitimation des Klägers. Jeder Student im spätestens dritten Semester lernt, dass darin ein widersprüchliches Verhalten, das gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstößt, liegt. Das Schlimmste ist dann allerdings auch noch, dass dieser gravierende Schnitzer nicht durch das Berufungsgericht, das LG Essen, ausgeräumt werden konnte, weil die Berufung mit merkwürdiger Begründung nicht zugelassen wurde, obwohl der Kläger dies ausdrücklich beantragt hatte. Hinsichtlich der Instanzenzüge vom AG über das LG bis zum BGH oder vom LG über das OLG zum BGH hat der erkennende Richter, trotz Promotion, offenbar keine Ahnung. Dass auch innerhalb eines Landgerichtbezirkes eine einheitliche Rechtsprechung zu erzielen ist, ist dem erkennenden Richter offenbar ebenfalls unbekannt. Offenbar unbekannt ist ihm auch die Tatsache, dass das LG in zweiter Instanz die Revision zum BGH zulassen kann. Insgesamt handelt es sich daher um eine juristische Leistung, die als ungenügend bezeichnet werden muss. Was denkt Ihr? Gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

8 C 507/14

Amtsgericht Essen-Steele

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn Dipl.-Ing. … ,

Klägers,

gegen

Herrn … ,

Beklagten,

hat das Amtsgericht Essen-Steele
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
15.02.2017
durch den Richter Dr. L.

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von einer Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht. Der Kläger ist nicht aktivlegitimiert.

Er hat bereits nicht schlüssig Umstände vorgetragen, nach denen die geschädigte Zedentin, Frau S. K. , im Unfallzeitpunkt Eigentümerin des beschädigten PKW war. Vor diesem Hintergrund kam deshalb auch keine Vernehmung der als Beweismittel angebotenen Geschädigten als Zeugin in Frage. Der bloße Beweisantritt kann den fehlenden substantiierten Klägervortrag nicht kompensieren.

Die Eigentümerstellung der Geschädigten folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass diese gegenüber dem Kläger im Zuge der Auftragserteilung am 22.7.2014 versichert hat, sie sei Eigentümerin des Fahrzeugs. Dabei handelt es sich lediglich um eine Erklärung der Zedentin, welche einen konkreten Sachvortrag im Hinblick auf die durch den Beklagten bestrittene Eigentümerstellung deshalb nicht ersetzen kann, da die Erklärung keinen konkreten Tatsachenvortrag dazu enthält, aufweiche Weise die Geschädigte das Eigentum an dem PKW erlangt hat.

Darüber hinaus genügt es auch nicht, insbesondere nicht für die Annahme der Vermutungswirkung des § 1006 BGB, dass die Geschädigte das Fahrzeug im Unfallzeitpunkt in ihrem Alleinbesitz hatte. Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB mit der Folge, dass es so dann dem Gegner obliegt, diese zu widerlegen, greift, insoweit ist der Rechtsauffassung des Beklagten in der Klageerwiderung vom 19.02.2015 zuzustimmen,  erst wenn  der Geschädigte,  nach erfolgter Abtretung mithin hier der Kläger, seiner sekundären Last in Bezug auf die Darlegung der konkreten Umstände seines Besitz- und Eigentumserwerbs konkret und schlüssig vorzutragen, da es dem Beklagten aufgrund seiner fehlenden Kenntnisse andernfalls von Anfang an unmöglich wäre, hierzu einen Gegenbeweis anzutreten (OLG Hamm, Beschl. v. 11.10.2013 – 9 U 35/14 = NJW 2014, 1894). Dem ist der Kläger vorliegend nicht gerecht geworden. Er hat hierzu keine Umstände dargetan. Insbesondere genügt hierfür nicht die o.g. „Versicherung“ der Geschädigten, da sie dem Beklagten den Beweis des Gegenteils gerade nicht ermöglicht. Ist der Kläger seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, folgt bereits hieraus, dass die Vermutungswirkung des § 1006 BGB nicht greift, weshalb der Kläger demnach erst Recht zunächst im Rahmen seiner allgemeinen Darlegungslast die Umstände unter Beweisantritt darzutun hat, die die Eigentümerstellung der Geschädigten im Unfallzeitpunkt ausmachen. Erst im Anschluss hieran kann ein Bestreiten des Beklagten mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ZPO aufgrund einer diesem  nunmehr obliegenden eigenen Pflicht zum substantiierten Bestreiten erstmalig prozessual unzulässig werden. Hieran ändert es auch nichts, dass das Bestreiten der Beklagtenseite – wohlgemerkt im Rahmen des zu diesem Zeitpunkt des Rechtsstreits noch prozessual Zulässigen – erkennbar reflexartig und ihrerseits ohne konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlen der Eigentümerstellung der Geschädigten erfolgt sein mag. Insoweit genügt es im Rahmen des § 138 Abs. 4 ZPO zunächst, dass die die Eigentümerstellung der Geschädigten begründenden Tatsachen für den Beklagten außerhalb seiner Wahrnehmung liegen.

