AG Homburg Zweigst. Blieskastel verwirft Gesprächsergebnis und verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung des restlichen Schadensersatzes mit Urteil vom 2.5.2011 -23 C 317/10 (20)-.

Hallo Leute, hier noch ein Urteil aus Homburg-Blieskastel, das bekanntlich im Saarland liegt. Das Gericht verwirft das Gesprächsergebnis BVSK/HUK-Coburg als Bemessungsgrundlage. Gleichzeitig setzt sich die Amtsrichterin kritisch mit der neueren Rechtsprechung der Berufungskammer des LG Saarbrücken auseinander. Im Gegensatz zu den neueren Überlegungen der Berufungskammer des LG Saarbrücken prüft die Amtsrichterin entsprechend der BGH-Rechtsprechung den Schadensersatzanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers. Die in dem Urteil aufgeführte neuere Rechtsprechung des LG Saarbrücken erscheint bedenklich. Noch schöne Pflingsttage. Und ich bin dann mal weg…. bis Dienstag.   Euer Willi

Amtsgericht Homburg – Zweigstelle Blieskastel –

Aktenzeichen: 23 C 317/10 (20)

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Firma HUK Coburg Allgemeine Vers. AG. vertreten durch den Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg

 Beklagte

wegen Sachverständigen-Kosten

hat das Amtsgericht Homburg – Zweigstelle Blieskastel – durch die Richterin am Amtsgericht Weidler-Vatter gemäß § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 02.05.2011 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 317,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 08.09.2010 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 21.10.2010 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/10, die Beklagte 9/10 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

(Urteil gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO ohne Tatbestand)

