AG Köln verurteilt die AXA Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten auf Schwacke-Basis (267 C 121/12 vom 14.05.2013)

Mit Urteil vom 14.05.2013 (267 C 121/12) hat das AG Köln die AXA Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 2.488,61 € zzgl. Zinsen verurteilt. Nach wie vor ist es gängige Praxis beim AG Köln, den Normaltarif von Mietwagenkosten auf der Basis der Schwacke Liste zu schätzen. Die Fraunhofer Tabelle wird nicht akzeptiert. Insgesamt wurden 5 Schadenfälle zu Verhandlung gebracht. Leider hat das AG Köln – entgegen eindeutiger BGH-Entscheidungen – die Kosten für Winterreifen nicht für erstattungsfähig eingestuft. Gegen das Urteil hat die AXA Versicherung Berufung eingelegt, in der mündlichen Verhandlung hat das LG Köln bereits verhandelt. Dieses Urteil wird nach Absetzung in Kürze hier ebenfalls veröffentlicht. Erstritten wurde das Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.488,61 € aus abgetretenem Recht gemäß den §§ 7 Abs. 1,17 StVG in Verbindung mit § 115 VVG in Verbindung mit § 398 BGB gegen die Beklagte zu.

Der Geschädigte kann von dem Schädiger bzw. dem Haftpflichtversicherer gemäߧ 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGHZ 160, 377; BGH NJW 2006, 2106 ff.).

Für die Mietwagenkosten gilt insoweit, dass der Geschädigte dabei ebenso, wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten ist, im Rahmen des ihm zumutbaren, von mehreren Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur für den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangt werden kann. Ausgangpunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es zulässig, zu dessen Bestimmung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gemäߧ 287 ZPO auf das gewichtete Mittel (Modus) des Schwacke Automietpreisspiegels zurückzugreifen (vgl. BGH NZV 2006, 463; BGH NJW 2008, 1519; OLG Köln NZV 2007, 199). Insoweit hat der BGH auch in seinem Urteil vom 18. Dezember 2012, Az. VI ZR 316/11 festgestellt, dass der Tatrichter grundsätzlich nicht gehindert ist, seiner Schadensschätzung die Schwacke Liste oder den Fraunhofer Mietpreisspiegel zugrundezulegen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genüge nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder der anderen Erhebung als Schätzungsgrundlage zu begründen. Der Richter könne im Rahmen seines Ermessens, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles von diesen – etwa durch Abschläge oder Zuschläge – auf den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif abweichen.

Auch wenn nach der Rechtsprechung des BGH die Ermittlung des Normaltarifes auf der Grundlage des Schwacke Mietpreisspiegels grundsätzlich keinen Bedenken begegnet, darf die Schadenshöhe nach Auffassung des BGH aber nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedürfen nur dann der Aufklärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH NJW 2008, 1519). Die in den einzelnen Fällen vorgelegten Angebote der Europcar Sixt, Europcar und Avis sind nicht geeignet, die Schwacke Liste als Schätzungsgrundlage zu erschüttern. Sie lassen schon nicht erkennen, dass die Anmietung mit der im vorliegenden Verfahren gegebenen Anmietsituation vergleichbar ist.

Aus ihnen ergeben sich nur eine vom Zeitpunkt her willkürlich gewählte Anmietzeit und Dauer (der Unfall ereignete sich am 05. Juni 2010, die den Angeboten zugrundegelegte Anmietzeit betrifft August 2010), wobei die letztere bei einer Anmietung aus der Unfallsituation heraus regelmäßig noch nicht feststeht. Den Angeboten ist desweiteren nicht zu entnehmen, ob für sie etwa eine Vorbuchungsfrist erforderlich und die Höhe etwaiger Nebenkosten erschließt sich ebenfalls nicht. Desweiteren sind die Angebote auch nicht jedermann zugänglich, weil dies eine Zugangsmöglichkeit zum Internet voraussetzt, die nicht jedem zur Verfügung steht. Die obigen Ausführungen stehen auch nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 17. Mai 20111, Az. VI ZR 142/10; vom 22. Februar 2011, Az. VI ZR 353/09 und vom 18. Mai 2010, Az. VI ZR 293/08. Denn in diesen Entscheidungen hat der BGH lediglich gefordert, dass sich der Tatrichter mit derartigem Sachvortrag auseinanderzusetzen hat und nicht zwingend ein Sachverständigengutachten eingeholt werden muss. Zur weiteren Begründung wird auch auf die Entscheidungen des OLG Köln, Urteil vom 18. August 2010, Az. 5 U 44/10; LG Köln, Urteil vom 28. Februar 2012, Az. 11 S 253/11; LG Köln, Urteil vom 24. Juli 2012, Az. 11 S 461/11; LG Köln, Urteil vom 27. November 2012, Az. 11 S 591/11 verwiesen. Entgegen der Ansicht der Beklagten trifft das oben genannte Urteil des Bundesgerichtshofes vom 18. Dezember 2012 auch keine abweichenden Feststellungen. Der BGH rügt in diesem Fall lediglich, dass sich das Berufungsgericht mit dem konkreten Sachvortrag der Beklagten näher hätte auseinandersetzen müssen. Keineswegs kann daraus geschlossen werden, dass der Beklagtenvortrag ausreicht, um die Schwacke Liste als Schätzungsgrundlage zu erschüttern.

