AG Köln verurteilt HUK-Coburg, allerdings mit kritisch zu betrachtender Begründung (Urteil vom 24.6.2013 -275 C 78/13-).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

wir bleiben immer noch in Nordrhein-Westfalen. Ich wäre froh gewesen, Euch hier ein positiveres Urteil gegen die HUK-Coburg vorstellen zu können. Aber wieder einmal hat ein (junger) Richter (ohne „am AG“) sich offenbar durch die unsinnigen Argumente der HUK-Anwälte beirren lassen. Es ging – wie sollte es auch bei der HUK-Coburg auch anders sein? – um restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, den der VN der HUK zu 100 % verursacht hat. Ein Mitverschulden kann dem Geschädigten nicht zur Last gelegt werden. Dementsprechend haftet auch die beklagte HUK-Coburg zu 100 %. Aber sie reguliert nicht zu 100 %. Die gekürzten Sachverständigenkosten mussten eingeklagt werden. Obwohl es im Schadensersatzprozess nicht auf werkvertragliche Gesichtspunkte ankommt, prüft der zuständige Richter die Angemessenheit des berechneten Sachverständigenhonorars. Die Angemessenheit wird geschätzt. Zu allem Überfluss stellt das Gericht auch noch fest, dass der Geschädigte habe erkennen können, dass das Honorar um 9,52 € übersetzt ist.  Der Geschädigte solle außerdem Marktforschung betreiben und er soll sich wegen des  Sachverständigenhonorars mit dem Sachverständigen streiten. Alles das, was nach herrschender Rechtsprechung eben nicht von dem Geschädigten verlangt werden kann, wird nach dem nicht plausiblen Urteil des Richters der 275. Zivilabteilung des AG Köln ihm auferlegt. Außergerichtliche Anwaltskosten wurden nicht zugesprochen, weil der Kläger wohl Hellseher ist und wissen musste, dass außergerichtliche Kosten nicht bezahlt werden. Ich bin zwar kein Freund der Richterschelte, aber bei diesem Urteil reicht es. Der Richter sollte entweder noch zum dritten Examen geschickt werden, oder so schnell wie möglich in den Ruhestand versetzt werden, allerdings ohne Pensionsrecht. Lest selbst und gebt hoffentlich vielzählig Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und noch eine sonnige Woche
Willi Wacker

275 C 78/13

Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des …

Klägers,

gegen

den HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, Dr. Wolfgang Weiler, Wolfgang Flaßhoff, Stefan Gronbach, Klaus-Jürgen Heitmann, Dr. Hans Olav Heroy und Jörg Sandig, Gereondriesch 13, 50670 Köln,

Beklagten,

hat das Amtsgericht Köln
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 24.06.2013
durch den Richter …

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 120,51 € nebstZinsen seit dem 10.04.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 30% der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte 70%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig aber nur i.H.v. 120,51 € begründet.

Nach einer bereits vor Anhängigkeit der Klage erfolgten Zahlung i.H.v. 783,89 € auf gerichtlich geltend gemachte Sachverständigenkosten i.H.v. 913,92 € sind noch Sachverständigenkosten i.H.v. 130,03 € im Streit. Insoweit besteht ein Anspruch der Klägerin aus §§ 7 I StVG, 115 VVG, 398 BGB i.H.v. 120,51 €.

Hinsichtlich der geltend gemachten Sachverständigenkosten ist der haftungsbegründende Tatbestand der §§ 7 I StVG, 115 VVG erfüllt, da die Beklagte für den durch ihre Versicherte bzw. ihren Versicherten alleine verursachten Verkehrsunfall mit einer Quote von 100% haftet. Soweit die Beklagte vortragen lässt, die Geschädigte … trage an dem Unfall eine Mitschuld, ist dieses Vorbringen als ins „Blaue hinein“ und damit als unbeachtlich zu werten. Zwar war die Beklagte mit ihrem Bestreiten nicht bereits deswegen ausgeschlossen, weil sie sich hiermit in Widerspruch zu der unstreitigen vorherigen vollständigen Zahlung des Kfz-Schadens setzte (BGH v. 13.03.2012 – II ZR 50/09, juris Rn. 16). Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei einem Bestreiten der Haftung nach einer solchen Zahlung allerdings um ein unbeachtliches Bestreiten „ins Blaue hinein“. Ein solches Bestreiten „ins Blaue hinein“ ist anzunehmen, wenn für das Bestreiten jegliche tatsächliche Anhaltspunkte fehlen und die Partei ihre Anhaltspunkte oder Erkenntnisquellen auch nicht offen legt (Foerste in: Musielak, ZPO, 10. Aufl., 2013, § 284 Rn. 18). Nachdem bereits eine vollständige Zahlung an die Klägerin erfolgt war, hätte die Beklagte darlegen müssen, warum sie damals eine vollständige Zahlung vorgenommen hat, obwohl sie meint für den Unfall lediglich teilweise zu haften. Dies ist nicht geschehen. Insoweit kann auch dahinstehen, ob – wie von der Klägerin vorgetragen – eine solche Zahlung einer Versicherung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis darstellt.

