AG Ettenheim verurteilt KRAVAG Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten (1 C 239/08 vom 09.12.2008)

Mit Urteil vom 09.12.2008 (1 C 239/08) hat das AG Ettenheim die KRAVAG Allgemeine  Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.792,14 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht zieht in seiner Entscheidung die Schwacke-Liste als Entscheidungsgrundlage heran, eine deutliche Absage wird an die Fraunhofer Tabelle erteilt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten gem. § 115 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 WG i. V. m. §§ 7 Abs. 1 StVG. 249 Abs. 1 BGB restliche Mietwagenkosten in Höhe von 1.792,14 € erstattet verlangen.

Bei der Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten ist zunächst zu prüfen, ob dem Geschädig­ten, der den Betrag für einen Unfallersatztarif einklagt, ein günstigerer Normaltarif zugänglich gewesen wäre. Den Geschädigten trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass ihm ein anderer wesentlich günstigerer Tarif nicht zugänglich war, sowie je nach den Umständen des Einzelfalls eine Erkundigungspflicht.

Wenn dem Geschädigten dieser Beweis nicht gelingt, erhält er nur den Normaltarif. Gibt es auch hierüber Streit oder bietet der Mietwagenverleiher nur einen Unfallersatztarif an, so erhält der Geschädigte als Normaltarif den so genannten gewichteten Normaltarif nach dem Schwacke Automietpreisspiegel (AMS) für das jeweilige Postlaitzahlengebiet, gegebenenfalls mit Zu­schlägen. Über längere Zeiträume ist der Normaltarif durch eine Kombination von Wochen-, 3-Tagestarifen und 1-Tagestarifen zu ermitteln.

Des weiteren ist auf den Normaltarif wegen unfallbedingter Mehrleistungen und Risiken ein pro­zentualer Aufschlag von 20% vorzunehmen. Dieser Zuschlag ist zur Bemessung des durch­schnittlichen Werts der Mehrleistungen bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen im Ver­gleich zur normalen Autovermietung angemessen und ausreichend. Die Kosten für die Teil- und Vollkaskoversicherung sind nach den Sätzen der AMS ebenfalls erstattungsfähig.

Gleiches gilt für die Kosten der Zufuhr/Abholung (vgl. zum Ganzen: Landgericht Freiburg, Urteil vom 6.12.2007 – 3 S 372/06; Urteil vom 11.12.2007 – 3 S 229/06; Urteil vom 11.12.2007 – 3 S 298/06; Urteil vom 11.12.2007 – 3 S 108/07; Urteil vom 18.12.2007 – 3 S 305/06). Von den reinen Mietwagenkosten {einschließlich 20%-Zuschlag) ist wegen Eigenersparnis ein Abschlag von 5% vorzunehmen.

Das Gericht teilt die Einwendungen der Beklagten gegen den Schwacke Automietpreisspie­gel (AMS) nicht. Insbesondere überzeugt der von der Beklagtenseite vorgelegte Marktpreis-Spiegel des Frauenhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation nicht. Dieser Markt­preisspiegel weist Mängel auf, die ein derartiges Gewicht haben, dass ihm die Eignung zur Er­schütterung der Zuverlässigkeit des Schwacke Automietpreisspiegels (AMS) fehlt.