Die Klage ist überwiegend begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Unfall vom 16.08.2010, für den die Beklagte unstreitig in vollem Umfang eintrittspflichtig ist, gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 249 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 317,68 € zu. Die Beklagte ist passivlegitimiert. Die Klage richtet sich gegen die HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, die nach eigenem Vortrag der Beklagten auch die richtige Beklagte ist und nicht gegen die HUK Coburg Haftpflicht-Unterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G, so dass der Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 04.02.2011 nicht sinnvoll nachvollziehbar ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH hat der Schädiger Sachverständigenkosten zu ersetzen, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich und zweckmäßig sind (BGH NJW 2007 S. 1451 ff, Landgericht Saarbrücken 13 S 112/08). Der Geschädigte ist dabei auch grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen, wobei er – im Gegensatz zur Anmietung eines Mietwagens – nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet ist, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. BGH aaO). Erstattungsfähig sind dabei die Kosten, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als angemessen und zweckmäßig zur Schadensbeseitigung ansehen darf, wobei auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeit Rücksicht zu nehmen ist. Erst wenn für den Geschädigten als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarabrechnung missachtet, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich bezahlter Aufwendungen verlangen (vgl. BGH aaO). Wahrt der Geschädigte ansonsten den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen sind weder der Schädiger noch im Schadensersatzprozess das Gericht berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen, sondern es ist nur zu überprüfen, ob die geltend gemachten Kosten den erforderlichen Herstellungsaufwand überschreiten (vgl. Landgericht Saarbrücken aaO). Insoweit ist der Einwand der Beklagten, das Gutachten hätte auch günstiger erstellt werden können, wobei sie sich auf das BVSK-Gesprächsergebnis 2009 beruft, unerheblich. Im Übrigen ist nach diesen Grundsätzen die Honorarrechnung des Sachverständigen … nicht zu beanstanden. Die vom Sachverständigen vorgenommene Pauschalierung des Grundhonorars, die an der Schadenshöhe orientiert ist, ist nach gefestigter Rechtsprechung des BGH nicht zu beanstanden (BGH X ZR 80/05). Die Abrechung des Sachverständigen ist auch nicht erkennbar überhöht. Die Abrechung des Sachverständigen … bewegt sich, was das Grundhonorar in Höhe von 417,00 € betrifft, noch im mittleren Bereich der zur Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO heranzuziehenden BVSK-Honorarbefragung 2008/2009, Honorarzone III (zur Heranziehbarkeit als Schätzgrundlage vgl. BGH X ZR 80/05), nach der sich bei einer Netto-Schadenssumme bis 3.250,00 € Beträge zwischen 375,00 € und 434,00 € ergeben. Die Nebenkosten für Fotokosten/Lichtbilder, Schreibgebühren/Bürokosten und Porto/Telefon/EDV, die gesondert in Rechnung gestellt werden können, bewegen sich im unteren Bereich der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 bzw. unterschreiten diese sogar, so dass ohne weiteres von einer Angemessenheit auszugehen ist (Fotokosten BVSK 1,96 € -2,46 €, hier 2,00 €; Schreibgebühren pauschal BVSK 23,89 € – 38,25 €, hier 23,00 €; Porto/EDV BVSK 13,26 € – 23,12 €, hier 12,00 €). Soweit vom erkennenden Gericht (C 215/07) als auch von anderen Amtsgerichten die Nebenkosten mit dem Hinweis, dass diese Kosten anders als das Grundhonorar vom Geschädigten einschätzbar sind, zum Teil als überhöht reduziert wurden, wurden diese Entscheidungen von der Berufungskammer des Landgerichtes unter Hinweis, dass eine Preiskontrolle nicht zulässig ist, als rechtsfehlerhaft aufgehoben (vgl. 13 S 112/08). Bezüglich der in Rechnung gestellten Fahrtkosten war die Klage allerdings abzuweisen, da nach Bestreiten der Beklagten zur Berechtigung jeglicher Vortrag des Klägers fehlt. Soweit die Berechtigung der übrigen Nebenkosten von Beklagtenseite bestritten wird, ist dieses Bestreiten unsubstantiiert und damit unberücksichtigt zu lassen, wobei die Beklagte im übrigen verkennt, dass bei Ansatzfähigkeit von Pauschalen (wie Telefon) ein Vortrag zu Einzeltelefonaten pp. nicht erforderlich ist. Soweit die zuständige Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken nunmehr in Abweichung zu ihrer früheren Rechtsprechung eine Kehrtwende vornimmt und die Angemessenheit der Sachverständigen-Gebühren durch Einholen von Gutachten überprüft, kann dahin stehen, ob der Rechtsprechung des Landgerichts insoweit zu folgen ist, nachdem Ausgangspunkt für die Feststellung eventueller Überhöhungen die Erkennbarkeit für einen Laien ist, wobei die nunmehrige Auffassung der Berufungskammer dem nicht Rechnung trägt, sondern vielmehr zu einer vom BGH ausgeschlossenen Erkundigungspflicht vor Beauftragung eines Sachverständigen führen und voraussetzen würde, dass dem Geschädigten die BVSK-Honorarbefragung bzw. die im regionalen Bereich verlangten Sachverständigen-Gebühren bekannt sein müssten, was nicht ernstlich in Erwägung gezogen werden kann.

Ausweislich der Hinweisbeschlüsse der Berufungskammer in den Verfahren 13 S 98/10, 13 S 109/10 und 13 S 144/10 betrifft diese eventuelle Änderung der Rechtsprechung lediglich die Konstellation, dass sich sowohl Grundhonorar als auch Nebenkosten im oberen Bereich der BVSK-Honorarbefragung bewegen, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist. Aufgrund der Möglichkeit der Schätzung des erforderlichen Aufwandes gemäß § 287 ZPO anhand der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 bedurfte es keiner Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens, zumal auch von der zuständigen Berufungskammer zumindest derzeit eine Unanwendbarkeit der BVSK-Honorarbefragung nicht angenommen wird und die Tatsache, dass der Präsident des BVSK und die Beklagte die Zugrundelegung des Gesprächsergebnisses 2009 bevorzugen an der Möglichkeit der Schätzung gemäß der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 nichts ändert. Ebenso wenig bedurfte es einer Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung der Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken in den og. Verfahren.

