AG Halle (Saale) verurteilt Allianz Vers. AG zur Zahlung restlichen Schadensersatzes [ Urteil vom 3.12.2008 -96 C 5009/07 (096)- ]. vom 03.12.2008

Hallo Captain-Huk-Leser,

hier noch eine ältere Entscheidung aus Halle, die aber nicht uninteressant ist.  Interessant insoweit, als außer den Sachverständigenkosten auch Lohnkosten, UPE-Aufschläge, Verbringungskosten und Waschkosten Gegenstand der Klage waren. Lest selbst. Beklagte Versicherung war dieses Mal die Allianz Versicherungs AG. Die Allianz Vers AG argumentiert wie die HUK-Coburg. Nur die regulierten Sachverständigenkosten seien die notwendigen Kosten. Allerdings auch wie diese erfolglos. Das Gericht hat zutreffend ausgeführt, dass auch überhöhte Sachverständigenkosten zu ersetzen sind. Auch die im Gutachten aufgeführten Verbringungskosten, die UPE-Zuschläge und die Reinigungskosten sind zu ersetzen, obwohl die Allianz meinte, diese würden nicht anfallen und deamit auch nicht zu ersetzen sein. Das war natürlich irrig.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Halle (Saale)

Verkündet am:
03.12.2008

Geschäfts-Nr.: 96 C 5009/07 (096)

Im Namen des Volkes

Urteil

in dem Rechtsstreit

….

Klägerin

gegen

1. … ,

2. Allianz Versicherungs AG vertr.d.d. Vorstand Herrn Dr. Reiner Hagemann, An den Treptowers 3, 12435 Berlin,

Beklagte

hat das Amtsgericht Halte (Saale) durch die Richterin am Amtsgericht … im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 26.11.2008

für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.196,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiezinssatz seit dem 03.02.2008 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/4 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 3/4.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagten restliche Schadensersatzansprüche auf Grund eines Verkehrsunfalls geltend, der sich am 16.02.2004 ereignete. Es ist unstreitig, dass die Beklagten dem Grunde nach der Klägerin vollständigen Ersatz zu leisten haben.

Der Beklagte zu 1) war Halter des schädigenden Fahrzeuges, der im Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war. Die Klägerin lies vorgerichtlich ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe durch das Sachverständigenbüro … einholen. Danach sind Reparaturkosten in Höhe von 2.132,07 EUR netto zur Beseitigung der unfallbedingten Schäden am Pkw der Klägerin erforderlich. Für die Einholung des Gutachtens zahlte die Klägerin einen Betrag in Höhe von 368,59 EUR. Die Klägerin hat eine Zahlung der Beklagten zu 2) in Höhe von 914,94 € auf die Reparaturkosten verrechnet. Die Sachverständigenkosten hat die Beklagte trotz Geltendmachung durch die Klägerin nicht erstattet. Das Fahrzeug der Klägerin wurde am 10.03.2006 stillgelegt.

Nachdem sich die Klägerin die Feststellungen des gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens zu Eigen gemacht hat, hat sie hinsichtlich des ursprünglichen Klagebegehrens in Höhe von 1.585,72 EUR die Klage in Höhe von 252,82 EUR und auf dm ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen … noch einmal in Höhe von 6,25 EUR zurückgenommen und