Das Frauenhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation hat die Preise auf der Grundlage ermittelt, dass ein Fahrzeug erst für einen Zeitraum von einer Woche nach dem Zeitpunkt der Anfrage angemietet werden sollte. Dieses Vorgehen entspricht nicht der Praxis des Mietwagen­geschäfts, das durch eine deutlich größere zeitliche Flexibilität geprägt ist. Soweit das Frauen­hofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation diesen zeitlichen Vorlauf als unerheblich bezeichnet, wird auf eine Voruntersuchung verwiesen, die dem Mietpreisspiegel nicht beigefügt und deren Überzeugungskraft somit einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist. Soweit die Beklagte auf günstigeren Angebote von Fa. Europcar, Fa. Sixt und Fa. Avis verweist, ist eine konkrete Kenntnis der Klägerin von den Angeboten vor oder während der Mietzeit nicht erkennbar. Der Umstand, dass es günstigere Angebote gibt als die im Schwacke Automiet­preisspiegel (AMS) verzeichneten Preise, stellt keinen grundsätzlichen Einwand gegen dessen Eignung als Schätzungsgrundlage dar. Es ist nicht erkennbar, dass die Schwacke Automiet­preisspiegel (AMS) den Anspruch auf lückenlose Dokumentation des Mietwagenmarktes erhebt. Nicht erfasste günstigere oder auch teurere Angebote sind daher systembedingt

Die Klägerin mietete bei der Firma X Autovermietung GmbH einen Mietwagen an. Das Bestreiten der Beklagten, dass die Klägerin einen Mietvertrag abgeschlossen habe, ist unsubstantiiert. Unstreitig überließ die Firma X Autovermietung GmbH der Klägerin im Zeit­raum vom 11.7.2008 bis 29.7.2008 einen Pkw Audi A 4. Unstreitig stellte die Firma X Autovermietung GmbH der Klägerin hierfür eine den kaufmännischen Gepflogenheiten entsprechende Mietwagenrechnung. Unstreitig geht die Klägerin vom Bestehen eines Mtetverhältnisses und ihrer Verpflichtung, Miete an Firma  X Autovermietung GmbH zahlen zu müssen aus.

Bereits die Überlassung des Fahrzeugs, die Stellung einer Mietwagenrechnung und die von der
Klägerin dargelegte Einstandspflicht für die Miete ergeben, dass ein Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Firma  X Autovermietung GmbH abgeschlossen worden ist. Die einzelnen Tatbestandselemente wurden seitens der Beklagten nicht bestritten. Die pauschale Be­hauptung, dass ein Mietvertrag nicht zustande gekommen sei, ist daher unsubstantiiert. Eine Erkundigung nach günstigeren Tarifen hat die Klägerin nicht dargetan.

Somit sind die Mietwagenkosten nach dem Normaltarif Gruppe 7 für das Postleitzahlengebiet 779 gem. AMS zu erstatten. Der Hinweis der Beklagten, dass der Schwacke Automietpreisspie­gel 2007 (AMS) Bruttobeträge enthalte, ist zutreffend. Indes ist aus der dem Gericht bekannten Schwacke Automietpreisspiegel 2007 (AMS) erkennbar, dass vorliegend der Klägervertreter -aus welchen Gründen auch immer – die Umsatzsteuer herausgerechnet hat und mit Nettobeträ­gen zunächst gerechnet hat. Die zugrunde gelegten Nettotarife für eine Woche, drei Tage und 1 Tag entsprechen unter Hinzurechnung der Umsatzsteuer den im Schwacke Automietpreisspie­gel 2007 (AMS) ausgewiesenen Bruttobeträgen der Gruppe 7, Modus. Die erstattungsfähigen Mietwagenkosten errechnen sich wie folgt:

3 x Wochentarif                                                                 1.441,76 €

1 x 3-Tagestarif                                                                    332,76 €

1 x 1-Tagestarif                                                                    128,57 €

Zwischenergebnis                                                             1.873,09 €

Zuschlag 20%                                                                      374,62 €

Zwischenergebnis                                                             2.247,71 €

Haftungsfreistellung                                                             363,06 €

Zustellung/Abholung                                                              10,98 €

Zwischensume                                                                   2.621,75 €

Abzüglich 5% Eigenersparnis                                              -112,39 €

Zwischensumme                                                                2.509,36 €

Zuzüglich 19% Umsatzsteuer                                               476,78 €

Summe                                                                              2.986,14 €

bezahlt:                                                                             1.194,00 €

Rest:                                                                                  1.792,14 €

Soweit das AG Ettenheim.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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