Des weiteren lässt sich auch nicht eine derart überlegene Methodik der Fraunhofer Erhebung feststellen, die zugleich die Annahme einer mangelhaften Erhebung für den Schwacke Mietpreisspiegel rechtfertigen könnte. Es bestehen schon erhebliche Zweifel an der Objektivität dieser Erhebung. So wurde diese vom Gesamtverband der Haftpflichtversicherer in Auftrag gegeben. Desweiteren hat das Fraunhofer Institut darüber hinaus in ein- bis zweistellige Postleitzahlengebiete eingeteilt, während der Schwacke – Mietpreisspiegel bei seiner Erhebung dreistellige Postleitzahlengebiete berücksichtigt hat. Damit ist der von dem Fraunhofer Institut zugrunde gelegte Postleitzahlenbereich zu grob und bildet keinen Markt ab.

Die Erhebung des Fraunhofer Instituts basiert auch teilweise auf Ergebnissen von telefonischen Befragungen und zu großen Teilen auf der Auswertung von Internetangeboten. Internetangebote stellen aber keine geeignete Vergleichsgrundlage dar, da die Voraussetzungen einer Internetanmietung nicht vergleichbar sind mit den Voraussetzungen einer Vorortanmietung. So setzt die Internetanmietung eine Vorabreservierung voraus und die Anmietzeit ist von Anfang an befristet. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf folgende Entscheidungen des OLG Köln, Urteil vom 18. August 2010, Az. 5 U 44/10; LG Köln, Urteil vom 28. Februar 2012, Az. 11 S 253/11; LG Köln, Urteil vom 24. Juli 2012, Az. 11 S 461/11; LG Köln, Urteil vom 27. November 2012, Az. 11 S 591/11 verwiesen. Bei der Abrechnung der Mietwagenkosten anhand der Schwacke Liste sind die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach Wochen, Dreitages- und Tagespauschale zu berücksichtigen. Zugunsten des Geschädigten sind auch die geltend gemachten Nebenkosten zugrundezulegen, die ausweislich der Nebenkostentabelle des Schwacke Mietpreisspiegels neben dem Normaltarif grundsätzlich erstattungsfähig sind. Diese können gesondert nur dann vergütet werden, wenn ausweislich des Mietvertrages oder der Rechnung entsprechend eine Zusatzleistung erbracht wurde und hierfür auch eine gesonderte Vergütung verlangt wurde.

Sofern die Beklagten die einzelnen Fahrzeuggruppen bestreiten, ist dies unsubstantiiert. Die angemieteten Fahrzeuggruppen ergeben sich aus den vorgelegten Mietwagenrechnungen.

Ein pauschaler Zuschlag für die Unfallersatzsituation ist nicht berücksichtigen. Insoweit hat das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 14. Juli 2011, Az. 15 U 9/11 festgestellt, dass alleine der Umstand, dass noch am Schadenstag ein Unfallersatzfahrzeug von den Zedenten angemietet wird, nicht darauf schließen lässt, dass ihnen die Anmietung von Ersatzfahrzeugen zum „Normaltarif“ nicht zu zumutbaren Bedingungen zugänglich war. Dem hat sich auch der 5. Senat des OLG in seinem Urteil vom 27. Juli 2011, Az. 5 U 44/11 angeschlossen. Der dritte Senat des OLG Köln hat dies ebenfalls in seinem Urteil vom 26. Februar 2013, Az. 3 U 141/12 bestätigt.

Nach den Entscheidungen des OLG Köln, Az. 15 U 9/11 und 5 U 44/11 sind auch die zusätzlichen Kosten für die Winterbereifung nicht mehr erstattungsfähig. Ein Mietwagenunternehmen ist nämlich verpflichtet, den Mietern Fahrzeuge im verkehrstauglichen Zustand zu überlassen. Hierzu zählt auch die Ausrüstung mit Winterreifen, soweit dies nach den Witterungsverhältnissen erforderlich ist. Dem schließt sich das Amtsgericht an. Aus der Entscheidung des BGH, Urteil vom 05. März 2013, Az. VI ZR 245/11 kann auch nichts Gegenteiliges entnommen werden. Der BGH hat insoweit festgestellt, dass die Ansicht des Berufungsgerichtes, das Zusatzentgelt für Winterreifen sei von der Beklagten zu erstatten, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden war. Allerdings steht der Zuschlag für Winterreifen im tatrichterlichen Ermessen, der BGH schreibt die Erstattungspflicht dieses Winterreifenzuschlages nicht zwingend vor.

Die geltend gemachten Zustellungs- und Abholungskosten sind grundsätzlich ebenfalls erstattungsfähig. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten ist unsubstantiiert. Die Klägerin hat konkret vorgetragen, dass die jeweiligen Mietfahrzeuge an der Reparaturfirma zur Verfügung gestellt wurden und von dort nach Rückgabe auch wieder abgeholt wurden. Diesbezüglich hat sie auch Beweis angetreten. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Klägerin die Zustellungs- und Abholungsgebühren in Rechnung gestellt hätte, wenn diese nicht tatsächlich angefallen wären. Sofern die Beklagte behauptet, die Geschädigten seien auf eine Zustellung und Abholung nicht angewiesen gewesen, ist dieser Vortrag schon nicht nachvollziehbar und durch nichts belegt.

Sofern die Geschädigten ein klassenhöheres oder klassengleiches Fahrzeug angemietet haben, ist ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10 % in Abzug zu bringen.

Unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Grundsätze ergibt sich für die 5 Schadensfälle folgende Abrechnung:

……. wird ausgeführt.

Es ergibt sich eine Gesamtforderung in Höhe von 2.488,61 €, die nach den §§ 286, 288 BGB zu verzinsen war.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Soweit das AG Köln.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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