4. Nichts anderes folgt letztlich aus dem Umstand, dass die Versicherung des Beklagten vorgerichtlich bereits einen Großteil der Sachverständigenkosten als Schadenersatz reguliert bzw. bis heute nicht zurückverlangt hat. Dies macht ein späteres erstmaliges Bestreiten der Eigentümerstellung mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ZPO nicht prozessual unbeachtlich.

Dies zum einen deshalb nicht, da die vorgerichtliche Regulierung der Schäden durch dessen Haftpflichtversicherung außerhalb des Einflussbereichs des Beklagten selbst liegt. Nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) darf diese als mitverpflichtete Gesamtschuldnerin regelmäßig sogar gegen dessen Willen regulieren.

Zum anderen verbietet ein solches vorgerichtliches Verhalten des Schädigers diesem nicht die Berufung auf § 138 Abs. 4 ZPO. Die vorbehaltlose Regulierung stellt kein, auch kein deklaratorisches Anerkenntnis im Rechtssinne dar, sondern ist lediglich Erfüllungshandlung iSd. § 362 Abs. 1 BGB und demnach mit keine weitergehenden Erklärung des Schädigers verbunden (BGH NJW-RR 2007, 530).

Im Ergebnis sind die Umstände der Eigentümerstellung der Geschädigten im Unfallzeitpunkt demnach nicht dargetan und die Klage in der Hauptsache aus diesem Grund abzuweisen.

II.   Der Zinsanspruch teilt das Schicksal der Hauptforderung.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

IV.  Der Streitwert wird auf 84,44 EUR festgesetzt.

V.   Die Berufung war trotz Antrages des Klägers nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Anrufung des Berufungsgerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Vereinheitlichung der Rechtsprechung bzw. der Fortbildung des Rechts angezeigt ist. Die sich im vorliegenden Verfahren stellende Fragen sind von der obergerichtlichen Rechtsprechung vielfach behandelt worden (s.o.). Die Beklagtenseite hat selbst jeweils Entscheidungen zitiert, welche dies belegen. Eine Einheitlichkeit der Rechtsprechung und eine Fortbildung des Rechts kann auf der Ebene Amtsgericht – Landgericht als Berufungsgericht nicht erreicht werden. Das Gericht hält es deshalb grundsätzlich – von besonderen Ausnahmen abgesehen – nicht für sachgerecht, in diesem Zusammenhang Berufungen zuzulassen. Die Rechtsfortbildung mag auf den Ebenen erstinstanzlicher Rechtsprechung der Landgerichte, der zweitinstanzlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte als Berufungsgericht und der revisionsrechtlichen Rechtsprechung des BGH ausgetragen werden.

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2 Antworten zu AG Essen-Steele urteilt mit mehr als kritisch zu betrachtender Begründung zu restlichen, abgetretenen Sachverständigenkosten im Rechtsstreit gegen die bei der HUK-COBURG Versicherte mit Urteil vom 15.2.2017 – 8 C 507/14 -.

  1. Cornelius v.d.S. sagt:

    Dr. L. ist – aus welchen Gründen auch immer – seit Juni 2017 abgezogen.
    Seine Urteilsgründe lesen sich wie eine Verteidigungsschrift für die Beklagtenseite und sind allein deshalb nicht nachvollziehbar. Er hat es sich eben einfach gemacht. Nicht gerade ein Highlight für die Beanspruchung der eigenen Gehirnwindungen. Auch am AG Essen-Steele dominiert inzwischen wohl eine gewisse Versicherungssympathie.

    Cornelius v.d.S.

  2. Glöckchen sagt:

    Grottenfalsch!!
    1.§1006 BGB beinhaltet die Eigenbesitzvermutung BGH Z 54,319,324.
    Also:Aktivlegitimation(+)
    2.Auch der Besitzer eines KFZ ist aktivlegitimiert zur Geltendmachung von gekürzten Gutachterkosten
    BGH VI ZR 155/14,also Aktivlegitimation auch deshalb (+).
    So auch LG Essen v.15.01.2016 15 S 123/15
    Deklaratorisches Anerkenntnis durch Teilregulierung (+) BGH v.19.11.2008 IV ZR 293/05
    3.Die unterlassene Berufungszulassung verletzt das rechtliche Gehör des Klägers BverfG 1 BvR 172/04

    Was hat dieser Richter studiert?
    Hat er bei seiner Promotion ebenso sauber wie in dieser Urteilsbegründung gearbeitet?

    Empfehlung:
    1.sofort Gehörsrüge(Zur Rechtsmittelausschöpfung)
    2. danach dann Verfassungsbeschwerde

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