Aufgrund der unbestrittenen Abtretung der Schadensersatzansprüche der Geschädigten … ist die Klägerin aktivlegitimiert. Insbesondere ist die Abtretung auch nicht gem. § 134 BGB aufgrund eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) unwirksam, da die Abtretung und Durchsetzung der Forderung eine durch § 5 I RDG erlaubte Nebenleistung des Sachverständigen darstellt. Dies gilt nach gefestigter höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls dann, wenn die Haftung aus dem Unfall dem Grunde nach unbestritten ist und die Forderung lediglich der Höhe nach bestritten wird (BGH v. 31.01.2012 – VI ZR 143/11, ; BGH v. 11.09.2012 – VI ZR 238/11, ). Dies war hier jedenfalls zum Zeitpunkt der Abtretung der Fall. Ein späteres – zudem unbeachtliches – Bestreiten wirkt insoweit nicht dergestalt, dass die Abtretung rückwirkend unwirksam würde.

Die als weiterer Schadensersatz geltend gemachten und von der Beklagten nicht ersetzten Sachverständigenkosten i.H.v. 130,03 € sind gem. § 249 II 1 BGB nur i.H.v. 120,51 € ersetzbar und damit abtretbar. Sachverständigenkosten sind zu ersetzen, soweit sie zur Rechtsverfolgung erforderlich sind (Grüneberg in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Auflage, 2013, § 249 Rn. 58). Dies ist hinsichtlich von Sachverständigenkosten i.H.v. 760 € (netto), entsprechend 904,40 € (brutto) der Fall. Soweit die Beklagte nunmehr vortragen lässt, die Geschädigte sei vorsteuerabzugsberechtigt, liegt insoweit erneut unbeachtliches Vorbringen „ins Blaue hinein“ vor. Erforderlich sind solche Kosten, die ein wirtschaftlich denkender Mensch zur Beseitigung des Schadens bzw. zur Rechtsverfolgung aufgewendet hätte (st. Rspr. vgl. etwa: BGH v. 29.10.1974 – VI ZR 42/73, ; Grüneberg in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Auflage, 2013, § 249 Rn. 12). Der hierzu notwendige Betrag kann gem. § 287 ZPO durch das Gericht geschätzt werden (BGH vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06  = BGH NJW 2007, 1450 = VersR 2007, 560 = DS 2007, 144). Dabei wird durch das erkennende Gericht – in Übereinstimmung mit weiten Teilen der Rechtsprechung – davon ausgegangen, dass solche Kosten, die sich im Rahmen des sog. HB V-Korridors der Befragung zur Höhe des üblichen Kfz-Sachverständigenhonorars aus 2010/2011 (BVSK-Honorarbefragung 2010/2011) bewegen, erforderlich sind (vgl. etwa: LG Saarbrücken vom 22.06.2012 – 13 S 37/12, ). Zweifel an der Erforderlichkeit ergeben sich insbesondere auch nicht daraus, dass die Sachverständigenkosten nicht zeitbezogen, sondern in Form eines pauschalierten Honorars (vgl. die Kostenrechnung vom 08.07.2011, Bl. 7 d.A) abgerechnet werden (BGH v. 23.01.2077 – VI ZR 67/06, aaO.; LG Saarbrücken vom 22.06.2012 –13 S 37/12, ). Bei einer Schadenshöhe von unbestritten 10.470,17 € (brutto) wäre für nach der hier maßgeblichen BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 jedenfalls ein Honorar in Höhe von bis zu 760,00 € (netto) erforderlich gewesen. Nebenkosten wurden nicht spezifiziert.

Soweit das geltend gemachte Honorar i.H.v. 913,92 € (brutto) diesen Betrag überschreitet, ist der überschüssige Betrag bei einer objektiven Betrachtung als nicht erforderlich einzustufen. Dies gilt unabhängig davon, ob es möglich gewesen wäre, Nebenkosten geltend zu machen. Soweit der Gutachter seine Nebenkosten nicht offenlegt, können solche auch nicht ersetzt werden. Da diese lediglich einen Kostenersatz begründen, muss nachvollziehbar sein, für welche Kosten welcher Ersatz verlangt wird.

