AG Pforzheim verurteilt R+V Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten (3 C 58/09 vom 15.05.2009)

Mit Urteil vom 15.05.2009 (3 C 58/09) hat das AG Pforzheim die R+V Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.196,16 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage erweist sich als vollumfänglich begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 7, 17 StVG i.V.m. §§1,3 PflichtVG Anspruch auf Zahlung von weiteren 1.196,16 € an Mietwagenkosten. Zugleich hat er Anspruch auf Zahlung von 155,30 € an vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Aufgrund der Anhörung des Klägers steht fest, dass bei Unterzeichnung des Mietver­trages dort bereits eingetragen war, dass die Grundgebühr am ersten Tag 76,- € be­trägt, dass für die Winterreifen pro Tag 11.- € zu zahlen sind und die Zusatzgebühr für den Haftungsausschluss pro Tag 19,- € betragt. Weiterhin stand eingetragen, dass die Mietwagenkosten kreditiert werden müssen und keine Kreditkarte vorhanden ist. Schließlich war eingetragen, dass die Mietwagenpreise der Preisklasse 02 ab dem Tarif als PK 02 Geltung finden. Damit liegt eine Vereinbarung über die wesentlichen Be­standteile eines Mietvertrages vor.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung der Mietwagenkosten für 20 Tage. Es mag zwar sein, dass im Sachverständigengutachten eine Reparaturdauer von acht bis zehn Ar­beitstagen gegeben ist. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Kläger für irgend eine Reparaturverzögerung verantwortlich wäre oder dass ihn an der Auswahl der Repara­turwerkstatt ein Auswahlverschulden träfe. Die Fa. X., bei der der Kläger das Fahr­zeug reparieren lies, ist ein renommierter Fachbetrieb. Im übrigen ist darauf hinzuwei­sen, dass die Reparaturwerkstatt nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, sondern des Schädiger ist, der Wiederherstellung schuldet.

Nach der Rechtssprechung kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten fordern, die ein verständiger und wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der La­ge des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH MDR 2005, 331). Dabei wird dem Geschädigten abverlangt, dass er sich nach unterschiedlichen Tarifen erkundigt und die Preise von einigen Mietwagenunternehmen vergleicht.

Das Gericht folgt der Rechtssprechung sowohl der ersten und auch der neunten Zivil­kammer des Landgerichts Karlsruhe, wonach der in Ansatz zu bringende Normaltarif unter Heranziehung des Schwacke – Mietpreisspiegels für das Jahr 2006 ermittelt wer­den kann. Der BGH hat eine Schätzung auf dieser Grundlage wiederholt ausdrücklich gebilligt (BGH NJW 2009, 68; NJW 2008 2910, 2911; NJW 2007, 3782). Dies entspricht auch der Rechtssprechung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Versicherungsrecht 2008, 92). Soweit die Beklagte im nachgereichten Schriftsatz darauf hinwies, dass das Landgericht Karlsruhe jetzt ein Sachverständigengutachten zur Mietwagenhöhe einholt, handelt es sich um einen Sonderfall, wie dem Gericht telefonisch von der Kammer 9 bestätigt wurde. Soweit die Beklagte auf den Mietpreisspiegel des Frauenhofer Instituts verweist, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Nach der Rechtssprechung des BGH bedarf die Eignung der bei der Schadensschätzung verwendeten Listen oder Tabellen nur dann weiterer Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich die geltend gemachten Mängel auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH NJW 2008, 2910, 2911). Solche Umstände liegen nicht vor. Das Gericht folgt den Beru­fungskammern des Landgerichts, wonach bei der Feststellung der ortsüblichen Mietwa­genpreise Angebote von Mietwag enuntemehmen außer Betracht zu bleiben haben, die nur über das Internet buchbar sind. Es ist gerichtsbekannt, dass die Versendung von Kreditkartendaten, die bei einer derartigen Buchung angegeben werden müssen, mit ganz erheblichen Risiken verbunden sind. Es besteht nämlich in diesem Fällen die kon­krete Gefahr, dass Dritte sich diese Kreditkartendaten verschaffen und zu unlauteren Zwecken missbrauchen. Soweit das Frauenhofer Institut Daten telefonisch erhoben hat, fehlt es an einer hinreichenden ortsnahen Datenerhebung. Grundsätzlich ist für die Er­mittlung der ortsüblichen Mietwagenpreise das Preisniveau an dem Ort maßgeblich, an dem das Fahrzeug angemietet wurde (BGH NJW 2008, 1519). Eine derartig hinrei­chende Ortsnähe ist bei dem am Telefon erhobenen Daten des Frauenhofer Instituts nicht gewährleistet, da diese ausschließlich nach einstelligen Postleltzahlengebieten, im vorliegenden Fall also nur für den Bereich des Postleitzahlengebiets 7 aufgeschlüsselt sind. Das Postleitzahlengebiet „7″ umfasst aber nahezu den gesamten badischen Raum und reicht von Konstanz bis weit nördlich über Karlsruhe hinaus. Damit ist die vom BGH geforderte Ortsnähe zur Ermittlung der ortsüblichen Mietwagenkosten nicht gewährleis­tet. Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob wegen unfallbedingter Mehrleis­tungen, nämlich dem Verzicht der Einforderung einer Kaution und einer vorläufigen Rechnungsstundung ein Aufschlag auf den nach dem Modus des Schwacke – Miet­preisspiegel zu gewähren ist Auch ohne diesen Zuschlag liegt nämlich der in Rechnung gestellte Mietwagenpreis unter dem Modus des Schwacke – Mietpreisspiegels 2008.

Nach dem Modus des Schwacke – Mietpreisspiegels 2008 für das Postleitzahlengebiet 751 ergibt sich bei einem Fahrzeug der Fahrzeugklasse 2 folgende Abrechnung:

2 x Wochenpauschale in Grundpreis ab 412,50 € =      825,00 €
2 x Dreitagespauschale Grundpreis ab 225,00 € =       450,00 €
2 x Wochenpauschale CDW á 140,- € =                        280,00 €

2 x Dreitagespauschale CDW á 60,- €                           120,00 €

Winterreifen für 20 Tage á 11,00 € =                            220,00

1.895,00 €

Der Kläger hat auch Anspruch auf Erstattung der Zusatzkosten für Winterreifen. Aus der Schwacke – Mietpreisliste ergibt sich, dass es wohl allgemein üblich ist, für die Ausstat­tung eines Fahrzeuges mit Winterreifen Zusatzgebühren zu fordern. Damit sind diese Kosten ebenfalls unfallbedingt.

Vom Gesamtbetrag von 1.895,00 € sind 5% Eigenersparnis aus den reinen Mietwagen­kosten in Abzug zu bringen. Dies sind 63,75 €, Es verbleiben dann 1.831,25 €- Nach Abzug der Zahlung von 617,00 € verbleiben 1.214,25 €. Dieser Betrag ist sogar höher als der geltend gemachte Betrag von 1.196,16 €.

Gemäß § 286 BGB hat der Kläger Anspruch auf Zahlung von 155,30 € an vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Soweit das AG Pforzheim.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

Siehe auch: CH-Beitrag vom 08.01.2014

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