beantragt nunmehr,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.326,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, mit der erfolgten Zahlung die notwendigen Schadensbeseitigungskosten erstattet zu haben. Hinsichtiich des Sachverständigengutachtens sind sie der Ansicht, dass dieses unbrauchbar sei. Dazu behaupten sie, dass der Sachverständige von falschen Tatsachen ausgegangen sei. Er habe seiner Kalkulation das falsche Fahrzeug zu Grunde gelebt, insbesondere sei er von einem Radstand von 3.320 mm statt 2.920 mm ausgegangen und statt von einer Einschichtunilackierung von einer Zweischichtlackierung. Zudem habe der Sachverständige unzutreffende Stundenverrechnungssätze zu Grunde gelegt. Die Beklagten meinen zudem, dass UPE-Aufsctitäge in Höhe von 10 % auf die Ersatzteile sowie Fahrzeugverbringungskosten und die Kosten für das Waschen des Wagens nicht erstattungsfähig seien. Diese fielen nur bei tatsächlicher Reparatur an. Die Beklagten halten zudem eine komplette Erneuerung der Tönungs- und Werbefolie nicht für erforderlich und sind auch der Ansicht, dass die Kosten insgesamt nicht erstattungsfähig seien, nachdem das Fahrzeug, was unstreitig ist, stillgelegt wurde.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 14.04.2008 durch Einholung eines shriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen … vom 16.07.2008 und seine ergänzende Stellungnahme vom 16.09.2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von weiterem Schadensersatz in Höhe von 1.196,05 EUR aus dem Verkehrsunfall vom 18.02.2004 gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 249 BGB.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung weiterer fiktiver Schadensbeseitigungskosten in Höhe von 327,40 EUR. Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz der vom Sachverständigen … ermittelten notwendigen Reparaturkosten in Höhe von 1.873,00 EUR abzüglich eines Betrages von 0,60 EUR sowie eines weiteren Abzuges in Höhe von 130,00 EUR betreffend die Tönfolie sowie abzüglich der durch die Beklagte zu 2) bereits erfolgten Zahlung. Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen weitgehend. Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, wie er zu dem Ansatz der mittleren ortsüblichen Stunden-Verrechnungssätze bei seiner Kalkulation für Karosserie und Lack gekommen ist. Der Sachverständige hat zudem dargelegt, dass sowohl die Schiebetür als auch die Seitenwand zur Ausführung einer fachgerechten Reparatur komplett zu lackieren sind. Er hatte zudem festgestellt, dass der unterschiedliche Radstand und die unterschiedlichen Lackierungsarten im vorgerichtlichen Gutachten zu einem Mehrbetrag geführt haben, was er bei seiner Kostenerrechnung zu Gunsten der Beklagten berücksichtigt hat. Zudem ist ausgeführt, dass der Reparaturzeitaufwand zur Behebung der Einstellungen an der Schiebetür mit drei Stunden ausreichend vergütet ist. Die beschädigte Stelle an der Schiebetür ist doppelwandig und daher schwierig instand zusetzen. Entgegen dem Vortrag der Beklagten kann die Instandsetzung in einer Stunde nicht ausgeführt werden. Es ist zudem nicht ausreichend, die Seitenwand und die Schiebetür nur oberhalb zu lackieren. Nachvoflziehbar hat der Sachverständige dargestellt, da sonst eine Beiapplikation nach oben keine fachgerechte Lackierung darstellt oder andererseits durch ein Abkleben an der freiliegenden horizontalen Sicke der Karosserieteile eine Abklebekante entsteht. Unter Berücksichtigung seiner ergänzenden Stellungnahme kommt der Sachverständige zu einem Reparaturkostenaufwand in Höhe von 1.872,40 EUR,

Davon hat das Gericht einen weiteren Betrag in Höhe von 130,00 EUR in Abzug gebracht. Der Sachverständige hat in seiner Kostenaufsteltung bei der mit „Tönfolie komplett“ bezeichneten Position einen Betrag in Höhe von 396,00 EUR angegeben. Das widerspricht jedoch dem Inhalt des von ihm als Anlage 6.3 zum Gutachten beigelegten Kostenangebotes. Dort ist die Position 1.1) nur alternativ angegeben. Dieser Betrag war daher in Abzug zu bringen. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin auch einen Anspruch auf Zahlung der UPE-Aufschläge, der Kosten der Fahrzeugverbrlngung und der Waschkosten. Der Beklagten ist zuzugeben, dass in der Rechtssprechung umstritten ist, ob diese Beträge erstattungsfählg sind. Der fiktiven Abrechnung ist jedoch immanent, dass eine Fahrzeugreparatur nicht erfolgen muss und gleichwohl alle zur Schadensbeseftigung fiktiv erforderlichen werdenden Kosten gleichwohl erstattungsfahig sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten geht das Gericht zudem davon aus, dass auch die Kosten für die Anbringung der Werbefolie erstattungsfähig slnd. Der Geschädigte ist gemäß § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, als wenn das zum Ersatz des Schadens verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wire. Da die Werbefolie vor dem Ereignis vorhanden war und durch den Verkehrsunfall beschädigt wurde, besteht ein Anspruch auf Erstattung der Beseitigungskosten, unabhängig davon, ob diese Maßnahme durch den Geschädigten ausgeführt wird.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlich entstandenen Sachverständigenkosten in Höhe von 368,59 EUR. Die Ersatzpflicht besteht nach überwiegender Rechtssprechung auch dann, wenn das Gutachten mangelhaft oder gar unbrauchbar ist. Von einer Unbrauchbarkeit des Gutachtens ist nicht auszugehen, auch wenn der Sachverständige unzutreffende Berechnungssätze angegeben hat und zudem von einem falschen Radstand und der falschen Lackierung bei der Bestimmung des Schadensersatzanspruches ausgegangen ist. Gleichwohl muss der Geschädigte die Kosten des Gutachtens nicht tragen. Die Mängel des Gutachtens sind weder durch Falschangaben noch durch Verschweigen wesentlicher Umstände durch die Klägerin als Geschädigte bewirkt worden.

Der Zinsanspruch ergibt sich als Anspruch auf Prozesszinsen seit Zustellung der Klageschrift am 02.02.2008 gemäß §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 269 BGB; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung u. SV-Honorar” zum Download >>>>>

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