Ein höherer Ersatz ergibt sich auch nicht aufgrund der gebotenen Berücksichtigung der jeweiligen Lage der Geschädigten. Zwar ist anerkannt, dass die Erforderlichkeit nicht ausschließlich objektiv zu bestimmen ist, sondern in einem zweiten Schritt die Erkenntnismöglichkeiten und Verhältnisse der Geschädigten zu berücksichtigen sind (sog. subjektbezogener Schadensbegriff, vgl. etwa BGH v. 29.10.1974 – VI ZR 42/73, ). An die Erkenntnismöglichkeiten der Geschädigten dürfen dabei keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist die Geschädigte nicht zu einer Marktforschung, um den günstigsten Anbieter herauszufinden, verpflichtet (BGH v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, aaO.; LG Bonn v. 21.09.2011 – 5 S 148/11, ; LG Saarbrücken v. 22.06.2012 – 13 S 37/12, ). Erforderlich ist also eine Plausibilitätskontrolle. Hier waren die geltend gemachten Gebühren jedoch auch für einen Laien erkennbar zu hoch. Ausweislich der Angaben der BVSK-Befragung werden durch 95% der Gutachter für die Erstellung des Gutachtens Beträge berechnet, die unterhalb von 760 € (netto) bzw. 913,92 € (brutto) liegen. Für die Klägerin erkennbare Umstände für eine besondere Schwierigkeit der Begutachtung, sind nicht vorgetragen. Angesichts der Anzahl der teilnehmenden Sachverständigen, muss davon ausgegangen werden, dass die Geschädigte, die eine Plausibilitätskontrolle der Kosten vornimmt und sich hierzu notwendig jedenfalls rudimentär mit den Marktverhältnissen – die durch die BVSK-Befragung wiedergegeben werden – vertraut machen muss, die verlangte Summe daher als nicht marktüblich erscheinen konnte. Sie hätte sodann unschwer feststellen können, dass die Kosten des Sachverständigen zu hoch sind.

Hierdurch wird die Geschädigte auch nicht schutzlos gelassen. Es steht ihr frei, die Überhöhung des Honorars gegenüber dem Sachverständigen geltend zu machen und eine Zahlung in dieser Höhe zu verweigern bzw. zurückzufordern.

Der Klägerin stand hingegen kein Anspruch auf Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 39,00 € zu. Der Anspruch ergibt sich zwar grundsätzlich aus §§ 280 I, II, 286 BGB. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist die Klägerin grundsätzlich aus eigenem Recht legitimiert. Die Schadensqualität von Rechtsverfolgungskosten ist im Rahmen des § 286 BGB anerkannt (BVerfG v. 07.09.2011 – 1 BvR 1012/11, ; Grüneberg in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Auflage, 2013, § 286 Rn. 44). Notwendig ist lediglich, dass die Kosten sich im Rahmen des zur Rechtsverfolgung Erforderlichen bewegten. Allerdings ergibt sich Abweichendes unter dem Aspekt der Schadensminderungsobliegenheit (§ 254 II BGB) der Klägerin. Es ist anerkannt, dass eine außergerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts unter dem Aspekt der Schadenminderungsobliegenheit nur dann zu einer Kostentragung der Beklagten führen kann, wenn für die Klägerin hinreichende Anhaltspunkte bestanden, dass hierdurch ein Rechtsstreit vermieden werden kann (OLG Celle v. 25.10.2007 – 13 U 146/07, ; AG Frankfurt v. 03.02.2011 – 29 C 2624/10, ) und ansonsten unbedingter Klageauftrag erteilt werden muss. Vorliegend erschien die außergerichtliche Konfliktbeilegung erkennbar aussichtslos. Zwar ist gerichtsbekannt, dass Versicherungen auf begründete anwaltliche Mahnschreiben mit Zahlungsbereitschaft reagieren. Bei der im Verhältnis zum Gesamtschaden eher geringfügigen Summe von lediglich 130,03 € konnten keinerlei Anhaltspunkte bestehen, dass die Beklagte außergerichtlich noch zu einer rechtlichen Diskussion hierüber bereit sein würde.

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 280 I, II, 286 I, II Nr. 3, 288 I BGB. Das Schreiben der Beklagten vom 09.04.2013 konnte die die Klägerin als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung werten und hat dies angesichts des beantragten Verzugszeitpunktes auch so gewertet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 I ZPO. Da Nebenkosten i.H.v. 39,00 € abgewiesen wurden und mithin mehr als 10% des fiktiven Streitwertes aus Hauptforderung, Zinsen und Kosten ausmachten, waren diese in die Kostenentscheidung miteinzubeziehen (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 29. Aufl., 2012, § 92 Rn. 11). Die Klägerin hat insoweit 30 % der Kosten, die Beklagte 70% der Kosten zu tragen, da die Klägerin mit 39,00 € + 9,52 € von 169,03 € unterlag.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Köln verurteilt HUK-Coburg, allerdings mit kritisch zu betrachtender Begründung (Urteil vom 24.6.2013 -275 C 78/13-).

  1. RA Schwier sagt:

    Dieser Richter verdient das Prädikat „lebensfremd“.

  2. Werkoderko sagt:

    Offensichtlich noch ein 4-Punkte-Jurist!

  3. Vaumann sagt:

    Nee,das Examen gab´s beim Neckermann-Preisausschreiben!

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