Es ergibt sich somit folgender erstattungsfähiger Betrag: Grundhonorar                          417,00 €                                                     Fotokosten pp.                          20,00 €                                 Schreibgebühren                       23,00 €                                                         Porto/Telefon pp                  12,00   472,00 € zuzüglich 19 % Mwst.                   89,68 € 561,68 €                                                                                                                        abzüglich gezahlter              – 244,00 €

317,68 €

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB, wobei Verzug ab 08.09.2010 aufgrund endgültiger Erfüllungsverweigerung eingetreten ist. Was von Beklagtenseite bezüglich des sich aus Gesetz ergebenden Zinsanspruches bestritten werden soll ist im übrigen nicht ersichtlich. Die Rechtsanwaltskosten sind ebenfalls gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 249 BGB als adäquater Folgeschaden erstattungsfähig; der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Einer Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO bedurfte es nicht, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen, da keine Abweichung von der (bisherigen) Rechtsprechung der Berufungskammer vorliegt und noch völlig offen ist, ob vom Berufungsgericht die BVSK-Honorarbefragung als Schätzgrundlage als unbrauchbar angesehen wird.

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4 Antworten zu AG Homburg Zweigst. Blieskastel verwirft Gesprächsergebnis und verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung des restlichen Schadensersatzes mit Urteil vom 2.5.2011 -23 C 317/10 (20)-.

  1. Besserwisser sagt:

    Hi Willi Wacker,
    auch in diesem Rechtsstreit beruft sich die beklagte Versicherung, die HUK-Coburg, wieder auf das Gesprächsergebnis BVSK-HUK-Coburg 2009, das es je eigentlich nicht gibt, laut Aussage des Herrn Rechtsanwalt Fuchs vom BVSK. Wer lügt denn nun? Die HUK, die sich immer und immer wieder auf das Gesprächsergebnis beruft, oder der BVSK, der die Existenz eines solchen Gesprächsergebnisses bestreitet? Die Beantwortung dieser Frage überlasse ich dem Leser. Bemerkenswert ist aber der folgende aus dem Urteil entnommene Teilsatz des letzten Abschnitts: „…und die Tatsache, dass der Präsident des BVSK und die Beklagte die Zugrundelegung des Gesprächsergebnisses 2009 bevorzugen an der Möglichkeit der Schätzung gemäß der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 nichts ändert…“ Selbst das Gericht sieht die Existenz einer solchen Übereinkunft an. Das Gericht ist sogar der Ansicht, dass das Gesprächesergebnis von der HUK-Coburg und dem BVSK bevorzugt wird. Ein Gesprächsergebnis ist aber eine Übereinkunft auf Grund eines gemeinsamen Gespräches. Also haben Geschäftsführer des BVSK und Verantwortliche der HUK-Coburg miteinander gesprochen und sind auf Ergebniswerte übereingekommen. So einfach ist das. Da nützt auch kein Bestreiten durch Herrn Fuchs mehr. Je mehr er bestreitet, umso mehr unglaubwürdig wird er. Da sollte er doch den Mut haben, und sagen: Jawoll das Gesprächsergebnis gibt es, aber ich distanziere mich aus den und den Gründen davon. Nein, den Mut hat er nicht, er führt seine Mitglieder in dem letzten Heft des Kfz-Sachverständigen hinters Licht und andere freie Sachverständige auch. Nur die haben sein Spiel durchblickt und so, wie ich gehört habe, auch dem BVSK den Rücken gekehrt.

  2. Andreas sagt:

    Man kann doch Herrn Fuchs in jedem Rechtsstreit als Zeugen benennen.

    Viele Grüße

    Andreas

  3. VAUMANN sagt:

    Wer weiss schon von einer letztjährigen Kartellamtsattacke gegen BVSK ?
    Mehr als Gerüchte gibt es Draussen nicht!
    Dass die HUK aber kartellrechtliche Bedenken gegen den Lichtbilderplan von Herrn Fuchs hatte,ist bekannt und lässt erahnen,was da los war.

  4. Willi Wacker sagt:

    Hallo Vaumann,
    bei dem Bildersturm war doch die HUK zurückgerudert, weil sie kartellrechtliche Bedenken bekam. Seitens des BVSK kamen nie derartige Bedenken auf. Den „Bilderramsch“ für zwei Euro fünfzig pro Gutachten konnte doch auch keiner für ernst nehmen.

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